Skip to main content

2008 | Buch

Medialisierung politischer Organisationen

Parteien in der Mediengesellschaft

verfasst von: Patrick Donges

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung: Parteien als politische Organisationen in der Mediengesellschaft
Auszug
Es gehört in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zu den viel zitierten und ebenso häufig beklagten Allgemeinplätzen, dass sich politische Kommunikation als Forschungsgegenstand einer präzisen Definition schon deshalb entzieht, da die Begriffe Politik und Kommunikation bereits jeder für sich sehr komplex sind und von den beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen unter einer Vielzahl theoretischer Perspektiven diskutiert und definiert werden (vgl. u.a. Saxer 1998b: 21–23). Auch die unterschiedlichen Auffassungen über die Art des Verhältnisses von Medien und Politik resultieren aus konkurrierenden Vorstellungen darüber, was Politik ist und welcher Rationalität sie folgt (vgl. Japp/Kusche 2004: 512). Zudem ist eine wissenschaftliche Definition von Politik selbst immer politisch, da sie eine Grenze zieht zwischen öffentlichen Anliegen und privaten Problemen, und gerade diese Grenzziehung ist eine der umstrittensten politischen Fragen überhaupt. Auch der Begriff der Kommunikation wird in der Wissenschaft uneinheitlich verwendet, selbst die Kommunikationswissenschaft hat Mühe, ihren Gegenstand zu definieren (vgl. statt vieler Beck 2006).
2. Der Begriff der Medialisierung: Stand der Debatte im Forschungsfeld politische Kommunikation
Auszug
In der Einleitung wurde Medialisierung bereits als prozedurales Pendant des „hilfreichen Suchbegriffs“ der Mediengesellschaft interpretiert und auf eine frühe Definition von Altheide/Snow (1988: 195) verwiesen, wonach Medialisierung den „impact of the logic and form of any medium involved in the communication process“ umfasst. So formuliert ist der Begriff der Medialisierung natürlich noch zu allgemein, um die Frage nach seiner theoretischen Relevanz wie empirischen Plausibilität beantworten zu können. Das Ziel dieses Kapitels ist es daher, den Stand der Debatte um den Begriff der Medialisierung im Forschungsfeld politische Kommunikation aufzuarbeiten und ihre verschiedenen Perspektiven darzustellen. Der erste Zugriff auf das Phänomen der Medialisierung besteht darin, nach dem Medienbegriff zu fragen, auf den sich der Prozess der Medialisierung bezieht (vgl. Abschnitt 2.1). Zweitens wird die Frage aufgegriffen, was für einen Prozess Medialisierung darstellt. Hier wird vor allem der Ansatz von Krotz diskutiert, Medialisierung als einen Metaprozess zu begreifen, der sich Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen „normaler“ Prozesse weitgehend entzieht (vgl. Abschnitt 2.2). Neben der Frage nach den Ursachen und Antriebskräften ist natürlich auch von Interesse, welche Grenzen der Prozess der Medialisierung aufweist (vgl. Abschnitt 2.3). In einem zusammenfassenden und bewertenden Abschnitt geht es schließlich darum, Schlussfolgerungen aus dem Stand der Debatte für das weitere theoretische Vorgehen in dieser Studie zu ziehen (vgl. Abschnitt 2.4).
3. Theoretische Grundlagen der Meso-Perspektive I: Akteure und Organisationen
Auszug
Die Frage nach Reaktionen und strukturellen Veränderungen politischer Akteure und Organisationen im Zuge der wachsenden Bedeutung von Medien und massenmedialer Kommunikation setzt ein Verständnis davon voraus, was Akteure und Organisationen sind und welche Form von Reaktion und Veränderung theoretisch unterstellt werden kann. Es ist für die Sozialwissenschaften fast selbstverständlich, politische Organisationen wie etwa Parteien als (korporative) Akteure anzusehen, die kollektiv handlungsfähig und in der Lage sind, ihre Ziele strategisch zu verfolgen. Betrachtet man jedoch die beiden Begriffe des Akteurs und der Organisation etwas grundlegender, so fällt auf, dass diese Zuweisung etwas voreilig ist und bereits einen Theorieentscheid darstellt, der die Gefahr in sich birgt, wesentliche Merkmale von Parteien zu übersehen.
4. Anwendung der Meso-Perspektive I: Parteien als politische Organisationen
Auszug
Im vorangegangenen Kapitel wurden Grundbegriffe der Meso-Perspektive wie Akteure und Organisationen diskutiert, die nun auf Parteien als Gegenstand dieser Studie angewandt werden. Was für eine Form von Organisation sind Parteien, wie können sie aus Sicht unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen beschrieben und erklärt werden, was lässt sich aus einer organisationstheoretischen Betrachtung von Parteien zur Frage ihrer möglichen Medialisierung lernen? Das sind die Fragen, denen in diesem Kapitel nachgegangen wird.
5. Theoretische Grundlagen der Meso-Perspektive II: Institutionen in der Umwelt von Organisationen
Auszug
In den vorangegangenen Kapiteln 3 und 4 wurden zunächst die theoretischen Grundlagen der Begriffe Akteur und Organisationen diskutiert und dann auf Parteien als politische Organisationen angewandt. Immer wieder tauchte dabei der Verweis auf die Relevanz institutioneller Umwelten auf, aus denen heraus Organisationen Unterstützung und Legitimität beziehen — was gerade für politische Organisationen zentral ist. Zudem legen Begriffe wie „media logic“ oder „party logic“ nahe, dass Veränderungen politischer Organisationen sich im Zuge der Medialisierung vor allem auf der Ebene von Regeln oder Handlungsorientierungen vollziehen. Damit wäre eine weitere Brücke zu dem Begriff geschlagen, der im zweiten Teil der theoretischen Grundlagen der Meso-Perspektive diskutiert werden soll: der Begriff der Institution.
6. Anwendung der Meso-Perspektive II: Medien als institutionelle Umwelt politischer Organisationen
Auszug
Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt ist es in vielen sozialwissenschaftlichen Disziplinen in den vergangenen Jahren zu einer Renaissance institutionalistischen Denkens gekommen. In der deutschsprachigen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft ist sie — bislang jedenfalls — ausgeblieben. Dabei hat der Begriff der Institution in der Disziplin durchaus seine Geschichte: In seiner Definition des Medienbegriffs wies Saxer bereits 1980 darauf hin, dass es sich bei Medien nicht einfach um technische Verbreitungskanäle handelt, sondern um „komplexe institutionalisierte Systeme um organisierte Kommunikationskanäle von spezifischem Leistungsvermögen“ (Saxer 1999: 6; vgl. Abschnitt 2.1). Institutionalisierung meint für Saxer, dass Medien als „Erbringer entsprechender unentbehrlicher Leistungen ins gesellschaftliche Regelungssystem eingefügt“ werden, wobei die Typen der Institutionalisierung sich durch die Form von Kontrollen unterscheiden, denen Medien unterliegen (Saxer 1999: 6, 10–11). Folgt daraus aber schon, dass Medien selbst Institutionen sind (so etwa Burkart 2000: 68)? Noch nicht, denn zunächst einmal ist die Institutionalisierung der Medien (als Einfügung in ein gesellschaftliches Regelungssystem) von ihrer Charakterisierung als Institutionen (d.h. als Regelungssysteme selbst) zu unterscheiden. Anders formuliert: Es ist zu differenzieren, ob Institutionalisierung einen Prozess oder einen Zustand bezeichnet — beide Varianten sind möglich.
7. Modellbildung: Indikatoren einer Medialisierung von Parteiorganisationen
Auszug
Mit der Bildung von Indikatoren einer Medialisierung von Parteiorganisationen werden die theoretischen Überlegungen abgeschlossen. Dabei geht es zunächst um die genauere Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes, denn Parteiorganisationen als offene Handlungssysteme zu betrachten zieht das Problem nach sich, wie die Grenzen zwischen der Organisation und ihren Umwelten bestimmt werden können (vgl. Abschnitt 7.1). In den anschliessenden Abschnitten werden mögliche Indikatoren einer Medialisierung von Parteiorganisation in verschiedenen Dimensionen diskutiert: Der Dimension der Wahrnehmung der Organisationsumwelt (vgl. Abschnitt 7.2), der Dimension Struktur, definiert als Regeln und Ressourcen, die sowohl innerhalb wie außerhalb der Parteiorganisation für Kommunikation aufgewendet werden (vgl. Abschnitt 7.3), und schließlich der Dimension Leistung als dem eigentlichen „Produkt“ der Kommunikation der Parteiorganisation (vgl. Abschnitt 7.4). Von den aufgezählten Indikatoren kann aber nur ein Teil in den anschließenden Fallstudien berücksichtigt werden. Eine vollständige Erfassung aller genannten Indikatoren wäre nur in Form einer vertieften Analyse einer Parteiorganisation möglich und würde den Rahmen einer komparativ angelegten Perspektive sprengen. In Form von forschungsleitenden Thesen wird im Zwischenfazit dargelegt, welche der Indikatoren für die Fallstudien herangezogen werden (vgl. Abschnitt 7.5).
8. Empirische Fallstudien: Plausibilität des Medialisierungsbegriffs
Auszug
Als Zielsetzung der vorliegenden Studie wurde formuliert, die Plausibilität der auf der Basis von organisationstheoretischen Überlegungen abgeleiteten Indikatoren zur Medialisierung von Parteien zumindest exemplarisch zu prüfen. Medialisierung, so wurde argumentiert, ist ein viel zu komplexes Phänomen, um es eindeutig verifizieren oder falsifizieren zu können. Zudem sind Parteiorganisationen als lose verkoppelte Handlungssysteme so vielschichtig, dass man sich auf Teile der Organisation beschränken muss.
9. Konklusion: Formen und Grenzen der Medialisierung von und in Parteiorganisationen
Auszug
Die Studie verfolgte das Ziel, den Begriff der Medialisierung auf der Mesoebene von Organisationen und Institutionen grundlagentheoretisch zu reflektieren und ihn sowohl theoretisch wie empirisch auf Parteien als zentrale Akteure politischer Kommunikation anzuwenden. Die dabei verfolgte Fragestellung lautete, welche Auswirkungen Medien und mediale Kommunikation auf Parteien haben, und wie diese ihre Organisationsstrukturen als Reaktion auf die Herausforderungen der Mediengesellschaft verändern. Damit war auch das Ziel verbunden, die Kategorie der Organisation und die Meso- Perspektive stärker als bisher als Gegenstand der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft zu erschließen (vgl. Kapitel 1).
Backmatter
Metadaten
Titel
Medialisierung politischer Organisationen
verfasst von
Patrick Donges
Copyright-Jahr
2008
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90942-4
Print ISBN
978-3-531-15867-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90942-4