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2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

Literarische Dekolonisation: Race und Gender in Sharon Dodua Otoos afrofuturistischer Novelle Synchronicity

verfasst von : Kyung-Ho Cha

Erschienen in: Genre und Race

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

In Sharaon Dodua Otoos afrofuturistischer Novelle Synchronicity (2014) werden die politischen Metaphern der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Minderheiten buchstäblich verstanden. Der Aufsatz geht den Bezügen zu(r) afroamerikanischen Literatur und Diskursen (R. Ellison, W.E.B. Du Bois), zum Afrofuturismus und zur deutschen Kolonialgeschichte nach. Rassismus wird in der Erzählung als ein visuelles, genauer: als ein okularzentristisches Phänomen beschrieben. Die Überwindung des Rassismus geht im Text Hand in Hand mit der Überwindung des Okularzentrismus. Als der Sehsinn seine privilegierte Stellung unter den Sinnen verliert, offenbart sich dem Schwarzen Subjekt eine Welt jenseits der Visualität und damit jenseits des Rassismus. Die Protagonistin Cee ist die Personifikation einer emanzipierten Subjektivität, die sich vom rassistischen Blick auf sich selbst, den sie teilweise internalisiert hatte, befreit, indem sie lernt, die Vielfalt der Welt und ihrer eigenen Persönlichkeit wahrzunehmen. Die Voraussetzung für die Entdeckung der Vielfalt ist die Gleichberechtigung der Sinne, die sich von der Vorherrschaft des Sehsinns befreien. Die Gleichheit der Sinne offenbart sich in der synästhetischen Gleichzeitigkeit der Sinneserfahrungen, die Cee als ein Wunder erlebt und auf die sich der Titel der Novelle bezieht: Synchronicity.

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Fußnoten
1
Die englische Version erschien 2015.
 
2
Zu der Erzählung gehören acht kolorierte Zeichnungen von Sita Ngoumou, auf die nicht eingegangen werden kann, da deren eingehende Analyse den Rahmen des vorliegenden Aufsatzes überschritten hätte.
 
3
Der Gebrauch der Begriffe weiß bzw. Weißsein und Schwarz bzw. Schwarzsein folgt Otoos eigener Verwendung dieser Begriffe, auf die später im Detail eingegangen wird (vgl. Anmerk. 6).
 
4
Im Folgenden beziehen sich der Begriff People of Color und die Abkürzung PoC auf Personen, die nicht als weiß wahrgenommen werden. Alternative Bezeichnungen sind BPoC (Black and People of Color) und BIPoC (Black, Indigenous and People of Color).
 
5
Otoos Aussage, dass viele Afrodeutsche anders als sie das double consciousness als einen liminalen Zustand begreifen, deckt sich mit der Beobachtung Tina Campts, die auf die Unterschiede zwischen Afroamerikaner*innen und Afrodeutschen hinweist. In Deutschland gibt es im Vergleich zu den USA keine vergleichbare Schwarze Gemeinschaft. Dies hat nach Campt zur Folge, dass es nicht die Möglichkeit gibt, zwischen einer Schwarzen und einer deutschen Identität zu wählen. „Like the ‚Black folk‘ whose ‚souls‘ W.E.B. Du Bois described in his celebrated volume ‚The Souls of Black Folk‘, most Black Germans also grew up with a kind of ‚double consciousness‘. Contrary to Du Bois’s formulation, for my Afro-German interview partners – members of a generation who came of age during the totalitarian regime of the Third Reich – this tension was not necessarily experienced as one of absolute duality or ‚twoness‘. Rather, it was a contradictory and complexly textured form of identity that forced them to reconcile these two supposedly incompatible aspects of their identity. The absence of a Black community for most Afro-Germans […] did not diminish the intensity with which they experienced the tensions of Black identity that Du Bois describes. This lacuna did, however, render my interview partners qualitatively different from African-Americans, in ways specified to the German context. Until recently, for example, most Afro-Germans did not have the option of choosing between a Black community or identity and a German identity. As the testimony of these individual shows, they were often forced to occupy a position between a conception of German identity that exclude blackness and a conception of blackness that precluded any identification with Germans. This in-between position (or positioning) is emblematic of the history and experiences of the generation of Afro-Germans examined here.“ (Campt 2004, S. 22).
 
6
Otoo verwendet die Begriffe ‚weiß‘ bzw. ‚Weißsein‘ und ‚Schwarz‘ bzw. ‚Schwarzsein‘ als politische Begriffe, mit denen sie zwischen Menschen ohne und Menschen mit Rassismuserfahrungen unterscheidet. Obwohl es biologische Rassen nicht gibt, hat die soziale Konstruktion von Race unmittelbare Auswirkungen auf das Leben von People of Colour. Race kann nach Charles W. Mills einen ontologischen Status besitzen, der real wie irreal sein kann. Race existiere nicht, so Mills, aber es beeinflusse trotzdem das Leben. „What needs to be shown […] is that room has to be made for race as both real and unreal: that race can be ontological without being biological, metaphysical without being physical, existential without being essential, shaping one’s being without being in one’s shape. […] Since the idea of race as biology, race as destiny, has been discredited, it can’t be an innate part of the human being. […] So the task of those working on race is to put race in quotes, ‚race‘, while still insisting that nevertheless, it exists (and moves people).” (Mills 1998, S. XIV) Die Herausforderung besteht nach Mills darin, eine critical race theory zu entwerfen, die weder essentialistisch, immanen noch transhistorisch ist, sondern vom Wirklichen ausgeht. Das Wirkliche ist nicht die Realität, sondern eine soziale Wirklichkeit. „This is part of the significance of the ‚critical‘ in contemporary critical race theory: to make plausible a social ontology neither essentialist, innate, nor transhistorical, but real enough for all that.” (Ebd.) Siehe zu den Critical Whiteness Studies auch Arndt et al. (2005).
 
7
Otoos Kritik an den genannten Autoren lässt allerdings den Umstand außer acht, dass Droste-Hülshoff ihre Texte zu einer Zeit schreibt, als der literarische Markt von männlichen Autoren dominiert wird.
 
8
Vgl. zur Gefahr der Übernahme der Perspektive der Weißen und der damit drohenen Verkennenung des eigenen Selbst im kolonialen Kontext (Fanon 1952).
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Literarische Dekolonisation: Race und Gender in Sharon Dodua Otoos afrofuturistischer Novelle Synchronicity
verfasst von
Kyung-Ho Cha
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32187-1_15