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2010 | Buch

Handbuch Europarecht

Band 5: Wirkungen und Rechtsschutz

verfasst von: Walter Frenz

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Dieser Band steht im Zeichen des Vertrages von Lissabon und des BVerfG-Urteils dazu. Schon auf der Basis des neuen Vertragstextes behandelt er umfassend die Wirkungen des Unionsrechts, die einzelnen Handlungsformen (neu: adressatenlose Beschlüsse) und den Rechtsschutz (Erweiterung der Individualnichtigkeitsklage). Die aktuelle Rechtsprechung ist bis August 2009 eingearbeitet, so die Urteile DocMorris und T-Mobile Netherlands. Hierdurch wird auch die Brücke zu den vorherigen Bänden geschlagen (Grundfreiheiten, Wettbewerbsrecht: Konsequenzen des more economic approach).

Das BVerfG-Urteil vom 30.6.2009 wird in seinen Folgen für die Verwaltungspraxis sowie für den Rechtsschutz umfassend dargestellt und bewertet. Zudem werden Anwendung und Durchsetzung des Unionsrechts vor den Zivil-, Verwaltungs- und Strafgerichten ausführlich beschrieben (Urteil Quelle).

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Rechtswirkungen

Frontmatter
Kapitel 1. Wirkungsweise und Stellung
Zusammenfassung
In den europäischen Verträgen haben die Mitgliedstaaten unter Beschränkung ihrer Souveränitätsrechte in bestimmten Bereichen „eine eigene Rechtsordnung geschaffen, die … in die Rechtsordnung der Mitgliedstaaten aufgenommen worden und von ihren Gerichten anzuwenden ist“.1 Indem Art. 23, 24 GG die Übertragung von Hoheitsgewalt auf eine supranationale Einrichtung ermöglichen, schließen sie ein, dass die von dieser ausgehenden Rechtsakte innerstaatlich so zu wirken vermögen, wie es diese Rechtsordnung vorgibt, und damit auch unmittelbar.2 Das trifft nach dem europarechtlichen Ansatz ausschließlich danach zu, wie es das supranationale Recht bestimmt.3 Eine unmittelbare Wirkung besteht danach explizit für Verordnungen nach Art. 288 Abs. 2 AEUV (Art. 249 Abs. 2 EG) und die Adressaten von Beschlüssen nach Art. 288 Abs. 4 AEUV (Entscheidungen nach Art. 249 Abs. 4 EG) sowie entsprechend der Gesamtkonzeption für das Primärrecht, soweit dieses unbedingt formuliert ist und daher wie die Grundfreiheiten unmittelbar zu wirken vermag. Entsprechendes gilt für an die Mitgliedstaaten gerichtetes, umsetzungsbedürftiges Sekundärrecht.4
Walter Frenz
Kapitel 2. Anwendungsvorrang des europäischen Rechts
Zusammenfassung
Der Vorrang des europäischen vor dem nationalen Recht ist wesentlich stärker ausgeprägt als der des Völkerrechts.1 In Form von Verträgen muss es nach Maßgabe von Art. 59 Abs. 2 GG erst über ein nationales Zustimmungsgesetz in die innerstaatliche Rechtsordnung transformiert werden. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind nach Art. 25 GG Bestandteil des Bundesrechts und gehen den einfachen Gesetzen vor, nicht aber der Verfassung. Demgegenüber ist das europäische Recht nach dem EuGH durchgehend vorrangig,2 nach dem BVerfG allerdings nur unter dem Vorbehalt, dass die Kompetenzgrenzen sowie die unabdingbaren deutschen Verfassungsstandards eingehalten wurden.3 Es muss nicht nur berückcsichtigt werden wie selbst die EMRK nach der Judikatur des BVerfG,4 sondern setzt sich, soweit es nationalem Recht widerspricht, vollständig durch. Der entscheidende Unterschied des Europarechts zum Völkerrecht liegt darin, dass es in jedem Mitgliedstaat gleichermaßen gilt und Unterschiede insoweit ausgeschlossen sind.5
Walter Frenz
Kapitel 3. Kompetenzüberschreitungen und Verfassungsidentität
Zusammenfassung
Entsprechend seiner bisherigen Judikatur vor allem im Maastricht-Urteil hat das BVerfG in seinem Lissabon-Urteil das Zustimmungsgesetz zu Hoheitsübertragungen auf die europäische Ebene passieren lassen, indes Grenzen für künftige Übertragungen wie auch für die Einwirkung künftigen europäischen Sekundärrechts gesetzt, und zwar namentlich bei Kompetenzüberschreitungen und bei einer Antastung der nationalen Verfassungsidentität. Das führt zu der gerade in der Praxis elementaren Frage, ob und inwieweit europäisches Recht bei Verstößen gegen diese Grenzen auf nationaler Ebene nicht anwendbar ist. Hier treffen nationales Verfassungsrecht und Europarecht in den Grundansätzen aufeinander. Das BVerfG versucht eine Versöhnung durch eine Rückführung des europäischen Primärrechts als „abgeleitete Grundordnung“1 auf die nationalstaatlichen Verfassungsordnungen und nimmt damit für sich in Anspruch, das GG bestimme letztlich das Verhältnis zwischen Europa- und Verfassungsrecht; Letzteres und damit das BVerfG als sein Hüter haben danach das letzte Wort auch für die Einwirkung des Europarechts auf die nationale Rechtsordnung.
Walter Frenz
Kapitel 4. Auslegung
Zusammenfassung
Die Auslegung der im Einzelfall anzuwendenden europarechtlichen Vorschriften ist von zentraler Bedeutung, und zwar sowohl für die Rechtsanwendung im Einzelfall als auch für die (spätere) Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Denn häufig sind die in den Vorschriften verwendeten Begriffe aufgrund ihrer Mehrdeutigkeit und nicht randscharfen Bedeutung auslegungsbedürftig. Auslegung ist die abstrakte, vom Einzelfall losgelöste Ermittlung der Bedeutung einer Vorschrift oder eines Wortes.1 Dementsprechend ist es Ziel der Auslegung, den Sinn einer Norm zu ermitteln.
Walter Frenz
Kapitel 5. Geltungsreichweite
Zusammenfassung
Grundsätzlich ist zu differenzieren zwischen der geographisch begrenzten Verbindlichkeit von Rechtsakten und der Befugnis eines Staats, auf seinem Hoheitsgebiet über Sachverhalte zu entscheiden.1 Unter diese Befugnisse fallen insbesondere die Fälle, die ihren Ursprung in einem Drittland haben oder sich dort ereignen.2 Oft haben diese Fälle einen wettbewerbs- oder kartellrechtlichen Anknüpfungspunkt.3 Entscheidend ist damit aber auch insoweit der räumliche Geltungsbereich von Rechtsakten. So werden im Kartellrecht auf dem Unionsgebiet zumindest Auswirkungen verlangt,4 wenn nicht gar Handlungen zur Durchführung eines Kartells.5
Walter Frenz

Rechtsquellen

Frontmatter
Kapitel 6. System der Rechtsquellen und Handlungsformen
Zusammenfassung
In der Rangordnung der Rechtsquellen in der EU befindet sich das Primärrecht auf der höchsten Stufe.1 Das Primärrecht enthält ausweislich Art. 13 Abs. 2 S. 1 EUV (Art. 7 Abs. 1 EG) die Maßstäbe, nach denen sich das Handeln der Unionsorgane zu richten hat. Die Unionsorgane können rechtmäßig nur im Rahmen der ihnen durch das Primärrecht eröffneten Möglichkeiten handeln. Alle von der Union erlassenen Rechtsakte müssen am Primärrecht gemessen werden.
Walter Frenz
Kapitel 7. Verordnungen
Zusammenfassung
An der ersten Stelle der in Art. 288 AEUV (Art. 249 EG) vorgesehenen Rechtsakte des Unionsrechts steht die Verordnung. Sie hat nach Art. 288 Abs. 2 AEUV (Art. 249 Abs. 2 EG) allgemeine Geltung, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die allgemeine Geltung bedeutet, dass sie „Rechtswirkungen für allgemeine und abstrakt umrissene Personengruppen zeitigt“.1 Sie hat mithin abstrakt-generelle Wirkung und wird dementsprechend als „europäisches Gesetz“ eingestuft.2
Walter Frenz
Kapitel 8. Richtlinien
Zusammenfassung
Die Richtlinie ist zwar eine „typische Figur“1 des Unionsrechts, hat aber keine prominente Stellung in der Praxis, sondern macht weniger als 10% aller Rechtsakte aus.2 Von der Verordnung unterscheidet sie sich vor allem gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV (Art. 249 Abs. 3 EG) durch die Verbindlichkeit nur für das zu errei-chende Ziel und die notwendige Adressierung an die Mitgliedstaaten. Damit ist die Verbindlichkeit jedenfalls im Ansatzpunkt deutlich beschränkt und die Wirkung für den Einzelnen grundsätzlich nur mittelbar.3
Walter Frenz
Kapitel 9. Beschlüsse
Zusammenfassung
Durch den Vertrag von Lissabon wurden die bisherigen Entscheidungen nach Art. 249 Abs. 1 und Abs. 4 EG durch Beschlüsse ersetzt und umformuliert, während die anderen Rechtsakte und Handlungsformen unverändert geblieben sind. Beschlüsse sind nach Art. 288 Abs. 4 AEUV in allen ihren Teilen verbindlich. Sind sie an bestimmte Adressaten gerichtet, so sind sie nur für diese verbindlich.
Walter Frenz
Kapitel 10. Sonstige Rechtsakte
Zusammenfassung
Als weitere Handlungsformen sieht Art. 288 Abs. 5 AEUV (Art. 249 Abs. 5 EG) Empfehlungen und Stellungnahmen vor. Sie sind im Gegensatz zu den vorstehenden Handlungsformen unverbindlich. Damit gehören sie wie die nachfolgenden ungeregelten Handlungsformen nicht zu den Rechtsakten, welche für den Einzelnen die Hauptbedeutung für die Wirkungen des Europarechts besitzen. Der Gerichtshof der EU hat sich denn auch wenig mit ihnen beschäftigt.1
Walter Frenz

Vollzug und Haftung

Frontmatter
Kapitel 11. Vollzug des Europarechts
Zusammenfassung
Damit das Unionsrecht in den Mitgliedstaaten seine Wirkung entfalten kann, muss es vollzogen werden. Im Schrifttum wird dem Begriff Vollzug eine unterschiedliche inhaltliche Reichweite beigemessen.1 Vorliegend wird der Vollzug i.S.d. Verwaltungsvollzuges verstanden, mithin als Tätigkeit, die weder dem Regieren noch der Rechtsetzung oder der Rechtsprechung zuzurechnen ist.2 Es geht um die „Konkretisierung“ oder „Aktualisierung“ von Vorschriften des Unionsrechts für den Einzelfall.3
Walter Frenz
Kapitel 12. Haftung
Zusammenfassung
Unter das allgemeine Problem der Haftung fallen zwei zu trennende Bereiche: die Haftung der EU und die Haftung der Mitgliedstaaten für Verstöße gegen Unionsrecht. Dabei handelt es sich um zwei eigenständige Ansprüche. Die Haftung der EU richtet sich nach Art. 340 AEUV (Art. 288 EG) und ist weitestgehend1 vor dem EuG geltend zu machen. Die Haftung der Mitgliedstaaten für Verstöße gegen Unionsrecht richtet sich nach dem mitgliedstaatlichen Haftungsrecht und ist daher auch vor den nationalen Gerichten geltend zu machen. Daher werden die beiden Bereiche im Folgenden getrennt behandelt: zunächst wird die Haftung der EU für Verstöße gegen das Unionsrecht (§ 1), im Anschluss daran die Haftung der Mitgliedstaaten für eben solche Verstöße thematisiert (§ 2).
Walter Frenz

Gerichtliche Kontrolle

Frontmatter
Kapitel 13. Judikative: Trägerschaft und Beteiligte
Zusammenfassung
Die Begriffe „Gerichtshof“ und „Europäischer Gerichtshof“ wurden bisher nicht einheitlich verwendet.1 Vielfach wird der Begriff „Europäischer Gerichtshof“ auf den Gerichtshof als Instanz bezogen.2 Zum Teil wird damit aber auch das gesamte Rechtsprechungsorgan „Gerichtshof der EU“ mit seinen Gerichten „Gerichtshof“, „Gericht“ und den Fachgerichten beschrieben.3 Insoweit lässt sich eine dreigliedrige Struktur ausmachen.4 Zur besseren Unterscheidung wird vorliegend die Bezeichnung „Europäischer Gerichtshof“ bzw. „EuGH“ ausschließlich der obersten Instanz des Gerichtshofs der EU vorbehalten.5 So verfährt auch der Gerichtshof der EU bei der Bezeichnung der Entscheidungen. Für das gesamte Rechtsprechungsorgan wird hingegen die Bezeichnung „Gerichtshof der EU“ verwendet.
Walter Frenz
Kapitel 14. Grundstruktur des EU-Rechtsschutzes
Zusammenfassung
Um die ihm durch Art. 19 EUV zugedachte Rolle als Wahrer des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge ausfüllen zu können, werden dem Gerichtshof der EU in den Art. 258 ff. AEUV (Art. 226 ff. EG) diverse Verfahrensarten zur Seite gestellt. Vervollständigt wird das System des Rechtsschutzes durch die Möglichkeit einer inzidenten Kontrolle von Unionsnormen unter den Voraussetzungen des Art. 277 AEUV (Art. 241 EG). Durch den Vertrag von Lissabon haben die Mitgliedstaaten des Weiteren mit Art. 8 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit die sog. Subsidiaritätsklage eingeführt, deren zukünftige Rolle jedoch aktuell noch schwer abzuschätzen ist.1 Zunächst gilt es, dieses Rechtsschutzsystem im Allgemeinen aufzuzeigen.
Walter Frenz
Kapitel 15. Vertragsverletzungsverfahren
Zusammenfassung
Der AEUV sieht zwei Arten von Vertragsverletzungsklagen vor. Zum einen kann nach Art. 258 AEUV (Art. 226 EG) die Kommission ein Verfahren einleiten. Gem. Art. 259 AEUV (Art. 227 EG) besteht zum anderen die Möglichkeit, dass ein Mitgliedstaat direkt gegen einen anderen Mitgliedstaat vorgeht, wenn er der Meinung ist, dass dieser Unionsrecht verletzt hat.
Walter Frenz
Kapitel 16. Nichtigkeitsklage
Zusammenfassung
Der Gerichtshof der EU überwacht gem. Art. 263 AEUV (Art. 230 EG) die Recht-mäßigkeit der verbindlichen Handlungen der Unionsorgane und nach dem durch den Vertrag von Lissabon neu eingefügten Art. 263 Abs. 1 S. 2 AEUV auch der Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU. Zu diesem Zweck kann ein Mitglied-staat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission den Gerichtshof der EU mit einer Klage „wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Form-vorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung an-zuwendenden Rechtsnorm oder Ermessensmissbrauchs“ anrufen, Art. 263 Abs. 2 AEUV (Art. 230 Abs. 2 EG).
Walter Frenz
Kapitel 17. Untätigkeitsklage
Zusammenfassung
Die Untätigkeitsklage zielt nach Art. 265 AEUV (Art. 232 EG) auf die Feststellung einer Vertragsverletzung aufgrund pflichtwidrigen Unterlassens. Den Institutionen der Union obliegen zahlreiche Handlungspflichten. Kommen sie diesen nicht nach, stellt dies ebenso eine Vertragsverletzung dar wie die Vornahme eines rechtswidrigen Akts.
Walter Frenz
Kapitel 18. Schadensersatzklage
Zusammenfassung
Bei der Haftung ist zu unterscheiden zwischen einerseits dem Haftungsschuldner, nämlich ob die EU oder die Mitgliedstaaten haften und andererseits der Haftungsgrundlage, d.h. ob eine vertragliche oder eine außervertragliche Haftung in Betracht kommt. Die Haftung der Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen Unionsrecht richtet sich nach dem jeweiligen nationalen Recht, weshalb nationale Gerichte zur Entscheidung berufen sind und diese auch das innerstaatliche Verfahrensrecht anwenden.1 Für Rechtsstreitigkeiten zur vertraglichen Haftung der EU sind grundsätzlich2 ebenfalls die nationalen Gerichte zuständig, wie sich aus Art. 274 i.V.m. Art. 268 AEUV (Art. 240 i.V.m. Art. 235 EG) mangels einer anderweitigen Zuweisung ergibt.3 Lediglich soweit die außervertragliche Haftung der Union oder der EZB4 betroffen ist, ist das EuG gem. Art. 268 i.V.m. Art. 256 AEUV (Art. 235 i.V.m. Art. 225 EG) zuständig. Daher beschränken sich die folgenden Ausführungen auch auf diesen Fall.
Walter Frenz
Kapitel 19. Spezielle Verfahren
Zusammenfassung
Die EU hat aufgrund der immer ausgedehnteren Zuständigkeiten eine Fülle von Aufgaben zu bewältigen. Hierzu benötigt sie eine eigene, von den Mitgliedstaaten losgelöste Verwaltung mit einem eigenen angemessenen Mitarbeiterstab.1 Bei Gründung der Gemeinschaften entschieden sich die Mitgliedstaaten gegen die Be-setzung gemeinschaftlicher Planstellen mit abgeordneten nationalen Beamten und damit für die Schaffung eines europäischen öffentlichen Dienstes. Der Personal-bestand der Union ist heute auf ca. 40.000 Beamte und Bedienstete angewachsen, zwei Drittel davon sind bei der Kommission angesiedelt.2
Walter Frenz
Kapitel 20. Vorabentscheidungsverfahren
Zusammenfassung
Zahlreiche Unionsrechtsakte sind in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar. Dies gilt für primärrechtliche Regelungen wie die Grundfreiheiten, deren unmittelbare Anwendbarkeit der EuGH in seiner Rechtsprechung entwickelt hat,1 oder auch für die kartellrechtlichen Vorschriften der Art. 101 f. AEUV (Art. 81 f. EG).2 Des Weiteren gelten sekundärrechtliche Rechtsakte wie Verordnungen3 und Beschlüsse (Entscheidungen)4 sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch Richtlinien5 unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Die unmittelbare Anwendbarkeit führt i.V.m. dem Vorrangprinzip6 dazu, dass die nationalen Gerichte sich nicht auf eine Überprüfung am Maßstab des mitgliedstaatlichen Rechts beschränken dürfen. Vielmehr müssen sie auch das Unionsrecht als Prüfungsmaßstab heranziehen.
Walter Frenz
Kapitel 21. Kontrollmaßstäbe der Rechtsprechung
Zusammenfassung
Wie genau der Gerichtshof der EU die an ihn herangetragenen Konstellationen prüft, entscheidet über die Intensität, mit der das Europarecht zur Anwendung kommt und inwieweit Gerichtsentscheidungen durch ihre Letztverbindlichkeit die Rechtswirklichkeit prägen. Als Konsequenz wird daher auch die Effektivität des Individualrechtsschutzes auf Unionsebene in erheblichem Maße durch den angelegten Kontrollmaßstab determiniert.1
Walter Frenz
Kapitel 22. Vorläufiger Rechtsschutz
Zusammenfassung
Der AEUV (EG) (und ergänzend die Verfahrensordnungen) kennt drei Möglichkeiten, mit denen vorläufiger Rechtsschutz erlangt werden kann:
  • die Vollzugsaussetzung (Art. 278 S. 2 AEUV – Art. 242 S. 2 EG),
  • die Aussetzung der Zwangsvollstreckung (Art. 299 Abs. 4 AEUV – Art. 256 Abs. 4 EG) und
  • den Erlass einer einstweiligen Anordnung (Art. 279 AEUV – Art. 243 EG).
Walter Frenz
Kapitel 23. Rechtsfolgen
Zusammenfassung
Die Rechtsfolgen der Urteile des Gerichtshofs der EU1 richten sich nach der jeweiligen Verfahrensart. Sie wurden daher bereits ausführlich im Rahmen der einzelnen Verfahren dargestellt. Hier soll nun ein allgemeiner Überblick über die verschiedenen Arten von Rechtsfolgen gegeben werden.
Walter Frenz

Nationale Gerichtsverfahren

Frontmatter
Kapitel 24. Verfahren vor dem BVerfG
Zusammenfassung
Prüfungsmaßstab des Lissabon-Urteils ist vor allem das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon1 und damit letztlich dieser Vertrag selbst als Grundlage dieses Gesetzes. Grundgesetzlicher Ansatzpunkt ist das Wahlrecht als grundrechtsgleiches Recht; aus ihm folgt ein Anspruch „auf die Einhaltung des Demokratiegebots einschließlich der Achtung der verfassungsgebenden Gewalt des Volkes.“2 Daran hängt das BVerfG Beteiligungsrechte der deutschen gesetzgebenden Organe sowie materielle Grenzen für den Fortgang des europäischen Integrationsprozesses auf, an denen auch weitere Übertragungsakte zu messen sind. „Das Prinzip der repräsentativen Volksherrschaft kann verletzt sein, wenn im grundgesetzlichen Organgefüge die Rechte des Bundestags wesentlich geschmälert werden und damit ein Substanzverlust demokratischer Gestaltungsmacht für dasjenige Verfassungsorgan eintritt, das unmittelbar nach den Grundsätzen freier und gleicher Wahl zustande gekommen ist.“3
Walter Frenz
Kapitel 25. Verfahren vor den Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichten
Zusammenfassung
Sind die nationalen Gerichte im Rahmen des Rechtsschutzsystems der Union zuständig, gewähren sie nach dem Grundsatz der verfahrensmäßigen Autonomie der Mitgliedstaaten Rechtsschutz grundsätzlich nach Maßgabe der nationalen Prozessvorschriften.
Walter Frenz
Kapitel 26. Verfahren vor den Zivil-, Arbeits- und Strafgerichten
Zusammenfassung
Im Unionsrecht finden sich Regelungen wonach der Gerichtshof der EU in bestimmten Rechtsgebieten zuständig ist, die eigentlich der nationalen Zivilgerichtsbarkeit zuzuordnen sind. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehen diese Regelungen den Zuweisungen der nationalen Rechtsordnung vor. Es handelt sich um Sonderzuweisungen eigener Art.1
Walter Frenz
Backmatter
Metadaten
Titel
Handbuch Europarecht
verfasst von
Walter Frenz
Copyright-Jahr
2010
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-31119-5
Print ISBN
978-3-540-31118-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-31119-5

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