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2016 | Buch

Föderale Vielfalt im unitarischen Sozialstaat

Die sozialpolitische Angebotssteuerung der deutschen Länder

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Über dieses Buch

Volquart Stoy untersucht den sozialpolitischen Einfluss der deutschen Länder im Hinblick auf die wichtige Rolle, die ihnen bei der Angebotssteuerung in den Bereichen Kindertagesstätten, Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen zukommt. Erstmals werden die unterschiedlichen Regelungen der Länder im Zeitraum von 1991 bis 2013 systematisch verglichen und bedeutsame föderale Differenzen aufgezeigt. Anhand einer umfassenden Dokumentenanalyse und Experteninterviews wird der Versuch unternommen, diese Unterschiede theoriegeleitet zu erklären. Insbesondere wird dabei der informale Bereich der Politikgestaltung auf Landesebene im Machtdreieck zwischen Regierung, Parlament und Ministerialbürokratie beleuchtet.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
„Flickenteppich“ und „Kleinstaaterei“ – zumeist sind es diese beiden Bezeichnungen, die bemüht werden, wenn in der deutschen Öffentlichkeit von den unterschiedlichen Regelungen der deutschen Länder die Rede ist. Die föderale Vielfalt gilt weiten Teilen der Bevölkerung als Ärgernis. Umfragen bezeugen den zunehmenden Wunsch nach einer Schwächung der Länderkompetenzen und nach bundeseinheitlichen Regelungen in fast allen Politikfeldern (Grube 2009: 158). Eine wesentliche Ursache hierfür liegt in dem vorherrschenden Ideal einheitlicher Lebensbedingungen (Bertelsmann Stiftung 2008: 16).
Volquart Stoy

Unterschiede der Länder in der Angebotssteuerung

Frontmatter
2. Entwicklung des analytischen Rahmens
Zusammenfassung
Ziel des folgenden Kapitels ist es, einen zeitgemäßen Steuerungsbegriff zu entwickeln, mit dem die unterschiedlichen Steuerungspraktiken analytisch erfasst werden können. Dabei gilt es zunächst den Steuerungsbegriff als eigenständiges und notwendiges Analysekonzept von dem omnipräsenten Governance-Begriff abzugrenzen. Dies ist nicht ganz einfach, denn die einschlägige Forschungsliteratur kennt inzwischen eine kaum noch zu überblickende Vielzahl an unterschiedlichen Bedeutungen von Governance. Obwohl dem Konzept ein gewisser Begriffskern zugeschrieben werden kann (Fokus auf Handlungskoordination bei zentraler Bedeutung nichtstaatlicher Akteure), ist die Bandbreite der Verwendung so weit, dass auch sich widersprechende Bedeutungen unter dem gemeinsamen Dach firmieren.
Volquart Stoy
3. Methodisches Vorgehen I
Zusammenfassung
Das im vorangehenden Kapitel skizzierte Steuerungskonzept bildet den analytischen Rahmen für die empirischen Untersuchungen dieser Arbeit. Seine konkrete Anwendung erfordert ein methodisches Vorgehen, das es erlaubt, das Steuerungsinstrumentarium des Staates in seiner Gesamtheit zu erfassen und es den verschiedenen Steuerungsformen zuzuordnen. Eine bloße Darstellung der unterschiedlichen Regelungen trägt nur wenig zum Verständnis der Steuerung bei. Wenn das Erkenntnisinteresse über eine rein deskriptive Darstellung der Regelungen hinausgeht, ist es notwendig die zahlreichen Einzelbestimmungen auf zentrale Ausprägungen und Zusammenhänge zu reduzieren.
Volquart Stoy
4. Sozialpolitische Kompetenzen der Länder
Zusammenfassung
Das deutsche Grundgesetz nennt das Sozialstaatsprinzip sowie die föderale Struktur in einem Atemzug („sozialer Bundesstaat“, Art. 20). Obgleich die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes darauf hindeutet, dass diese Formulierung eher aus sprachlichen denn aus normativen Gründen gewählt wurde (Schieren 2008a: 217), lässt sich in ihr doch eine grundlegende Orientierung der Sozialstaatsorganisation erkennen. Die Sicherstellung des „Sozialen“ wurde nicht allein dem Zentralstaat anvertraut, sondern obliegt dem Bundesstaat als Ganzem, d.h. dem Zentralstaat, den Gliedstaaten und der Gesamtheit von Zentralstaat und Gliedstaaten (Zacher 2004: 720; Münch 1997: 94).
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5. Kindertagesstätten
Zusammenfassung
Die Betreuung und Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen gilt Beobachtern als „das“ große Megathema der Kinder- und Jugendhilfe seit der Wiedervereinigung (Münder 2009: 13; Wabnitz 2009: 244). Diese Entwicklung überrascht zunächst vor dem Hintergrund, dass die öffentliche Kinderbetreuung lange Zeit als das „Stiefkind der deutschen Familienpolitik“ betrachtet wurde (Bahle 2007: 258). Noch in den 1960er Jahren war der Kindergarten in erster Linie eine Notlösung für benachteiligte Kinder, deren Betreuung in der eigenen Familie nicht geleistet werden konnte. Seitdem hat sich der Kindergarten zur „heutigen Regelinstitution, die fest in der Normalbiographie von Kindern aller Schichten und aus allen Familientypen verankert ist“ gewandelt (Bahle 2007: 263). In Anbetracht dieser Entwicklung hat Rauschenbach (2000: 174-175) das 20. Jahrhundert als das „Jahrhundert des Kindergartens“ bezeichnet.
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6. Krankenhäuser
Zusammenfassung
Krankenhäuser sind Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen verfügen über einen Rechtsanspruch auf eine Krankenhausbehandlung, sofern diese notwendig ist (§ 39 SGB V). Das baden-württembergische Landeskrankenhausgesetz drückt diesen Sachverhalt wie folgt aus: „Wer einer stationären Behandlung bedarf, hat Anspruch auf Aufnahme in ein geeignetes Krankenhaus“ (§ 28 Abs. 1 LKHG).
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7. Stationäre Pflegeeinrichtungen
Zusammenfassung
Die deutsche Bevölkerung wird älter. Nicht nur ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt zwischen 1960 und 2010 um mehr als zehn Jahre gestiegen, sondern auch die weitere Lebenserwartung von 60-Jährigen hat sich im selben Zeitraum bei Männern um 5 Jahre und bei Frauen um 6,5 Jahre verlängert (Statistisches Bundesamt 2012a). Die große Mehrheit der Senioren lebt dabei selbstständig im eigenen Zuhause, nimmt aktiv am gesellschaftlichen Leben teil und weist eine hohe Lebenszufriedenheit auf (Johanniter Unfallhilfe/F.A.Z. Institut 2012: 12f.).
Volquart Stoy

Ursachen für die Unterschiede zwischen den Ländern

Frontmatter
8. Theorie
Zusammenfassung
Der erste Teil dieser Arbeit hat teilweise sehr deutliche Unterschiede in der Angebotssteuerung der Länder aufgezeigt. Aus politikwissenschaftlicher Sicht stellt sich angesichts dieser Vielfalt die Frage, warum die Länder, die alle den gleichen Versorgungsauftrag zu erfüllen haben, unterschiedliche Steuerungsinstrumente zur Gewährleistung eines bedarfsgerechten Angebots einsetzen. Wie lassen sich diese Unterschiede erklären? Als wichtige Hilfsmittel, die die Suche nach Erklärungsfaktoren anleiten, dienen Theorien. Sie sind „heuristische Mittel, mit deren Hilfe solche die unmittelbare Anschauung übersteigenden, systematischen Informationen über nicht offensichtliche Aspekte der Wirklichkeit gewonnen werden sollen“ (Krumm et al. 2009: 50).
Volquart Stoy
9. Methodisches Vorgehen II
Zusammenfassung
Die Ausführungen des Theorieteils legen nahe, dass Entscheidungen für bestimmte Steuerungsinstrumente unterschiedlich motiviert sein können. Je nachdem, ob der Prozess von parteipolitischen Akteuren oder der Ministerialbürokratie angestoßen wird, liegen der Entscheidung unterschiedliche Handlungsrationalitäten zugrunde. Die Wahl neuer Steuerungsinstrumente ist zudem in der Regel von dem bestehenden Institutionen- und Kompetenzgefüge abhängig. Zur Erklärung der Entwicklungen des Steuerungshandelns und somit auch der Unterschiede zwischen den Ländern bedarf es einer empirischen Überprüfung der skizzierten Szenarien. Das methodische Vorgehen hierzu soll in diesem Kapitel erläutert werden.
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10. Erklärung
Zusammenfassung
Auf Basis der theoretischen und methodischen Vorüberlegungen soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, die Gründe für die Unterschiede der Länder in der Angebotssteuerung zu untersuchen. In einem ersten Schritt werden die Faktoren einzeln betrachtet. Auf diese Weise sollen möglichst generelle Aussagen zu der Wirkungsweise der verschiedenen Ursachen im Ländervergleich gewonnen werden. In einem zweiten Schritt soll dann das Zusammenspiel der Faktoren unter Rückgriff auf die entwickelten Szenarien des Instrumentenwandels an vier Einzelfallstudien untersucht werden.
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11. Fazit
Zusammenfassung
Die vergangenen zwanzig Jahre waren bewegte Zeiten für den deutschen Wohlfahrtsstaat. Neben dem Umbau der Sozialversicherungssysteme haben sich vor allem in den Bereichen der sozialen Dienstleistungserbringung und der Sicherstellung der sozialpolitischen Infrastruktur weitreichende Änderungen vollzogen. Ausgelöst durch massive sozialstrukturelle Veränderungen hat sich die Nachfrage nach sozial- und gesundheitspolitischen Dienstleistungen tiefgreifend verändert. Bund und Länder haben auf diese Entwicklungen reagiert. Während die Reformen auf Bundesebene wiederholt Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen waren, klaffte bei Fragen der Politik der Länder eine große Forschungslücke.
Volquart Stoy
Backmatter
Metadaten
Titel
Föderale Vielfalt im unitarischen Sozialstaat
verfasst von
Volquart Stoy
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-10816-8
Print ISBN
978-3-658-10815-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-10816-8

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