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2008 | Buch

Numerische Beanspruchungsanalyse von Rissen

Finite Elemente in der Bruchmechanik

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Das Wort „Bruch“ bezeichnet die Trennung des Materialzusammenhalts in einem festen Körper. Es handelt sich um einen Vorgang, der den Körper entweder teilweise zertrennt, was zur Entstehung von Anrissen führt, oder auch seine vollständige Zerstörung bewirken kann. Der eigentliche Bruchvorgang geschieht lokal durch elementare Versagensprozesse auf der mikroskopischen Ebene der Werkstoffe und wird durch ihre physikalischen und mikrostrukturellen Eigenschaften festgelegt, wie das Beispiel von Bild 1.1 zeigt. Die globale Erscheinungsform des Bruchs auf makroskopischer Ebene besteht in der Bildung und Ausbreitung eines oder mehrerer Risse im Körper, wodurch schließlich das totale mechanische Versagen herbeigeführt wird. Auf dieser Ebene können Bruchvorgänge erfolgreich mit den Methoden der Festkörpermechanik und Festigkeitslehre beschrieben werden.
2. Einteilung der Bruchvorgänge
Zusammenfassung
Bruchvorgänge werden nach recht unterschiedlichen Gesichtspunkten eingeteilt. Die Gründe dafür liegen in der enormen Vielfalt, mit der Bruchvorgänge in Erscheinung treten, und in den verschiedenartigen Ursachen, die zum Versagen führen. In erster Linie hängt der Bruch von den Eigenschaften des betrachteten Werkstoffs ab, weshalb die auf mikrostruktureller Ebene ablaufenden Zerstörungsprozesse im Material die charakteristische Erscheinungsform bestimmen. Diese mikroskopischen Strukturen und Versagensmechanismen variieren innerhalb der Palette technischer Werkstoffe in vielfältiger Weise. Genauso bedeutsam für das Bruchverhalten ist jedoch auch die Art der äußeren Belastung des Bauteils. Nach dieser Kategorie kann man z.B. Brüche bei statischer, dynamischer oder zyklischer Belastung unterscheiden. Weitere wichtige Einflussgrößen auf den Bruchvorgang sind die Temperatur, die Mehrachsigkeit der Beanspruchung, die Verformungsgeschwindigkeit und die chemischen Umgebungsbedingungen.
3. Grundlagen der Bruchmechanik
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Bruchmechanik dargelegt. Hauptanliegen ist die Beschreibung der verfügbaren kontinuumsmechanischen Lösungen für Risse. Auf der Grundlage der so ermittelten Spannungs- und Verformungszustände werden dann geeignete Kenngrößen ausgewählt, welche die Beanspruchungssituation an Rissen eindeutig beschreiben. Diese Beanspruchungsparameter bzw. Bruchkenngrößen bilden die Grundlage für die Formulierung von Bruchkriterien, womit das Verhalten der Risse quantitativ bewertet werden kann. Diese meist geschlossenen mathematischen Lösungen stellen die Voraussetzung dar, um die Bruchkenngrößen später mit numerischen Methoden berechnen zu können. Selbstverständlich basieren auch die experimentellen Prüfmethoden der Bruchmechanik zur Ermittlung der Werkstoffkennwerte auf dem Verständnis der Beanspruchungssituation.
4. Methode der Finiten Elemente
Zusammenfassung
Die Finite Elemente Methode (FEM) (engl. finite element method) zählt gegenwärtig zu den leistungsfähigsten und universellsten numerischen Berechnungsverfahren für die Lösung partieller Differentialgleichungen aus Technik und Naturwissenschaften. Die grundlegenden mathematischen Ideen gehen auf die Arbeiten von Ritz, Galerkin, Trefftz u. a. am Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Mit der Entstehung der modernen Rechentechnik in den 60er Jahren konnten die numerischen Lösungsansätze mit der FEM erfolgreich umgesetzt werden. Die Entwicklung wurde enorm durch strukturmechanische Berechnungsaufgaben in der Luftfahrt, dem Bauwesen und Maschinenbau motiviert. Den Pionierleistungen von Argyris, Zienkiewicz, Turner, Wilson u.a. verdanken wir die eigentliche und bis heute übliche Formulierung der Finite Elemente Methode. Dabei wird das Differenzialgleichungssystem in ein äquivalentes Variationsproblem (schwache Formulierung) überführt, wozu meist Prinzipien der Mechanik oder die Methode der gewichteten Residuen genutzt werden. Zur Lösung der RWA werden Ansatzfunktionen für begrenzte Teilgebiete „Finite Elemente“ gemacht, deren Freiwerte schließlich durch numerische Lösung eines algebraischen Gleichungssystems bestimmt werden können.
5. FEM-Techniken zur Rissanalyse in linear-elastischen Strukturen
Zusammenfassung
Ziel der FEM-Analyse ist die Berechnung der bruchmechanischen Beanspruchungsparameter für einen Riss in einer Struktur (Prüfkörper, Bauteil, Werkst offgefüge) bei linearelastischem (isotropen oder anisotropen) Materialverhalten. Im Abschnitt 3.2 wurden die relevanten Beanspruchungsparameter der LEBM vorgestellt: Die Spannungsintensitätsfaktoren KI, KII, KIII und die Energiefreisetzungsrate G ≡ J. Ihre Werte hängen von der Geometrie der Struktur, ihrer Belastung, der Länge und Form des Risses sowie von den elastischen Materialeigenschaften ab.
6. Numerische Berechnung verallgemeinerter Energiebilanzintegrale
Zusammenfassung
Ausgehend von den Pionierarbeiten Eshelbys [90, 91], der die thermodynamischen Kräfte auf Defekte in Festkörpern durch Einführung des Energie–Impuls–Tensors untersuchte, hat sich in den vergangenen 15 Jahren eine neue Theorie der verallgemeinerten „materiellen“ oder auch „Konfigurationskräfte“ herausgebildet, siehe Maugin [166], Kienz-ler, Herrmann [135], [136] und Gurtin [105]. Im Rahmen dieser Theorie werden die Invarianzeigenschaften von mechanischen oder thermodynamischen Erhaltungssätzen bezüglich einer Transformation des materiellen Gebietes erforscht, um generalisierte Kraftwirkungen von Feldern auf Störungen im homogenen Material, d. h. Defekte verschiedener Formen (wie z. B. Risse), zu berechnen. Diese Arbeiten führen weit über das klassische J-Integral hinaus und erlauben sein physikalisches Verständnis aus übergeordneter Sicht.
7. FEM-Techniken zur Rissanalyse in elastisch-plastischen Strukturen
Zusammenfassung
Für die Beanspruchungsanalyse von Risskonfigurationen in elastisch-plastischen Materialien ist die FEM ein unverzichtbares Instrument geworden, da die physikalisch und evtl. geometrisch nichtlinearen ARWA in endlichen Strukturen mit analytischen Methoden nicht lösbar sind. Als Materialmodelle kommen überwiegend die in Abschnitt A.4.2 vorgestellten inkrementellen Plastizitätsgesetze mit verschiedenen Verfestigungsarten in Betracht. Ziel der Berechnungen ist auch hier die Bestimmung der bruchmechanischen Beanspruchungsparameter für duktile Rissinitiierung und Rissausbreitung. Dafür haben wir im Kapitel 3.3 die Rissöffnungsverschiebung δt den Rissöffnungswinkel γt, das J-Integral sowie die Mehrachsigkeitsparameter T und Q kennengelernt. In der EPBM beeinflussen eine Vielzahl von Modellparametern (Geometrie, Belastungshöhe, Materialverhalten) das Ergebnis auf unterschiedliche, komplexe Weise, so dass man mit Sorgfalt arbeiten muss. Insbesondere ist auch die bruchmechanische Interpretation genau zu beachten.
8. Numerische Simulation des Risswachstums
Zusammenfassung
Die Vorhersage des Ausbreitungsvorgangs von Rissen ist für viele bruchmechanische Fragestellungen von Bedeutung. Die numerische Simulation bietet zur Lösung dieser Aufgaben hervorragende Möglichkeiten und hat sich zu einem unentbehrlichen Werkzeug entwickelt. Ein besonders hohes technisches Interesse besteht an der Modellierung des unterkritischen Wachstums von Ermüdungsrissen, der stabilen Rissausbreitung in duktilen Werkstoffen und von instabilen dynamischen Bruchvorgängen. Die Bruchmechanik stellt für diese Fälle Kriterien und Gesetzmäßigkeiten bereit, siehe die Abschnitte 3.2, 3.3, 3.4 und 3.5, die festlegen:
  • bei welcher Belastung die Rissausbreitung beginnt,
  • in welcher Richtung λc Die Rissausbreitung erfolgt,
  • wie groß der Betrag Δa des Risswachstums ist.
9. Anwendungsbeispiele
Zusammenfassung
Bainitisches Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI) weist einen gute Duktilität, einen großen Verschleißwiderst and und eine hohe Dauerfestigkeit auf, weshalb es für Eisenbahnräder eine interessante Werkst offalternative gegenüber Stahl sein könnte. Allerdings besitzt ADI eine geringere Bruchzähigkeit und ist aufgrund der gießtechnischen Herstellung fehleranfälliger. Da ein Eisenbahnrad hohen statischen und zyklischen Belastungen ausgesetzt ist, müssen neben dem klassischen Betriebsfestigkeitsnachweis auch bruchmechanische Konzepte herangezogen werden, um eine ausreichende Sicherheit gegen Ermüdungs- und Sprödbruch nachzuweisen. Damit man die Bruchsicherheit und Lebensdauer bewerten kann, ist es erforderlich, den Beanspruchungszustand in einem ADI-Rad mit hypothetischen Rissen bei statischen und zyklischen Belastungen numerisch zu berechnen [151, 152]. Ziel der Untersuchungen ist es, bereits in der Entwicklungsphase des Rades kritische Rissgrößen oder zulässiger Grenzmaße der Belastung abzuleiten, sowie geeignete Überwachungskonzepte festzulegen.
Backmatter
Metadaten
Titel
Numerische Beanspruchungsanalyse von Rissen
verfasst von
Meinhard Kuna
Copyright-Jahr
2008
Verlag
Vieweg+Teubner
Electronic ISBN
978-3-8348-9285-0
Print ISBN
978-3-8351-0097-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8348-9285-0