„We see our future in a portfolio of strong brands with international and local scale. These will increasingly reach the consumer via a diversity of channels and a variety of communications media. That is at the heart of what we are announcing today“ – mit diesen Worten leitete im Frühjahr 2000 der Vorstandsvorsitzende von Unilever die Presseversammlung ein, in der man verkündete, sich von über 1.000 Marken (weltweit) zu trennen und auf 400 Marken konzentrieren zu wollen. Diese Ankündigung sorgte in Praxis und Wissenschaft für starkes Aufsehen und führte zu intensiveren Auseinandersetzungen mit Markenportfoliobereinigungsstrategien.
Betrachtet man den Begriff Markenportfoliobereinigungsstrategien, so liegt eine sprachlich auf einfache Art und Weise vorgenommene Kombination der Begriffe Markenportfolio, Bereinigung und Strategie vor, die jedoch ein hochkomplexes Beziehungsgefüge darstellt. Um dem Untersuchungsziel, der Konzipierung eines Planungsprozesses zur Formulierung von Portfoliobereinigungsstrategien, näher zu kommen, sind Markenportfoliobereinigungsstrategien hinsichtlich ihrer Anlässe, verfolgter Ziele sowie der zur Verfügung stehenden Bereinigungsmöglichkeiten zu definieren. Um den Zusammenhang zwischen Markenportfolio, Strategie und Bereinigungshandlungen holistisch zu erfassen, ist an den einzelnen Beziehungskonstellationen anzusetzen:
Im Vorfeld der Konzeption eines Bereinigungsprozesses ist eine intensive Auseinandersetzung mit Markenportfolioschwächen erforderlich. So verlangt die Erarbeitung adäquater Untersuchungsansätze zur Identifizierung von Portfolioschwächen und von Bereinigungserfordernissen nach einem tiefgehenden Verständnis über die Kennzeichen und Ursachen suboptimaler Markenportfolios. Um diesen Kenntnisstand zu erhalten, sind in diesem Hauptteil zwei Fragen zu klären: Welche Merkmale kennzeichnen suboptimale Markenportfolios und wieso stellen sich diese Suboptimalitäten ein?
Aus Unternehmenssicht sind Portfoliobereinigungsentscheidungen komplex und risikobehaftet, sodass ein systematisches, ziel-bzw. lösungsorientiertes Vorgehen anhand eines Planungsprozesses (= Bereinigungsprozess) erforderlich ist. Diesem Anliegen ist man in der Wissenschaft mit der Konzipierung von Planungsprozessen zur Durchführung von Portfoliobereinigungen nachgegangen. Aus einer genaueren Betrachtung ging jedoch hervor, dass sich diese Prozesse auf eine enge Problemstellung und/oder bestimmte Phasen in der Entscheidungsfindung konzentrieren und somit den Belangen von Unternehmen bei der Durchführung von Portfoliobereinigungen nicht ausreichend Rechnung tragen (s. Kap. 2, Hauptteil A).
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit Markenportfoliobereinigungsstrategien, einer strategischen Maßnahme zur Optimierung von Markenportfolios. Den Ausgangspunkt bildete eine Auswertung realer Bereinigungsfälle (veröffentlichte Portfoliobereinigungen in der Lebensmittelzeitung). Diese zeigte, dass Portfoliobereinigungen unter (in Deutschland aktiven) Konsumgüterherstellern eine relevante Strategie zur Portfoliooptimierung darstellen. Ferner wurde davon ausgegangen, dass die Unternehmenspraxis bestrebt ist, die Entfernung von Marken zu planen, um die mit Portfoliobereinigungen verbundenen Vorteile zu nutzen (z.B. Kostenreduktion, Attraktivitätssteigerung des Portfolios) und etwaige Risiken (z.B. verschlechterte Unternehmensentwicklung durch Entfernung „falscher“ Marken) zu reduzieren. Diesem Anliegen trägt die Marketingwissenschaft bislang unzureichend Rechnung, da sich gegenwärtige Planungskonzepte zu stark auf bestimmte Portfolioschwächen, einzelne Phasen des Planungsprozesses oder einzelne Möglichkeiten zur Entfernung von Marken (z.B. Zusammenführung mehrerer Marken) konzentrieren.