2005 | OriginalPaper | Buchkapitel
Perspektiven politikwissenschaftlicher Verwaltungsforschung
verfasst von : Jörg Bogumil, Werner Jann
Erschienen in: Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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In Kapitel 2.4 sind einige Gründe angeführt worden, warum sich die politikwissenschaftliche Verwaltungsforschung in einer nicht ganz einfachen Lage befindet. Sie liegen in der wissenschaftsinternen Veränderung von Aufmerksamkeitsstrukturen in der Policy-Forschung seit dem Ende der 80er-Jahre, in der geringen Institutionalisierung von Verwaltungswissenschaft auf politikwissenschaftlichen Lehrstühlen und in der schwierigen Beziehung von politischer Praxis und politikwissenschaftlicher Verwaltungsforschung. Dies ist insbesondere deshalb problematisch, weil sowohl Verwaltungspolitik wie politikwissenschaftliche Verwaltungsforschung angesichts einschneidender Veränderungen in Staat und Verwaltung vor neuen Herausforderungen stehen (vgl. Benz 2003b). Beispielhaft seien hier genannt:
Im Bereich der Verwaltungsmodernisierung nach dem NPM Modell fehlt es an empirischen Untersuchungen über die realen Veränderungen in den Verwaltungen der unterschiedlichen Ebenen sowie in der mittelbaren Verwaltung, in Universitäten, Forschungsinstitutionen und Wohlfahrtsverbänden. Weil es um öffentliche Verwaltung geht, also immer auch um die Beziehungen zwischen Politik und Verwaltung, sind Analysen zu den Machtverschiebungen zwischen Regierungen, Parlamenten und Verwaltungen und zu veränderten Entscheidungs- und Koordinationsprozessen nötig, um ein klareres Bild von Wirkungen der Modernisierungsmaßnahmen zu erhalten. Auch fehlt es an international vergleichenden Untersuchungen, die bei der Analyse der Effekte die unterschiedlichen Staats- und Verwaltungstraditionen berücksichtigen.
Im Bereich der Transformationsforschung, in dem zwar die ostdeutsche Verwaltungstransformation als weitgehend untersucht gilt, allerdings nur für die Phase bis 1995 (als Ausnahme hierzu vgl. Kuhlmann 2003), entstehen insbesondere mit der Osterweiterung der EU und den damit verbundenen Anpassungen der Verwaltungssysteme an einen wie auch immer gearteten europäischen Standard sowie Diskussion um den Europäischen Verwaltungsraum weitere Untersuchungsfelder.
Im Bereich des Zusammenspiels zwischen öffentlichen, zivilgesellschaftlichen und privaten Akteuren sowie mit dem Vordringen von Privatisierungs-, Liberalisierungs- und Wettbewerbsideen stellen sich zunehmend Fragen der Kompatibilität von ökonomischen und politischen Steuerungsmechanismen, die vor allem theoretischer und empirischer Untersuchungen über die Wirkungsweisen hybrider Arrangements bedürfen. In diesem Zusammenhang bedarf auch der normative Begriff des „Good Governance”, der bisher vor allem in der Entwicklungshilfe verwendet wird, einer intensiveren Diskussion und empirischen Untermauerung.
Im Bereich des boomenden E-Governments und der E-Democracy wird zwar auf neue soziale Ungleichheiten hingewiesen, die durch die intensive Nutzung des Internets entstehen können; welche Möglichkeiten sich aber durch den Aufbau von Informationsmacht auf Seiten der Verwaltung ergeben, wie sich Verwaltungsverfahren und die Kommunikation mit Bürgern und Wirtschaft, insbesondere aber auch die internen Kommunikations- und Koordinationsverfahren des öffentlichen Sektors verändern werden, diese Fragen sind bis jetzt noch weitgehend ausgeblendet.