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2010 | Buch

50 Schlüsselideen Psychologie

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Über dieses Buch

Eine Entdeckungsreise durch Gehirn und Geist, Denken, Fühlen und Handeln

Wie unterscheiden sich die Gehirne von Männern und Frauen? Gibt es echtes altruistisches Verhalten? Ist unser Geist bei der Geburt ein noch unbeschriebenes Blatt? Und drücken Träume unsere unbewussten Wünsche aus?

Psychologie durchdringt heute unsere gesamte Gesellschaft. Kein Krimi, kein Dokumentarfilm, keine Talkshow, kein Arzt-Patienten-Gespräch kommt ohne die Einführung eines psychologischen Blickwinkels aus. Die Psychologie versucht Verhaltensäußerungen und Geistesblitze, Gefühle und Gedanken zu verstehen und zu erklären, und sie berührt dabei verblüffend viele Felder – von Größenwahn und Computerscheu über Krebsursachen, Alkoholabhängigkeit und soziale Mobilität bis hin zur Speicherung von Erinnerungen und zur Herausbildung von Überzeugungen und Vorurteilen.

50 Schlüsselideen Psychologie ist die ideale Einführung in die Theorien und Denkweisen dieser Disziplin. Das Buch, das auch neueste Erkenntnisse aufgreift, präsentiert zahlreiche Fallbeispiele und erläutert die Argumente der wichtigsten Köpfe der Psychologie. Adrian Furnham macht in 50 kompakten und leicht verständlichen Essays die zentralen Konzepte der Psychologie nachvollziehbar und vermittelt dem Leser die Begriffswelt der Psychologen zur Beschreibung und Erklärung menschlichen Verhaltens.

Abnormes Verhalten Der Placebo-Effekt Der Kampf gegen die Sucht Losgelöst von der Realität Nicht neurotisch, nur anders Scheinbar normal Stress Optische Täuschungen Psychophysik Halluzinationen Wahn Sind Sie bewusst? Positive Psychologie Emotionale Intelligenz Welchen Sinn haben Emotionen? Kognitive Therapie Der Intelligenzquotient Der Flynn-Effekt Multiple Intelligenzen Kognitive Unterschiede Der Tintenkleckstest nach Rorschach Lügen aufdecken Die autoritäre Persönlichkeit Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität Sich einfügen Selbstlosigkeit oder Selbstsucht? Kognitive Dissonanz Der Spielerfehlschluss Urteilsfähigkeit und Problemlösen Zu viel investiert, um aufzugeben Rationale Entscheidungsfindung Erinnerungen an Vergangenes Was der Zeuge gesehen hat Künstliche Intelligenz Vielleicht auch träumen Der Versuch, zu vergessen Es liegt mir auf der Zunge … Psychosexuelle Entwicklungsphasen Kognitive Entwicklungsstadien Alle meine Entchen … Tabula rasa Bleib hungrig Behaviorismus Verstärkungspläne Komplexität meistern Phrenologie Hin- und hergerissen … Aphasie Legasthenie Wer ist das?

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Einleitung

Die Psychologie hat sowohl ihre Anhänger als auch Gegner. Viele Menschen halten sie für die „Königin der Sozialwissenschaften“, deren Fortschritte, Erkenntnisse und Anwendungen Schlüssel für Gesundheit, Lebensglück und persönliche Entwicklung sind. Ihre Gegner halten Psychologen für verblendete, gar gefährliche Täter wider den gesunden Menschenverstand oder infolge falscher Ideen und Behandlungsmethoden.

Adrian Furnham

Ein kranker Geist

01. Abnormes Verhalten

Die Psychologie des Abnormen — die auch als klinische Psychologie bezeichnet wird — ist die Erforschung abnormer Verhaltensweisen. Sie untersucht die Ursprünge, Manifestationen und Therapien gestörter Gewohnheiten, Gedanken und Triebe, die sowohl durch Umgebungseinflüsse als auch kognitive, genetische oder neurologische Faktoren verursacht werden können.

Adrian Furnham
02. Der Placebo-Effekt

Ärzte sind dafür bekannt, folgende Anweisung zu geben: „Nehmen Sie zwei von diesen Tabletten ein und rufen Sie mich morgen früh wieder an.“ Obwohl ein solcher Arzt weiß und anerkennt, dass jegliche (physische) Behandlung aktive Wirkstoffe oder Prozeduren mit sich bringt, die physische Veränderungen in einem Patienten bewirken, weiß er auch um die Macht psychischer Faktoren, allerlei Beschwerden zu heilen. Die Medizin kennt das Konzept, dass der Geist über die Materie siegen kann, seit Jahrhunderten.

Adrian Furnham
03. Der Kampf gegen die Sucht

Die meisten Menschen denken in Verbindung mit Sucht in erster Linie an Drogen. Es gibt eine lange Liste von Substanzen, nach denen ein Mensch süchtig werden kann. Darunter finden sich Alkohol, Stimulanzien (zum Beispiel Kokain), Opiate, Halluzinogene, Marihuana, Nikotin und Barbiturate.

Adrian Furnham
04. Losgelöst von der Realität

Die meisten Menschen sind entsetzt bei der Vorstellung, einen schizophrenen Menschen zu treffen. Er wird für geistesgestört, gefährlich und schwachsinnig gehalten, und außerdem für irre, unberechenbar und unkontrollierbar. Spielfilme und Bücher haben vermutlich viel mehr dazu beigetragen, solche Mythen über diesen Geisteszustand zu verbreiten, als ihn zu erklären. Schizophrenie ist eine psychotische Erkrankung, die durch gestörtes Denken und gestörte Wahrnehmungen, Verhaltensweisen und Stimmungen gekennzeichnet ist.

Adrian Furnham
05. Nicht neurotisch, nur anders

Seit langem sind Macht, Praxis und Anmaßung von Psychiatern infrage gestellt worden. Kritiker, Dissidenten und Reformer haben zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Ländern die konventionelle akademische und biologische Psychiatrie scharf angegriffen.

Adrian Furnham
06. Scheinbar normal

Subtile Unterschiede

Das Konzept der Psychopathie (die Begriffe „psychopathische Persönlichkeit“ und „Soziopath“ werden manchmal fälschlicherweise gleichbedeutend verwendet) ist umstritten. Bei Psychopathie handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung, die Menschen zugeschrieben wird, die kein Gewissen haben und unfähig sind, Empathie, Schuld oder Loyalität zu empfinden. Soziopathie ist dagegen ein nichtpsychiatrisches Syndrom und bezieht sich auf Personen, die antisozial und kriminell sind und die Normen einer bestimmen Subkultur befolgen. Die „antisoziale Persönlichkeitsstörung“ ist eine breit angelegte Kategorie, die beide Syndrome einschließt.

Adrian Furnham
07. Stress

Das Wort „Stress“ geht auf das Lateinische

stringere

zurück, das „zusammenschnüren“ bedeutet. Es existieren zahlreiche Definitionen: Manche Forscher meinen, Stress könne und solle subjektiv definiert werden (was ich darüber sage, wie ich mich fühle); andere halten eine objektive Definition für notwendig (vielleicht physische Maßzahlen für Speichelfluss, Blutdruck und Puls). Manche Wissenschaftler sind der Meinung, eine globale Definition sei geeignet (es gebe ein generelles Phänomen, das Stress genannt wird); andere betonen, Stress sei mehrdimensional (er setze sich aus vielfältigen Merkmalen zusammen).

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Illusion und Realität

08. Optische Täuschungen

Von jeher waren Künstler an visuellen Illusionen und optischen Täuschungen interessiert. So war zum Beispiel der Grafiker M. C. Escher bekannt dafür, eine Leidenschaft für nicht eindeutige und unmögliche Figuren zu haben. Ganze Stilrichtungen, wie etwa die „Op Art“ (Kurzform von

optical art

, „optische Kunst“), erkundeten das Wesen visueller und optischer Illusionen an stationären, aber auch bewegten Kunstobjekten.

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09. Psychophysik

Die Psychophysik (Physik des Geistes) ist die systematische Erforschung der Beziehung zwischen den physischen Eigenschaften von Reizen und den Wahrnehmungen, die sie erzeugen. Diese Beschreibung ist funktionell oder prozess-orientiert, da die Prozesse des Wahrnehmungssystems von Interesse sind und nicht dessen Struktur (Physiologie).

Adrian Furnham
10. Halluzinationen

Definition

Der Ursprung des Wortes „Halluzination“ enthält zwei Elemente: „träumen“ und „verstört“. Es wurde vermutlich von dem lateinischen

alucinari

abgeleitet, „die Gedanken schweifen lassen“. Normale Menschen sprechen wohl eher von „Einbildung“ als von Halluzinationen, wenn sie sich in Gedanken verloren haben oder sich allzu sehr dafür interessieren, was um sie herum vorgeht.

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11. Wahn

„Dieser Kandidat in der Castingshow glaubt, er könne singen — anscheinend hat er Wahnvorstellungen.“

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12. Sind Sie bewusst?

Meistens ist man sich seines Selbst, seines Körpers, seiner Empfindungen und Gedanken bewusst. Bewusstsein bedeutet Wahrnehmung in Verbindung mit einem gewissen Maß an kontrolliertem Denken oder Beobachten. Es bedeutet, wach, aufmerksam und konzentriert zu sein.

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Herz und Verstand

13. Positive Psychologie

Kann man lernen, glücklich zu sein? Macht Geld glücklich? Warum sind manche Menschen offensichtlich dauerhaft glücklicher als andere? Diese alltäglichen, aber fundamentalen Fragen des menschlichen Daseins wurden bis vor relativ kurzer Zeit von der Psychologie routinemäßig ignoriert.

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14. Emotionale Intelligenz

Der Begriff „emotionale Intelligenz“ (EI) lässt sich über 40 Jahre zurückverfolgen, doch insbesondere geht er auf einen einflussreichen, 1990 veröffentlichten Artikel und Daniel Golemans 1990 erschienenes Buch

Emotional Intelligence

(

Emotionale Intelligenz

) zurück. Er hat eine ganz neue, riesige Dienstleistungsbranche hervorgebracht, deren Kunden zum großen Teil Menschen sind, die Erfolg im Beruf erreichen wollen. Viele einschlägige Bücher stellen dramatische Behauptungen auf, dass zum Beispiel kognitive Fähigkeiten oder herkömmliche akademische Intelligenz nur etwa 20 Prozent zum allgemeinen Lebenserfolg (in Bildung, Familie und Beruf) beitrügen, während die verbleibenden 80 Prozent direkt auf EI zurückzuführen seien.

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15. Welchen Sinn haben Emotionen?

Emotionen sind eindringliche soziale Signale. „Emotion“ und „Motivation“ haben denselben lateinischen Wortstamm, der „Bewegung“ bedeutet. Emotionen schicken uns schnelle, eindringliche, körperliche Botschaften, die es uns ermöglichen, auf unsere Umwelt zu reagieren. Außerdem versetzen sie uns in die Lage, zu kommunizieren — freiwillig oder unfreiwillig.

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16. Kognitive Therapie

Pioniere auf diesem Gebiet

Es wird häufig angenommen, dass die kognitive Therapie in den 1960er-Jahren ihren Anfang nahm. Als Vaterfigur dieser Form der Psychotherapie wird Aaron Beck angesehen, der 1967

Depression: Causes and Treatment

(„Depression: Ursachen und Behandlung“) und 1976

Cognitive Therapy and the Emotional Disorders

(

Wahrnehmung der Wirklichkeit und Neurose: Kognitive Psychotherapie emotionaler Störungen

) veröffentlichte. Ein zweiter Pionier dieses Therapieansatzes war Albert Ellis (1914–2007), der die sogenannte rational-emotive Therapie (RET) entwickelt hat. Er sprach vom ABC-Modell irrationaler Überzeugungen: dem aktivierenden Ereignis, der damit assoziierten Überzeugung und den (emotionalen und verhaltensbezogenen) Konsequenzen. Seine Technik wurde als Umdeutung oder Neuinterpretation bezeichnet, ein Verfahren, das eine neue Interpretation von Ereignissen und die Entwicklung gesunder Bewältigungsstrategien fördert. Als Therapieform hat es sich bei Menschen als besonders wirksam erwiesen, die hohe Ansprüche an sich selbst stellen, zum Grübeln neigen und Schuldgefühle wegen ihrer subjektiv empfundenen Unzulänglichkeiten haben.

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Individuelle Unterschiede

17. Der Intelligenzquotient

Manche Menschen werden als aufgeweckt, scharfsinnig, clever, brillant, fähig, geistreich, schlagfertig und begabt angesehen. Andere werden als beschränkt, langweilig, debil, langsam oder dumm wahrgenommen. Die ersteren neigen dazu, analytisch und eloquent zu sein: Sie lernen schnell, haben ein gutes Gedächtnis und können komplizierte Zusammenhänge gut erklären. Die letzteren sind das genaue Gegenteil. Kluge Menschen sind zumeist besser in der Schule und im Beruf.

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18. Der Flynn-Effekt

Werden Schüler und Studenten immer klüger? Es scheint so zu sein, dass in vielen Ländern die Zensuren in Schulen und Universitäten ständig besser werden. Jahr für Jahr stellen Regierungen solche Ergebnisse heraus und nehmen für sich in Anspruch, sie seien auf bessere Lehre und Investitionen in Bildungseinrichtungen zurückzuführen. Von mancher Seite wird behauptet, die Prüfungen würden schlichtweg einfacher werden. Freilich ist es auch möglich, dass die jungen Leute fleißiger und sorgfältiger werden. Oder könnte es sein, dass sie tatsächlich immer intelligenter werden?

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19. Multiple Intelligenzen

Eine oder viele?

Ist Intelligenz „ein Ganzes“ oder eine Kombination aus verschiedenen Intelligenzen? Seit den 1920er-Jahren haben Psychologen von „sozialen Intelligenzen“ gesprochen, bei denen es um soziale statt akademische Kompetenzen geht.

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20. Kognitive Unterschiede

Im Zeitalter von

Political Correctness

muss man kühn, naiv oder dumm sein, um über Intelligenzunterschiede zwischen den Geschlechtern zu sprechen (oder überhaupt einen Unterschied zwischen den Geschlechtern). Viele Menschen wollen glauben, Männer und Frauen seien gleich, nicht nur in ihrem Potenzial, sondern auch in ihren Fähigkeiten. Falls es tatsächlich kleine Unterschiede geben sollte, so argumentieren sie, sollten sie nicht ausgenutzt oder erklärt werden, weil das einen Keil zwischen die Geschlechter treibe. „Haltet euch da raus“, sind Forscher gewarnt worden.

Adrian Furnham

Persönlichkeit und Gesellschaft

21. Der Tintenkleckstest nach Rorschach

Wenn ein Mensch nicht bereit oder in der Lage ist, über seine innersten Ängste, Hoffnungen und Ziele zu sprechen, könnte man dann vielleicht mehr darüber erfahren, indem man ihn fragt, was er in Bildern sieht? Könnte er seine inakzeptablen, vielleicht gar verbotenen Träume und Fantasien in Geschichten oder auf Bilder projizieren? Im populären Verständnis von Psychologie ist die Vorstellung weitverbreitet, dass Vorlieben und Beschreibungen „viel über einen Menschen aussagen“. Freilich war es der Schweizer Psychologe Hermann Rorschach, der vor über 80 Jahren einen entsprechenden Test entwickelte. Diese Idee war bereits 1895 von Binet vorgeschlagen worden, der etwas später durch den ersten Intelligenztest bekannt werden sollte.

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22. Lügen aufdecken

Die Idee, eine zuverlässige, physiologisch fundierte Methode zur Verfügung zu haben, um Lügner zu entlarven, hat den Menschen stets fasziniert — zumal im 20. Jahrhundert mit seiner Vorliebe für Science Fiction. Ein Lügendetektor ist eine physische Gegenmaßnahme, die versucht, Dissimulation (Täuschung, Verheimlichung) zu erkennen. Zum Teil sind pharmazeutische Methoden (Wahrheitsdrogen) erprobt worden, freilich ohne großen Erfolg.

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23. Die autoritäre Persönlichkeit

Welche Art Mensch hat die NS-IdeoIogie akzeptiert und am Holocaust beteiligt? Was treibt Menschen dazu, so sicher zu sein, dass sie Recht haben und alle anderen sich irren? Wie können sie bei so vielen Fragen so fundamentalistisch sein?

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24. Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität

Als Adolf Eichmann wegen seiner Rolle im Holocaust der Prozess gemacht wurde, brachte er zu seiner Verteidigung vor, er habe „nur Befehle befolgt“. Die US-Soldaten, die während des Vietnamkriegs in My Lai die Befehle von Lieutenant Calley ausführten, sagten das gleiche. Es sagt sich leicht, dass nur ein Irrer im Krieg solche Gräueltaten begehen könne, dass jedoch Menschen wie dir und mir so etwas nie passieren könnte. Allerdings ist von Psychologen gezeigt worden, dass diese Überzeugung ein schwerwiegender Irrtum ist.

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25. Sich einfügen

Lehrbücher der Soziologie enthalten Kapitel über abweichendes Verhalten und Lehrbücher der Psychologie über Konformität. Soziologen interessieren sich für — und wundern sich über — Menschen, die von gesellschaftlichen Normen und Regeln abweichen, sich also nicht konform verhalten; ihre „Untersuchungseinheit“ sind Gruppen und Gesellschaften.

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26. Selbstlosigkeit oder Selbstsucht?

Warum sind manche Menschen hilfsbereite Draufgänger, während andere die Nöte und Appelle von Mitmenschen in Gefahr ignorieren? Warum setzen manche Menschen ihr Leben bereitwillig für ihre Familie aufs Spiel, nicht aber für ihre Freunde? Gibt es überhaupt so etwas wie wahre Selbstlosigkeit?

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27. Kognitive Dissonanz

Die meisten Menschen haben das Bedürfnis, ihr Verhalten — so seltsam oder bizarr es auch sein mag — zu rechtfertigen. Raucher wissen, dass ihre Nikotinsucht gesundheitsschädlich ist, doch häufig sind sie Meister der Beschönigung und sagen Dinge wie „Rauchen ist nicht annähernd so schädlich wie man sagt“ oder „Ich hatte einen Onkel, der 70 Jahre lang drei Schachteln pro Tag geraucht hat und mit 90 zufrieden gestorben ist.“

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28. Der Spielerfehlschluss

„Liebe Abby, mein Mann und ich haben gerade unser achtes Kind bekommen. Wieder ist es ein Mädchen, und ich bin eine sehr enttäuschte Frau. Ich sollte wohl dem lieben Gott dankbar sein, dass sie gesund ist — aber, liebe Abby, diesmal sollte es ein Junge werden. Selbst unser Arzt hat gesagt, dass nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit die Chancen 1 zu 100 zu unseren Gunsten standen.

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Rationalität und Problemlösen

29. Urteilsfähigkeit und Problemlösen

„Er ist ein guter Menschenkenner.“ „Ich persönlich würde ihrem Urteil nicht trauen.“ „Mir scheint, dass sie fast immer mehr Probleme verursachen als sie lösen.“ „In Anbetracht der Wichtigkeit dieser Entscheidung müssen wir dafür ein Komitee gründen.“ Problemlösungsprozesse stehen im Mittelpunkt der Psychologie des Denkens; sie kreisen um verschiedene, miteinander zusammenhängende Fragen.

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30. Zu viel investiert, um aufzugeben

Ihr Lieblingskünstler gibt eine Vorstellung und Sie haben Eintrittskarten. Am Tage seines Auftritts erfahren Sie zwei frustrierende Neuigkeiten: Ihr Star fühlt sich nicht wohl und wird durch einen Ersatzkünstler vertreten, und außerdem werden die öffentlichen Verkehrsmittel bestreikt, wodurch es sehr schwierig wird, zu dem Event und wieder zurück zu kommen. Was tun, wenn Ihre Karten das Geschenk eines dankbaren Klienten oder Freundes sind? Oder wenn Sie selbst 100 Euro pro Stück dafür bezahlt haben?

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31. Rationale Entscheidungsfindung

Problemlösungsprozesse ähneln Entscheidungsfindungsprozessen, sind aber nicht das gleiche. Will man ein Problem lösen, versucht man, gute alternative Lösungen zu finden; bei einer Entscheidungsfindung trifft man dagegen eine Auswahl unter solchen Alternativen. Tendenziell folgt ein Mensch gewissen Gewohnheiten bei der Entscheidungsfindung. Vielleicht macht er eine Aufstellung mit Vor- und Nachteilen, vielleicht sucht er Rat bei anderen. Entscheidungen können allein oder gemeinschaftlich getroffen werden, mit kühlem Kopf oder sehr emotional.

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32. Erinnerungen an Vergangenes

Fast jeder kennt das Gefühl, dass ein bestimmtes Lied, ein Duft oder Geschmack „alles wieder lebendig werden lässt“. Ein besonderer Geruch kann lebhafte und ausgeprägte Erinnerungen wachrufen. Die Lieder, die er als Kind hörte, können unversehens einen Menschen auf eine Reise in die Vergangenheit entführen und längst vergessene Gefühle wachrufen. Und der Geschmack von Speisen aus Kindertagen oder heimatlichen Gefilden kann plötzliche und durchaus unerwartete Erinnerungen wecken.

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Kognition

33. Was der Zeuge gesehen hat

Könnten Sie die Person richtig identifizieren, die Ihnen heute morgen eine Zeitung verkauft hat? Und wenn sie wegen eines Einbrechers aufgewacht wären, den Sie nur flüchtig gesehen haben — sind Sie sicher, dass Sie in einer klassischen Gegenüberstellung auf die richtige Person zeigen könnten? Wie viele Menschen schmachten wegen einer „hundertprozentigen“, aber falschen Identifizierung nur deswegen im Gefängnis, weil sie „eine Verbrechervisage“ haben? Und wie viele Menschen kommen trotz schwerwiegender Straftaten ungeschoren davon, weil sie von einem oder mehreren Zeugen nicht identifiziert werden konnten?

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34. Künstliche Intelligenz

Fakt oder Fiktion?

Viele Menschen haben davon geträumt, eine intelligente Maschine zu bauen, und einigen scheint es gelungen zu sein: Roboter montieren Autos und Schach spielende Computer gewinnen gegen Großmeister. In zahlreichen alten Mythen werden denkende Maschinen erwähnt, sklavenartige Automaten oder furchterregende Kreaturen, die, einmal erschaffen, nicht mehr zu beherrschen sind. Im gesamten Verlauf des vergangenen Jahrhunderts haben Futuristen wundervolle neue Welten beschrieben, in denen Maschinen entweder alle Mühsal der Arbeit übernehmen oder aber die Weltherrschaft an sich reißen. Heute steht die künstliche Intelligenz (KI) im Mittelpunkt vielfältiger Entwicklungen, vom Roboter über medizinische Diagnose bis hin zu raffinierten Spielzeugen.

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35. Vielleicht auch träumen

Warum reisen wir im Schlaf mehrmals pro Nacht in eine Fantasiewelt? Warum erleben wir dort imaginäre Begebenheiten, vollbringen imaginäre Taten — was hat es zu bedeuten? Sind unsere Träume ein Tor zum Unbewussten — und können wir sie deuten?

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36. Der Versuch, zu vergessen

Das Konzept der Verdrängung bedeutet im Wesentlichen, etwas von sich zu schieben oder sich von etwas abzuwenden. In der Psychologie handelt es sich dabei um die Verbannung bestimmter geistiger Inhalte aus dem Bewusstsein, um quälende Emotionen zu vermeiden.

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37. Es liegt mir auf der Zunge …

Sie schauen sich im Fernsehen eine Quizshow an. Eine Frage zu einem Ihnen vertrauten Thema wird gestellt. Sie wissen genau, dass Sie die Antwort wissen, doch irgendwie kommen Sie nicht darauf. Sie haben ein

feeling of knowing

— das Gefühl, es zu wissen. Sie wissen, dass die Antwort mit „B“ anfängt und drei Silben hat, aber Sie kommen partout nicht darauf. Sie haben eine Abrufblockade. In einer Studie zu diesem Phänomen versuchten die Probanden, sich an den deutschen Namen „Kepler“ zu erinnern. Sie wussten, dass er „ausländisch“ war und mit einem K anfing, und so versuchten sie es mit Keller, Kellet, Kendler und Klemperer. Sie wussten, dass Keller dem gesuchten Namen am ähnlichsten war, doch sie konnten ihn einfach nicht abrufen.

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Entwicklung

38. Psychosexuelle Entwicklungsphasen

Sigmund Freud hat die Art, wie wir über uns denken und sprechen, verändert. Viele seiner grundlegenden Ideen haben weite Verbreitung gefunden, und zahlreiche Begriffe aus seinen Theorien — etwa „analfixiert“, „Phallussymbol“ oder „Penisneid“ — sind in die Alltagssprache eingegangen. Freud war eine herausragende Koryphäe und zweifellos einer der größten Denker des 19. und 20. Jahrhunderts. Er entwickelte eine äußerst kontroverse Theorie, gar Theorien, über Persönlichkeitsentwicklung, geistige Gesundheit und Geisteskrankheiten.

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39. Kognitive Entwicklungsstadien

Bekanntermaßen hat Freud Kinder als „polymorphe Perverse“ bezeichnet, womit er zum Ausdruck brachte, dass Perversität in vielen Formen auftreten kann. Alle Entwicklungspsychologen sind mit der entmutigenden, wenn auch faszinierenden Aufgabe konfrontiert, zu erklären, wie sich ein irrationaler, unlogischer, egozentrischer Säugling zu einem funktionierenden, rationalen, logischen Erwachsenen entwickeln kann. Wieso kann ein Achtjähriger Dinge verstehen, die einem Sechsjährigen unbegreiflich sind? Wie lernen Kinder, sich an die Welt um sie herum anzupassen?

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40. Alle meine Entchen …

Gelegentlich liest man von Tieren, die „denken“, sie würden einer anderen Art angehören. Von Hunden, die glauben, sie seien Katzen; von Schafen oder Schweinen, die sich anscheinend eher wie Hunde verhalten; selbst von Enten, die denken, sie hätten menschliche Eltern.

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41. Tabula rasa

Die Hypothese von der Tabula rasa (oder „leeren Schreibtafel“) besagt, dass der Mensch ohne genetische, angeborene oder evolutionäre Inhalte oder Verhaltensweisen geboren werde, die sich erst im Laufe der Zeit entwickeln oder zeigen würden. Vielmehr sei er ein unbeschriebenes Blatt, eine leere Festplatte, auf der Wissen oder Daten gespeichert würden, sodass seine persönlichen Erfahrungen bestimmten, wer er sei, was er werden würde und woran er glaube.

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Lernen

42. Bleib hungrig

Die Fähigkeit und offenkundige Bereitwilligkeit von Zirkustieren, auf „Kommando“ ihres Dompteurs Kunststücke zu vollführen, hat einstmals unsere Eltern und Großeltern fasziniert. Noch immer erfreuen sich viele Menschen an den Vorführungen von Robben, Delfinen, oder gar Killerwalen in großen, öffentlichen Aquarien. Doch stellt sich dabei die Frage: Wie können Tiere darauf abgerichtet werden, solche interessanten und erstaunlichen Leistungen zu vollbringen?

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43. Behaviorismus

Philosophie

Die geistigen Ursprünge des Behaviorismus finden sich in verschiedenen Strömungen der Philosophie, etwa im logischen Positivismus und britischen Empirismus. Die Anhänger des logischen Positivismus bestanden auf dem Prinzip der Verifizierung (Überprüfung), demzufolge geistige Konzepte sich de facto auf Verhaltenstendenzen beziehen und daher in behavioristischen Begriffen definiert werden können und müssen. Die britischen Empiristen bestanden darauf, dass der Mensch die Welt (ausschließlich) durch Experimente und Beobachtung verstehen könne. Überdies vertraten sie die Auffassung, man würde Wissen über seine Umwelt — und auch über andere Menschen — durch assoziatives Lernen im Spannungsfeld zwischen Erleben (oder Reizen) und Ideen (oder Verhaltensweisen) erwerben. Demnach versteht der Mensch die kausale Struktur der Welt durch klassische Assoziation.

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44. Verstärkungspläne

In der Psychologie bedeutet der Begriff Verstärkung, dass eine Reaktion intensiviert wird. Sie ist die effektivste „Waffe“ im Arsenal von Dompteuren. Einem Tier — sei es ein Dschungel-Elefant, ein Zirkuslöwe oder eine weiße Laborratte — kann nach einer bestimmten Aktion oder Verhaltensweise ein leckerer Happen gegeben werden. Das Futter ist ein Verstärker. Sein Zweck ist es, das Tier zu ermutigen, die Aktion, sofern die gleichen Umstände vorliegen, möglichst zuverlässig und ohne Zögern zu wiederholen. Die verstärkende Macht einer wie auch immer gearteten Belohnung kann ausschließlich daran gemessen werden, wie rasch und häufig sie Verhaltensweisen verändert, nachdem sie erhalten wird.

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45. Komplexität meistern

Bis etwa in die 1960er-Jahre hinein war die Psychologie in ein Triumvirat gespalten: In die altmodischen Psychoanalytiker, die „Schöne-neue-Welt“-Behavioristen und die Splitterpartei der Humanisten. Doch die 1960er erlebten den Beginn einer Bewegung, die bis zum Ende des Jahrhunderts andauern sollte: die kognitive Revolution. Sie entstand hauptsächlich, weil die Behavioristen nur eine unzulängliche Erklärung dafür zu haben schienen, wie der Mensch hoch entwickelte Fertigkeiten meistert: wie wir reden, logisch denken und lernen.

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Das Gehirn

46. Phrenologie

Die Phrenologie basiert auf einer einfachen Idee, die heute wieder aktuell ist: Das Gehirn sei das „Organ des Geistes“ und so strukturiert, dass seine verschiedenen Teile für unterschiedliche Funktionen verantwortlich seien. Darum würden verschiedene Teile des Gehirns, die durch die Form des Kopfes reflektiert würden, unterschiedliche Fähigkeiten steuern. Doch die Phrenologen glaubten, dass erstens die Größe der einer bestimmten Funktion „zugeordneten“ Hirnregion der „Wichtigkeit“ dieser geistigen Fähigkeit entspreche; dass zweitens die Kraniometrie (Schädelvermessung) die Form des Gehirns und daher alle Fähigkeiten des Menschen erfassen könne; und dass drittens sowohl moralische als auch intellektuelle Fähigkeiten angeboren seien.

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47. Hin- und hergerissen …

Die meisten von uns wollen sich für besonnene, rationale und objektive Menschen halten. Hoffnungsvoll zelebrieren wir unsere datenbasierte, analytische Logik. Wir hoffen, im gesamten Leben kluge, wohldurchdachte Entscheidungen zu treffen. Wir sind, so hoffen wir, „Kopfmenschen“. Wir sind gewarnt, nicht unser Herz den Kopf beherrschen zu lassen. Man empfiehlt uns, wichtige Entscheidungen zu „überschlafen“. Doch natürlich sind wir auch Menschen des Herzens.

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48. Aphasie

Gelegentlich, wenn ein Mensch erschöpft, aufgebracht oder ein bisschen angetrunken ist, sagt er, ihm „fällt das richtige Wort nicht ein“ für etwas, was er sagen will, obwohl er das Wort durchaus kennt. Oder aber er kann, anscheinend ohne ersichtlichen Grund, etwas nicht verstehen, was ein anderer — in seiner Muttersprache — ihm sagt. Dabei könnte es sich um eine vorübergehende, milde Form der Aphasie handeln.

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49. Legasthenie

Eltern und Lehrer wissen, wie sehr gleichaltrige Kinder sich zu unterscheiden scheinen, nicht nur in ihren Vorlieben und Temperamenten, sondern auch in ihrem Erwerb von Fertigkeiten. Manche Kinder scheinen mit verschiedenen Aspekten des Lesens große Schwierigkeiten zu haben und hinter ihren gleichaltrigen Kameraden zurückzubleiben. Sie scheinen von normaler Intelligenz zu sein, aber dennoch diese Fertigkeit nicht erlernen zu können. Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (oder Legasthenie) geraten schnell in einen Teufelskreis. Das Lesen ist langsam, anstrengend und frustrierend — es macht keinen Spaß. Auch große Anstrengungen führen kaum zu Verbesserungen, also lesen sie weniger, vermeiden es gar völlig und fallen beim Erlernen dieser Fertigkeit immer weiter hinter den anderen zurück. Daher führen primäre Schwierigkeiten beim Lesen zu sekundären Problemen wie etwa geringem Selbstwertgefühl oder sozio-emotionalen Anpassungsschwierigkeiten.

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50. Wer ist das?

Sind Sie schon einmal mit einer Person verwechselt worden, die Ihnen Ihrer Einschätzung nach kein bisschen ähnlich sieht? Wie oft „wissen“ Sie, dass Sie jemanden kennen, kommen aber nicht auf seinen Namen? Sie wissen, dass er ein Marathonläufer ist oder ein Politiker, können aber einfach nicht auf seinen Namen zugreifen. Umgekehrt kann Ihnen ein Gesicht sehr bekannt vorkommen, ohne dass Sie viel über die jeweilige Person sagen könnten.

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Backmatter
Metadaten
Titel
50 Schlüsselideen Psychologie
verfasst von
Adrian Furnham
Copyright-Jahr
2010
Verlag
Spektrum Akademischer Verlag
Electronic ISBN
978-3-8274-2379-5
Print ISBN
978-3-8274-2378-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8274-2379-5

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