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2016 | Buch

Wirtschaftliche Krisen bewältigen

Neue Erkenntnisse aus den jüngsten Krisen

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Über dieses Buch

Das Fachbuch gibt einen kompakten Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zur Bekämpfung von wirtschaftlichen Krisen. Die Gedankenwelt der Ökonomen hat sich seit der Finanzmarktkrise und der Krise des Euroraums dramatisch verändert. In kurzer Zeit und unter hohem Druck mussten neue Instrumente der Krisenbekämpfung entwickelt und alte, als überkommen angesehene wieder angewandt werden. Der Autor zieht eine Zwischenbilanz dieser Reform ökonomischen Denkens. Dabei werden Forschungsergebnisse zu den genannten Begrifflichkeiten aufgearbeitet und im Hinblick auf ihre Tragfähigkeit zur Krisenerklärung diskutiert. Im Ergebnis zeigt sich, wie wichtig die Geldpolitik ist, um Panik und Unsicherheit rasch bekämpfen zu können. Sie kommt aber schnell an ihre Grenzen, wenn sie nicht von einer aktiven Fiskalpolitik und einer Arbeitsmarktpolitik flankiert wird, die starke Impulse für Wachstum und Beschäftigung geben. Es bedarf somit einer aktiven gesamtwirtschaftlich orientierten Politik, um Krisen Herr zu werden.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Die Lehre von der Volkswirtschaft befindet sich im Umbruch. Treibsatz sind die tiefen wirtschaftlichen Krisen der Jahre 2007 und folgende. Sie begannen mit dem Absturz der globalen Finanzmärkte, der 2007 in den USA seinen Ausgang nahm und in eine weltweite Rezession mündete und setzten sich anschließend mit der Krise des Euroraums fort, die einige Mitgliedsstaaten des gemeinsamen Währungsraums in eine wirtschaftliche Depression fallen ließ. Dramatische Wachstumseinbrüche und teilweise hohe Arbeitslosigkeit verbunden mit deflationären Tendenzen waren die Folgen. Die Volkswirtschaften entfernten sich also weit von dem wirtschaftlichen Ziel, ein angemessenes Wachstum mit hoher Beschäftigung und Preisstabilität zu verbinden. Umso wichtiger wäre es gewesen, eine überzeugende Deutung der Wurzeln dieser Verfehlungen vorweisen zu können. Dies wäre die Aufgabe der neuklassischen und neukeynesianischen Lehre von der Gesamtwirtschaft und ihren Mischformen gewesen. Allein, diese Krisen waren von den vorherrschenden die Gesamtwirtschaft zum Gegenstand nehmenden Theorien nicht vorgesehen. Also konnten sie sie auch nicht annähernd überzeugend deuten. Daher traf die Frage der Queen an eine Versammlung hochangesehener englischer Ökonomen, „Why did no one see this coming?“, mitten ins Schwarze. Ökonomen konnten das Herannahen dieser Krisen nicht sehen, weil ihnen in den vorherrschenden Theorien das theoretische Gerüst fehlte, das die Fehlentwicklungen hätte anzeigen können.
Gustav A. Horn
2. Das Ende der Einfachheit
Zusammenfassung
Das neoklassische Grundmodell besticht durch seine schlichte formale Eleganz. Es ist in seinen Grundgedanken sehr klar. Demnach gibt es bei rational handelnden Agenten und freier Preisbildung einen Gleichgewichtzustand für Transaktionen, bei dem keiner der handelnden Agenten einen Anreiz hat, seine Transaktionswünsche zu ändern. Seit Arrow und Debreu ist nachgewiesen, dass ein solcher Zustand im mathematischen Sinn existiert, also logisch widerspruchsfrei denkbar ist. Ein solcher Beweis ist zwar ein großer Erkenntnisgewinn. Es bedeutet jedoch nicht, dass ein solches Gleichgewicht eine korrekte Beschreibung der Realität ist. Der Nachweis einer logischen Existenz ist noch kein Nachweis einer empirischen Existenz.
Gustav A. Horn
3. Mikroökonomische Fundierung: Andere Wege
Zusammenfassung
Die Mikrofundierung der konventionellen Makroökonomie basiert auf Zielfunktionen der einzelnen wie sie in 1 dargestellt wurden. Jeder maximiert seinen Nutzen entsprechend dem Wert, den er einzelnen Gütern zuschreibt. In der Komplexökonomie, die im vorigen Kapitel erläutert wurde, kam dann eine a priori offene Vielzahl von individuellen und lernenden Verhaltensweisen zum Tragen. Dabei standen aber nicht die Verhaltensweise selbst im Mittelpunkt der Analysen, sondern die Interaktionen zwischen verschiedenen Verhaltensweisen, und die Folgen für die Gesamtwirtschaft.
Gustav A. Horn
4. Ungleichheit als gesamtwirtschaftliches Phänomen
Zusammenfassung
Die Verteilung von Einkommen und Vermögen theoretisch und empirisch zu erforschen, galt in der ökonomischen Wissenschaft über lange Zeit als die Beschäftigung mit einem Problem von gestern. Allenfalls historisch interessierte Ökonomen oder linke Umverteilungstheoretiker schienen an dieser Thematik noch Gefallen zu finden. Spätestens mit Ende des ersten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert hat sich der Fokus der wissenschaftlichen Auseinandersetzungen und Debatten massiv verschoben. Ungleichheit ist wieder en vogue in der Ökonomie.
Gustav A. Horn
5. Die ganz reale Krise
Zusammenfassung
Ökonomische Theorien werden anders als in den Naturwissenschaften nicht durch Experimente in Labors widerlegt. Wohl kontrollierte Laborbedingungen finden sich allenfalls bei ökonomischen Verhaltensexperimenten. Deren Aussagekraft für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ist aber begrenzt. Denn Ökonomie findet immer in einer lebendigen und sich ständig verändernden Gesellschaft statt. Es gibt kein wohldefiniertes Labor, so dass es schwierig und komplex ist, kausale Wirkungsstränge in der Empirie eindeutig zu identifizieren. Wenn aber die Identifizierung von Zusammenhängen so schwer ist, liegt Streit in der Luft. Schließlich können bei sich ständig ändernden Gegebenheiten auch vermeintlich sichere Kausalitäten plötzlich zweifelhaft werden. Angesichts dieser Unübersichtlichkeit liegt vieles in ökonomischen Analysen – z. B. die Auswahl der zu untersuchenden Zusammenhänge im Auge des Betrachters, ist also subjektiv. Was für den einen von Bedeutung ist, hält der andere von vorneherein für vernachlässigbar. Mit anderen Worten: Der Forschungsgegenstand selbst ist teilweise objektiv nicht klar definiert und vielleicht auch nicht klar definierbar.
Gustav A. Horn
6. Die Renaissance der stabilisierenden Wirtschaftspolitik
Zusammenfassung
Betrachtet man die geldpolitischen Reaktionen in den Krisenzeiten, zeigt sich, dass sich das Verständnis um die geldpolitischen Möglichkeiten im Verlauf der Krise geradezu dramatisch erweiterte. Aber die Grenzen geldpolitischer Möglichkeiten wurden ebenfalls zunehmend deutlich.
Gustav A. Horn
7. Ökonomie und Krisen – ein Neuanfang
Zusammenfassung
Die ökonomische Wissenschaft der vergangenen Jahrzehnte hatte Krisen weitgehend aus ihrem Blickfeld verloren. Die ökonomische Wirklichkeit hat dies als Irrweg entlarvt. Die Krisen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass eine Sichtweise in der ökonomischen Wissenschaft, die marktwirtschaftliche Systeme als inhärent stabil beschreibt, nicht geeignet ist, die relevanten und gravierenden Probleme im wirtschaftlichen Geschehen anzugehen. Colander, ganz unter dem Eindruck der sich entfaltenden Finanzmarktkrise, spricht in dieser Hinsicht sogar von einem moralischen Versagen der Ökonomie.
Gustav A. Horn
Metadaten
Titel
Wirtschaftliche Krisen bewältigen
verfasst von
Gustav A. Horn
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-05476-2
Print ISBN
978-3-658-05475-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-05476-2