1981 | OriginalPaper | Buchkapitel
Geschichte als Prozeß und die Theorie sozio-kultureller Evolution
verfasst von : Niklas Luhmann
Erschienen in: Soziologische Aufklärung 3
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Enthalten in: Professional Book Archive
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In ontologischer Perspektive hat selbstverständlich alles, was ist, seine Geschichte, solange sein Sein dauert: auch und gerade hochaggregierte Einheiten, die vermutlich länger dauern, wie Welt, Sein, Heil, Himmel, Staat, Gesellschaft. So viel Geschichte steht gleichsam fest, und es bleibt nur übrig, sie mit unzureichenden Mitteln von der jeweiligen Gegenwart aus zu erkennen. Die Einheit des Seienden und/oder seiner Aggregationsweise garantiert die Einheit seiner Geschichte. Die Weltgeschichte ist zum Beispiel die Geschichte der aggregatio corporum. In temporaler Perspektive erscheint die Einheit dessen, was ist und dauert, als ein Prozeß, der Bestand mit Wandel verknüpft. Die Einheit des Seienden hat im Prozeß ihr zeitliches Korrelat. Insofern kann man im Rahmen dieser Prämissen an der These, Geschichte (welcher Seinsaggregate immer) sei ein Prozeß, nicht zweifeln. Die Zweifel können sich nur auf die Erkennbarkeit dieses Prozesses beziehen.