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2011 | Buch

Europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik

verfasst von: Hermann Ribhegge

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Springer-Lehrbuch

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Über dieses Buch

In dem Lehrbuch wird das Spannungsfeld zwischen Integration und Autonomie der Mitgliedstaaten in der Europäischen Union analysiert. Im Anschluss an die ökonomische Analyse des Gemeinsamen Marktes und seiner Grundfreiheiten werden die Institutionen der EU untersucht. Dabei werden der Agrar-, Kohäsions- und Geldpolitik, bei denen eine starke Vergemeinschaftung vorliegt, solche Politikbereiche gegenübergestellt, bei denen die Mitgliedstaaten ihre Autonomie nach dem Subsidiaritätsprinzip gewahrt haben. Dies ist u. a. bei der Finanz-, Steuer- Fiskal-, Beschäftigungs-, Lohn- und Sozialpolitik gegeben. Die Koordinationsprobleme werden ausführlich behandelt. Am Beispiel der Sozialpolitik werden die Vorteile einer Koordinierung gegenüber einer Harmonisierung aufgezeigt. Das Lehrbuch schließt mit einer kritischen Bewertung des europäischen Sozialmodells. In der Neuauflage werden die institutionellen Änderungen durch den Lissabonvertrag sowie die Politik der EU in der Finanzkrise dargestellt und die theoretische Analyse ausgeweitet.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einführung
Zusammenfassung
Das vorliegende Lehrbuch setzt sich mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragestellungen in der Europäischen Union (EU) auseinander. Politik ist angewandteWirtschaftstheorie, zu deren Verständnis auf einige wichtige Aspekte der ökonomischen Theorie eingegangen werden muss. Ziele, Instrumente und Träger sind als Eckpfeiler jeder Politik detailliert zu analysieren. Deren Analyse reicht aber für die Konzeption einer rationalen Politik nicht aus. Rationale Politik soll vorgegebene Ziele mit einem adäquaten Instrumenteneinsatz realisieren. Nach diesem Verständnis bedarf es der ökonomischen Theorie, denn diese stellt mit der Wirkungsanalyse als positive Theorie der Erklärung und Prognose realer Phänomene der Politik das notwendige Instrumentarium zur Verfügung. Unter einer Wirkungsanalyse verstehen wir Aussagen über den Zusammenhang zwischen Zielen und Instrumenten in Form allgemeiner Hypothesen.
Hermann Ribhegge
Kapitel 2. Gemeinsamer Markt
Zusammenfassung
Schon im EWG-Vertrag von 1957 wird ein Grundanliegen der Europäischen Union deutlich: die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes. Dabei war man sich einig, diesen in Form einer Zollunion zu verwirklichen. Dies bedeutet, dass alle Zölle im innereuropäischen Handel zu beseitigen sind und dass einheitliche Zölle – anders als bei einer Freihandelszone – gegenüber Importen in die EU und Exporte aus der EU zu gelten haben. Der europäische Binnenmarkt sollte aber mehr als eine reine Zollunion sein. Um ökonomische Effizienz zu verwirklichen, sollten nicht nur alle Handelshemmnisse wegfallen, sondern auch eine volle Mobilität der Produktionsfaktoren erreicht werden. Dazu wurden drei Verfahren angewandt. Zum einen vereinbarten die Mitgliedstaaten, ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu harmonisieren. Da eine vollständige Harmonisierung weder sinnvoll noch möglich ist, wurde als weiteres Verfahren der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung eingeführt. Dies bedeutet, das die Rechtsvorschriften, insbesondere die technischen Normen anderer Mitgliedstaaten, aus denen ein Gut stammt, im Allgemeinen gültig sind. Das dritte Verfahren ist die Vollendung des Binnenmarktes durch das Unionsrecht. Hierbei kommt der Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 eine zentrale Stellung zu, mit der der Gemeinsame Markt bis zum Jahr 1993 verwirklicht werden sollte und mit der die vier Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes im Vertragswerk der Union verankert wurden.
Hermann Ribhegge
Kapitel 3. Politische Institutionen der Europäischen Union
Zusammenfassung
Zielsetzung dieses Kapitels ist es nicht, rein deskripitiv die Details der Architektur der EU aufzuzeigen. Intention ist es vielmehr, die für wirtschaftliche Fragestellungen relevanten Institutionen und Entscheidungsprozesse darzustellen und zu erklären. Um diese Institutionen bezüglich ihrer Zielsetzung, die Interessen der EU-Bürger zu verfolgen, evaluieren zu können, ist ein theoretisches Fundament notwendig. Dies bietet die Ökonomische Theorie des Föderalismus (Fiscal Federalism), wie sie von Oates begründet wurde.
Hermann Ribhegge
Kapitel 4. Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)
Zusammenfassung
Wenn wir uns in diesem Kapitel ausführlich mit dem Vertrag von Maastricht von 1992 und insbesondere mit den dort vereinbarten Konvergenzkriterien auseinandersetzen, so steht dabei nicht die historische Perspektive bezüglich der einzelnen Schritte zur Schaffung der Europäischen Währungsunion im Vordergrund, sondern primär die folgenden zwei Fragekomplexe: Erstens fragen wir uns, welche Vor- und Nachteile eine Währungsunion mit sich bringt. Diese Frage ist nicht nur aus der rückblickenden Perspektive, inwieweit die Einführung des Euro sinnvoll war, sowie aufgrund der radikalen Forderungen in einigen Mitgliedstaaten, die Europäische Währungsunion zu verlassen, angebracht. Sie ist auch wirtschaftspolitisch höchst aktuell, da bisher drei Mitgliedstaaten der EU15 – Großbritannien, Dänemark und Schweden – der Europäischen Währungsunion noch nicht beigetreten sind und die EU10 sowie Bulgarien und Rumänien – bis auf Slowenien, Slowakei und Estland – vor dem Beitritt zur Währungsunion stehen. Zweitens ist zu prüfen, ob die Beitrittskriterien des Maastricht-Vertrags gute Indikatoren sind, um zu bestimmen, welche Mitgliedstaaten Geldwertstabilität gewährleisten, was besonders für die EU10 von großer Bedeutung ist. In der zweiten Hälfte des Kapitels werden wir uns der einheitlichen Geldpolitik im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) zuwenden. Dabei werden wir erläutern, was die wesentlichen Charakteristika und Schwierigkeiten einer einheitlichen Geldpolitik sind.
Hermann Ribhegge
Kapitel 5. Europäische Kohäsionspolitik
Zusammenfassung
Schon in der Präambel des EWG-Vertrages von 1957 erklären die Unterzeichnerstaaten ihren Willen "ihre Volkswirtschaften zu vereinigen und deren harmonische Entwicklung zu fördern, indem sie den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringern". Entscheidende Grundlage für diese Kohäsionspolitik bildet die Einheitliche Europäische Akte. Die wesentlichen Bestimmungen der Kohäsionspolitik findet man im Titel VIII: Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt (Art. 174 - 178) des AEU-Vertrages. Hinzu kommt u. a. der Titel XI: Der Europäische Sozialfonds (Art. 162 - 164).
Hermann Ribhegge
Kapitel 6. Agrarpolitik
Zusammenfassung
Die Agrarpolitik der EU ist komplex, nur schwer überschaubar und in sich widersprüchlich. Einerseits subventioniert die EU stark den Tabakanbau und andererseits engagiert sie sich gegen das Rauchen. Will man diese Politik verstehen, ist es notwendig, sich dem historischen Werdegang der europäischen Agrarpolitik zuzuwenden.
Hermann Ribhegge
Kapitel 7. Koordination der Finanzpolitik – Stabilitäts- und Wachstumspakt
Zusammenfassung
Schauen wir uns die einzelnen Politikbereiche in der EU an, so stellen wir fest, dass einige wichtige Politikbereiche vergemeinschaftet worden sind. Die Mitgliedstaaten haben diese Bereiche in die Verfügungsgewalt der Union übertragen. Dies gilt u. a. für die einheitliche Geldpolitik im ESZB und für die europäische Agrarpolitik. In anderen Politikfeldern, wie die Beschäftigungs-, Steuer- und Finanzpolitik, sind die Mitgliedstaaten relativ autonom. Aber auch diese nicht vergemeinschafteten Politikbereiche haben eine europäische Dimension. Da zwischen unterschiedlichen Politikbereichen meist wechselseitige Interdependenzen existieren, entsteht beim Instrumenteneinsatz ein Koordinationsproblem. Dabei können wir zwischen einer vertikalen und einer horizontalen Koordination bei den Politikfeldern der EU differenzieren.
Hermann Ribhegge
Kapitel 8. Europäische Beschäftigungspolitik und die Offene Methode der Koordinierung
Zusammenfassung
Eines der wichtigsten Ziele der EU ist das der Vollbeschäftigung. Nun ist aber die Beschäftigungspolitik originäre Aufgabe der Mitgliedstaaten. Erst mit der Verabschiedung des Titels “Beschäftigung” durch den Vertrag von Amsterdam von 1997 hat sich ein gewisserWandel vollzogen. So sieht der Artikel 145 des AEU-Vertrags die Entwicklung “einer koordinierten Beschäftigungstrategie” vor und im Artikel 146 wird explizit betont, dass “die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse” betrachtet wird. Nach Artikel 147 trägt die Gemeinschaft zu einem hohen Beschäftigungsniveau bei. Dabei wird aber die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten beachtet.
Hermann Ribhegge
Kapitel 9. Koordination der Lohnpolitik
Zusammenfassung
Wenn wir uns den Lissabonvertrag anschauen, so stellen wir fest, dass im Gegensatz zu der Beschäftigungspolitik die Lohnpolitik nicht Gegenstand des Vertrages ist. Im Art. 153(5) des AEU-Vertrages wird explizit festgeschrieben, dass Aspekte des Arbeitsentgelts, das Koalitionsrecht, das Streikrecht und das Aussperrungsrecht nicht in den Aufgabenbereich der Union fallen.
Hermann Ribhegge
Kapitel 10. Koordination der Fiskalpolitik
Zusammenfassung
Im Kap. 7 zum Stabilitäts- und Wachstumspakt haben wir schon sehr ausführlich den vertikalen Aspekt der Koordination der Fiskalpolitik behandelt, indem wir uns mit der Abstimmung zwischen der einheitlichen Geld- und der Finanzpolitik auseinandergesetzt haben. Die Finanz- ist mit der Fiskalpolitik sehr eng verwoben. Bei der Koordination der Fiskalpolitik wollen wir uns im Wesentlichen auf den Nachfrageeffekt fiskalpolitischer Maßnahmen konzentrieren. Die Fiskalpolitik wird hier aus der keynesianischen Perspektive der Nachfragesteuerung betrachtet. Diese Perspektive hat durch die Realisierung des ESZB erheblich an Bedeutung gewonnen. Durch die einheitliche Geldpolitik haben die an der Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaaten auf ein Instrument zur gezielten Beeinflussung ihrer nationalen Nachfrage verzichtet. Insbesondere richtet sich die einheitliche Geldpolitik nicht an der landesspezifischen Nachfrageentwicklung eines Mitgliedstaates aus. Von daher kommt der Fiskalpolitik für die Mitgliedstaaten eine kompensatorische Aufgabe zu. Das, was man bisher mittels der eigenen Geldpolitik steuern konnte, muss nun allein durch die Fiskalpolitik beeinflusst werden.
Hermann Ribhegge
Kapitel 11. Koordination der Steuerpolitik
Zusammenfassung
Ein wesentliches Charakteristikum des Nationalstaates ist seine Steuerhoheit. Dieses Privileg behalten die Mitgliedstaaten auch in der EU. In der EU besteht dennoch keine vollständige Steuerautonomie. Die Mitgliedstaaten stehen in einem Steuerwettbewerb. Auch wenn sie im Prinzip ihre Steuersätze autonom festlegen können, so stehen sie doch in einem enormen Wettbewerb um ihre Steuerbasis, d. h. um die Steuerquellen. Mit der Integration der EU im Rahmen des Gemeinsamen Marktes nimmt auch dieser Wettbewerb um die Steuerzahler zu, da die Produktionsfaktoren bis auf den Faktor Boden immer mobiler werden. Aus dieser zunehmenden Verflechtung und der faktisch eingeschränkten Steuerautonomie ergibt sich die Aufgabe der horizontalen Koordination in der EU. Diese Koordination zwischen den Mitgliedstaaten kann in zweierlei Form erfolgen. Zum einen können die einzelnen Mitgliedstaaten bilaterale oder multilaterale Abkommen beschließen, wie dies z. B. bei Fragen der Koordination der Einkommensteuer in der EU typisch ist. Oder sie können zum anderen über Rechtsakte der EU eine horizontale Koordination in die Wege leiten, wie dies oft bei Fragen der Körperschaftsteuer erfolgt.
Hermann Ribhegge
Kapitel 12. Die Gefährdung des Sozialstaates durch die Freizügigkeit in der EU
Zusammenfassung
Wenn Kapital und Arbeit in der EU vollkommen mobil sind, so werden sie in die Mitgliedstaaten wandern, in denen die Rendite bzw. der Nettonutzen am höchsten sind, so dass es zur Nivellierung dieser Größen in der EU kommt. Unter Berücksichtigung von Mobilitätskosten, Informationsdefiziten, beschränkter Rationalität usw. kann man dieses Ergebnis relativieren. Die Kernaussage ist aber – zumindest langfristig – unumstößlich. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für den Steuer- und insbesondere für den Sozialstaat? Existieren aufgrund dieser Nivellierungstendenz faktisch keine nationalstaatlichen Handlungsspielräume in der EU?
Hermann Ribhegge
Kapitel 13. Koordination der Sozialpolitik
Zusammenfassung
Das, was wir unter Sozialpolitik verstehen, ist recht umstritten. Es gibt sehr enge Definitionen der Sozialpolitik, bei denen sie auf ihren Kernbereich, der Sozialversicherung in Form der Alters- und Kranken- sowie der Arbeitslosenversicherung, beschränkt wird. In diesem Bereich der Sozialpolitik dominiert das Ziel der sozialen Sicherung. Ein zweites Ziel der Sozialpolitik, das der sozialen Gerechtigkeit, findet auch in der sozialen Sicherung seinen Niederschlag. Darüber hinaus hat es einen zentralen Stellenwert in den vielen und nicht zu vernachlässigenden speziellen Politikbereichen der Sozialpolitik: Sozialhilfe, Wohnungs-, Familienpolitik, Jugendhilfe und Vermögenspolitik, um nur einige Bereiche zu nennen. Es ist schon immens schwierig, diese speziellen Politikbereiche auf nationaler Ebene kurz und präzise darzustellen. Völlig unrealisierbar wird diese Aufgabe, wenn wir uns den nationalen Ausgestaltungen dieser Politikbereiche in mehreren oder gar allen Mitgliedstaaten zuwenden. Aufgrund der historischen Entwicklung in den Sozialsystemen und den unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen divergieren diese Sozialsysteme gravierend. Von daher werden wir uns im Folgenden auf die soziale Sicherung beschränken.
Hermann Ribhegge
Kapitel 14. Ausblick: Perspektiven des europäischen Sozialmodells
Zusammenfassung
Im letzten Kapitel haben wir uns ausführlich mit der Ausgestaltung der sozialen Sicherungssysteme in der EU beschäftigt. Dabei haben wir die Vielfalt in der Ausgestaltung der nationalen Sozialsysteme dargestellt und aufgezeigt, dass sich die Union mit der Entscheidung für eine Koordination der Sozialsysteme im Sinne des Subsidiaritätsprinzips für ein dezentrales System sozialer Sicherung ausgesprochen hat. Auch die Ausweitung der Sozialpolitik der Union durch die Offene Methode der Koordinierung hat zu keiner substanziellen Vereinheitlichung der Sozialsysteme in der EU geführt.
Hermann Ribhegge
Backmatter
Metadaten
Titel
Europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik
verfasst von
Hermann Ribhegge
Copyright-Jahr
2011
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-19191-6
Print ISBN
978-3-642-19190-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-19191-6

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