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13.03.2020 | Nanotechnologie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Neues 2D-Material für Quantencomputer?

verfasst von: Dieter Beste

3:30 Min. Lesedauer

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Silizen besteht ähnlich wie Graphen aus einer einzigen Schicht von Atomen, ist aber nicht glatt, sondern bucklig. Forscher wollen nun aufgrund der Strukturanalyse solcher zweidimensionalen Materialien deren Eigenschaften besser verstehen – und nutzen.

Die Springer-Autorin Petra Reinke, die nach Stationen an der Universität Basel (Habilitation) und Göttingen (Forschungsgruppenleiterin) seit 2003 an der University of Virginia, USA, forscht und lehrt, siedelt ihre Arbeiten im Grenzgebiet von Chemie, Physik und Materialwissenschaften an. In "Vielfältige Physik" berichtet sie ab Seite 153 über Beispiele aus ihrer Forschung auf dem Gebiet der Nanowissenschaft und Oberflächenchemie, bei denen die Manipulation von Materie auf atomarer Längenskala ausgenutzt wird, um elektronische, chemische, und magnetische Eigenschaften zu kontrollieren. "Der Traum ist, Materie auf atomarer Ebene zu programmieren, wobei man die Position der einzelnen Atome kontrolliert und damit den Festkörper und ein Material mit ganz spezifischen Eigenschaften aufbaut."

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Dies sei keine Zukunftsmusik, ist Reinke überzeugt, denn "mit der schnellen Entwicklung und Vertiefung der Nanotechnologie sind wir in den letzten Jahren diesem Traum doch ein gutes Stück nähergekommen." Eines der Arbeitsgebiete, dem Materialforscher gegenwärtig besondere Aufmerksamkeit schenken, sind die zweidimensionalen (2D) Materialien. Das große Interesse daran lässt sich beispielsweise auch an der Häufigkeit der 2019 bei Springer Nature im Themenfeld Materials Science heruntergeladenen Artikel ablesen; darunter "Magnetic 2D materials and heterostructures", ein zu den Top-Downloads zählender Artikel, der im Mai letzten Jahres in "Nature Nanotechnology" erschien.

Zweidimensionale Materialien bestehen aus einer einzigen Atomlage. Ein weithin schon bekanntes 2D-Material ist das Graphen, das auch Petra Reinke mit ihrer Arbeitsgruppe untersucht. In ihrem Buchbeitrag weist sie allerdings auch auf die inzwischen möglichen 2D-Strukturen aus Silizium hin, die auch sie in ihrem Labor hergestellt hat – Silizen. Bei Graphen wie auch Silizen interessierten vornehmlich die elektronischen Eigenschaften, erläutert sie, denn die Herausforderung, die sich den Materialforschern gegenwärtig weltweit stelle, laute nicht nur: "Wie kann ich einen Transistor möglichst klein machen oder schneller schalten? Sondern auch: Wie kann ich einen Transistor möglichst energieeffizient betreiben? Wie kann ich die Abwärme, die beim Betrieb entsteht, vermeiden oder abführen? Es gibt viele verschiedene Ansätze, diese Probleme zu lösen, einer davon ist, andere Materialien zu verwenden, wie z. B. Graphen oder Silizen."

Anordnung der Atome in Silizen gemessen

Silizen ist strukturell eng mit dem Graphen verwandt, schreibt Reinke, man müsse in der zweidimensionalen Schicht aus wabenförmig angeordneten Atomen nur den Kohlenstoff durch Silizium ersetzen. Im Unterschied zum ultraflachen Graphen aus Kohlenstoff ist Silizen an der Oberfläche allerdings uneben – zeigt eine atomare Rauigkeit, bei der mache Atome höher liegen als andere. Einem Forscherteam um Ernst Meyer vom Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel ist es nun gelungen, diese winzigen Höhenunterschiede quantitativ darzustellen und die unterschiedliche Anordnung der Atome zu erfassen, wie die Forscher in der Fachzeitschrift PNAS berichten.

"Wir benutzen dazu Tieftemperatur-Rasterkraftmikroskopie mit einer Kohlenmonoxid-Spitze", erläutert Rémy Pawlak. Die Kraftspektroskopie erlaubt die quantitative Bestimmung von Kräften zwischen Probe und Spitze. Somit lässt sich die Höhe im Bezug zur Oberfläche erfassen, und einzelne Atome können chemisch identifiziert werden. Die Messwerte aus den Baseler Experimenten weisen nach Angaben der Forscher eine sehr gute Übereinstimmung mit Simulationen der Silizen-Struktur auf, die Wissenschaftler am Instituto de Ciencia de Materiales de Madrid (ICMM) durchgeführt hatten.

Andere elektronische Eigenschaften

Seine Unebenheit, das sogenannte Buckling, beeinflusst die elektronischen Eigenschaften des Materials. Im Gegensatz zu Graphen, das als hervorragender Leiter bekannt wurde, verhielt sich Silizen im Baseler Labor auf einer Silberoberfläche eher wie ein Halbleiter. "Die perfekte Wabenstruktur ist bei Silizen gestört. Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, da sich so interessante Quantenphänomene wie der Quanten-Spin-Hall-Effekt ausbilden könnten", vermutet Ernst Meyer. Und auch Petra Reinke ist von der Zukunft des Silizen in der Technik überzeugt: "Theoretische Berechnungen zeigen, dass Silizen eine große Vielfalt an sogenannten Quantenzuständen besitzt, die man auch als exotische Materialien bezeichnet und die ihre Anwendung möglicherweise in Quantencomputern finden werden" ("Vielfältige Physik", Seite 161).
 

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