Skip to main content

2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

4. Empirische Befunde: Perspektiven und Deutungen kommunaler Akteure

verfasst von : Christopher M. Brinkmann

Erschienen in: Crossmediales Wissensmanagement auf kommunaler Ebene

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Die Ergebnisdarstellung der empirischen Untersuchung (Leitfadeninterviews ergänzt durch Feldnotizen) in diesem Kapitel bereitete die vorliegende Arbeit in den vorangegangenen Ausführungen vor. Die theoretische Fundierung, die Einführung in das Forschungsinteresse und der Einblick in das Erhebungsverfahren bildeten hierbei die zentralen Punkte. Die Präsentation der empirischen Untersuchungsergebnisse baut auf diese Grundlage auf, entwickelt dabei eigene Konzepte und führt bestehende Erkenntnisse aus der Literatur im Schwerpunkt auf dialogorientiert-informelle Bürgerbeteiligung, crossmediale Kommunikation und Wissensmanagement in Kommunen weiter.

Sie haben noch keine Lizenz? Dann Informieren Sie sich jetzt über unsere Produkte:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Fußnoten
1
Wie sich in den Interviews zeigt, reflektierten die Akteure den Begriff Ehrenamt nicht (z. B. im Sinne der Übernahme eines ehrenmäßigen Amtes). Im allgemeinen Sprachgebrauch im Datenmaterial ist ehrenamtlich sowohl das, was zum Vergnügen in der Freizeit in Vereinen gemacht wird, als auch der persönliche Einsatz für die Gesellschaft über soziale Initiativen. Beide Dimensionen fasst die vorliegende Arbeit im zivilgesellschaftlichen Engagement.
 
2
Ein auf politische Partizipation und zivilgesellschaftliches Engagement ausgerichtetes kommunales Umfeld sollte sich den forschungsleitenden Annahmen der vorliegenden Arbeit gemäß aus gemeinsam definierten Regeln und Zielsetzungen entwickeln.
 
3
Im Material findet sich hier die Anforderung der politisch-administrativen Ebene an sich selbst, möglichst umfassende Informationsangebote zu machen. Die Erwartung ist, dass Bürgerinnen und Bürger diese wahrnehmen und darauf zurückgreifen. Informationen zu geben wird in dieser Deutung als eine Form der Bürgerbeteiligung gesehen.
 
4
Im Datenmaterial finden sich auch Aussagen zu einem beruflichen Ehrenamt. Die Akteure waren hier in zivilgesellschaftlichen Projekten entweder als Führungspersonen angestellt (z. B. Geschäftsführer einer Begegnungsstätte) oder erhielten für ihren Einsatz einen Unkostenbeitrag.
 
5
Die Neugestaltung der Einkaufsstraße (Rochlitzer Straße) in Mittweida ist ein beispielhaftes Projekt. Der Umbau und das Geschäftsstraßenmanagement werden über EFRE-Mittel finanziert.
 
6
Die Akteure sprachen von Verkaufsbuden für ein Dorffest oder Spezialequipment eines Sportvereins (z. B. Tauchverein unterstützt Freiwillige Feuerwehr bei einer Übung).
 
7
Der Charakter ist hierbei aus Sicht der vorliegenden Arbeit ein Faktor. Wie ein Akteur der Lokalmedien mit Interesse am zivilgesellschaftlichen Engagement erwähnte, ist die „Kunst scheitern zu können“ (I017, A. 60) eine „Gabe, die ein Ehrenamtler haben muss“ (ebd.). Wenn ein Akteur „aus dem Scheitern eine Motivation“ (ebd.) entwickelt und aus negativen Ergebnissen lernt, dann können aus Sicht der vorliegenden Arbeit auch enttäuschende Erfahrungen die Bürgerbeteiligung fördern.
 
8
Die Betrachtung der ostdeutschen Geschichte ist ein eigenes Forschungsfeld und kann von der vorliegenden Arbeit damit nicht bearbeitet werden. Die Anmerkungen der Akteure zu ihrem Leben in der DDR und ihre Erfahrungen aus der Wende zeigen allerdings, dass Geschichte für die Bürgerbeteiligung prägend sein kann.
 
9
Zu sehen ist das an der Häufigkeit der Vergabe eines Codes. Für die drei ergänzenden Rahmenbedingungen sind folgende Häufigkeiten festgehalten: Ökonomische Ressourcen (163 Codings), soziale Ressourcen (74 Codings), Motive (134 Codings), Strukturen (323 Codings).
 
10
Lenk et al. definieren vier Aufgabentypen in Kommunen, die sie nach dem „Ob“ und dem „Wie“ der Erfüllung ausdifferenzieren. (Lenk et al. 2013, S. 6 f.) Erstens sehen sie die freiwilligen Aufgaben, zu denen Kultur oder Sport zählen. Ob und in welcher Form sie gefördert werden, ist eine Entscheidung der Kommune. Zweitens benennen die Autoren die pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben. Bereiche wie Abwasserwirtschaft oder Schülerbeförderung müssen organisiert werden, ihre Ausgestaltung ist aber eine freie Entscheidung der Kommune. Drittens sehen Lenk et al. die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Gesetzliche Vorgaben legen das Ob und das Wie in diesem Aufgabentyp (z. B. Sicherheits- und Ordnungsverwaltung) fest. Ebenfalls geschlossen vorgegeben ist zudem der vierte Bereich (Auftragsangelegenheiten der untersten Verwaltungsbehörde wie z. B. Standesamt) (ebd.). Aus Sicht der vorliegenden Arbeit besteht für die Pflicht- und Weisungsaufgaben nur ein geringer Einfluss für Bürgerbeteiligung, da die politisch-administrative Ebene klaren Vorgaben folgen muss. Bei den freiwilligen Aufgaben ist hingegen eine größere Chance erkennbar, da die Ausgestaltung hier von den Akteuren vor Ort abhängt.
 
11
In der sächsischen Kreisreform 2008 wurden der Landkreis Mittweida, Döbeln und Freiberg zum Landkreis Mittelsachsen zusammengeführt. Als Gründe für die Neugliederung galten auf Landesebene die Orientierung auf die „zukünftigen Herausforderungen durch [einen] weiteren Bevölkerungsrückgang, sinkende Zuweisungen von Bund und Europäischer Union sowie [den] zunehmenden internationalen Wettbewerb“ (Sächsisches Staatsministerium 2008). Für die Bürgerinnen und Bürger war die Neuregelung allerdings erklärungsbedürftig. Ein Akteur der Lokalmedien erinnerte sich: „Und die Leute haben das nicht verstanden. ‚Warum muss ich jetzt – wenn ich mein Auto zulassen will – kilometerweit irgendwo hinfahren, um das zu tun? Warum ist die Behörde jetzt dort und nicht mehr in meiner unmittelbaren Nähe‘?“ (I016, A. 114). Auch wenn die zitierte Aussage auf die Verwaltungsarbeit abstellt, gerät aus Sicht der vorliegenden Arbeit Bürgerbeteiligung durch größere Strukturen ebenfalls in eine Problemlage. Die Befunde der Analyse zeigen, dass politische Partizipation und zivilgesellschaftliches Engagement auf das Umfeld und den Lebensbereich ausgerichtet sowie auf Vertrauen aufgebaut sind. Größere Strukturen schaffen allerdings zunächst Anonymität, der mit Kommunikation für Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen begegnet werden sollte.
 
12
Aus der Erfahrung in der Praxis zeigt sich, dass Themen wie der Bau von Windkraftanlagen, der Ausbau von Stromtrassen, das Anlegen von Mülldeponien und weitere Großbauprojekte zu Versuchen der kontrollierenden Einflussnahme führen. Durch Widerspruch aus der Zivilgesellschaft können sich Bau- und Entwicklungsprojekte in die Länge ziehen. Das Investitionsbeschleunigungsgesetz beschneidet hier das Widerspruchsrecht, indem es die Möglichkeit eröffnet, Raumordnungsverfahren auszusetzen, um Verfahren schneller durchführen zu können (Bundesregierung 2020; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2020). Aus Sicht der vorliegenden Arbeit wird damit auch die Bürgerbeteiligung eingeschränkt und Dialogpotential zwischen Akteuren und Interessensgruppen vor Ort abgebaut.
 
13
Der Presse wird im institutionellen Gefüge die Rolle der „vierten Gewalt“ (Diller 2018) zugeschrieben. Als Intermediär zwischen Politik, Administrative und Zivilgesellschaft hat die Lokalzeitung aus Sicht der vorliegenden Arbeit auf kommunaler Ebene die Aufgabe, für eine kritische Öffentlichkeit Entwicklungen zu bewerten, Entscheidungen zu hinterfragen und Problemlagen nachvollziehbar zu machen.
 
14
In den Beschreibungen zu Wissen verwenden die Akteure Konnotationen aus der Alltagssprache. Kompetenzen, Einstellungen, Werte, aber auch Fähigkeiten und Informationen sind dabei implizite, narrative und explizite Bestandteile des Wissens. Die vorliegende Arbeit spricht in einer zusammenfassenden Weise von Wissensbeständen (siehe ausführlich Abschnitt 4.4).
 
15
Die Akteure sprachen davon, dass sie sich für die Jugend- und Nachwuchsarbeit stark machten. Diese war für sie wichtig, da sie meinten, darüber langfristig dem demografischen Wandel begegnen zu können. Die Akteure beschrieben, dass ihre Region gut ausgebildeten, jungen Nachwuchs braucht. Um diesen nach dem Schulabschluss zu halten oder anzuwerben, müssen den Aussagen in den Interviews nach Attraktionen geschaffen werden. Neben beruflichen Aussichten sind dies den Beschreibungen folgend auch kulturelle Angebote und familienfreundliche Strukturen (z. B. Schulen, Spielplätze, Freizeiteinrichtungen).
 
16
Für netzwerkanalytische Betrachtungen schlägt Fuhse eine Reihe von Konzepten und Methoden vor. Ihr Anwendungsbereich ist ihm folgend weitreichend. Neben der Erhebung von Triaden und Cliquen liefert die Netzwerkforschung auch Ansätze für die Simulation von Netzwerken oder Theorien über Mechanismen und Effekte von Akteursbeziehungen (Fuhse 2016).
 
17
Schimank spricht von „Konstellationen handelnden Zusammenwirkens“ (Schimank 2016, S. 202). Seiner Ansicht nach sind drei Konstellationen für Beziehungen zwischen Akteuren prägend. Erstens verfolgen die Akteure gegenseitig ihr Handeln und stehen in einer Beobachtungskonstellation. Zweitens üben sie Macht aufeinander aus und bilden Beeinflussungskonstellationen. Drittens gleichen sie ihre Interessen aus und stehen in Verhandlungskonstellationen (ebd., S. 342). Der vorliegenden Arbeit nach finden Akteure über Plattformen zusammen und bilden hier ihre Netzwerke aus, in denen sie in Konstellationen ähnlich den von Schimank beschriebenen eintreten.
 
18
Die vorliegende Arbeit fasst aus diesem Grund das zivilgesellschaftliche Engagement als Bürgerbeteiligung. Im Datenmaterial findet sich die Deutung, dass Vereinsarbeit in der Freizeit erfolgt. Wird dieses Engagement nicht beachtet, so bleibt aus Sicht der vorliegenden Arbeit ein Teil des Potentials (z. B. Aufbauen von Beziehungen zwischen beteiligungswilligen Bürgerinnen und Bürgern) in der Kommune ungenutzt.
 
19
Face-to-Face ist den Beschreibungen in den Interviews nach auch für die Gruppenkommunikation relevant (siehe dieses Kapitel unten folgend). Auch wenn Videokonferenzsysteme einen persönlichen Austausch inklusive des Videobildes ermöglichen, fehlt der gemeinsame räumliche Kontext der Gesprächspartner, was zu kommunikativen Störungen führen kann.
 
20
Für die Prägung von Kommunikation innerhalb von Bürgerbeteiligung ergibt sich daraus die Perspektive auf „Persönliche Kontakte“ (siehe Abschnitt 4.3.1). Auf der einen Seite hat die Digitalisierung auf kommunaler Ebene Einfluss auf das Handeln der Akteure vor Ort. Die Analyse zeigt auf der anderen Seite, dass persönliche Kontakte vor Ort wesentlich für die Kommunikation in der Bürgerbeteiligung sind.
 
21
Der Einfluss der Online-Kommunikation auf Lokalzeitungen zeigt sich in der Aussage eines Akteurs der Lokalmedien. Durch die digitale Dokumentation der Zugriffszahlen lässt sich nachverfolgen, welche Artikel gelesen werden und welche Nachrichten nicht rezipiert werden. Der Akteur hält fest: „Also, ich glaube es ist kein Geheimnis, dass sämtliche regionale Tageszeitungen an Abo-Auflage verlieren – in einer gewissen Größe. Aber es ist bei uns – im ostdeutschen Vergleich – noch sehr moderat. Da stehen wir sehr gut da als [Unternehmen 13]. Und die E-Paper-Abo-Zahlen steigen. Und auch die Klick-Zahlen sind stabil auf der Homepage“ (I016, A. 48).
 
22
Die Interviews zeigen, dass WhatsApp den Akteuren auch bei interpersonalen Kontakten dient.
 
23
SMS werden in den Interviews nicht angesprochen. Es ist für die vorliegende Arbeit nicht deutlich zu bestimmen, ob Instant-Messenger-Dienste die SMS ersetzt haben oder ob die Akteure allgemein Kurznachrichten über das Smartphone sprachlich mit WhatsApp in Verbindung setzten.
 
24
Den soziologisch diskutierten Lebenswelt-Begriff greift die vorliegende Arbeit nicht auf (z. B. Schütz und Luckmann 2003, 2017). Die Bezeichnung „Lebensweltlich“ ist empirisch aus dem Material entwickelt. Die Begriffe „Lebensumfeld“ oder „Lebensbedingungen“ sind Synonyme.
 
Metadaten
Titel
Empirische Befunde: Perspektiven und Deutungen kommunaler Akteure
verfasst von
Christopher M. Brinkmann
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35880-8_4