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2012 | Buch

Wunibald I. E. Kamm – Wegbereiter der modernen Kraftfahrtechnik

verfasst von: Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : VDI-Buch

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Über dieses Buch

Die Monographie analysiert Leben und Wirken eines erfolgreichen Wissenschaftlers im Zeitgeschehen des 20.Jhs. Professor Kamm (1893-1966) kam 1930 auf den Lehrstuhl für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren der TH Stuttgart und übernahm die Leitung des neu gegründeten Forschungsinstituts gleichen Namens FKFS, das innerhalb von 10 Jahren zu einem Institut von Weltgeltung mit 400 Mitarbeitern aufstieg. Mit seinen Mitarbeitern hat er als einer der Ersten durch Anwendung von Methoden der Mechanik, Aerodynamik, Thermodynamik und des Leichtbaus Grundlagen für eine wissenschaftliche Durchdringung des Kraftfahrzeuges gelegt sowie Wesentliches zur Erhöhung von Wirtschaftlichkeit, Fahrsicherheit, Fahrleistung und Zuverlässigkeit des Automobils beigetragen. Sein innovativer SHW-Wagen von 1925 gehört zu den Meisterwerken der Technik im Deutschen Museum. Neuartige Versuchstechniken, Modellversuche, die mittlerweile durch Rechnersimulation ersetzt sind, sowie Großeinrichtungen, wie das einzigartige Kraftwagen-Vollprüffeld mit seiner Kfz-Windkanalanlage, die heute noch im Einsatz ist, waren hierfür zu schaffen. Der sog. „Kammsche Kreis“, die „Kammsche Regel“ zur Verbesserung der Richtungsstabilität, der strömungsgünstige und seitenwindstabile K-Wagen und das K-Heck, das sich in der Form vieler moderner Pkws verbirgt, sind jedem Fachmann geläufig.

Ab 1940 verdrängten wehrtechnische Aufträge zunehmend das selbstbestimmte Forschen. Der kometenhafte Aufstieg des FKFS war zweifellos durch das nationalsozialistische Programm der „Volksmotorisierung“ begünstigt. Als Institutsleiter entschied sich Kamm für eine Gratwanderung zwischen Politik und Wissenschaft: Er wurde Mitglied des NSKK und der NSDAP. Das FKFS wurde „Nationalsozialistischer Musterbetrieb“ und beschäftigte Fremdarbeiter. Diese Vorgänge werden ihm vorgehalten. Nach Kriegsende wurde Kamm seines Amtes an der TH enthoben.

Im Rahmen des Projektes „Overcast“ wurde er – wie Wernher von Braun – in die USA überführt und dort in wehrtechnische Aufgaben einbezogen. 1955 kehrte er nach Deutschland zurück und übernahm beim Battelle-Institut die Leitung der Abteilung Maschinenbau; im Ruhestand gehörte er dem Ständigen Wissenschaftlichen Beirat an. 2009 wurde Kamm posthum die ganz seltene Ehre der Aufnahme in die Automotive Hall of Fame zuteil.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einführung

Der Name Wunibald Kamm wird auch unter Fachleuten der Kraftfahrzeugtechnik häufig nur mit strömungsgünstigen Pkws in Verbindung gebracht, die das abgeschnittene, nach ihm benannte „K-Heck“ oder das daraus abgeleitete Kombi- oder Vollheck besitzen. In den USA beginnt man sich dagegen wieder an seine Fahrzeugentwicklungen der enddreißiger Jahre mit den Heckflossen zu erinnern [1]. Im Jahre 2009 wurde ihm durch Aufnahme in die Automotive Hall of Fame, Dearborn, Michigan/USA, posthum die Ehre zuteil, unter den bedeutendsten Pionieren der Automobiltechnik eingereiht zu werden.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
2. Wunibald Kamms Herkunft und Familie

Wunibald Kamms Eltern, Albert Kamm und Friederike, geb. Schmidt, stammten aus Landau bzw. Zweibrücken in der Pfalz und hatten am 18. September 1880 in Zweibrücken geheiratet [5]. Albert Kamm war Kaufmann und besaß in Landau ein Schirm- und Hutgeschäft, das jedoch nicht gut lief. Er verkaufte das Geschäft 1883 und nahm eine Stellung als Vertreter der Baseler Lebensversicherung in Norddeutschland an. 1890 wurde Albert in die Hauptverwaltung seiner Versicherungsgesellschaft nach Basel berufen.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
3. Wunibald Kamms Stuttgarter „Zuhause“

Kamm wohnte mit seiner Familie bis 1933 in der Stuttgarter Libanonstraße 8a in einer kleinen Mietwohnung, die aber mit der Geburt der Tochter Gundelind 1933 zu eng geworden war. Er hatte bereits 1932 ein großes Gartengrundstück auf der Gänsheide erworben, das einen traumhaften und unverbaubaren Blick auf den Stuttgarter Talkessel bot. Kamm konnte den bekannten „Werkbund“-Architekten Richard Döcker für die Planung seines Einfamilienhauses gewinnen.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
4. Aus der Jugendzeit des Wunibald Kamm

Der junge Wunibald entwickelte bereits früh ein reges Interesse für technische Dinge und die Hintergründe ihres Entstehens. So war er anfangs auch chemischen Experimenten u. a. mit Schwarzpulver nicht abgeneigt, die bisweilen schon mal daneben gingen.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
5. Der Genius Loci: Cannstatt und seine Technikpioniere

Durch die topografische Lage begünstigt, hatte sich der Neckarraum zwischen Cannstatt und Esslingen mit dem Neckar als Wasserstraße und mit seiner Wasserkraft ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Ansiedelung industrieller Fertigungsstätten zu einem Wirtschaftszentrum entwickelt. Besondere Bedeutung hatte die Maschinenfabrik und Eisengießerei Gotthilf Kuhn (1819–1890), von der wesentliche Impulse ausgingen. Die Kuhnsche Fabrik in (Stuttgart-) Berg, aus der Ende der achtziger Jahre fast die Hälfte der im Lande installierten 578 Dampfmaschinen und Lokomobile stammten, wurde nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten 1902 von der Maschinenfabrik Esslingen übernommen [13].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
6. Als Maschinenbau-Student an der TH Stuttgart

Wunibald Kamm nahm im Wintersemester 1912/1913 das Studium des Maschinenbaus an der Königlichen Technischen Hochschule Stuttgart auf. Er trat der Stuttgarter Burschenschaft Ghibellinia bei, wo er bald zu seinen älteren Bundesbrüdern

Ernst Heinkel

und

Hanns Klemm

feste Freundschaften aufbaute. Zu diesem Zeitpunkt besaß stud. mach. Wunibald Kamm noch die Schweizer Staatsangehörigkeit [5, 6].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
7. Vom Kriegsfreiwilligen zum Fesselballon-Spezialisten 1914 bis 1918

Wunibald Kamm unterbrach bei Beginn des Ersten Weltkriegs sein Studium und bemühte sich zunächst um ein Offizierspatent des Württembergischen Königs. Da die Württemberger bereits genügend Offiziere hatten, ging der junge Kamm nach München und bot seine Dienste dem König von Bayern an. Unter der Bayerischen Fahne diente der „Schweizer“ Wunibald Kamm, Abb. 7.1, Abb. 7.2 und Abb. 7.3, dann bis Herbst 1917 bei einem Luftaufklärungstrupp der Artillerie als Fesselballon-Beobachter und später als Führer eines Fesselballonzuges. 1916 war Kamm bereits der Bayerische Militärverdienstorden 4. Klasse mit Schwertern verliehen worden, während die deutsche Staatsangehörigkeit ihm erst ein Jahr später am 5. März 1917 vom Königreich Württemberg zuerkannt wurde. Die beiden Verleihungs-Urkunden zeigt die Abb. 7.4 [17].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
8. Erste Berufsjahre: Rennmotoren-Konstrukteur bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG), Stuttgart-Untertürkheim

Der damalige technische Direktor der Daimler-Motoren-Gesellschaft Stuttgart-Untertürkheim (DMG),

Paul Daimler

, der Kamm als Referent der bayerischen Inspektion des Luft- und Kraftfahrwesens von dem Einbau der neu entwickelten Kamm-Deuschle-Fesselballonwinde in einen geländegängigen Krupp-Daimler-Zugwagen bereits kannte, übernahm den jungen Ingenieur 1922 aus „grundsätzlichen Erwägungen“ zunächst als Anfänger in das Konstruktionsbüro der DMG, wo er unter dessen Leiter

Richard Lang

Erfahrungen in der Normung und im Vorrichtungsbau sammeln konnte.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
9. Kamms Traum vom erschwinglichen Automobil: Der SHW-Wagen 4/20 der Schwäbischen Hütten-Werke Wasseralfingen

SHW beabsichtigte nach dem Ersten Weltkrieg, durch zukunftsorientierte, ertragversprechende Produkte die traditionellen, teils defizitären Produktionsbereiche zu stützen. Im Januar 1924 konnte SHW die Aktienmehrheit an der Böblinger Werft AG, einer ehemaligen Flugzeugfabrik, erwerben. Der Generaldirektor

Hermann von Rösch

plante auf dem neuen Werksgelände zunächst die Errichtung einer Stahlformgießerei mit angeschlossener Landmaschinenfabrik. Von seinen Diversifikationsplänen blieben jedoch nur die Entwicklung und Fertigung von kleineren Landmaschinen, stationären Zweitakt-Dieselmotoren und Zugmaschinen für die Agrarwirtschaft übrig. An eine Fahrzeugproduktion war anfangs nicht gedacht. Die hohen Kraftfahrzeugsteuern, Anschaffungs- und Unterhaltskosten machten das Automobil noch immer zu einem Luxusgut. Für den Normalbürger scheiterte die Anschaffung eines Fahrzeuges zumeist an der finanziellen Hürde. Trotz dieser Situation gaben die Vorstellungen Kamms vom erschwinglichen Automobil und die überraschende Funktionalität des bereits vorhandenen Kamm-Schweizer-Kleinwagens Anlass dazu, dass

von Rösch

im Februar 1924 Wunibald Kamm als Leiter des neu gegründeten SHW-Motorenbaus die Versuchsbetreuung eines Zweitakt-Dieselmotors mit „Schnürle“-Umkehrspülung übertrug und Geldmittel für die Entwicklung eines Personenkraftwagens mit einem „Fassungsvermögen von 4 bis 5 Personen mit Gepäck“ bei vollwertigen Verkehrsleistungen nach Kamms eigenen Vorstellungen bereit stellte.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
10. Flugmotoren-Forscher bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt Berlin-Adlershof (DVL)

1926 übertrug Prof.

Wilhelm Hoff

, Vorstandsvorsitzender der DVL, dem erst 33-jährigen Dr.-Ing. Wunibald Kamm auf Vorschlag von Kamms Studienfreund

Martin Schrenk

die Leitung der Motorenabteilung der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin-Adlershof mit dem Prüffeld für Flugtriebwerke, die er bis Anfang 1930 innehatte [37].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
11. Die Berufung Kamms an die Technische Hochschule Stuttgart

Nach dem Tod 1928 von Professor

Alexander Baumann

, Ordinarius des 1912 neu gegründeten Lehrstuhls für „Luftschifffahrt, Flugtechnik und Kraftfahrzeuge“ der Königlichen Technischen Hochschule Stuttgart [11, 12], war der vakante Lehrstuhl mit dem Laboratorium für Luft- und Kraftfahrwesen Anfang April 1929 wieder zu besetzen. Die Abteilung Maschineningenieurwesen und Elektrotechnik unter ihrem Vorsitzenden Prof. Dr.

A. Bantlin

hatte Dr.-Ing. Wunibald Kamm – wie aus dem Schreiben der Technischen Hochschule Stuttgart vom 29.04.1929 hervorgeht – auf die Vorschlagsliste gesetzt und zur Übersendung seiner Bewerbungsunterlagen aufgefordert [38].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
12. Die Gründung des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren FKFS an der Technischen Hochschule Stuttgart

Prof.

Alexander Baumann

hatte bereits 1912 bei der Gründungsversammlung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Flugtechnik bekannt gegeben, dass der Bau einer Versuchsstätte für Luft- und Kraftfahrzeuge in Stuttgart geplant sei. Für diesen Zweck war 1920 durch Umbau des von der Technischen Hochschule Stuttgart übernommenen Vereinsgebäudes des Württembergischen Flugsportclubs Stuttgart auf dem „Cannstatter Wasen“ das Baumannsche Laboratorium entstanden, das 1930 mit der Übernahme durch Prof. Wunibald Kamm zur Urzelle des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren an der Technischen Hochschule Stuttgart wurde, Abb. 12.1.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
13. Die wirtschaftlichen und politischen Umstände in den Jahren um 1930

Als Kamm Ende 1929 den Ruf nach Stuttgart erhielt, hätten die wirtschaftlichen und politischen Randbedingungen in Deutschland und damit die Aussichten auf Durchführbarkeit der Vorstellungen des ideenreichen Professors kaum ungünstiger sein können. Am 24. Oktober 1929, also während Kamms Berufungsverhandlungen, war, ausgelöst durch den Kurssturz an der New Yorker Börse, die Weltwirtschaftskrise ausgebrochen, die Deutschland besonders hart getroffen hat, weil die Folgen des Ersten Weltkriegs, die Lasten des Versailler Vertrags und die Inflation mit der daraus resultierenden Wirtschaftskrise noch nicht durchgestanden waren und innenpolitische Wirren die wirtschaftliche Gesundung hemmten.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
14. Der Stand des Fahrzeug- und Motorenbaus 1930

In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg war die Lage der deutschen Automobilhersteller äußerst kritisch. Die durch die Erfordernisse des Krieges auf Militärfahrzeuge ausgerichteten und ausgeweiteten Kapazitäten mussten abgebaut und wieder auf den Friedensbedarf gebracht werden. Dazu mangelte es einerseits an den notwendigen Investitionsmitteln für moderne Produktionsanlagen wie auch an den Rohstoffen, andererseits waren die Absatzmöglichkeiten von Automobilen auf dem deutschen Markt durch die allgemeine Wirtschaftslage stark eingeengt und der Export durch die Zoll- und Handelsbestimmungen gehemmt. 1920 erschienen die ersten fabrikneuen Fahrzeuge und Motoren auf dem Markt, und am 23. September 1921 fand die erste Automobilausstellung nach dem Krieg in Berlin statt. Bei den dort ausgestellten Kraftfahrzeugen handelte es sich im Wesentlichen um modernisierte Vorkriegsmodelle.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
15. Die visionären Vorstellungen Kamms von der zukünftigen Entwicklung der Kraftfahrzeugtechnik

Mit dem damals siebenunddreißigjährigen Wunibald Kamm hatte die Technische Hochschule Stuttgart 1930 einen sehr fähigen, ideenreichen und in der Wissenschaft höchst engagierten Fachmann gewonnen, der vielseitige Erfahrungen und Kenntnisse aus der praktischen Konstruktions- und Versuchsarbeit auf den Gebieten des Kraftfahrwesens und der Flugmotoren mitbrachte. Während an anderen Hochschulen die kraftfahrtechnischen Lehrstühle sich auf spezielle Teilgebiete konzentrierten, ging Kamm das Fachgebiet in außerordentlicher Breite an.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
16. Die Anfänge des Kammschen Forschungsinstituts

Die Entwicklung des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren an der Technischen Hochschule Stuttgart (FKFS) wurde in erster Linie durch die Persönlichkeit, die Zielsetzungen und Ambitionen seines Gründers Wunibald Kamm, sowie durch das aus der Begeisterung für die Aufgabenstellungen Kamms erwachsene Engagement seiner Mitarbeiter, dann aber auch durch die wirtschaftlichen und politischen Zeitumstände geprägt.

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17. Die personelle Entwicklung und Organisation des FKFS

Der Status des FKFS als Stiftung des Bürgerlichen Rechtes bot beste Voraussetzungen für die zukünftige Entwicklung des Instituts. Der Zweck der gemeinnützigen Stiftung war die Einrichtung, Unterhaltung und der Betrieb eines Instituts zur Förderung der Forschung auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens und der Fahrzeugmotoren einschließlich der Luftfahrzeugmotoren. Zugleich diente das Institut der Unterrichtung der Studierenden und war als wissenschaftliches Institut dem gleichnamigen Lehrstuhl der Technischen Hochschule Stuttgart angeschlossen. Prof. Kamm hatte als Leiter des Forschungsinstituts weitreichende unternehmerische Freiheiten, allerdings wurden diese zunehmend von politischer Seite durch wachsende Zwänge beeinträchtigt.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
18. Die bauliche Entwicklung des FKFS und seine versuchstechnische Ausstattung

Wunibald Kamms zukunftsträchtige Forschungsziele auf den beiden Haupttätigkeitsfeldern „Kraftfahrzeuge“ und „Flugmotoren“ setzten gut ausgestattete Laboratorien, neue Prüfanlagen und modernste Einrichtungen voraus, die denen der Industrie nach Möglichkeit überlegen sein sollten. Das bescheidene, von Prof.

Baumann

übernommene Laboratoriumsgebäude – „das sog. FKFS-Stammgebäude“ – mit wenigen, größtenteils veralteten Prüfständen entsprach in keiner Weise seinen Vorstellungen und genügte kaum den Grundbedürfnissen einer modernen Lehre.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
19. Der Aufstieg des FKFS zu wissenschaftlicher Exzellenz 1930–1940

Kamms erklärtes Ziel war, unter Anwendung mathematischer Methoden, der technischen Mechanik, der Strömungs- und Festigkeitslehre und der Thermodynamik unter Einbindung der durch Versuche gewonnenen Erkenntnisse die kraftfahrtechnischen Grundlagen zu vervollständigen bzw. neu zu schaffen und hierfür ein leistungsfähiges Kraftfahrzeug-Forschungsinstitut mit einem Stamm kompetenter Mitarbeiter aufzubauen. Sein Ansatz war von einer fachlichen Breite, wie man diese bei keinem anderen finden kann. Es gab kaum ein Grundlagenproblem der Kraftfahrzeugtechnik, das von Kamm mit seinen Mitarbeitern in den zehn Jahren 1930 bis 1940 nicht angepackt, mindestens aber vorgeklärt oder gelöst worden wäre [4]. Sein Bestreben war, den jeweils neuesten Erkenntnisstand durch Veröffentlichungen umgehend der nutzbringenden Anwendung zugänglich zu machen. In Anbetracht der Förderung seiner Forschungsarbeiten durch staatliche Stellen hatte Kamm die Auffassung vertreten, seine Ergebnisse der Allgemeinheit ohne materiellen Eigennutz dienlich zu machen. Erst nachdem er die Erfahrung des Missbrauchs durch Dritte machen musste, entschloss er sich, wichtige Entwicklungsergebnisse durch Patente (ca. 60 Inlands- und 20 Auslands-Patente I, F, GB, USA) abzusichern.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
20. Staatliche Einmischung in die fachliche Ausrichtung des FKFS

Das Reichsluftfahrtministerium hatte zusammen mit dem Reichserziehungsministerium beginnend 1934/1935 mit seinen Vorstellungen zur Erweiterung der Ausbildungsmöglichkeiten für Luftfahrtingenieure an der Technischen Hochschule Stuttgart für Unbehagen im Lande gesorgt. Im RLM war nämlich der Plan für ein drittes, im Südwesten des Reiches gelegenes großes Forschungszentrum entstanden, das sich nach dem Einstieg von

Ernst

Heinkel

in die Strahltriebwerkstechnologie vor allem der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Strahlantriebe widmen sollte (POTTHOFF, J., Der Mittlere FKFS-Windkanal mit 1,5m²-Rechteckdüse in Stuttgart-Untertürkheim 1937–1944. 2005). Man hatte als Standort Stuttgart mit seinen Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten in Betracht gezogen. In seinem Schreiben vom 16.02.1935 (BA-BERLIN, Ausbildung von Luftfahrtingenieuren an der TH Stuttgart. R4901 (Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung)) an das Württembergische Ministerium für Kirche und Schulwesen hatte das Reichserziehungsministerium, gestützt auf ein Gutachten von Prof. Dr.

Hoff

(DVL) (BA-BERLIN, Gutachten von Prof. Hoff, DVL, zum Ausbau der Luftfahrtforschung an der Technischen Hochschule Stuttgart. R4901 (Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung)), als erste Maßnahme die Errichtung eines eigenständigen „Lehrstuhls für Flugtriebwerksbau“ gefordert, „

da der Kammsche Lehrstuhl heute nicht mehr ausreiche. Die Professur müsse wegen seiner besten Kenntnisse naturgemäß mit Prof. Kamm besetzt werden. Seine bisherige Lehr- und Forschungstätigkeit auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens solle auf eine andere Persönlichkeit übertragen werden, da hierfür leichter geeignete Forschungskräfte zu finden sind

.“

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21. Das FKFS-Kraftwagen-Vollprüffeld

Das letzte, größte und bedeutendste Bauvorhaben des FKFS war das sogenannte „Kraftwagen-Vollprüffeld“ (KVP), in dem Personenkraftwagen in natürlicher Größe mit Simulation der Luft- und Bodenkräfte während der Fahrt auf der Straße untersucht werden sollten. Der Weg bis zur Realisierung des KVP war äußerst dornenreich und mit zahlreichen Hindernissen gepflastert.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
22. Forschungsschwerpunkt „Kraftfahrzeuge“

Kamm hatte seine weitgesteckten Vorhaben schon um 1933 in zwei Schaubildern seiner Forschungsprogramme „Kraftfahrzeuge“ und „Flugmotoren“ (Kap. 19) systematisch gegliedert. Vieles, aber nicht alles, was er sich vorgenommen hatte, konnte er bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zu dem angestrebten Ziel bringen. Er muss geahnt haben, dass unter der Herrschaft des Nationalsozialismus der „freien“ Forschung ein Ende gesetzt war. Von der Hoffnung getragen, nach dem Krieg dort wieder ansetzen zu können, wo die Kriegsumstände eine Weiterführung unmöglich machten, hat er den 1940 erreichten Erfüllungsgrad in diesen Schaubildern kenntlich gemacht.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
23. Forschungs-Schwerpunkt Flug- und Fahrzeugmotoren

Als Wunibald Kamm im Oktober 1926 die Leitung der Motorenabteilung der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin-Adlershof übernommen hatte, musste er erkennen, dass die bisherigen fast primitiven Formen des deutschen Flugmotorenbaus – auch bedingt durch die im Versailler Vertrag von 1919 verankerten Bauverbote – am Ende ihrer Entwicklung angelangt waren. Die Anforderungen, die damals noch der Sportfliegerei und der zivilen Luftfahrt galten, zielten auf eine wesentliche Vergrößerung der Leistungseinheiten, die Reduzierung des Leistungsgewichtes, des Kraftstoffverbrauchs und der Propellerdrehzahl zur Verbesserung des Wirkungsgrads.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
24. Standardwerke der Fachliteratur

Zwischen 1933/1934 und 1938 entstanden im FKFS mit den Werken von W. Kamm: „Das Kraftfahrzeug“ (Verlag von Julius Springer 1936) [114] sowie von W. Kamm und C. Schmid: „Das Versuchs- und Messwesen auf dem Gebiet des Kraftfahrzeugs“ (Verlag von Julius Springer 1938) [200] zwei neuestes und älteres Wissen zusammenfassende Fachbücher, die zu den kraftfahrtechnischen Standard-Werken zählten und gewissermaßen „Klassiker“ der Fachliteratur wurden.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
25. Berichte und Veröffentlichungen aus dem FKFS

Das Berichtswesen im FKFS wurde von Dipl.-Ing.

Günther Leunig

nach klaren Gesichtspunkten organisiert [7].

Über den Fortschritt ihrer Arbeiten hatten alle Sachbearbeiter kurze Wochenberichte zu erstellen, die die Basis für das Berichtswesen und spätere Veröffentlichungen bildeten. Kamm förderte Veröffentlichungen durch die jeweiligen Sachbearbeiter; er selbst trat als Mitautor nur dann in Erscheinung, wenn er selbst für die Arbeit wichtige Beiträge erbracht hatte.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
26. Wunibald Kamm als Institutsleiter

Für sich selbst war Wunibald Kamm bescheiden, trotz aller Zurückhaltung aber von beeindruckend starker Persönlichkeit. Neben der Fürsorglichkeit für seine Familie und für seine Mitarbeiter kreisten seine Gedanken stets um die Technik. Er besaß liebenswürdige Eigenschaften, eine gerades Wesen und strahlte ruhige Sachlichkeit aus. Er war ein Technokrat mit schneller Auffassung des Wesentlichen, von tiefgründender umfassender Fachkenntnis, klaren Vorstellungen – und wenn er erkannt hatte, worauf es ankam – von unbeugsamem starkem Willen und auf das Ziel gerichteter unbeirrbarer Tatkraft. Eine besondere Stärke waren seine organisatorischen Fähigkeiten und seine Entscheidungssicherheit bei der Aufteilung der Kompetenzen in Verbindung mit der Übertragung von Verantwortung auf die Mitarbeiter.

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27. Wunibald Kamm als Hochschullehrer

Das Forschungsinstitut diente satzungsgemäß neben der Forschung dem Unterricht der Studierenden der Technischen Hochschule auf dem Gebiet des Kraftfahrwesens sowie der Fahrzeug- und Flugmotoren und war als wissenschaftliches Institut dem gleichnamigen Lehrstuhl der TH Stuttgart angeschlossen. Wie sich aus den Archivunterlagen [209] der Universität Stuttgart entnehmen lässt, hielt Kamm bis 1935 Vorlesungen über „Kraftfahrzeuge I + II“ sowie „Fahrzeug- und Flugmotoren I + II“. Infolge des wachsenden Zulaufs von Studenten und im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Flugwesens wurde im Herbst 1935 an der Technischen Hochschule Stuttgart die Abteilung „Luftfahrttechnik“ neu eingerichtet [11, 207]. Die wichtigsten Vorlesungen wurden hier von den Professoren Kamm und

Madelung

übernommen. Bis ca.1940 wurden, den neuen Schwerpunkten angepasst, Kamms Vorlesungen unter den Titeln „Kraftfahrzeuge und deren Motoren I + II“ und „Flugmotoren (Flugtriebwerke)“ angekündigt. Abbildungen 27.1 und 27.2 geben Einblicke in das Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Technischen Hochschule Stuttgart zum Wintersemester 1942/1943.

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28. Überlegungen zu Nachkriegsprojekten und der Zukunft von FKFS und FFMS

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Grundlagenforschung gegenüber kriegswichtigen Projekten zurückgestuft. Unbeschadet dessen war Kamm darauf bedacht, die als wichtig erklärten Aufgaben so anzugehen, dass daraus auch Erkenntnisse für die allgemeine Fahrzeug- und Motorenentwicklung, die er nach dem Kriege weiter zu betreiben trachtete, gewonnen werden konnten. Trotz der Zeitumstände wurden weiterhin Fahrzeugstudien auf der Basis des K-Wagens, u. a. mit stufenlosem hydrostatischem Getriebe, drehzahlregelbarem Kühlluftgebläse sowie Gummi- und Luftfederung verfolgt, besonders kompakt bauende Hochleistungs-Antriebseinheiten für Pkws mit hydrodynamischen Wandlern konstruiert und Voruntersuchungen mit Messungen am umgebauten M1:20-Modell des KVP (Abb. 28.1) im Hinblick auf die Erstellung eines großen Hochgeschwindigkeits-Schienenfahrzeug-Modellwindkanals mit Laufband begonnen [213].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
29. Kamm und das „Dritte Reich“

Erfolgreiche Persönlichkeiten, die während der Zeit des „Dritten Reiches“ an verantwortlicher Stelle gestanden haben, werden bei Betrachtung ihrer Lebensleistung stets kritisch unter die Lupe genommen und es wird gefragt, ob sie nicht als Günstlinge des nationalsozialistischen Regimes zu ihren Erfolgen gekommen sind, mit welchen Dienststellen der Reichsregierung sie zu tun hatten, ob sie Mitglieder in der NSDAP oder anhängender Organisationen gewesen sind, warum sie sich dem System nicht verweigert oder Widerstand geleistet haben, oder ob sie gar durch ihre Haltung und ihre Tätigkeit Beihilfe zu den Untaten und Verbrechen im „Dritten Reich“ gegen die Menschlichkeit geleistet haben.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
30. Kamm – gleichgeschaltet?

„Gleichschaltung“ ist ein Schlagwort, das 1933 das Ende des politisch-gesellschaftlichen Pluralismus und gleichzeitig die Herrschaft des Nationalsozialismus bedeutete. „Gleichschaltung“ bedeutete auch die Entmachtung der bisherigen Organisationen und Strukturen, der Länder, der Gewerkschaften, der bürgerlichen, konfessionellen oder politischen Vereine, auch der Berufsvereinigungen oder sonstiger Interessengemeinschaften. Gleichartige Vereinigungen wurden in einer NS-Organisation gebündelt und parteiamtlichen Institutionen und Gliederungen der NSDAP untergeordnet, deren Führungspositionen mit „nationalen Persönlichkeiten“ besetzt waren. Auf diese Weise wurden z. B. die Automobilklubs zusammen mit anderen kraftfahrtorientierten Vereinigungen im Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps NSKK oder technisch orientierten Vereinigungen, wie der Verein Deutscher Ingenieure VDI im Nationalsozialistischen Bund deutscher Technik NSBDT gleichgeschaltet. Auch staatliche Forschungsanstalten konnten sich der Gleichschaltung nicht entziehen. So geschehen u.a. bei der Deutschen Versuchsanstalt für den Segelflug DFS, deren Leiter Professor

Walter Georgii

im Mai 1933, als sich die Eingriffe nationalsozialischer Aktivisten in seine Institutsleitung häuften, sein Rücktrittsgesuch im Ministerium einreichte. Erst als

Erhard Milch

, damals Staatssekretär im RLM, persönlich zusicherte, dass derartige Vorkommnisse künftig rigoros unterbunden würden, zog

Georgii

sein Gesuch zurück (TRISCHLER, H., Luft- und Raumfahrtforschung 1900–1970. Politische Geschichte einer Wissenschaft. Studien zur Geschichte der Deutschen Großforschungseinrichtungen, 1992).

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
31. FKFS Nationalsozialistischer Musterbetrieb 1941

Institutsleitung und Belegschaft des FKFS blickten 1940 mit einem gewissen Stolz auf ihre Aufbauleistung und auf die wissenschaftlichen Leistungen, die sie nach zehn Jahren ihres Wirkens vorweisen konnten. Das Bestreben, in gemeinsamer Arbeit besondere Leistungen zu erzielen, hatte schon 1937 durch die Übergabe der DAF-Fahne der Deutschen Arbeitsfront sowie am 1. Mai 1939 und erneut am 1. Mai 1940 durch Verleihung des Gaudiploms für hervorragende Leistungen Anerkennung gefunden. Wie die Urkunde für 1940 ausweist, wurde diese Auszeichnung als „Anerkennung für geleistete und Ansporn für zukünftige Arbeit im Dienste der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft“ verliehen (Abb. 31.1) (FKFS/N.N., Der Leistungskampf des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren an der Technischen Hochschule Stuttgart für das Arbeitsjahr 1940/41.; N.N., Bilder zum Leistungsbericht des FKFS zum Antrag auf Verleihung des Leistungsabzeichens für „Vorbildliche Förderung von Kraft durch Freude“, Arbeitsjahr 1941/42.).

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
32. Kriegsgefangene, Zwangs- und Fremdarbeiter

Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der deutschen Wirtschaft, insbesondere in der Rüstungsindustrie und der Landwirtschaft Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter (einschließlich Ostarbeiter) und freiwillige zivile Fremdarbeiter (insbesondere Westarbeiter) eingesetzt, um damit die Lücken zu schließen, die durch die Rekrutierung der deutschen Männer zur Wehrmacht entstanden sind, und um die notwendige Kriegsproduktion sicherzustellen (HENSLER, A.; SPOERER, M.; TRISCHLER, H., Rüstung, Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit im Dritten Reich.). Reichten die zugewiesenen ausländischen Arbeitskräfte nicht aus, um die staatlich geforderte Produktionsleistung zu erbringen, waren die Betriebe zur Nachforderung genötigt. Die Unternehmen konnten in zu begründenden Fällen aber auch von sich aus Bedarf anmelden, wovon insbesondere Bauerhöfe Gebrauch machten (HOCHSTETTER, D., Motorisierung und „Volksgemeinschaft“. Das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps NSKK 1931–1945, 2005).

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
33. Programme des Nationalsozialismus

Im Jahr 1938 wurde der Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft vier deutschen Ingenieuren zuerkannt: dem Generalinspekteur für das Straßenwesen Prof. Dr.-Ing.

Fritz Todt

, dem Schöpfer des KdF-Wagens Dr.-Ing. E. h.

Ferdinand Porsche

und den Flugzeugkonstrukteuren Prof.

Willi Messerschmitt

und Prof. Dr.-Ing. E. h

. Ernst Heinkel.

Damit „ehrte“

Adolf Hitler

Ingenieure, die zu den beiden bevorzugten NS-Programmen, der „Volksmotorisierung“ und der „Luftfahrt“ Entscheidendes beigetragen hatten. Mit seinem Kommentar „

Ohne den Kraftwagen, ohne das Flugzeug und ohne den Lautsprecher hätten wir Deutschland nicht erobert

“ bringt

Hitler

zum Ausdruck, dass er sich der Bedeutung dieser technischen Errungenschaften bei seinen „Erfolgen“ sehr wohl bewusst war. „

Es war politische Propaganda, die selbst amerikanische Methoden in den Schatten stellte

“, meinte

Otto Diettrich

, Hitlers Pressechef in „Mit Hitler an die Macht“ (DIETTRICH, O, „Mit Hitler an die Macht“. Reichs-Presse-Chef.).

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
34. Forschung im Auftrag des Reichs-Verkehrsministeriums RVM

Mit dem politischen Willen der nationalsozialistischen Regierung, die Motorisierung in Deutschland voranzutreiben und sie durch Förderung des Automobil- und Straßenbaus als Zugpferd eines wirtschaftlichen Aufschwungs, unterstützt durch die entfachte Begeisterung des Volkes für das Kraftfahrzeug, als Triebfeder der deutschen Wirtschaft und zugleich zur Propaganda für ihr weltanschauliches Gedankengut zu nutzen, gewann auch die Forschung einen neuen, herausragenden Stellenwert. Davon konnte Professor Kamm, der seit seiner Berufung 1930 auf den Lehrstuhl für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren und Gründung seines FKFS klare Vorstellungen über die notwendige Forschung in systematischen Forschungsplänen niedergelegt hatte, nur profitieren. Sein Forschungsprogramm war eine Vorarbeit, die bei seiner Mitwirkung in den Gremien der neuorganisierten Kraftfahrtforschung im NS-System nützlich wurde. Diese Neugestaltung, die von Überlegungen des damaligen Reichsverkehrsministers

Freiherr von Eltz-Rübenach

für eine staffere Zusammenfassung der Interessen verschiedener Stellen sowie eine Verzahnung der Forschungsräte mit der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft (NDW) ausging, führte nach Ablehnung bzw. Zurückstellung der Möglichkeit der Errichtung eines Zentralinstituts für das Kraftfahrwesen zu dem Ergebnis, einen „Forschungsrat für das Kraftfahrwesen“ zu bilden, und in diesem die Kompetenz der führenden deutschen Forscher zusammenzufassen: „

Gerade jetzt, wo es keine parlamentarische Überwachung mehr gebe, müsse man bei der Verwendung der Mittel umso gewissenhafter sein

“ [RVM/BAK, K73/12356 v.04.09.1933, zitiert in 58].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
35. Wehrtechnische Auftragsarbeiten im FKFS

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs verschob sich der Schwerpunkt der Tätigkeiten des FKFS zu kriegswichtigen Entwicklungsarbeiten an Flugmotoren, an aussenluftunabhängigen U-Boot-Dieselmotorantrieben, an Flugzeugfahrwerken und Maßnahmen zur Verbesserung der Geländegängigkeit und des Vortriebs im Schnee und auf Eis, während Untersuchungen zur zivilen Fahrzeugtechnik bis auf einige wenige Sonderaufgaben immer weiter in den Hintergrund gerückt wurden.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
36. Fraglicher Nutzen der FKFS-Forschung für den Kriegseinsatz

Rückblickend ist zur wehrtechnischen Forschung des FKFS während der Jahre 1939 bis Kriegsende festzustellen, dass viele Aufgaben der Lösung akuter Probleme dienten, die bei Entwicklungsarbeiten aufgetreten waren, oder der Beseitigung von Mängeln, die erst im Kriegseinsatz erkannt und schnell, manchmal im „Hoppla-Hopp“-Verfahren, bewältigt werden mussten. Systematisches Vorgehen in dem von Kamm gewohnten Stil war nur in wenigen Fällen möglich. Trotzdem entstanden in dieser Zeit hohen politischen Druckes beachtliche schöpferische Leistungen insbesondere auf dem Gebiet des luftgekühlten Groß-Flugmotors und des Strahltriebwerks.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
37. Schäden und Zerstörungen im FKFS durch Luftangriffe

Ab 1943 brachten die Tages- und Nachtangriffe der amerikanischen und englischen Bomberverbände immer mehr Störungen für den Arbeitsablauf im FKFS. Oft musste mehrfach täglich wegen Fliegeralarm die Arbeit unterbrochen werden. Den Sekretärinnen

Irene Aichele

und

Ruth Bollinger

war die Aufgabe übertragen worden, im Rundfunk bzw. Drahtfunk den deutschen Warndienst laufend abzuhören, in dem die Position von im Anflug befindlichen feindlichen Bomberverbänden in verschlüsselten Koordinaten („Planquadrate“) durchgesagt wurden, um gegebenenfalls im Institut Vorwarnung zu geben [282].

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
38. Die Auslagerung des Instituts im süddeutschen Raum

Mitte 1943 war auf Anordnung der Rüstungsinspektion V (Stuttgart) des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion mit der Auslagerung wichtiger Arbeitsgruppen des FKFS samt Versuchseinrichtungen und Werkstätten an rund 30 Orte auf der Schwäbischen Alb und bis Überlingen am Bodensee begonnen worden. Von da an mussten natürlich erhebliche Unterbrechungen und Einschränkungen der Institutsarbeit in Kauf genommen werden.

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39. Die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs: Das Unternehmen Feldkirch

Das Schicksal des „Dritten Reichs“ war zu Anfang des Jahres 1945 endgültig besiegelt. Die amerikanisch-französische Front im deutschen Südwesten kam von Tag zu Tag näher an Stuttgart und an die zahlreichen Evakuierungsstandorte des Forschungsinstituts heran. Die Amerikaner hatten am 07.03. Köln genommen, waren am 22.03. bis Mainz vorgestoßen, hatten am 24.03. bei Wesel den Rhein überwunden, nahmen am 29.03. Wiesbaden und Frankfurt/Main ein und überschritten bei Mannheim und Heidelberg den Neckar. Die französische 1. Armee überquerte am 01.04.1945 nördlich von Karlsruhe den Rhein und stieß weiter in Richtung auf Stuttgart vor.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
40. Festnahme und Inhaftierung der „Fünfzig“

Wenige Tage später, am 29.04.1945, rückten die Franzosen an, beschlagnahmten das mitgeführte Material und hielten Kamm sowie die bei ihm verbliebenen 50 Mitarbeiter fest. Schließlich sollte mit einem Sammelpassierschein, alle zusammengepfercht auf einem Lastkraftwagen, die gemeinsame Heimfahrt in Richtung Stuttgart angetreten werden. Nach Übernachtung in Isny (Allgäu), wurden aber Kamm und seine Mitarbeiter von den Franzosen erneut festgenommen und der Sabotage beschuldigt, weil sie an ihrem Lastwagen zur Sicherung gegen Diebstahl über Nacht vorsorglich ein Vorderrad demontiert hatten. Nach einer kurzen Sicherheits-Verwahrung in einer Isnyer Peitschenfabrik erfolgte die Überstellung der ganzen Gruppe nach Ravensburg, wo sie im Zuchthaus, bekannt als das „Rote Haus“, unter menschenunwürdigen Verhältnissen auf dem Dachboden gefangen gehalten wurden [7]. Wunhild Ryschkewitsch-Kamm [10] ergänzt die vorstehenden Zeilen durch einen persönlichen Bericht ihres Vaters: „

Die Franzosen glaubten nicht, dass die Männer Zivilisten waren und vermuteten, sie seien SS(ler) in Verkleidung. Dann kam eines Tags der Befehl, sie zu erschießen. Sie wurden in eine Kiesgrube gefahren und an die Wand gestellt. In letzter Minute kam ein französischer Offizier, der den Soldaten Einhalt gebot, die Gefangenen seien nicht von der SS

“.

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41. Professor Kamms Entführung in die USA

Nach seiner „Befreiung“ aus dem Gewahrsam der Franzosen hatten die Amerikaner Professor Kamm am 27. Mai 1945 nach Kirchheim/Teck zu seiner Familie verbracht. Bei all den Sorgen, die er sich um die Zukunft seiner Familie machte, war er glücklich, dass er alle dort Verbliebenen gesund angetroffen hatte. Kamms älteste Tochter Wunhild, die zum Arbeitsdienst im „Protektorat Böhmen und Mähren“ eingezogen worden war, hatte sich Mitte April 1945 als Helferin auf einem Rote-Kreuz-Zug mit verwundeten Soldaten in das „Altreich“ absetzen können [370]. Und auf Umwegen war ein Lebenszeichen seines Sohnes Irmin eingetroffen, der im August 1944 noch als Luftwaffenhelfer eingezogen und im April 1945 zur Wehrmacht überstellt worden war. Eine am 1. Mai 1945 in der Umgebung von Regensburg erlittene Schussverletzung an der Wirbelsäule mit Lähmungserscheinungen erforderte mehrwöchige Krankenhaus- und Lazarett-Aufenthalte. Wieder einigermaßen gehfähig, wurde Irmin Kamm am 07.07.1945 bei Regensburg aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen.

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42. Die Entlassung Kamms aus dem Hochschulamt

Hinsichtlich seiner Anträge, die Kamm vor der Abreise an die TH Stuttgart gerichtet hatte, glaubte er davon ausgehen zu können, dass dort die Angelegenheit ihren erhofften Gang nehmen würde. Da er offiziell keine weiteren Mitteilungen erhielt, verhielt er sich abwartend, wie dies ihm Rektor

Grammel

geraten hatte. Im Dezember 1946 war das Jahr abgelaufen, zu dem er von den Amerikanern verpflichtet worden war. So brachte sich Kamm durch ein an

Grammel

gerichtetes Schreiben vom 7. Dezember 1946 wieder in Erinnerung [359].

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43. Auf Wright Air Force Field, Dayton, Ohio/USA

Kamm, der am 1. Dezember 1945 auf dem Wright Air Force Field, der späteren Wright-Patterson Air Force Base, in Dayton, Ohio/USA, eingetroffen war, wurde nach weiteren umfangreichen Befragungen und Sicherheitseinweisungen während seiner einjährigen Zwangsverpflichtung bei der Entwicklung von Fahrzeugkomponenten für den Wintereinsatz und mit der Erstellung von Berichten über Kolbenflugmotoren, Resonator-Strahltriebwerken und den daraus vom FKFS entwickelten motorunabhängigen Stoßbrenner-Heizgeräten (Schwingfeuergeräten) beratend tätig. Es bestätigte sich dabei, dass das Interesse der Amerikaner an Prof. Wunibald Kamm erstaunlicherweise nicht seinen frühen bedeutsamen wissenschaftlichen Verdiensten um die Kraftfahrzeugtechnik galt. US-Army, Navy und Air Force waren ausschließlich an den kriegswichtigen Forschungsarbeiten des FKFS mit den Schwerpunkten Winterbeweglichkeit, Heizgeräten, Kreislaufdieselmotoren, Flugmotoren und Strahltriebwerke interessiert.

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44. Kontakte zur Familie in Deutschland

Die Verbindungen von den USA nach Deutschland waren den „zwangsverpflichteten“ Wissenschaftlern in den USA nur über einen zensierten Briefverkehr ausschließlich mit ihren nächsten „Angehörigen“ erlaubt. Kontakte Kamms mit seinen Verwandten, mit dem Rektor der TH Stuttgart, seinen Freunden und ehemaligen Mitarbeitern ließen sich nur indirekt über seine Frau Hilde herstellen. Hinweise über den Aufenthaltsort und zu seinen Aufgaben in den Staaten, die Kamm stets unbestimmt mit „die Dinge“ umschrieb, waren streng untersagt. Einige Standortangaben in Kamms Briefen sind jedoch von der Zensur gebilligt oder übersehen worden.

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45. Familie Kamm in den Vereinigten Staaten von Amerika

Hilde Kamm und die fünf Kindern reisten als eine der letzten Familien der auf der Wright AFB stationierten deutschen Wissenschaftler am 2. Juni 1947 über Fort Hamilton auf Long Island (New York) in die USA ein und erreichten schließlich am 4. Juni 1947 Wright Field (Abb. 45.1). Nach ihrer Ankunft konnten die Kamms dann in das Appartement Nr. 4 der Kaserne No.1233 in „Wood City“, Wright Field, einziehen. Diese Wohnung lag in einem Ortsteil von „Wood City“, den die Amerikaner ausschließlich für deutsche Wissenschaftler vorgesehen hatten. „Wood City“ [370] war eingezäunt mit Wachposten am Einfahrtstor.

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46. Am Stevens Institute of Technology, Hoboken, NJ

Trotz einer vorgesehenen Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses am Wright Field um weitere zwei Jahre, der im August 1951 im Hinblick auf das erwartete Einbürgerungsersuchen Kamms nochmals eine Sicherheitsüberprüfung vorangegangen war, wechselte Kamm 1952 als „Research“-Professor und „Senior“-Wissenschaftler an das Stevens Institute of Technology, Davidson Laboratories, Hoboken, New Jersey/USA. Einer der „Väter“ der wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der „Off-Road-Mobility“, Professor Dr.

M. G. Bekker

, hatte ihm dort Forschungsmöglichkeiten zur Geländegängigkeit von Fahrzeugen in Aussicht gestellt.

Bekker

, der Kamms wissenschaftlichen Methoden in sofern nahestand, als er versuchte, durch Experimente die relevanten mechanischen Eigenschaften von Geländeböden zu bestimmen, durch Kennwerte und Formeln zu beschreiben und in die Mechanik der Wechselwirkungen von Rad und weichem Boden und somit der Geländefahrt einzubeziehen, lehrte 1950 bis 1952 an der Graduate School des Stevens Institutes of Technology über „Theory of Land Locomotion“ [390]. Kamm hatte ihn bereits einige Zeit zuvor bei der Abfassung seines Buchs mit dem Titel seiner Vorlesung unterstützt, welches heute noch als Standardwerk über Geländegängigkeit gilt.

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47. Rückkehr nach Deutschland 1955

1951 hatte Wunibald Kamm erstmals versucht, in einem umfangreichen Schriftverkehr mit der baden-württembergischen Industrie finanzielle Mittel zu bekommen, um seine Vorstellungen von der künftigen Kraftfahrzeugforschung und Fahrzeugentwicklung im Falle seiner Rückkehr nach Deutschland verwirklichen zu können, fand aber neben vereinzelten Zusagen überwiegend Ablehnung. Da Kamm eine Wettbewerbssituation zum FKFS unter seinem Nachfolger Prof.

Paul Riekert

ausschließen wollte, hatte er zuvor den damaligen Rektor der Technischen Hochschule Stuttgart, Prof.

E. Siebel

, nicht nur über seine Pläne informiert, sondern sich in seinem Schreiben vom 2. April 1951 zudem verpflichtet, alles zu vermeiden, was mit Aufgabe und Stellung seines Nachfolgers in Widerspruch stehen könnte [399]. Aus dem Besprechungsprotokoll des Rektors mit Daimler-Benz-Direktor

Wilhelm Haspel

vom 3. Oktober 1951 [400] geht ein deutliches Desinteresse der Firma Daimler-Benz an einer Zusammenarbeit mit Wunibald Kamm hervor: „

Herr Dr. Kamm hat dadurch, dass er nach Amerika ging, den Anschluß an die deutsche Industrie verloren

“. Haspel empfahl Kamm, bis zu seiner Pensionierung in den USA zu bleiben.

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48. Am Battelle-Institut e. V., Frankfurt am Main

Kurz vor dem Eintritt von Prof. Dr.-Ing. W. Kamm in das Battelle-Institut e. V. Frankfurt, im April 1955, war die Abteilung „Maschinenbau“ ins Leben gerufen worden.

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49. Kamms Einstellung zu seiner Nachkriegstätigkeit in Deutschland

Nach Äußerungen Kamms befriedigte ihn die Aufgabe bei Battelle doch sehr. Er hatte sich endgültig damit abgefunden, nicht mehr an sein FKFS zurückkehren zu können. Er war zu einem ruhigen Menschen geworden, der sich nicht mehr durch negative Kritiken aus einer bürokratischen Umwelt beeindrucken ließ. Er war kein Administrator mehr, zeigte aber immer noch die Gabe, junge Kollegen zu motivieren und diesen bei ihren Projekten zu helfen.

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50. Die letzten Lebensjahre

Neben seinem Wirken im Ständigen Wissenschaftlichen Beirat des Battelle-Instituts, bearbeitete Wunibald Kamm im Ruhestand noch bis 1963 die Patentanmeldungen des Stevens Instituts zur Kamm-Variante des Rieseler-Motors, konterte die Einsprüche der amerikanischen Patentbehörde durch Herausarbeiten der entscheidenden Verfahrensunterschiede und der erreichten Fortschritte bei wichtigen Bauteilen des Kamm-Stevens-Hochdruckdiesels gegenüber den durch Nachkriegs-Patente abgesicherten Besonderheiten des Rieseler-Motors und bestärkte vor allem „Stevens“ in der Weiterführung des Projektes [433].

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51. Würdigung der Lebensleistung Wunibald Kamms

Selten begegnet man einem Ingenieur, der in so umfangreicher und vielfältiger Weise grundlegende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugtechnik sowie der Flug- und Fahrzeugmotoren angeregt, durchgeführt und geleitet hat.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
52. Vita Wunibald Kamm
Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h., 1893–1966
Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
53. Nachwort und Danksagung

Bei der Gestaltung der Jubiläumsschrift „75 Jahre FKFS – Ein Rückblick 1930 bis 2005“ war es nicht möglich gewesen, bei der Darstellung der Gründung des FKFS 1930 und seiner Entwicklung bis 1945 dem Leben und Wirken Wunibald Kamms sowie seinen wissenschaftlichen Leistungen in einem geziemenden Umfang gerecht zu werden.

Jürgen Potthoff, Ingobert C. Schmid
Backmatter
Metadaten
Titel
Wunibald I. E. Kamm – Wegbereiter der modernen Kraftfahrtechnik
verfasst von
Jürgen Potthoff
Ingobert C. Schmid
Copyright-Jahr
2012
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-20303-9
Print ISBN
978-3-642-20302-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-20303-9

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