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2015 | Buch

Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft

Zur Debatte um Legitimation, öffentliches Vertrauen, Transparenz und Partizipation

herausgegeben von: Günter Bentele, Reinhard Bohse, Uwe Hitschfeld, Felix Krebber

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

„Stuttgart 21“ wurde zu einer Chiffre für Bürgerproteste und ein Symbol für „schwindende Akzeptanz“ von Großvorhaben. Eine Reihe von Infrastrukturprojekten wird auch künftig vor Akzeptanzproblemen stehen. Dieser Band analysiert grundlegende Aspekte des Diskurses über Akzeptanz und Bürgerbeteiligung in der modernen Gesellschaft. Er bietet wissenschaftliche Zugänge zu Akzeptanz, Vertrauen, Transparenz und Legitimation sowie Fallbeispiele für Konflikte in Wirtschaft, Kultur und Politik. Eine Beschreibung von Methoden und Verfahren zur Erlangung besserer Akzeptanz ergänzt den Band.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft – Gedanken, Analysen, Thesen
Zusammenfassung
Wird über Akzeptanz gesprochen und geschrieben, scheint es zumeist die Beschreibung eines Defizits zu sein, das sich hinter diesem Schlagwort verbirgt. Doch handelt es sich wirklich um ein Defizit, wenn von fehlender Akzeptanz gesprochen wird? Die Diskussion um Akzeptanz, Legitimation, öffentliches Vertrauen, Partizipation und Transparenz ist Zeichen eines fundamentalen gesellschaftlichen Wandels. Dieser Wandel wirkt sich in breiter Front auf Politik und Wirtschaft aus und hat verschiedene Ursachen. Der Aufsatz nimmt insbesondere Wirtschaft und Politik in den Blick und untersucht, wie Akteure mit diesem gesellschaftlichen Wandel umgehen. Auch die mediale Dimension wird herausgearbeitet. Die Autoren schließen mit Thesen zum Themenkomplex als Denkanstoß für die Lektüre und Anregung zur Debatte.
Günter Bentele, Reinhard Bohse, Uwe Hitschfeld, Felix Krebber

Gesellschaftliche Akzeptanz im wissenschaftlichen Diskurs

Frontmatter
Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Akzeptanz
Zusammenfassung
Akzeptanz und Vertrauen sind zentrale Begriffe in der Mediengesellschaft, die geprägt ist durch eine quantitative und qualitative Ausbreitung publizistischer Medien, veränderte Angebots- und neue Medienformen, eine Zunahme von Vermittlungsleistung und -geschwindigkeit von Informationen durch Medien, eine Durchdringung aller gesellschaftlicher Bereiche durch Medien (Medialisierung) und durch gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit und Anerkennung für Medien. Dabei ist es vor allem Aufgabe der Organisationkommunikation, durch nondiskrepante, transparente, glaubwürdige und aktive Kommunikation gegenüber Bezugsgruppen und der Öffentlichkeit Vertrauen und Akzeptanz herzustellen und dauerhaft zu stabilisieren. Der Beitrag ordnet die Begriffe theoretisch ein und setzt sie zueinander ins Verhältnis. Er schlägt eine Brücke zur PR-Forschung und zeigt Potenziale wie Grenzen dialogorientierter Kommunikation für die Zuschreibung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit und die Sicherung von Akzeptanz auf.
Patricia Grünberg
Akzeptanz durch Transparenz?
Zusammenfassung
Organisationen stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen: Sie müssen in dynamischen, von Wandel und Unsicherheit geprägten Umwelten operieren und sind permanent den kritischen Augen verschiedener Teilöffentlichkeiten ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund hat Transparenz in zweierlei Hinsicht an Bedeutung gewonnen: Zum einen ist das Konzept organisationaler Transparenz aufgrund der Einforderung durch diverse Stakeholder und der damit verbundenen Wahrnehmung als strategischer Erfolgsfaktor in den Fokus gerückt; zum anderen gilt Transparenz inzwischen als gesamtgesellschaftliches Phänomen, das für die Konstitution sozialer Systeme notwendig ist und gesellschaftliche Veränderungen vorantreibt. Der vorliegende Beitrag setzt sich zunächst theoretisch mit dem Transparenzbegriff auseinander und ordnet ihn mit Blick auf die Forschung zu Organisationskommunikation und Public Relations ein. Zudem wird hinterfragt, welchen Beitrag Transparenz zu Akzeptanz leistet.
Julian Ebert, Sebastian Keßler, Sophia Charlotte Volk
Akzeptanz durch Beteiligung
Zusammenfassung
Dort, wo die Interessen der Bürger unmittelbar und direkt berührt werden, scheinen die herkömmlichen demokratischen Wege nicht mehr ausreichend zu sein. Bürgerproteste brechen sich Bahn. Ergänzend zur repräsentativen Demokratie gilt Beteiligung zunehmend als Mittel um die Akzeptanz für Projekte und Entscheidungen zu sichern. Zwar existieren bereits formelle und damit gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren, diese scheinen jedoch oft nicht auszureichen, um tatsächlich Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. Doch warum gewinnt die Beteiligung an Bedeutung, was verbirgt sich hinter dem Begriff der Beteiligung und welche Formen lassen sich unterscheiden? Ziel dieses Beitrages ist es die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern klarer begrifflich zu fassen, demokratietheoretisch einzuordnen sowie einzelne Verfahren näher vorzustellen. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle der Kommunikation bei der Beteiligung von Bürgern.
Nadja Enke, Isabel Reinhardt
Akzeptanzkonflikte auf der Straße
Zusammenfassung
In Deutschland zählen Proteste zum Standartrepertoire der Interessensartikulation. Die wachsende Zahl von Protestereignissen und eine Stabilisierung auf hohem Niveau zeigen eine Ausweitung der Nutzung von Protesten. Unter Berufung auf politische Bürger- und Menschenrechte vereinigen sich Aktivisten zu Protestbewegungen, die im vorliegenden Beitrag als ein Resultat gesellschaftlicher Akzeptanzkonflikte konzeptualisiert werden. Nach einem historischen Überblick über Protestereignisse der vergangenen Jahrzehnte und einer Typologisierung von Protestereignissen und Protestlern wird basierend auf Bourdieus Habitus-Struktur-Praxis Modell die These diskutiert, dass die Artikulationsform des Protestes exkludierend auf Bürger mit geringem sozioökonomischen Status wirkt.
Kristin Siegel, Florian Thiele
Akzeptanzdebatten in veränderten Medienlandschaften
Zusammenfassung
Der Begriff des „Medienwandels“ hat sich im 21. Jahrhundert zu einem vielzitierten Schlagwort entwickelt. Nach einem mediengeschichtlichen Überblick wird der Medienwandel als zentrale Variable für öffentliche Akzeptanzdiskurse beschrieben. Durch den Bedeutungsanstieg von Medien in der Gesamtgesellschaft und einfache Partizipationsmöglichkeiten ändern sich die Bedingungen für Akzeptanzdebatten. Die grundlegenden Fragen, mit denen sich dieser Beitrag auseinandersetzt, lauten: Welche generellen Veränderungen bringt der Medienwandel mit sich? Wie sehen die veränderten Medienwelten des 21. Jahrhunderts als Umfeld für gesellschaftliche Akzeptanzdebatten aus?
Anne Linke
Lokale Akzeptanzdiskurse
Der kommunikative Nahraum als kritische Resonanzfläche bei Infrastrukturprojekten
Zusammenfassung
Wenn sich Windparks über Landschaften ausbreiten, Stromtrassen Täler überspannen oder neue Verkehrswege Schneisen durch Bergmassive schlagen, verbinden sich überregionale Fragen von Mobilität oder Energieversorgung in bundesweiter oder europäischer Dimension mit den vor Ort erlebbaren Veränderungen. Besonders im Lokalen steigen regelmäßig Unmut und Erregung, wenn sich Infrastrukturprojekte ankündigen, deren gesamtgesellschaftlicher Nutzen von vermeintlichen oder tatsächlichen Härten vor Ort überlagert wird. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, dass regionale Spezifika in lokalen Kommunikationsräumen bei Infrastrukturprojekten von großer Wichtigkeit sind. Aus diesen Gedanken folgernd wird ein Bezugsebenenmodell der Akzeptanzkommunikation entwickelt.
Felix Krebber

Akzeptanz der Akteure im öffentlichen Diskurs

Frontmatter
Akzeptanz für Projekte in Wirtschaft und Gesellschaft
Zusammenfassung
Dort, wo die Interessen der Bürger unmittelbar und direkt berührt werden, scheinen die herkömmlichen demokratischen Wege nicht mehr ausreichend zu sein. Bürgerproteste brechen sich Bahn.Ergänzend zur repräsentativen Demokratie gilt Beteiligung zunehmend als Mittel um die Akzeptanz für Projekte und Entscheidungen zu sichern. Zwar existieren bereits formelle und damit gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren, diese scheinen jedoch oft nicht auszureichen, um tatsächlich Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. Doch warum gewinnt die Beteiligung an Bedeutung, was verbirgt sich hinter dem Begriff der Beteiligung und welche Formen lassen sich unterscheiden? Ziel dieses Beitrages ist es die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern klarer begrifflich zu fassen, demokratietheoretisch einzuordnen sowie einzelne Verfahren näher vorzustellen. Der Fokus liegt dabei auf der Rolle der Kommunikation bei der Beteiligung von Bürgern.
Christoph Eichenseer, Uwe Hitschfeld
Legitimitätseinbußen des Staates
Eine gesellschaftsethische Reflexion
Zusammenfassung
Der Autor reflektiert in seinem Aufsatz die normativ-ethische Dimension staatlicher Legitimität im Kontext der Diskurse um Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft. Durch die Diskussion gesellschaftlicher Streitfragen werden Ursachen und Hintergründe zum Unbehagen gegenüber Staat und Wirtschaft deutlich, die die aktuelle Debatte prägen. Als Beispiele werden etwa die Arbeitsmarktreformen oder die Deregulierung im Finanzsektor angefügt, die als Beispiele dafür angesehen werden, dass die „Hegemonie der Finanzmärkte und die Dominanz der kommerziellen Dynamik“ seit Beginn des neuen Jahrhunderts massiven Druck auf die Richtung und das Tempo staatlicher Entscheidungen ausübten und die Souveränität staatlicher Entscheidungsträger an ihre Grenzen stoße. Die Kontextualisierung dieser Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Phänomen gesellschaftlicher Akzeptanz hilft beim Verständnis der Akzeptanzdiskurse insgesamt.
Friedhelm Hengsbach SJ
Komplexes Problemlösen Über Gemeinsamkeiten im Handlungsumfeld von Managern und Politikern und die Bedeutung von Vertrauen und Akzeptanz
Zusammenfassung
Im Beitrag wird aus Sicht der Wirtschaft erläutert, was unter komplexen Problemen zu verstehen ist, warum bei ihrer Lösung von Politikern und Managern am meisten erwartet wird und welche prinzipiellen Handlungsansätze, Gemeinsamkeiten im Handlungsumfeld und Lösungsansätze für besseres Problemlösen es gibt. Dabei wird der Bedeutung von Vertrauen und Akzeptanz in komplexen Problemsituationen besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Christian Holzherr
„Justiz muss sich als ruhender Pol in der Gesellschaft medialen Trends weitgehend verweigern“
Zusammenfassung
Die frühere Bundesrichterin und Generalbundesanwältin plädiert dafür, dass Richter und Staatsanwälte nur durch ihre Urteile und ureigene Ermittlungsarbeit um gesellschaftliche Akzeptanz werben, nicht aber durch erhöhte Medienpräsenz oder neue Formen einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit.
Monika Harms
Wirtschaft und Gesellschaft – Auswege aus der Vertrauenskrise
Zusammenfassung
Ausgehend von der allgegenwärtigen Akzeptanzdebatte, die viel über das gestörte – wenn nicht zerstörte – Vertrauen zwischen den gesellschaftlichen Akteuren aussagt, fordert der Autor die Diskussion über ein neues industrielles Leitbild, in dem eine industriepolitische Zielidee ebenso zubeschreiben ist, wie damit verbundene Wertigkeiten und die relevante Rahmenbedingungen. Dabei wird auf die besondere Verantwortung der Wirtschaft bei diesem Diskurs ebenso eingegangen, wie auf andere gesellschaftliche und kommunikative Aspekte, die für den Erfolg dieses Prozesses entscheidend sind.
Rainer Knauber
Rückbesinnen und vorwärts denken
Die Kommunikation der Finanzwelt braucht mehr als ein Facelifting
Zusammenfassung
In Folge der Finanzkrise muss das Selbstverständnis und die Kommunikation der Finanzbranche grundsätzlich neu aufgestellt werden. Ohne gesellschaftliche Akzeptanz und politisches Verständnis für wirtschaftliches und finanzwirtschaftliches Handeln und ohne Eingehen auf die Regeln der modernen Mediengesellschaft droht die Basis des Geschäfts der Branche zu erodieren. Die Schlussfolgerungen, die für die Unternehmen und deren Verbandskommunikation daraus zu ziehen sind, werden im nachfolgenden Beitrag beschrieben.
Iris Bethge, Volker Knauer
Bürgerbeteiligung in formalen Verfahren
Zusammenfassung
Die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung ist mehr als ein temporärer Trend. Die gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeteiligung ist erprobt und erfüllt ihren Zweck. Darüber hinaus ist es notwendig und sinnvoll, diese durch neue Instrumente projektbezogen zu ergänzen. Der Verzahnung der formalen und informellen Instrumente der Bürgerbeteiligung gilt besondere Aufmerksamkeit. Bürgerinnen und Bürgerwollen die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen. Ob von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht wird, ist eine andere Sache. Für diese Möglichkeit müssen Verwaltungen durch gut aufbereitete Informationen und Transparenz in allen Verfahrensstadien sorgen. Das Verwaltungsverfahrensrecht ist nicht für die Lösung von umwelt – oder infrastrukturpolitischen Grundsatzkonflikten ausgelegt.
Gespräch mit Angelika Freifrau von Fritsch
Finanzielle Bürgerbeteiligungen am Beispiel der Energieversorgung
Zusammenfassung
Die finanzielle Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Projekten kann zur Akzeptanz von Projekten beitragen. Dazu muss sie in das Akzeptanzmanagement und die Projektkommunikationeingebunden und in ihrer Struktur direkt mit dem Projekt verknüpft sein. Die Möglichkeit einer Einflussnahme auf das Projekt spielt dabei eine wesentliche Rolle. Deshalb sindreine Fremdkapitalbeteiligungen weniger geeignet als direkte Projektfinanzierungen oder Eigenkapitalbeteiligungen. Für lokal verankerte Unternehmen (hier beispielhaft für die Energiewirtschaft ausgeführt) mit direktem Zugang zum Endkunden bieten finanzielle Bürgerbeteiligungen die Möglichkeit, eine zusätzliche Kapitalquelle gleichzeitig für die Kommunikation mit dem Kunden und zur Kundenbindung zu nutzen sowie Akzeptanz für die Projekte zu schaffen.
Felix ab Egg, Hans Poser
Bundeswehr und Gesellschaft
Zusammenfassung
Der Autor schildert, wie aus militärischer Sicht mehr Akzeptanz für die Bundeswehr und ihre Aufgaben im heutigen nationalen und internationalen gesellschaftlichen Umfeld errungen werden kann.
Achim Lidsba
„Prüft alles und behaltet das Gute!“
Die katholische Kirche im Spannungsfeld von Akzeptanz und Kommunikation
Zusammenfassung
Der Autor diskutiert Akzeptanz und ihre Beförderung aus Sicht der Institution Kirche, die sich in der Öffentlichkeit legitimiert will. Theologische Implikationen auf das Thema werden dargestellt. Zudem geht er auf die Krisenkommunikation der Kirche ein und reflektiert Akzeptanz und mögliche Akzeptanzdefizite im Spiegel gesellschaftspolitischer Umbrüche. Er schließt mit Leitsätzen zur Kommunikation der Deutschen Bischofskonferenz.
Kopp, Matthias Kopp
Akzeptanz und klassische Medien
Zusammenfassung
Der Autor beschreibt die Lage der klassischen Medien und skizziert wesentliche Aspekte und Folgen des Konflikts zwischen klassischen und neuen Medien. Ausgehend von der Rolle der (klassischen) Medien als „vierte Gewalt im Staat“, den Regeln und Voraussetzungen für guten Journalismus zeigt er auf, welche Entwicklungen sich aus der „Medienkrise“ für die öffentliche Kommunikation und die (Medien-)Gesellschaft ergeben.
Wilm Herlyn
Regelbruch als Versprechen: Neue Medien, neuer Journalismus
Anmerkungen zum TV-Format Jung & Naiv
Zusammenfassung
Der Autor stellt am Beispiel des Video-Blog-Formats Jung & Naiv die Defizite des Medienbetriebs und seiner Akteure dar. Dabei werden die routinierten und aus Sicht des Autors abgegriffenen Handlungsmuster der Journalisten und der Politiker kritisch reflektiert, die durch das neue digitale Medienformat aufzubrechen versucht werden. Dabei wird deutlich, dass die ritualisierte politische Kommunikation und Berichterstattung Akzeptanzdefizite des politischen Systems wie auch des Mediensystems hervorzurufen droht.
Hans Hütt
Vom fehlenden Bürgersinn, der Politik das Zumutbare abzuverlangen
Zusammenfassung
Elan, Veränderungswille oder gar Revolutionsgeist sind keine starken deutschen Erbanlagen. Aus Politikverdrossenheit ist in den letzten Jahren Politikverachtung geworden. Aus dem Bürger wurde der Wutbürger. Direkte Demokratie könnte helfen, so der Autor, das doppelte Misstrauen abzubauen, das darin besteht, dass die Parteien dem Volk nicht trauen und das Volk den Parteien nicht traut. Direkte Demokratie bedeutet kein Allheilmittel gegen alle Unzulänglichkeiten, Pannen und Skandale, sondern der Versuch, dem demokratischen System neue Energien zuzuführen. Die Angst vor Volksentscheiden war auch der Grund dafür, den Verfassungsentwurf vom Runden Tisch im Zuge der deutschen Einheit zu verwerfen. Mit dem Grundmissverständnis sollte aufgeräumt werden, Staat und Politik könnten mit etwas gutem Willen die heute in sie gesetzten überbordenden Ansprüche und Erwartungen zu erfüllen. Schließlich führt der Autor aus, ein Bundespräsident sollte direkt vom Volk gewählt werden.
Werner Schulz

Akzeptanz und Diskurs in Fallbeispielen

Frontmatter
Richtig kommunizieren. „Stuttgart 21“ und die Lehren für die Kommunikation bei Infrastruktur- und Bauprojekten
Zusammenfassung
Der Autor beschreibt die Akzeptanzprobleme um das Projekt „Stuttgart 21“. Sein Augenmerk richtet er dabei auf die Entstehung des Projektes, die Proteste, das „Schlichtungsverfahren“, die Auswirkungen auf die Baden-Württembergische Landtagswahl und eine Volksabstimmung zu dem Projekt. Er geht auf Ursachen von Protesten gegen Infrastruktur- und Bauprojekte ein und zieht Schlussfolgerungen für Projektkommunikation und Projektmanagement. Dabei wird u. a. auch die Richtlinie 7001 des VDI – Verein Deutscher Ingenieure thematisiert.
Frank Brettschneider
Tausend Meter Baustelle in der City Leipzigs
Wie kann Akzeptanz für etwas erreicht werden, das über zwei Jahre dauert und nichts als Ärger und Verdruss bringt?
Zusammenfassung
Mehr als Tausend Meter Gleisanlagen für Straßenbahnen inklusive Durchgangshauptstraße sowie Geh- wie Fahrradwege waren völlig neu zu planen mit dem Ziel, innerhalb von zwei Jahren die vielfältig genutzte und befahrene Straße von Hauswand zu Hauswand komplett umzubauen. Um Akzeptanz für Planung und die Umgestaltung der Karl-Liebknecht-Straße zu erreichen, hieß das mit Anwohnern, Gewerbetreibenden, Fahrgästen und Nutzern der Straße auf eine völlig neue Art zu kommunizieren. Alle sollten frühzeitig mit Hilfe eines informellen Bürgerbeteiligungsprozesses in die Planung einbezogen werden. Die Widerstände und Zweifel waren zunächst erheblich. Die Autoren, selbst verantwortliche Akteure, beschreiben den Bürgerbeteiligungsprozess, der ausgehend von „klassischer“ Vorgehensweise völlig neue Formen und Verfahren erfolgreich zur Anwendung brachte.
Reinhard Bohse, Jörg Müller
Die Akzeptanz von Großprojekten steigern
Wie die Deutsche Bahn mit einer verstärkten Stakeholder-Beteiligung die Weichen für die Zukunft stellt
Zusammenfassung
In dem vorliegenden Aufsatz wird die Projektkommunikation bei Bauprojekten der Deutschen Bahn AG beschrieben. Eine besondere Rolle spielt dabei die Beteiligung von Betroffenen. Nach der Thematisierung von gesellschaftlichen Ursachen eines gewachsenen Partizipationsbedürfnisses wird das Handlungsprogramm der Deutschen Bahn vorgestellt.
Martin Walden
Machbar ist nur, was vermittelbar ist!
Wie es einem der größten Infrastrukturprojekte Deutschlands gelungen ist, vor Ort Akzeptanz zu finden – und das entgegen allen gesellschaftlichen Trends
Zusammenfassung
Der Autor zeigt am Beispiel der Erdgaspipeline OPAL wie es durch eine umfassende, konzertierte und transparente Dialogkommunikation möglich wurde, eines der größten Infrastrukturprojekte der europäischen Energieversorgung erfolgreich abzuschließen. Und zwar ohne imageschädigende und projektverzögernde „Medienkämpfe“. Mit der Zustimmung der Bevölkerung vor Ort und innerhalb der Zeitplanung. Als Verbindung zur Ostseepipeline Nord Stream, die Erdgas aus den großen Feldern Sibiriens direkt nach Europa bringt, transportiert die OPAL das Gas innerhalb Deutschlands von Lubmin im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns durch Brandenburg und Sachsen bis zur tschechischen Grenze.
Michael Sasse
Man kann nicht nicht kommunizieren
Projektkommunikation in der Energiewende
Zusammenfassung
Trianel ist das führende Netzwerk von Stadtwerken in Europa. Beim Bau des ursprünglich auf Steinkohlebasis projektierten Kraftwerks in Krefeld-Uerdingen sowie bei Vorhaben, die neue Pumpspeicherkraftwerke betreffen, stieß Trianel teils auf deutlichen Widerstand. Diese Fallbeispiele werden ausführlich beschrieben. Sie alle haben das Unternehmen sensibilisiert und, so der Autor, auch gezwungen, seine bisherige Kommunikationsstrategie kritisch zu hinterfragen und schließlich neu auszurichten. Um nachhaltig wirtschaften zu können, so der Autor, ist Vertrauenspflege eine zentrale Managementaufgabe. Zu den Hauptfaktoren einer erfolgreichen Projektentwicklung, der Genehmigungsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit, ist ein dritter hinzugekommen: die gesellschaftliche Akzeptanz.
Elmar Thyen
Bürger wollen nicht Projekte verhindern, sondern konstruktiv daran mitwirken
Zusammenfassung
Die Diskussion um Bürgerbeteiligung und Akzeptanz erwächst aus einem deutlich gewachsenen Bewusstsein der Bürger und ihrem Willen, mit zu entscheiden und zu gestalten. Dieser, grundsätzlich konstruktive Ansatz wird ins Gegenteil verkehrt, wenn Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt werden, wenn Bürgerbeteiligung erst dann einsetzt, wenn die wichtigen Eckpunkte eines Projekts entschieden sind. Die grundsätzliche Offenheit, sich auf einen solchen Prozess einzulassen, muss bei Verwaltung, Politik und Vorhabenträgern ebenso verbessert werden, wie das anzuwendende Instrumentarium. Bürgerschaftliches Engagement entsteht aus persönlicher Betroffenheit. Wird dies in formalen Verfahren nicht angemessen berücksichtigt, manifestiert sich der Bürgerwille außerhalb der Verfahrenswege.
Die aus den aktuellen Auseinandersetzungen um umstrittene Infrastrukturprojekte gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse, sollten zeitnah zur Überarbeitung des Planungsrechts genutzt werden.
Gespräch mit Ursula Theiler
NOlympia – Warum Deutschland keine Olympischen Winterspiele bekommt
Lehren aus einer Akzeptanzverweigerung in München und im Bayerischen Oberland
Zusammenfassung
Im Herbst 2013 nahmen die bayerische Landeshauptstadt München, die Markgemeinde Garmisch-Partenkirchen und die beiden Landkreise Traunstein mit dem Wintersportort Ruhpolding und Berchtesgadener Land einen neuerlichen Anlauf für die Austragung Olympischer Winterspiele.
Klug geworden aus langen und heftigen Debatten während der ersten Bewerbungsphase beschlossen die Organisatoren 1,3 Mio. Bürger über die Bewerbung für 2022 entscheiden zu lassen.
Der Autor beschreibt ausführlich den Wahlkampf,beleuchtet Aspekte, Gründe und Hintergründe, beschreibt den Verlauf, die Aktionen der Akteure und zieht Schlussfolgerungen. Das unerwartete Ergebnis: Überall siegten die Bewerbungs-Gegner.
Gernot Brauer
Im städtischen Bürgertum verankert
Akzeptanz für etwas, was „nur kostet“: Finanzierung von Kultur in einer durchökonomisierten Gesellschaft
Zusammenfassung
Das weltberühmte Gewandhausorchester zu Leipzig ist das älteste und größte bürgerliche Orchester der Welt. Ausgehend von der Geschichte des Orchesters und seinem Selbstverständnis schildert der Intendant („Gewandhausdirektor“) des Hauses die Verwurzelung des Spitzenorchesters in der Leipziger Bürgerschaft. Neben den künstlerischen Gesichtspunkten ist das Gewandhaus ein wichtiger, identitätsstiftender Wirtschaftsfaktor. Mit einem strategischen Massnahmenmix baut das Gewandhaus diese Stellung aus.
Andreas Schulz
Metadaten
Titel
Akzeptanz in der Medien- und Protestgesellschaft
herausgegeben von
Günter Bentele
Reinhard Bohse
Uwe Hitschfeld
Felix Krebber
Copyright-Jahr
2015
Electronic ISBN
978-3-658-06167-8
Print ISBN
978-3-658-06166-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-06167-8