Die Digitalisierung und die damit verbundene Diskussion zukünftiger Arbeitsorganisation („New Work“) beleuchtet den klassischen Zielkonflikt zwischen Ressourcenorientierung und Marktorientierung neu (vgl. Schermuly,
2019). Hierbei geht es ursprünglich um eine strategische Ausrichtung basierend auf dem wirtschaftlichen Prinzip. Die Ausrichtung an einer Marktorientierung unterwirft die unternehmerische Erfolgsmessung der Erfüllung von Kundenbedürfnissen, was sich schließlich in Marktanteilen niederschlägt. In diesem Kontext sollen die verfügbaren Ressourcen bestimmte ihnen zugewiesene Aufgaben erfüllen. Diese müssen nicht zwangsläufig kostenminimal, also effizient, ausgeführt werden, sondern sollten flexibel und schnell an sich verändernde Marktbedingungen anpassbar sein. Insofern ist das Marktergebnis das Ziel und die Ressourcenzuordnung die Nebenbedingung. Demgegenüber ist eine Ressourcenorientierung auf den effizienten Einsatz verfügbarer Ressourcen, d. h. zur kostenminimalen Erfüllung von Aufgaben in der Leistungserstellung, begrenzt (vgl. Barney & Arikan,
2005). Hier ist die kostenminimale Ressourcenzuordnung das Ziel und das Marktergebnis die Nebenbedingung. Leicht nachvollziehbar ist bei menschlichen Ressourcen eine solch trennscharfe Sichtweise zu kurz gegriffen. Dies gilt insbesondere bei nicht-standardisierten Tätigkeiten und kundenauftragsbezogener Leistungserstellung. Beispielsweise lässt sich im Gegensatz zur Massenproduktion hier das wichtige Zielkriterium Qualität nicht auf gewährleistungsgebende funktionsbezogene Kriterien reduzieren (vgl. Zollondz,
2011). Mehr noch ist Qualität eng verbunden mit der Erfüllung von produktbezogenen Kundenerwartungen, die evtl. über die Funktionalität hinausgehen. Um diese identifizieren und im Folgenden vollumfänglich erfüllen zu können, wird nicht zuletzt Kreativität benötigt (vgl. Wu & Wu,
2020). Nun lässt sich Kreativität nicht beliebig oder gar planbar erzeugen, sondern folgt eher dem individuellen Befinden und der Motivation von Menschen (vgl. Wu & Wu,
2020). So lässt sich ein Zusammenhang zwischen (Produkt-) Qualität und Kreativität bei kundenauftragsbezogenen Projekten leicht herstellen. An diesem Punkt setzt das so genannte Agile Manifest aus der Informatik an (vgl. Agile Alliance,
2001). Die Verfasser formulieren darin eine fundamentale Abkehr von klassischer Organisation, die ihrerseits prinzipiell auf Planung, Steuerung und Kontrolle beruht. Das Anliegen der Autoren war es, Mitarbeitenden Freiheit einzurichten, die diese selbstständig und selbstverantwortlich unter beinahe ausschließlicher Fokussierung auf Produktqualität nutzen. In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass im agilen Manifest eine bestimmte Vorstellung von „Freiheit“ formuliert wird, die über die Arbeitswelt hinausgeht. In dieser eher philosophisch anmutenden Denkweise steht das Individuum ohne Einschränkungen im Vordergrund. Im Gegensatz dazu wurde Agilität im Management als Flexibilität aufgegriffen, die eher schnelle Reaktionsfähigkeit auf veränderte Rahmenbedingungen oder Dynamik beinhaltet (vgl. Jahr,
2014; Moser,
2017). Die grundlegenden Rahmenbedingungen sind üblicherweise Kundenerwartungen, bezogen auf fixe Zeithorizonte oder Fristen, Preis- und Mengenvorgaben (vgl. Arnold et al.,
2008). Im Wettbewerb sind daher planbare Prozesse eine notwendige Grundvoraussetzung, um ein kundengerechtes Angebot bereitzustellen. So ergibt sich daraus, dass im Management weniger Freiheit im erstgenannten Sinne, als mehr ein von der beschriebenen Flexibilität abgeleitetes Verständnis von „Freiraum“ in einem bestimmten Rahmen aus dem Begriff Agilität abgeleitet wurde. Dieser Freiraum findet sich als agiles Element in beinahe allen agilen Managementmethoden, so wie ebenfalls in der derzeit dominierenden Variante SCRUM (vgl. Cervone,
2011). Allerdings folgte hieraus ein kritisches Missverständnis des Begriffs Agilität zwischen dem was durch seine Autoren beabsichtigt war (nämlich allumfassende „Freiheit“) und dem was im Management daraus gemacht wurde (eingegrenzter „Freiraum“), was schließlich darin gipfelte, dass dieselben Autoren das Agile Manifest als gescheitert ansehen und aufgegeben haben (►
http://www.halfarsedagilemanifesto.org/). Geblieben ist aber ein Verständnis dafür, dass Mitarbeiter/-innen bestimmte Freiheitsgrade oder Freiraum erwarten und auch benötigen, um sich zu entfalten. Auch eine veränderte Leistungsmessung weg von reinem Inputbezug, also Arbeitszeit, hin zu einer individuellen Ergebnisorientierung, d. h. der Ergebnisqualität als Maßgröße, lässt sich beobachten (vgl. Zakari,
2017). Die Digitalisierung fördert diese Entwicklung, da Leistung orts- und zeitungebunden erbracht werden kann (Home-Office, mobile Arbeitsplätze, Nutzung von internetbasierter Kollaborationssoftware). Ein weiteres Element, das hinzukommt, ist die Integration von Lerneffekten, also der Leistungsverbesserungen durch wiederholte und/oder gemeinsame Durchführung von Tätigkeiten (vgl. Dar-Ei,
2000). In diesem Zusammenhang ist agiles Lernen dadurch gekennzeichnet, dass Lernen ebenfalls in bestimmten Zeiträumen selbstorganisiert stattfindet. So sollte modernes Management darauf reagieren und die Leistungserstellung so organisieren, dass fixe Markt- und Kundenerfordernisse und innerbetriebliche Agilität miteinander verbunden werden können. Auch hier bietet die Digitalisierung mittlerweile automatisierte Lösungen. Insbesondere künstliche Intelligenz kann eingesetzt werden, um komplexe Planungsprobleme mit mehreren Zielkriterien zu lösen (vgl. Buxmann & Schmidt,
2018). Im Folgenden wird ein solcher intelligenter Algorithmus aus dem Gebiet des Operations Research vorgestellt, der effiziente und intelligente Lösungen automatisch erzeugt.