Skip to main content

2012 | Buch

Handbuch Organisationstypen

herausgegeben von: Dr. rer. pol. Maja Apelt, Dr. rer. soc. Veronika Tacke

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Die Organisationssoziologie ist es gewohnt, ihren Gegenstand mit einem allgemeinen Begriff, dem der Organisation, zu bezeichnen; sie befaßt sich zwangsläufig aber stets mit besonderen Typen der Organisation, seien es Unternehmen, Verwaltungen, Kirchen, Parteien, Verbände, Schulen, Krankenhäuser, Wohlfahrts- oder Protestorganisationen. Zu den zentralen Problemen der Organisationssoziologie gehört vor diesem Hintergrund seit jeher die Frage nach einer brauchbaren Typologie der Organisationen. Ist auf der einen Seite eine theoretisch überzeugende Fundierung – trotz einiger prominenter Vorschläge (siehe Blau/Scott, Etzioni, Parsons, Mintzberg) – nur unzureichend gelungen, besteht auf der anderen Seite doch in der Forschung wie auch in Anwendungskontexten Bedarf für die Bestimmung und Charakterisierung einzelner Organisationstypen.

Das Handbuch sucht diesem Bedarf zu entsprechen, indem es das vorhandene Wissen zu verschiedenen Typen der Organisation zusammenstellt – ohne das theoretische Problem der Typologiebildung abschließend zu lösen.

Nach einer einleitenden Reflexion der Schwierigkeiten, die sich beim Versuch der Bildung soziologisch plausibler Typologien der Organisationen stellen, gliedert sich das Handbuch in drei Hauptteile. Orientiert an der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft werden im ersten Teil zunächst einschlägig bekannte und alltagssprachlich entsprechend auch bezeichnete Organisationstypen in ihrer jeweiligen Strukturtypik und Entwicklung dargestellt (das Unternehmen, die Universität, das Krankenhaus, die Partei, der Sportverein, der Wohlfahrtsverband etc.). Im zweiten Teil werden Typen der Organisation auf einer höheren Abstraktions¬ebene zusammenfassend beschrieben (religiöse Organisationen, professionelle Organisationen, Zwangsorganisationen, politische Organisationen etc.). Der dritte Teil schließlich beschreibt – paradox formuliert – Sondertypen (z.B. Genossenschaften, Stiftungen, Netzwerkorganisationen, „Metaorganisationen“, Beweg

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Das vorliegende Handbuch stellt eine Serie von Beiträgen zusammen, die sich mit Organisationen je bestimmten Typs beschäftigen. Vorgelegt werden Texte zu Unternehmen, Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, Sportvereinen, Verwaltungen, Polizei, Militär, etwas allgemeiner ansetzend auch zu politischen, professionellen, religiösen, Hilfsund Forschungsorganisationen sowie zu eher besonderen Typen wie Organisationen des Zwangs, der Kriminalität, der Globalität, des Netzwerkes und des Internet.
Maja Apelt, Veronika Tacke
Das Unternehmen als Organisation
Zusammenfassung
In der modernen Gesellschaft führt praktisch kein Weg an Unternehmen vorbei. Ein Großteil aller erwerbsmäßig Beschäftigten findet seine Arbeit in Unternehmen; jeder Kaufhausbesuch bringt uns mittelbar mit einer ganzen Reihe von Unternehmen in Kontakt: Neben dem Kaufhaus selbst ist vor allem an die Produzenten der dort erhältlichen Produkte zu denken. Der Urlaub wird über das Reisebüro (Unternehmen !) abgewickelt, und auch das ‚überschüssige‘ Geld wird Unternehmen – zumeist Banken oder Versicherungen – anvertraut.
Sven Kette
Multinationals, Transnationals, Global Players
Zusammenfassung
Kaum eine Begriffsbildung der letzten zwanzig Jahre weist eine vergleichbare ‚Karriere‘ in der öffentlichen und sozialwissenschaftlichen Debatte auf wie der Globalisierungsbegriff. ‚Globalisierung‘ gilt als Chiffre für die wichtigsten politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen sowohl in nationalem als auch in globalem Maßstab. Und Organisationen, insbesondere Wirtschaftsorganisationen, spielen in und für Globalisierungsprozesse eine zentrale Rolle. Grenzüberschreitend tätige Unternehmen werden als die zentralen Akteure in Prozessen von Weltvergesellschaftung (Zündorf 1999) und als die wichtigsten Strukturen für globale Erreichbarkeit (Stichweh 2000, 2001) angesehen.
Ursula Mense-Petermann
Politische Organisationen
Zusammenfassung
Der Begriff der politischen Organisation hat in den Sozialwissenschaften zahlreiche empirische Bezüge. Er wird dabei je nach Forschungskontext, Erkenntnisinteresse und theoretischem Anspruch anders gefasst. Organisationen werden u. a. dann als politisch charakterisiert, wenn sie eine besondere Anreizstruktur zur Teilnahme und Leistungserbringung aufweisen, um dauerhaft Einfluss auf verbindliche Entscheidungen über öffentliche Angelegenheiten („public policy“) nehmen zu können (Wilson 1973), wenn ihr Handeln auf das erklärte Ziel ausgerichtet ist, mithilfe von Macht- und Zwangsmitteln kollektiv verbindliche Entscheidungen zu beeinflussen, um die Handlungsfreiheiten anderer Akteure einzuschränken (Prätorius 1984) oder wenn sie die Funktion haben, das politische System der funktional differenzierten Gesellschaft entscheidungs- und durchsetzungsfähig zu halten (Luhmann 2002: 228 ff.). Darüber hinaus bezeichnet der Begriff idealtypisch solche Organisationen, die ihre Legitimation nur dadurch gewinnen, dass sie widersprüchlichen Erwartungen diverser Gruppen in ihrer Umwelt nachkommen (Brunsson 1989), oder Organisationen, die ganz oder teilweise von einem dauerhaften oder temporären Konflikt erfasst sind (Mintzberg 1989: 236 ff.).
Thomas Hoebel
Die Organisation öffentlicher Verwaltung
Zusammenfassung
Öffentliche Verwaltungen sind hochgradig arbeitsteilige Organisationen des staatlichen Sektors, die sich im Spannungsfeld politischer Zweckvorgaben, rechtlicher Regulierung und Kontrolle sowie je spezifischer Regulierungsumfelder bewegen.
Peter Richter
Die Polizei als Organisation
Zusammenfassung
Als „Organisation mit Gewaltlizenz“ (Prätorius 2001; Herrnkind/Scheerer 2003) ist die Polizei eine ganz besondere Organisation – sowohl in ihrem Selbstverständnis als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Ihre Aufgabe besteht darin, für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Ordnung zu sorgen. In der Bearbeitung dieser Aufgabe ist die Polizei involviert in Situationen der Gefährdung staatlicher und anderer gesellschaftlicher Institutionen sowie in Situationen der Gefährdung einzelner Gesellschaftsmitglieder. Der Polizei – oder korrekter: Teilen der Organisation Polizei – ist es daher als einziger Organisation neben dem Militär erlaubt, ihre Aufgabe auch unter Anwendung von Gewalt als letztem legitimem Mittel zu erfüllen. Diese grundsätzliche Verankerung der Organisation Polizei im staatlichen Gewaltmonopol bedeutet eine besondere Verquickung von staatlichen, politischen und anderen gesellschaftlichen Interessen und Regulierungen. Sie bedeutet außerdem ein besonderes Spannungsverhältnis in der alltäglichen Amtsausübung und im Arbeitshandeln, das einerseits in ‚normalem‘ Verwaltungshandeln und ‚normaler‘ Sachbearbeitung und andererseits im Umgang mit existenzieller Bedrohung besteht.
Sylvia Marlene Wilz
Das Militär als Organisation
Zusammenfassung
Die Entstehung des modernen Militärs ist eng mit der Herausbildung der Nationalstaaten verbunden. Als stehendes Heer war das Militär im Europa des 16. bis 18. Jahrhunderts zunächst ein Mittel gegen die Macht und Eigenständigkeit der Fürsten und gegen konkurrierende Staatengebilde. Mit dem Aufkommen der Wehrpflicht diente es auch als Instrument der Disziplinierung – zumindest der männlichen Bevölkerung. Gegenüber den früheren kämpfenden Truppen zeichnet sich das moderne Militär – ob Wehrpflichtarmee oder nicht – dadurch aus, dass es Soldaten rekrutiert und mit einem Sold bezahlt, mit Waffen und Kleidung ausstattet und darüber hinaus so weit entrechtet, dass sie der Organisation völlig untergeordnet werden können (vgl. Warburg 2008: 115 ff.). Söldner oder Soldaten sind damit zugleich die ersten freien Lohnarbeiter (van Doorn 1965). Die Soldaten können durch die längere Stehzeit ausgebildet und so auch in neuen Taktiken unterwiesen und mit anspruchsvolleren Waffen ausgestattet werden. Die größer werdenden Verbände beförderten die Entwicklung und Anwendung neuer Kommunikations- und Verkehrsmittel, wie z. B. den Ausbau des Eisenbahnnetzes.
Maja Apelt
Organisationen der Hilfe
Zusammenfassung
Stellt man die Bezeichnung „Organisationen der Hilfe“ anderen Organisationsbegriffen gegenüber, so scheint ihr etwas eher Untypisches anzuhaften: Zwar kommen Hilfeleistungen in (fast) allen gesellschaftlichen Bereichen vor, tatsächlich erwartbar sind sie aber allenfalls in „intakten“ lebensweltlichen Handlungs- und Kommunikationsräumen (etwa in Familien). Anderswo, insbesondere in Unternehmen der Erwerbswirtschaft oder in der klassischen Staatsverwaltung, kann mit ihnen kaum gerechnet werden. Finden sie dort dennoch statt, so müssen sie informell oder gar subversiv in deren Praxis hineinmanövriert werden.
Ingo Bode
Professionelle Organisationen
Zusammenfassung
Typische Beispiele für professionelle Organisationen sind Anwaltskanzleien, Krankenhäuser und Kirchen. Das Personal dieser Organisationen wird von Berufsgruppen gestellt, die als Professionen bezeichnet werden. Die klassischen Beispiele für Professionen sind die Mediziner, Juristen und Kleriker. Kennzeichnend für diese Berufe sind eine wissenschaftliche Ausbildung vor allem an Universitäten, praktische Fertigkeiten zur Lösung von sozialen Problemen, die auf dieser Ausbildung beruhen, und institutionalisierte Mittel wie Kammern und Standesrechte, die sicherstellen, dass die professionellen Kompetenzen sozial verantwortlich eingesetzt werden. Die Beschäftigung professionellen Personals hat Konsequenzen für die Struktur von Organisationen, weil Professionen eine eigene, egalitäre Form der Organisation besitzen, die nicht ohne weiteres im Einklang steht mit der für Organisationen üblicherweise hierarchischen Staffelung des Personals. Um die strukturellen Besonderheiten der professionellen Organisation im Folgenden zu beschreiben und zu erklären, wird zunächst kurz auf die gesellschaftstheoretischen Perspektiven eingegangen, die in der Soziologie die Diskussion über die professionelle Organisation geprägt haben (1).
Thomas Klatetzki
Das Krankenhaus als Organisation
Zusammenfassung
Krankenhäuser waren die ersten Organisationen des Gesundheitssystems. Andere Organisationen, die für die Sozialstruktur moderner Gesundheitssektoren charakteristisch sind, Krankenkassen und Produzentenverbände etwa, erschienen historisch später (Mayntz/Rosewitz 1988). Krankenhäuser sind zunächst aus den Hospitälern des Mittelalters hervorgegangen. Vom mittelalterlichen Hospital unterscheidet sich das Krankenhaus durch die Art und den Grad seiner funktionellen Spezialisierung. Während Hospitäler religiös ausgerichtete Hilfseinrichtungen waren, die sich der Fürsorge für Arme und Sieche widmeten und als Pilgerherberge dienten, sind Krankenhäuser Einrichtungen der Krankenbehandlung. Die medizinhistorische Bedeutung der Entstehung spezialisierter Behandlungsorganisationen ist kaum zu überschätzen (Foucault 1996). Die zunehmend wissenschaftsorientierte Medizin gewann ein weites Erfahrungsfeld, Ärzten und Chirurgen öffneten sich Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten in zuvor nicht gekannter Dimension.
Olaf Iseringhausen, Johannes Staender
Die Schule als Organisation
Zusammenfassung
Blickt man auf moderne Erziehungs- und Bildungsprozesse, dann fällt schnell deren hoher Organisationsgrad auf. Kaum ein gesellschaftlicher Bereich wird wohl so stark anhand seiner Organisationen identifiziert wie Erziehung und Bildung in der modernen Gesellschaft. Angesprochen sind mit den „Anstalten des Erziehungssystems“ (Luhmann 2002: 123) neben Kindergärten, Frühfördereinrichtungen, Berufskollegs, Fachhochschulen, Universitäten und Weiterbildungsinstituten vor allem Schulen in ihren vielfältigen Typenvarianten. Vor allem die Schule gilt mit den in ihr und durch sie verkörperten Lehr- und Lernprinzipien in der modernen (Welt-)Gesellschaft als ‚evidente‘, primäre und nahezu konkurrenzlose Form für die Strukturierung bestimmter Segmente der Erziehungs- und Bildungskommunikation: „Schooling is ubiquitous in the world, making education a major institution in societies“ (Ballantine/Spade 2008a: xii).
Thomas Drepper, Veronika Tacke
Die Organisation Universität
Zusammenfassung
Die Universität wird traditionell als Institution, nicht als Organisation beschrieben. Seit gut einem Jahrzehnt allerdings konzentrieren sich die Hochschulreformen auf die Universität als Organisation (z. B. Enders 2008). Darüber hinaus legen auch die administrative Praxis und die Hochschulforschung nahe, dem Organisationstyp Universität mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ein unmittelbarer Rückgriff auf allgemeine Konzepte oder Modellvorstellungen der Organisation erscheint für ein solches Vorhaben jedoch nicht geboten. Wer die Universität als Organisationstyp verstehen will, ist vielmehr gut beraten, eine historische Perspektive einzunehmen, denn „universities exist with layer upon layer of quite divergent legacies, yet somehow they have also succeeded in preserving a strong element of continuity amidst all the change“ (Wittrock 1993: 305). In der Darstellung des Organisationstyps Universität rekonstruieren wir daher im Folgenden die Ablagerungen unterschiedlicher Reformen, die die Universität im Laufe der Zeit geprägt haben. In historischen Übersichten unterscheidet man dazu grob die vormoderne und die moderne Universität.
Michael Huber
Forschungsorganisationen
Zusammenfassung
Wissenschaft ist keine Tätigkeit mehr, die von einzelnen Gelehrten in der Einsamkeit der eigenen Lehrstube betrieben wird, sondern ein Unterfangen, das größtenteils kooperativ in Organisationen stattfindet. Spätestens seit der big science der Nachkriegszeit wird deutlich, dass zahlreiche Forschungsvorhaben den Einsatz von komplexen Instrumenten, die Zusammenarbeit mehrerer Forscher und die Abstimmung von langen Handlungsketten voraussetzen. Ihre Koordination kann nicht der spontanen Interaktion zwischen Forschern überlassen werden, sondern soll möglichst in Organisationen erfolgen. Im Zusammenhang mit der Beobachtung, dass die Formen der Produktion wissenschaftlichen Wissens im Wandel sind, ist die Relevanz von Forschungsorganisationen in den letzten Jahren noch deutlicher geworden. Dafür sprechen Anwendungsorientierung, Interdisziplinarität und sogar Transdisziplinarität als zentrale Merkmale dessen, was als Mode-2 (Gibbons et al. 1994; Nowotny et al. 2001) oder als postnormale Wissenschaft (Funtowicz/Ravetz 1994) bezeichnet wird.
Cristina Besio
Religiöse Organisationen
Zusammenfassung
Es gibt gute soziologische Gründe, das Verhältnis von Religion und Organisation als problematisch anzusehen. Hans Geser (1982: 13 ff.) hat in einem Aufsatz über die „Grenzen des Wachstums formaler Organisationen“ den Organisationsbegriff drei anderen Typen von Sozialbeziehungen entgegengesetzt, nämlich ‚gemeinschaftlichen‘, ‚traditionalistischen‘ und ‚informell-spontanen‘. ‚Das Religiöse‘ weist dabei – gerade in den Augen der Religionssoziologie – zu jedem dieser drei Typen besondere Affinitäten auf. Und es verwundert dann nicht, dass ‚religiöse Organisationen‘ vielfach solche sind, die, was ihre Selbstbeschreibung betrifft, ‚Organisationen‘ nicht sein wollen (Kieserling 2004: 212 ff.).
Martin Petzke, Hartmann Tyrell
Der Sportverein als Organisation
Zusammenfassung
Zweifellos hat die Art und Weise, wie hierzulande Sport organisiert, kommuniziert und getrieben wird, in den letzten Jahrzehnten einen erheblichen Wandel erfahren. So trifft man heutzutage auf einen kaum noch überschaubaren Sportmarkt, auf dem sich neben dem traditionellen Sportvereinsmitglied der eingefleischt-solipsistische Jogger ebenso tummelt wie der unverbindliche Mitläufer jugendlicher Bewegungsszenen oder aber der qualitäts- und servicebewusste Kunde kommerzieller Sportschulen und Fitnesscenter. Auch trägt der Spitzensport zunehmend marktähnliche Züge, weshalb man hier – im Kraftfeld von Sport, Publikum, Medien und Wirtschaft – mittlerweile börsennotierten Fußballclubs, Spielbetriebs-GmbHs und Sportevent-Agenturen ebenso begegnet wie einer immer größer werdenden Schar von Profisportlern, die mit der vorgeblich „wichtigsten Nebensache der Welt“ ihren Lebensunterhalt zu bestreiten suchen. Doch bei aller Veränderung, bei aller Individualisierung, Kommerzialisierung, Professionalisierung und Globalisierung, die der hiesige Sport in den letzten Jahrzehnten erlebt hat, bleibt eines doch unübersehbar: Die bedeutsamste Organisationsform des Sports in Deutschland heißt weiterhin „Sportverein“.
Carmen Borggrefe, Klaus Cachay, Ansgar Thiel
Kriminelle Organisationen
Zusammenfassung
In kriminologischen Diskursen werden die Begriffe kriminelle Organisation (KO) und organisierte Kriminalität (OK) oft synonym oder zumindest nicht systematisch differenziert benutzt. Tatsächlich dominiert der Begriff der organisierten Kriminalität. Eine derartige Privilegierung „der Kriminalität“ unterschlägt allerdings die Spezifik ebenso wie die Ambivalenzen des Begriffs Organisation, Aspekte also, die den Phänomenbereich theoretisch erst erschließen (Paoli 2002).
Axel T. Paul, Benjamin Schwalb
Zwangsorganisationen
Zusammenfassung
Organisationstypen werden in vielfacher Weise unterschieden. Im Alltag geschieht dies häufig über die Zurechnung zu Funktionssystemen der Gesellschaft wie Wirtschaft (Unternehmen), Erziehung (Schulen usw.) oder Religion (Kirchen) usw. In der Forschung finden sich überdies allerlei analytische Typenunterscheidungen, etwa nach der Zielorientierung (vgl. z. B. Parsons 1960: 44 ff.) oder der Organisationsstruktur (vgl. beispielhaft für den kontingenztheoretischen Ansatz nur Burns/Stalker 1961). Eine hier interessantere Tradition in der Organisationsforschung unterscheidet Organisationstypen anhand der diversen Formen der Mitgliederbindung. Man denke beispielsweise an die „utilitaristische Organisation“, in der die Mitgliedschaft über Entlohnung für Arbeit motiviert wird. Oder man nehme den Typus der „normativen Organisation“, mit der vorrangig jene Organisationen bezeichnet werden, in denen ein hohes Maß an Zweckidentifikation die Mitglieder zur Teilnahme – und weitergehend zur Leistungserbringung – motiviert.
Stefan Kühl
Netzwerkorganisation
Zusammenfassung
Soziale Netzwerke sind ein fester Bestandteil des Begriffsrepertoires der Organisations- und Managementforschung. Joint Ventures, Franchisesysteme, Kooperationen in Forschung und Entwicklung oder Zuliefernetzwerke, um nur einige zu nennen, sind Beispiele für Strukturen, die mit dem Netzwerkbegriff bezeichnet werden. Solche Netzwerke haben gemeinsam, dass sie sich auf einen organisatorischen Kontext beziehen und die beteiligten Organisationen wiederum auf die Netzwerke zurückgreifen. In Bezug auf dieses Zusammenspiel von Organisation und Netzwerk hat sich die Bezeichnung der Netzwerkorganisation herausgebildet, und es stellt sich die Frage, ob man es hier mit einem besonderen Organisationstyp zu tun hat.
David Kraft
Internetorganisationen
Zusammenfassung
Diesem Beitrag ist vorauszuschicken, dass es seinen Gegenstand als Organisationstypus eigentlich nicht gibt. Anders als die Wissenschaft, das Recht oder die Wirtschaft ist das Internet kein separates Funktionssystem, in dem entlang einer Leitunterscheidung in und durch Organisationen kommuniziert und entschieden würde. Für organisationssoziologische Zwecke ist die Rede vom Internet ein Kürzel für einen Verbund von Informations- und Kommunikationstechnologien, die bekanntlich vielfältigste Nutzung innerhalb und außerhalb von Organisationen fast jeglicher Art ermöglichen. Damit entstehen neue und erweiterte Möglichkeiten für Organisationen, sich zu vernetzen und sogar andere Akteure wie Individuen, communities oder soziale Bewegungen in solche Netzwerke einzubeziehen.
Ursula Holtgrewe
Backmatter
Metadaten
Titel
Handbuch Organisationstypen
herausgegeben von
Dr. rer. pol. Maja Apelt
Dr. rer. soc. Veronika Tacke
Copyright-Jahr
2012
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-93312-2
Print ISBN
978-3-531-16766-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-93312-2

Premium Partner