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2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

5. Herausforderungen der deutsch-französischen Kulturarbeit: aus der Praxis der (Auswärtigen) Kulturpolitik in Palästina

verfasst von : Antonia Blau

Erschienen in: Die Kunst der Dekolonisierung

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Nachdem aktuelle Herausforderungen für Künstler und Kulturakteure in Palästina entlang der kulturellen Wertschöpfungskette herausgestellt worden sind, gilt es nun, die kulturpolitische Praxis zu befragen. Dafür werden nationale, bilaterale sowie multilaterale Initiativen vorgestellt und hinsichtlich der ihnen zugrunde liegenden Annahmen diskutiert. Zunächst werden verschiedene Formen der Zusammenarbeit hinterfragt: Projekte, Kooperationen, Netzwerke sowie die Arbeit im europäischen Verbund.

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Fußnoten
1
Da diese Art von Projekt einen Anfang und ein Ende haben soll, folgen die Projekte einander und ersetzen sich gegenseitig, wobei sie sich nach Prioritäten und Bedürfnissen, Gruppen oder Arbeitsteams neu zusammensetzen. Analog können wir von einer sozialen Struktur durch Projekte oder einer allgemeinen Organisation der Gesellschaft durch Projekte sprechen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
2
Alles, was die Mobilität einschränkt, ist ein Faktor der Starrheit, wie zum Beispiel die Bindung an eine berufliche Tätigkeit, an eine Familie, an eine Institution oder sogar die Verwurzerlung in einer Region“ (Übersetzung d. Verf.).
 
3
Dazu passen die zynischen Fragen des ehemaligen Nahostkorrespondenten Joris Luyendijk während des US-amerikanischen Einmarschs im Irak: „Warum sollten die USA die Demokratie in den Irak bringen, wenn sie dafür sorgten, dass die Diktatoren der restlichen Region sich im Sattel hielten? Durfte demnächst eine demokratisch gewählte Regierung in Bagdad wirklich einen selbständigen Kurs fahren, auch wenn der den amerikanischen Interessen zuwiderliefe? Wäre es einer irakischen Partei erlaubt, die Wahlen zu gewinnen mit dem Versprechen, die Palästinenser zu stützen, den Ölpreis zu erhöhen, Ölförderverträge nur noch mit Europa und China abzuschließen? Oder wollte das Weiße Haus in Wirklichkeit einen Saddam light, der ebenso wie andere ‚gemäßigte Regimes‘ auf Massenvernichtungswaffen verzichtet, amerikanischen Unternehmen Aufträge zuschustert und höchstens mal ein bisschen Richtung Israel kläfft?“ (Luyendijk 2007:234).
 
4
Der globale politische Ansatz in Bezug auf den Islam und die Schaffung einer arabischen Kultur ist eine logische Folge der ‚Geopolitik der Emotionen‘ (Dominique Moïsi), die arabische Länder betrifft, die eine Kultur der Demütigung erleben“ (Übersetzung d. Verf.).
 
5
Vgl. bereits Said 1970.
 
6
Diese sind: El Kamandjati, das El-Harah Theater, Ashtar, die El Funoun Palestinian Popular Dance Troupe, das Edward Said National Conservatory of Music, das Freedom Theatre, das Magnificat Institute, die Palestinian Circus School, das Popular Art Centre, Theatre Day Productions, das Yes Theatre, die Qattan Foundation und sogar das Bildungsministerium (vgl. https://​qattanfoundation​.​org/​en/​qattan-9 (Abgerufen 07. Januar 2019)).
 
7
Vgl. https://​jerusalemarts.​net (Abgerufen 20. Dezember 2019).
 
8
Seit 2013 werden auch Norwegen und die Schweiz mit einbezogen.
 
9
Artikel 2 des Vertrags der Europäischen Union 2012 hält fest: „The Union is founded on the values of respect for human dignity, freedom, democracy, equality, the rule of law and respect for human rights, including the rights of persons belonging to minorities. These values are common to the Member States in a society in which pluralism, non-discrimination, tolerance, justice, solidarity and equality between women and men prevail“ (hier European Union 2018: 10, Fußnote 8).
 
11
Gebauer berichtet, dass die Qattan Stiftung als Unterstützer gewonnen werden kann, die „Gespräche mit anderen westlichen Stiftungen in Gang [setzt]“ (Gebauer 2011:67), was aber nicht ausreicht, um die Pläne umzusetzen.
 
13
Er wird in Israel als Sohn einer jüdischen Mutter und eines arabischen Vaters geboren. Seine Mutter Arna gründet während der ersten Intifada eine Theatergruppe in Jenin, wofür sie 1993 den alternativen Nobelpreis erhält (vgl. Nüsse 2011). Mer Khamis setzt ihrer Arbeit in seinem Dokumentarfilm „Die Kinder von Arna“ (2004) ein Denkmal. Er selbst übernimmt ihren Platz als seine Mutter 1994 stirbt.
 
14
Trailer des Films „Cinema Jenin“ (2012) auf der Webseite: https://​cinemajenin.​org/​film/​index.​php?​name=​film (Abgerufen 07. Januar 2020; Übersetzung durch d. Verf.).
 
16
Jüngere Beispiele lassen sich auch in Deutschland durch die aufgeheizte öffentliche Diskussion um den BDS finden. BDS steht für Boycott, Divestment and Sanctions und richtet sich gegen die israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik. Die Unterstützer boykottieren, was durch den israelischen Staat unterstützt wird – inklusive Künstler oder künstlerische Produktionen, Festivals u. a. Zu den prominenten Unterstützern zählen Judith Butler und Naomi Klein. Dabei wird das Meinungsspektrum zunehmend durch Extrempositionen geprägt.
Beispielsweise lädt die Intendantin der Ruhrtriennale Stefanie Carp die britische Band Young Fathers zur Triennale 2018 erst ein und dann, als sie dafür kritisiert wird, weil diese die BDS-Bewegung unterstützt, wieder aus. Als sie ihre Meinung ändern will, steht die Band nicht mehr für den Termin zur Verfügung. Dieses Hin und Her wird durch große mediale und politische Aufmerksamkeit und Forderungen nach dem Rücktritt Carps begleitet. Sie selbst erklärt im Nachhinein: „Ich kenne keine Künstlerinnen und Künstler, die das Existenzrecht des Staates Israel in Frage stellen. Man kann sagen, dass man gegen diese Form des Boykotts ist, dass man deren populistische Methoden, andere unter Druck zu setzen, nicht mag, aber man kann nicht einfach behaupten, dass der BDS antisemitisch ist. In meinem Fall habe ich allerdings gemerkt, dass man bereits als Antisemitin bezeichnet wird, wenn man überhaupt Kritik an der israelischen Regierung und ihrer Besatzungspolitik formuliert. Ich habe aus gutem Grund früher bei Festivals, die ich programmiert habe, beispielsweise in Wien, immer einen großen Bogen um den Nahost-Konflikt gemacht. Man hat zwar die Revolution in Ägypten aufgegriffen, den Bürgerkrieg im Libanon, aber nicht Israel und die besetzten Gebiete. Dem Thema bin ich – und nicht nur ich – als deutsche Festivalmacherin gerne aus dem Weg gegangen, obwohl man in der Kunst in die Konflikte reingehen sollte. Jetzt bin ich eher unfreiwillig hineingestolpert“ (Carp 2019:33).
In Deutschland provozieren weitere mit dem BDS im Zusammenhang stehende Entscheidungen öffentliche Kontroversen. Als der Deutsche Bundestag BDS im Mai 2019 für antisemitisch erklärt, lässt er Warnungen „[z]ahlreiche[r] israelische[r] und jüdische[r] Holocaust- und Antisemitismusforscher, d[er] deutschen politischen Stiftungen in Israel und Palästina und renommierte[r] deutsche[r] Nahostwissenschaftler“ (https://​magazin.​zenith.​me/​de/​politik/​die-zivilgesellschaf​t-im-nahost-konflikt-und-das-ende-der-zweistaatenlösun​g (Abgerufen 07. Januar 2019)) unberücksichtigt. Als der Direktor des Jüdischen Museums einen Artikel tweetet, der auf die Petition gegen den Bundestagsbeschluss verweist, muss er zurücktreten. Darauf wiederum reagieren Intellektuelle und Akademiker aus der ganzen Welt mit großer Kritik: „Peter Schäfers Rücktritt als Direktor des Jüdischen Museums ist ein weiteres unheilvolles Indiz für die Macht der gegenwärtig herrschenden Illiberalität“ (Myers 2019).
 
17
Die Unterstützung von 350.000€ macht mehr als das Dreifache des jährlichen Budgets für Kulturprojekte des lokalen GI aus.
 
18
Anzumerken ist, dass die Evaluation von AA und BMZ in Auftrag gegeben wird und nicht öffentlich einzusehen ist.
 
19
Frankreich den ersten Platz auf dem Markt und in der Welt der zeitgenössischen Kunst belegte“ (Übersetzung d. Verf.).
 
20
[In] Frankreich, zweifellos unzureichend in der Szene und auf dem internationalen Kunstmarkt präsent, können die öffentlichen Institutionen auf zwei Ebenen handeln, um die Anerkennung nationaler Künstler auf internationaler Ebene zu fördern“ (Übersetzung d. Verf.).
 
21
„[D]ie Behörden könnten daher die Anerkennung der in Frankreich lebenden Künstler weiter unterstützen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
22
Die Exotik, die neue Künstler außerhalb der westlichen Welt heute zu vermitteln scheinen, wird daher nicht nur von Institutionen der westlichen Welt weithin bekannt gemacht, sondern darüber hinaus scheint es eine Voraussetzung für Künstler aus Ländern am Rande der internationalen Kunstwelt zu sein, sich in einem der führenden Länder im Bereich der Kunst niederzulassen“ (Übersetzung d. Verf.).
 
23
in Sorge um Effizienz und Kohärenz“ (Übersetzung d. Verf.).
 
24
ein großer Vorteil für die Attraktivität Frankreichs“ (Übersetzung d. Verf.).
 
25
basieren alle auf dem Grundprinzip der Parität, sowohl in finanzieller als auch in entscheidungsbezogener Hinsicht“ (Übersetzung d. Verf.).
 
26
eine echte Dynamik der Unterstützung von Aktionen der französischen kulturellen und künstlerischen Präsenz im Ausland, indem Kraftlinien identifiziert werden, die die französische Kreativität unter Wahrung der Konsistenz bezeugen können“ (Übersetzung d. Verf.).
 
27
Förderung und Wertschätzung der kulturellen Attraktivität Frankreichs“ (Übersetzung d. Verf.).
 
28
Frankreich bleibt das weltweit führende Touristenziel: der Reichtum und die Vielfalt seines Territoriums, die Fülle an kulturellen Angeboten – mit mehr als 1.200 Museen, 1.500 Festivals, 14.100 denkmalgeschützten Denkmälern oder 41 UNESCO-Welterbestätten – und der Kapazität die Kultur anderer zu begrüßen. Buchhandlung der Welt […], kosmopolitischer Kinosaal, Kunstgalerie, Theatersaal und Land der Festivals“ (Übersetzung d. Verf.).
 
29
Zahlen und weitere Informationen in diesem Teil stammen aus Hintergrundgesprächen, die im Oktober 2019 mit Verantwortlichen des IF in Paris geführt wurden.
 
31
Erste europäische Ansätze in der Residenzarbeit werden derzeit in Toronto zwischen IF, GI und Istituto Italiano della Cultura getestet.
 
32
Johannes Crückeberg weist darauf hin, dass „[d]as erste regelmäßige Künstlerstipendium […] 1666 auf Initiative des französischen Finanzministers Jean-Baptiste Colbert gegründet“ (Crückeberg 2018:21) wurde.
 
33
Vgl. https://​institut-icfp.​org/​category.​php?​id=​8973y35187Y8973&​c_​type=​1 (Abgerufen 07. Januar 2020). 2019 findet es erstmalig nicht statt, soll aber von nun an im Biennalenformat alle zwei Jahre organisiert werden.
 
35
„[W]ir wollen ein Schaufenster für diese Künstler werden, damit sie ihre Seite der Geschichte und ihre eigenen Geschichten erzählen und gleichzeitig die Vorurteile abbauen, die mit Palästina verbunden sind“ (Übersetzung d. Verf.).
 
37
Vgl. https://​flp.​ps/​ (Abgerufen 07. Januar 2020).
 
39
Der französische Roman- und Theaterautor setzt sich in Artikeln, Essays und Büchern mit dem palästinensischen Befreiungskampf auseinander, kritisiert die israelische Besatzungspolitik und macht das Thema damit einem größeren französischen Publikum zugänglich.
 
40
Die im Libanon aufgewachsene Palästinenserin ist die erste Botschafterin Palästinas im Ausland und nimmt diese Rolle in Irland, den Niederlanden, Frankreich und Belgien engagiert und öffentlichkeitswirksam wahr. Als Direktorin der Zeitschrift La revue d’études palestiniennes ermöglicht sie die Weiterentwicklung des palästinensischen akademischen und künstlerischen Diskurs.
 
41
Die französische Journalistin Julie Ackermann spricht gar von 370 Kunstwerken (vgl. Ackermann 2018).
 
43
Bis jetzt war es ‚Palästina in der Welt‘. Nunmehr und durch dieses internationale Museum ist es ‚die Welt in Palästina‘“ (Übersetzung d. Verf.).
 
44
Vgl. https://​flp.​ps/​node/​81 (Abgerufen 16. Dezember 2019).
 
45
Für 2019 sind allerdings nur noch 90 Millionen SEK geplant (vgl. SIDA 2018:1).
 
47
Wenn Großbritannien auch kein neues Ziel für Palästinenser ist, haben sich dort seit mehr als einem Jahrzehnt kulturelle Strukturen entwickelt, die sich insbesondere an arabische und palästinensische Künstler richten“ (Übersetzung d. Verf.).
 
48
Dieser Teil beruht auf dem bereits veröffentlichten Text: Blau, Antonia. 2019. „Verfehlte Transformation? Palästinensische Kulturakteure zwischen israelischer Besatzung und internationaler Kunstszene“. S. 79–90 in: Dispositive der Transformation. Kulturelle Praktiken und künstlerische Prozesse. Dispositifs de trasformation. Pratiques culturelles et processus artistiques, herausgegeben von W. Schneider u. a. Hildesheim.
 
49
Die Partner A.M. Qattan Foundation, Riwaq, The International Academy of Art, El Hoash, El Ma’mal Foundation, Sakakini Cultural Center, The Palestinian Museum, The Arab Cultural Association und die Stadtverwaltung von Ramallah zählen zu den zentralen Kulturakteuren Palästinas und sind im Westjordanland, in Jerusalem und in Gaza vertreten.
 
50
Bshara weist darauf hin, dass große Ausstellungen oft als Biennalen bezeichnet werden, unabhängig von ihrer Häufigkeit, in Anlehnung an die Biennale von Venedig, die 1895 das erste Mal stattfindet (vgl. Bshara 2017:77).
 
51
Bis vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Venedig einen Palästinensischen Pavillion, der 1949 in Israelischen Pavillion umbenannt wird, „leaving the Palestinians with another item to heap onto their cumulative losses“ (Bittar 2010). In den 2000er Jahren sind palästinensische Künstler zunehmend präsent in Venedig (vgl. Kapitel 4 Exkurs: Das Recht auf Fiktion). 2009 gibt es erstmalig einen eigenen Palästinensischen Pavillion, der große Aufmerksamkeit auf sich zieht. „In fact, for many, it was a seismic shift, almost in a sense like including Palestine in the Olympics“ (Bittar 2009). Die Ausgaben für den Palästinensischen Pavillion werden vollständig von palästinensischen Geldgebern getragen. Es entwickelt sich eine Art kollektive Verantwortung für die Repräsentationsmöglichkeit palästinensischer Kultur in Venedig. „Many Palestinian contributors entered the realm as art patrons for the first time“ (Bittar 2009).
 
52
Einzelne Organisationen erhalten zwar punktuelle Projektförderung für ihr Programm, es gibt jedoch keine direkte ausländische Förderung der Biennale.
 
53
Ergebnis von Hintergrundgesprächen während des Rechercheaufenthaltes im Oktober 2018.
 
54
Es geht u. a. um den YAYA der A.M. Qattan Foundation und die Jerusalem Show von Al Ma-mal.
 
56
Vgl. https://​reshape.​network (Abgerufen 12. Dezember 2019).
 
57
Ein palästinensischer Künstler kann weder mit dem Zug nach Frankreich fahren, noch wäre es gerecht, von ihm eine finanzielle Kompensation seiner CO2-Fußabtritts zu fordern.
 
Metadaten
Titel
Herausforderungen der deutsch-französischen Kulturarbeit: aus der Praxis der (Auswärtigen) Kulturpolitik in Palästina
verfasst von
Antonia Blau
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32465-0_5

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