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2023 | Buch

Personalauswahl 4.0

KI, Machine Learning, Gamification und andere Innovationen in der Praxis

herausgegeben von: Klaus P. Stulle, Richard T. Justenhoven

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Über dieses Buch

Dieses Buch bietet einen umfassenden Einblick in die Wirkmechanismen der Digitalisierung innerhalb der Eignungsdiagnostik. Anwendungsorientiert beleuchtet es neueste Methoden und die im deutschsprachigen Raum relevanten Trends wie Künstliche Intelligenz, Gamification, Digitales Lernen, Virtual Reality, Cybervetting sowie die positive Mitarbeiterbefragung mittels Employee Experience (EX). Fallbeispiele aus der Praxis namhafter Unternehmen in Verbindung mit Beiträgen aus der Wissenschaft und Lehre stellen die beachtliche Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten in der digitalisierten Personalauswahl vor. Mit einem Geleitwort von Professor Dirk Stelling, Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
„Personalauswahl 4.0“ – so soll hier der Oberbegriff lauten, unter dem sich alle Einzelbeiträge des hier vorgestellten Herausgeberbandes zusammenfassen lassen. Angelehnt an den vielverwendeten Begriff „Industrie 4.0“ werden hierin die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Eignungs- und Potenzialdiagnostik anhand von konkreten Beispielen vorgestellt. Ausdrücklich eingeschlossen sind darin alle Zugänge durch Fragebogen oder Verhaltensbeobachtung, dazu auch noch das zunehmend digitalisierte Interview als Kombination aus Selbsteinschätzung mit Fremdbeurteilung. Neben sowohl praxis- als akademisch-ambitionierten Überblicksdarstellungen illustrieren ausgewiesene Expert(inn)en anhand von konkreten Projekten und Produkten eigene digitale Lösungen aus Bereichen wie Gamification, künstlicher Intelligenz durch sog. „Natural Language Processing“ (NLP) oder „Cybervetting“, also der gezielten Online Recherche im Internet bzw. Sozialen Medien. Ein weiterer Schwerpunkt des Sammelbandes beschäftigt sich mit der Frage, wie durch die Messung der sog. „Employee Experience“, kurz EX, die Personalarbeit revolutioniert werden kann und welche Vorteile sich durch eine kontinuierliche Messung als Alternative zu stärker singulären Mitarbeiterbefragungen oder Pulse Checks ergeben.
Klaus Stulle
Kapitel 2. Personalauswahl 4.0 aus der Perspektive der Kandidat:innen
Zusammenfassung
Getrieben durch die digitale Transformation hat auch die Eignungsdiagnostik eine Reihe von Innovationen zu verzeichnen: Künstliche Intelligenz wird in Matching- und Vorauswahlprozessen eingesetzt. Interviews werden via Videokonferenz durchgeführt oder vollständig automatisiert. Online-Testverfahren werden durch Computerspielelemente angereichert. Gleichzeitig stärkt ein Mangel an Fachkräften in den meisten industrialisierten Gesellschaften die Position der Kandidat:innen am Arbeitsmarkt. Vor diesem Hintergrund gilt es im Rahmen der Personalauswahl nicht nur, geeignete Kandidat:innen auszuwählen, sondern insbesondere diese für das Unternehmen zu gewinnen. Auf Basis eines theoretischen Rahmens aus grundlegenden Akzeptanzmodellen in der Personalauswahl werden empirische Befunde zur Akzeptanz der Verfahren der Personalauswahl 4.0 referiert. Final werden Handlungsempfehlungen für die Gestaltung einer Kandidat:innen-orientierten Personalauswahl 4.0 gegeben. Insbesondere sollten neue Auswahlinstrumente gut erklärt und die Prozesse transparent gestaltet werden. Digitale Technologien sollten dazu eingesetzt werden, um den Prozess für Kandidat:innen und Recruiter:innen einfach und schnell zu gestalten. Auf diese Weise haben Recruiter:innen zeitliche Ressourcen, um ihre sozial-kommunikativen Fähigkeiten zur Bindung der Kandidat:innen einzusetzen.
Tim Warszta
Kapitel 3. Fachkräftemangel und algorithmenbasiertes Matching
Zusammenfassung
In vielen Bereichen nicht-akademischer Fachkräfte (z. B. Pflege, Handwerk, Logistik, Sicherheit) besteht ein sich kontinuierlicher verschärfender Mangel an Arbeitskräften. Die Ursachen dafür liegen im demographischen Wandel (alternde Gesellschaft) und einer zunehmenden Akademisierung der Ausbildungen. Die dadurch entstehenden Lücken am Arbeitsmarkt durch Migration aus dem EU-arbeitsmarkt zu kompensieren, ist zurzeit noch schwierig, da politische, organisatorische und pragmatische Hürden den deutschen Arbeitsmarkt für interessierte Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland häufig sehr intransparent machen. Aber auch für vorhandene Arbeitskräfte in Mangelberufen in Deutschland, die unzufrieden mit ihrem ist es häufig nicht einfach, einen für sie passenden Job zu finden: die Vielzahl offener Stellen macht es suchenden Arbeitnehmer:innen schwer, die Nadel (den Traumjob) im Heuhaufen (die Hunderte von Jobangeboten) zu finden. Ein für Nicht-Akademiker aufwändiger (und zumeist ineffizienter) Bewerbungsprozess kommt erschwerend hinzu. In dem Artikel wird dargestellt, wie Fachkräfte mit Hilfe eines intelligenten Algorithmus in 10 min den für sie passenden Job finden und in direkt in Kontakt mit den Arbeitgeber:innen treten können. Dabei wird auf die klassischen Bestandteile des Bewerbungsprozesses wie Motivationsschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse verzichtet und der Matching-Prozess auf drei zentrale Fragen reduziert: 1. Was suchst Du? 2. Was bietest Du? 3. Wie tickst Du? Ausgehend von diesen drei Fragen wird der Person-Job-Fit und der Person-Culture-Fit ermittelt und Bewerber:innen in Realzeit mit den Arbeitgeber:innen in Kontakt gebracht. Die Entwicklung des intelligenten Algorithmus wird am Beispiel des Arbeitsmarktes für LkW-Fahrer:innen dargestellt, die dabei aufgetretenen Erfolge (über 200.000 der ca. 550.000 deutschen LkW-Fahrer:innen haben sich bei der Plattform bisher registriert) und Schwierigkeiten (etwa: die Entwicklung des Algorithmus zum Person-Culture-Fit) diskutiert. Abschließend erfolgt ein Ausblick darauf, wie die dargestellten Prinzipien (Matching statt Suchen, One-Item-Scales statt aufwändiger Eignungsdiagnostik) beim Recruiting und der Auswahl für andere Berufsgruppen auch im akademischen Bereich angewendet werden können.
Olaf Ringelband
Kapitel 4. Cybervetting: Valide Personalauswahl mit sozialen Netzwerken?
Zusammenfassung
Soziale Netzwerke wie LinkedIn, Instagram und Facebook sind populär. Das zeigt sich zunehmend in der Personalrekrutierung und -auswahl. Doch was erhoffen sich Recruiter:innen davon? Wie sinnvoll ist Cybervetting? Eignen sich soziale Netzwerke als valide Methode der Eignungsdiagnostik? In diesem Kapitel geben wir einen praxisorientierten Überblick über Chancen und Risiken zu Vorselektion mit sozialen Netzwerken. Wir zeigen Schlüsselpunkte der Diskussion um Cybervetting in Wissenschaft und Praxis auf und thematisieren Cybervetting als Beispiel, wie Digitalisierung und Onlineplattformen Unternehmensprozesse verändern.
Franz W. Mönke, Hanna Lüdemann, Philipp Schäpers
Kapitel 5. Gamification in Online-Assessments – Wie Recrutainment die Personalauswahl verbessern kann
Zusammenfassung
In diesem Artikel wird das Feld der spielerischen Lösungen im Bereich der Personalauswahl differenziert betrachtet, strukturiert und mit Beispielen veranschaulicht. Dabei wird erläutert, was unter Gamification und Recrutainment zu verstehen ist und welche Ziele mit der Gamification von Online-Assessments verfolgt werden. Die Vielfalt an Gamification in Online-Assessments und die teils widersprüchlichen empirischen Befunde werden dargestellt, diskutiert und in einer Ordnungsstruktur in zwei Verfahrensbereiche und vier Klassen einsortiert. Dabei wird aufgezeigt, dass im Wesentlichen zwischen den folgenden vier Verfahrensklassen unterschieden werden kann: Serious-Gamified-Assessments, Surreal-Gamified-Assessments, Psychometric-Games und Video-Games. Ausgewählte Anwendungsbeispiele und empirische Ergebnisse zu den genannten Verfahrensklassen werden beschrieben. Es wird aufgezeigt, welche Erkenntnisse daraus für die weitere Forschung und für die praktische Personalarbeit abzuleiten sind.
Kristof Kupka, Joachim Diercks, Lars Jansen
Kapitel 6. Virtual Reality in Personalauswahl und Personalentwicklung
Zusammenfassung
Die Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien stellen Forschung und Praxis im Personalkontext fortwährend vor Herausforderungen. Gleichzeitig bieten sie aber auch stets das Potenzial bestehende Prozesse zu Verbessern oder sogar völlig neue Herangehensweisen zu ermöglichen. Eine solcher Technologien, um die es in diesem Kapitel geht, ist Virtual Reality (VR). Derzeit findet VR hauptsächlich Verwendung in Training, Lernen und Therapie, woraus sich diverse mögliche Anwendungsgebiete in der Personalentwicklung ableiten. Der Mehrwert liegt hierbei vor Allem in der Möglichkeit komplex nachzustellende oder auch gefährliche Szenarien relativ sicher, kosteneffizient und realitätsnaher als 2D Computersimulationen Trainieren zu können. Auch in der Personalauswahl zeichnen sich Mögliche Verwendungen ab, wobei die Komplexität und möglichen Komplikationen der Nutzung von VR im Vergleich zu Techniken wie Rollenspielen oder herkömmlichen Onlineassessments deutlich stärker zu Tragen kommen. Die möglichen Anwendungsgebiete werden anhand ausgewählter Fallbeispiele genauer betrachtet. Insgesamt stellt VR einen weiteren Entwicklungsschritt des allgemeinen Trends digitale Inhalte interaktiver und immersiver zugänglich zu machen dar. In vielen Fällen wird sich dabei zeigen, dass die Einstiegshürde weniger hoch ist als sie auf den ersten Blick scheinen mag.
Ina Vollendorf, Maximilian Jansen
Kapitel 7. Personaldiagnostik neu gedacht – Integrative digitale Ansätze bei der Auswahl von Führungskräften
Zusammenfassung
Die aktuellen Veränderungen (Dezentralisierung und Flexibilisierung) der Arbeitswelt, zunehmender Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte, sowie eine Neuausrichtung der Stellenprofile im Zuge der beschleunigten Digitalisierung bedingen auch eine Veränderung der Auswahlprozesse.
Mit den heutigen technischen Möglichkeiten verfolgen wir die Vision eines integrativen Ansatzes und verzahnen die relevanten Prozessschritte mit inhaltlicher Expertise. So lassen sich moderne personaldiagnostische Konzepte für die Bewerbenden attraktiver, für Unternehmensverantwortliche effizienter gestalten. Mit unserem Beitrag wollen wir anhand eines ausgewählten Projekts aufzeigen, wie der gesamte Prozess der Personalauswahl von Führungskräften – beginnend von der Anforderungsanalyse, über die Einbindung psychometrischer Testverfahren bis zur Durchführung von virtuellen Assessments – mit nur einer Softwarelösung gestaltet und digital abgebildet werden kann. Dabei legen wir einen Schwerpunkt auf die Darstellung eines integrativen Ansatzes, der die einzelnen Schritte miteinander verbindet. Gleichzeitig zeigen wir die digitale Bereitstellung von spezifischen Inhalten (z. B. Auswahl passender AC-Übungen) und fachlicher Expertise entlang der jeweiligen Prozessschritte. So können Unternehmensverantwortliche zum einen effizient auf spezifische Inhalte und erprobte Konzepte zugreifen und zum anderen auch mehrstufige Auswahlprozesse miteinander kombinieren, um relevante Ergebnisse zu vernetzen. Zudem wird die Userfreundlichkeit des integrativen Ansatzes aus der Perspektive der Bewerbenden als auch des Kunden/einstellenden Unternehmens aufgezeigt. Kunden-/Personal-verantwortliche erhalten durch die digitale Vernetzung der verschiedenen diagnostischen Elemente (Anforderungsanalyse, psychometrische Testverfahren, Assessment Center, Evaluation) die Möglichkeit, diesen Prozess selbstständig zu steuern und inhaltlich passgenau auf die jeweilige Zielposition hin auszurichten. Beispielsweise können für die Zielfunktion passende Online-Tests ausgewählt und deren Ergebnisse ins virtuelle Assessment integriert werden. Auf Basis der Verfahrensergebnisse werden konkrete Handlungsempfehlungen für die weitere Entwicklung der Bewerbenden in Form von Maßnahmenempfehlungen abgeleitet, sodass diese abschließend für die HR-Praxis übernommen werden können.
Momme Jürgensen, André Findeisen, Christian Dries
Kapitel 8. Potenzialanalysen im Rahmen von Online-Assessments
Zusammenfassung
Verfahren mit fundierten eignungsdiagnostischen Instrumenten sind insbesondere im Recruiting-Kontext zuletzt sehr unter Druck geraten und werden zunehmend weniger eingesetzt. Studienergebnisse zeigen allerdings, dass kognitives Potenzial weiterhin der wichtigste Prädiktor für Berufserfolg ist. Hierfür ist insbesondere der Einsatz von Online-Assessments sehr zu empfehlen, da diese zusätzlich durch das hohe Maß an Praktikabilität sowie durch die autarke Nutzbarkeit überzeugen können, sodass hier auch eine Kombination aus Self-Assessment und Personalentwicklung möglich wird – die risikofreie Potenzialanalyse. Eignungsdiagnostische Verfahren können die Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit nachhaltig stärken. Insbesondere ist dies im Rahmen von risikofreien Potenzialanalysen möglich. Für den Erfolg ist entscheidend, dass das Verfahren einen erlebbaren Mehrwert bietet und Vertraulichkeit und Anonymität zugesichert wird. Hierdurch kann eine hohe Akzeptanz, sowohl bei der Durchführung als auch bei der anschließenden Ableitung von Personalentwicklungsmaßnahmen erzielt werden. In dem hier dargestellten Fallbeispiel hatte dies außerdem zu Folge, dass sich wesentlich mehr Frauen auf ein Führungskräfteentwicklungsprogramm beworben hatten, nachdem sie zuvor an der risikofreien Potenzialanalyse teilgenommen hatten. Neben der Akzeptanz von Potenzialanalyseverfahren, die u. a. durch die Validität, Aufklärung der Teilnehmenden über die Validität, die Erfahrung mit dem Einsatz der Verfahren sowie wertschätzende Kommunikation gesteigert werden kann, spielt auch die Motivation der teilnehmenden Mitarbeiter eine große Rolle. Hierzu sollte beachtet werden, Feedback und Entwicklungshinweise möglichst konkret (bzw. SMART) zu gestalten und durch Unterstützungsangebote zu begleiten. Außerdem sollte die Kontrollierbarkeit der Prozesse soweit wie möglich bei den Teilnehmenden liegen, um die wahrgenommene Fairness und Autonomie zu steigern (was insbesondere bei der risikofreien Potenzialanalyse der Fall ist).
Christian Jung-Gehling
Kapitel 9. Automatisierte Videointerviews: Künstlich intelligent, aber fair?
Zusammenfassung
Fortschritte im maschinellen Lernen bieten die Chance, Fairness und Genauigkeit von Auswahlverfahren zu verbessern, insbesondere von Interviews. In diesem Beitrag wird beschrieben, wie die Evaluation von Interviews automatisiert wird und welche Techniken des Maschinellen Lernens angewendet werden, um Fairness und Genauigkeit gegenüber rein menschlichen Bewertungen zu verbessern. Hierzu hat HireVue ein neuwertiges Verfahren, die Multipenalty-Optimierung, entwickelt, womit Modelle im maschinellen Lernen gleichzeitig für Fairness und Genauigkeit optimiert werden.
Franziska Leutner, Nathan Mondragon
Kapitel 10. KI-Unterstützung bei der digitalen Personalauswahl – Eine Fallstudie im Unternehmer-Kontext
Zusammenfassung
Die Persönlichkeitsmerkmale eines Menschen bieten eine robuste und präzise Momentaufnahme der Art und Weise, wie eine Person ihr tägliches Leben führt. Insbesondere können bestimmte wichtige Persönlichkeitsmerkmale mit erfolgreichem Unternehmertum verknüpft sein. Hervorzuheben sind im unternehmerischen Kontext das „unternehmerische Kapital“ (Optimismus, Selbstwirksamkeit, Resilienz) und das „zerstörerische Potential“ (subklinischer Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie). Seit einiger Zeit wird eine möglichst genaue Identifizierung wichtiger Persönlichkeitsmerkmale durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) erleichtert. In der vorliegenden Studie betrachten wir den Einsatz von KI bei der Auswahl von Unternehmern in der Frühphase für eine Finanzierung. In unserer Anwendungsfallstudie füllten Unternehmer eine umfangreiche Persönlichkeitsanalyse aus, die selbstbewertete Items und eine Reihe offener Textfragen enthielt, die mithilfe von NLP-Technologie automatisch ausgewertet wurden. Rund 5000 (n = 5.333) Jungunternehmer beantragten in den Jahren 2021–2022 eine Finanzierung bei Uncap. Ein Teil der Unternehmer, die sich bei Uncap bewarben (n = 812), führte die Zortify Persönlichkeitsanalyse durch, von denen am Ende n = 19 Unternehmer für eine Finanzierung ausgewählt wurden. T-Tests mit unabhängigen Stichproben wurden verwendet, um Gruppenunterschiede zu analysieren. Zudem verwendeten wir verschiedene NLP-Methoden, um die offenen Textantworten zu analysieren – Stimmungsanalyse, „Topic Modeling“, sowie gruppenspezifisches Vokabular. Geförderte Unternehmer wiesen signifikant höhere Werte im Persönlichkeitskonstrukt des unternehmerischen Kapitals und im Subkonstrukt des Optimismus auf. Zudem zeigten sie signifikant geringere Werte in der subklinischen Psychopathie. Die NLP-Analyse zeigt, dass Geförderte eine bescheidenere und selbstbewusstere Wortwahl verwenden und ihr verwendetes Vokabular auf Selbstwirksamkeit und Optimismus hindeutet. Unsere Ergebnisse unterstreichen sowohl die Relevanz des psychologischen Kapitals für Unternehmer als auch die Wirksamkeit KI-basierter Methoden zu dessen Modellierung.
Hannah Kiesow-Berger, Michael Fell, Fred Philippy, Elias Steiner
Kapitel 11. Neue Wege im Development Center – Prozessinnovation und neue methodische Ansätze am Beispiel des Führungsraums der Westnetz GmbH
Zusammenfassung
Klassische Development-Center gehören in vielen Unternehmen zu den Standard-Diagnostik-Verfahren des Talentmanagements. Auch wenn diese Development-Center explizit auf Entwicklung fokussieren, so werden sie von den Teilnehmenden nicht selten dennoch als ein Test und eine Bewährungsprobe erlebt, was eher dazu motiviert, den eigenen Entwicklungsbedarf herunterzuspielen. Dieser Artikel zeigt auf, wie Development-Center mit einer ganz anderen Philosophie, anderen Prozessen, anderen methodischen Herangehensweisen und mit moderner digitaler Unterstützung bei der Westnetz GmbH implementiert worden sind. Ausgangspunkt des „Führungs-Raums“ war die Idee, identifizierte Potenzialträger viel stärker als früher zum Treiber und Mitgestalter des Prozesses zu machen und neue Freiheitsgrade einzuführen. Der Artikel stellt dar, wie eine solche Änderung in der Philosophie zu einem ganz anderen Spirit in der Durchführung führt und warum darüber hinaus ein stärkerer Selbstreflexions- und Entwicklungsimpuls für die teilnehmenden Potenzialträger damit verbunden ist. Der Führungsraum wird papierlos durchgeführt und enthält methodische Elemente, die neue digitale Möglichkeiten nutzen, wie z.B. Rollenspiele mit Videoinstruktion oder Peer-Feedback auf der Basis von Videomitschnitten einzelner Bausteine. Darüber hinaus wird beschrieben, wie der Prozess der Einführung des neuen Formats funktioniert hat und welche Erfahrungen und Feedbacks in den ersten Durchführungsjahren gesammelt worden sind.
Anna Fliegel, Martina Dominiak, Michael Paschen
Kapitel 12. Blindflug & Gießkanne vs. Data-Driven & Individuell: Die Revolution von Employee Experience
Zusammenfassung
Mitarbeitende zu finden und zu binden ist schwieriger denn je. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass 40 % der Arbeitnehmenden über eine Kündigung nachdenken, während Unternehmen schon jetzt deutlich den Fachkräftemangel spüren. Trotz hoher Investitionen scheint die Lösung noch nicht gefunden zu sein. Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden zahlreiche Initiativen und Maßnahmen an, um sie zu motivieren und langfristig an das Unternehmen zu binden. Doch wie kann sichergestellt werden, dass diese auf die sehr individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden zugeschnitten sind und einen messbaren Return on Investment (ROI) liefern? Genau hier setzt dieser Beitrag an und stellt einen neuen, ganzheitlichen Ansatz zur Messung der Employee Experience vor: das Welliba Modell. Dieses umfasst sowohl interne, in der Person liegende, als auch externe, in der Umwelt liegende Einflussfaktoren und fokussiert auf das subjektive Erleben der Mitarbeitenden. Damit wird sichergestellt, dass genau jene Punkte adressiert werden, die für die Mitarbeitenden tatsächlich relevant sind. Die Entwicklung und Validierung des Modells basiert auf einer umfassenden Literaturrecherche und zwei empirischen Studien. Die Ergebnisse stellen ein Instrument zur Messung der Employee Experience dar und zeigen erste Evidenz, dass dieses Business Outcomes, wie z. B. die Wechselbereitschaft, vorhersagen kann. Abschließend werden die Ergebnisse im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit in der Praxis diskutiert. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf zukünftige Entwicklungen und weitere Anknüpfungspunkte an das vorgestellte Messinstrument.
Carmen Elisabeth Lobbe, Katharina Lochner, Hendrik Schossau
Kapitel 13. Am Puls der Zeit statt Pulse Survey – Kontinuierliche Messung von Employee Experience
Zusammenfassung
Employee Experience (EX) als Konstrukt des individuellen Erlebens am Arbeitsplatz gewinnt seit einiger Zeit vermehrt an Aufmerksamkeit in Forschung und Praxis. Dabei wird deutlich, dass EX in komplexen Zusammenhängen mit unterschiedlichen Einflussfaktoren innerhalb einer Person sowie aus deren Arbeits- und Privatumfeld steht. Um diesen Einflüssen in der Messung Rechnung zu tragen, werden Messmethoden benötigt, die sowohl unterschiedliche Einflüsse als auch Veränderungen im Zeitverlauf erfassen und abbilden zu können. Als Beispiel einer solchen Methode wird das Konzept der Welliba EX Messmethodik vorgestellt. Dem Konstrukt entsprechend vielfältig können auch die Auswirkungen von Schwankungen in der EX sein. Im vorliegenden Kapitel soll dies anhand einer beispielhaften Betrachtung des Zusammenhangs von EX auf die Arbeitsleistung illustriert werden.
Achim Preuss, Maximilian Jansen, Richard Justenhoven
Kapitel 14. 360° Feedback-Varianten für faire Potenzialkonferenzen und ein effektives (Selbst-) Coaching
Zusammenfassung
Wir beschreiben zwei innovative 360° Feedback-Tools vor dem Hintergrund zentraler Erfolgsfaktoren dieses Ansatzes. Beide Entwicklungen beruhen auf dem etablierten Viele-Perspektiven-Prinzip, nutzen jedoch konsequent die vorhandenen technischen Möglichkeiten, um smart und vernetzt den Nutzen für die Anwender zu maximieren. Unser erstes Beispiel zeigt, wie die Diagnostik im Rahmen einer jährlichen Potenzialeinschätzung (Talent-Review) verbessert werden kann. Unser zweites Beispiel beschreibt ein sogenanntes Ongoing Feedback für individuelle, regelmäßige sowie hochfrequente Messungen im Rahmen eines Coaching-Prozesses oder auch zur Selbststeuerung. Für beide Instrumente berichten wir von unseren Erfahrungen, diskutieren Chancen und Risiken und geben Tipps zum richtigen Einsatz. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick dahingehend, was die HR-Community in Zukunft von der Weiterentwicklung des 360°-Ansatzes für Personalauswahl und -entwicklung erwarten kann und wie in diesem Zusammenhang die beiden Mega-Trends „Gamification“ und „Künstliche Intelligenz“ zu bewerten sind.
Stephan Holtmeier, Inga Mertin
Kapitel 15. Für Lernende Organisationen braucht es lernende Personalentwickler
Zusammenfassung
Gemäß des seit langer Zeit gängigen Verständnisses ist es die Aufgabe in der Personalentwicklung (PE) bzw. des Learning & Developments (L&D), Mitarbeiter*innen entsprechend aktueller und zukünftiger Fähigkeiten- und Fertigkeitslücken zu entwickeln (Becker M (2013) Personalentwicklung – Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis, 6. Aufl. Schäffer-Poeschel.; Kanning U (2014) Prozess und Methoden der Personalentwicklung. In H. Schuler & U. P. Kanning (Hrsg.), Lehrbuch der Personalpsychologie, 3. Aufl., S. 501–562). Insbesondere in Zeiten von Digitalisierung, Globalisierung und Fachkräftemangel nimmt die Bedeutung des Lernens zu (Aguinis H, Kraiger K (2009) Benefits of training and development for individuals and teams, organizations, and society. Annual Review of Psychology, 60, 451–474), wobei der Lernprozess der heutigen Zeit agil und bedarfsgerecht vonstattengehen muss. Wie also muss sich die PE und die Personalentwickler*innen selbst weiterentwickeln, um nicht nur mit den äußeren Entwicklungen, sondern auch mit dem sich stetig ändernden und oft nicht mehr langfristig zu prognostizierenden Entwicklungsbedarf Schritt zu halten? Das Konzept der Lernenden Organisation (Senge PM (1990) The fifth discipline. Doubleday; Watkins KE, Marsick VJ (1997) Dimensions of the learning organization. Partners for the Learning Organization), das eine sich stetig weiterentwickelnde und sich mitverändernde Organisation beschreibt, dient dazu als Basis, um die Rolle der L&D-Funktion zu hinterfragen. Damit L&D als Motor einer LO agieren kann, werden sich die Rollen der L&D mittelfristig anpassen müssen. Dabei wird ein Selbstverständnis als „Trainingsverwalter“ und „Lernbedarfsanalysten“ wegfallen und durch Rollen ersetzt, die flexibel und agil genug sind, um LOs aktiv zu unterstützen. Im Text wird auf die sechs identifizierten Rollen „Agiler Stratege“, „Kulturentwickler“, „Product Owner für Lerninfrastruktur“, „Digital Content Creator“, „Lerncoach“ und „Learning Data Analyst“ eingegangen. Um diese Rollen umzusetzen, gilt es, die Selbstlernkompetenzen auch bei den Mitarbeiter*innen der L&D auf- und auszubauen. Abschließend wird beispielhaft der Learning Experience Hub der Otto Group sowie die Lernreise der L&D-Kolleg*innen skizziert.
Alina Siemsen
Kapitel 16. Nachwort
Zusammenfassung
Alle Kapitel dieses Sammelbandes haben Ansätze vorgestellt, die an vorderster Front der Messmethodiken im Bereich Personaldiagnostik stehen. Entsprechend wurde ganz im Sinne der vorgestellten Themen das Nachwort fast vollständig mit dem Open AI Dienst chatGPT erstellt. Es zeigt deutlich, zu was technologische Add-ons fähig sind und wo die Nutzung neuster Methodiken helfen kann. Es wird aber eben genauso deutlich, wo die Grenzen der automatisierten Prozesse liegen, und wo eben doch noch menschliche Handlungen nötig sind, um zu einem gelungenen Abschluss zu kommen Sich neuen Ansätzen zu verschließen und eine „was gestern funktioniert hat, wird auch morgen noch funktionieren“ Mentalität vorantreiben ist also ebenso problematisch wie der gegensätzliche „Hauptsache neu und anders“ Ansatz. Insofern bieten die verschiedenen Themen einen gelungenen Überblick über neue, aber validierte Ansätze des stark umspielten Feldes der Eignungsdiagnostik.
Richard Justenhoven, Klaus Stulle
Metadaten
Titel
Personalauswahl 4.0
herausgegeben von
Klaus P. Stulle
Richard T. Justenhoven
Copyright-Jahr
2023
Electronic ISBN
978-3-658-42142-7
Print ISBN
978-3-658-42141-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-42142-7

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