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2016 | Buch

Perspektiven wissenssoziologischer Diskursforschung

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Über dieses Buch

Das Buch stellt unterschiedliche und interdisziplinäre Beiträge vor, die sich mit der Wissenssoziologischen Diskursanalyse auseinandersetzen, sie für spezifische Forschungsvorhaben nutzen und adaptieren oder sich mit angrenzenden Fragestellungen zum Verhältnis von Wissenssoziologie und Diskursforschung beschäftigen. Im ersten Teil des Bandes geht es um theoretisch-methodologische Fragen, die solche Perspektiven adressieren und ebenso um die Einbettung wissenssoziologisch-interpretativer Ansätze in die aktuelle Landschaft der Diskursforschung. Im zweiten Teil des Bandes stehen empirische Studien im Vordergrund, welche Forschungsfelder und -gegenstände wie Medizin, Bildung und Partnerschaft in den Blick nehmen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung: Perspektiven wissenssoziologischer Diskursforschung
Zusammenfassung
Der vorliegende Band erkundet theoretische Grundlagen und methodische Möglichkeiten einer wissenssoziologisch ansetzenden empirischen Diskursforschung. Eine solche Erkundung scheint aus mehreren Gründen notwendig. So hat sich ausgehend von der Forschungsprogrammatik einer wissenssoziologischen Diskurforschung im deutschsprachigen Raum eine interdisziplinäre Strömung der sozialwissenschaftlichen Diskursforschung etabliert.
Saša Bosančić, Reiner Keller

Theoretisch-methodologische Anschlusse

Frontmatter
Diskurstheorie als Sozialtheorie?
Das Verhältnis des diskursiven zum kommunikativen Konstruktivismus
Zusammenfassung
In den letzten Jahren macht sich ein soziologischer Ansatz bemerkbar, der neu und bekannt zugleich ist. Es handelt sich um den kommunikativen Konstruktivismus. Neu ist dieser Ansatz dem Namen nach, markiert aber zugleich auch sehr deutlich, dass und wie er an einen schon bekannten Ansatz anschließt: den „Sozialkonstruktivismus“.
Hubert Knoblauch
Manifeste Deutungskämpfe
Die wissenssoziologisch-diskursanalytische Untersuchung politischer Debatten
Zusammenfassung
Das Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse (WDA) hat in den vergangenen Jahren für eine Vielzahl empirischer Untersuchungen als theoretisch-methodologische Grundlage gedient. Dies trifft auch für das Feld der Politischen Wissenschaft zu, in dem allerdings bereits seit längerem auch andere diskurstheoretische und diskursanalytische Ansätze Anwendung finden, so dass eine Abgrenzung von diesen sowie eine systematische Entwicklung und Darstellung WDA-basierter Politikforschung hilfreich erscheinen. Indem dieser Beitrag ein allgemeines, WDA-basiertes Design zur Untersuchung politischer Debatten in demokratischen Gesellschaften skizziert und durch empirische Beispiele illustriert, will er die identifizierte Lücke zumindest vorläufig und partiell schließen helfen.
Wolf J. Schünemann
Die Konstruktion von Geschlecht im virtuellen Raum
Theoretische und methodologische Überlegungen
Zusammenfassung
Wissen über Geschlecht wird nicht nur in alltäglichen kommunikativen Interaktionen, sondern auch über Massenmedien reproduziert. In der Art und Weise, wie Männer und Frauen in Zeitungen und im Fernsehen dargestellt werden, werden geschlechterspezifische Sprach-, Handlungs- und Körpernormen konstruiert. Medien ‘machen’ gewissermaßen Geschlecht, indem sie die Geschlechterordnung einer Gesellschaft spiegeln, verstärken oder auch transformieren.
Annette Knaut
Die komplexe Diskursivität der Visualisierungen
Zusammenfassung
Das titelgebende Stichwort der komplexen Diskursivität zielt auf Dimensionen diskursiver Formationen, die allesamt stärker das akzentuieren, was man als das ‘Jenseits des Textes’ bezeichnen kann – also Strukturelemente, Bestandteile und Kontexte, die selbst nicht als Text vorliegen, aber doch auch nicht außerhalb von Diskursen verortet, sondern in ihnen präsent sind. Sie stellen Herausforderungen für eine Diskursforschung dar, die sich weder auf Medieninhaltsanalyse noch auf andere Formen einer ausschließlich textbasierten Untersuchungsstrategie hin orientiert. Im Unterschied zu diskurslinguistischen und auch manchen, sich selbst als poststrukturalistisch bezeichnenden Ansätzen wird in diesem Zusammenhang im nachfolgenden Beitrag für eine offensive Nutzung des sozialwissenschaftlichen Begriffs- und Methodenspektrums – u.a. auch für methodenplural ansetzende empirische Fallstudien – plädiert.
Reiner Keller
Zur Untersuchung von Subjektivierungsweisen aus wissenssoziologisch-diskursanalytischer Perspektive
Methodologische Überlegungen
Zusammenfassung
Nach einer in den 1990er Jahren beginnenden und bis heute anhaltenden Konjunktur der sozialwissenschaftlichen und interdisziplinären Diskursforschung, erfährt die Analyse von Subjektivierungsweisen in der jüngeren Vergangenheit ebenfalls einen ‘Boom’.
Saša Bosančić

Wissenssoziologisch-diskursanalytische Forschungen:Medizindiskurse

Frontmatter
Wissensbestandsaufnahme
Zur Relevanz der WDA für die Rekonstruktion des Deutungsmusters „Wachkoma“
Zusammenfassung
Schon seit das Schicksal der US-Amerikanerin Terri Schiavo und spätestens seit in jüngerer Zeit das des niederländischen Prinzen Friso (und vermutlich auch das des Formel Eins-Weltmeisters Michael Schuhmacher) weltweit für mediales Aufsehen gesorgt haben, haben die Diskussionen um sogenannte Wachkomapatienten international erheblich an Bedeutung gewonnen.
Ronald Hitzler
‘Vegetative states outside the hospital’: Zur diskursiven Konstruktion der Metapher ’Wachkoma‘
Zusammenfassung
Der Begriff ‘Wachkoma’ – eine metaphorische Beschreibung des behavioralen Phänotyps schädel-hirnverletzter Patienten – hat sich in den letzten Jahren im Kontext einer zunehmenden medialen Präsenz des Symptomkomplexes ‘Apallisches Syndrom’ von seinem ursprünglichen medizinischen Verwendungskontext aus in weitere nicht-medizinische Diskursfelder ausgebreitet.
Jessica Pahl
Kategorisierung als diskursive Praktik: Die Erfindung der „Ausländer-Tuberkulose“
Zusammenfassung
Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) wurde 1895 gegründet – zu einer Zeit, so die Selbstdarstellung der Einrichtung, als „die Tuberkulose eine Volkskrankheit war und jeder vierte berufstätige Mann an Tuberkulose verstarb“ (DZK Website 2014). Die Bakteriologie erlebte in der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine ausgeprägte Blüte: Nachdem Robert Koch 1882 das Bakterium entdeckte, das die Tuberkulose verursacht, wurden vielfältige, staatlich geförderte Maßnahmen umgesetzt und Strukturen (wie das DZK) geschaffen, um den Bakterien ‘den Kampf zu erklären’. Die Bakteriologie etablierte sich rasch als eigenes Forschungsgebiet und wurde zur medizinischen Leitwissenschaft und zum gesundheitspolitischen Orientierungspunkt des Kaiserreichs (Berger 2010).
Hella von Unger, Dennis Odukoya, Penelope Scott

Partnerschaft

Frontmatter
Liebe und Gleichberechtigung in populären Eheratgebern der 1950er Jahre
Zusammenfassung
Die Gleichberechtigung von Mann und Frau fand 1949 Eingang in beide deutsche Verfassungen. Dieses Grundrecht erzwang eine gesetzliche Umgestaltung, vor allem des Ehe- und Familienrechts. Damit musste Gleichberechtigung entsprechend der sich neu formierenden Gesellschaftssysteme politisch neu ausgehandelt werden.
Sabine Dreßler
Elternschaft im Diskurs der Trennungs- und Scheidungsberatung
Eine Deutungsmusteranalyse
Zusammenfassung
Seit der Kindschaftsrechtsreform im Jahr 1998 können Eltern in Trennung und Scheidung das gemeinsame Sorgerecht auch ohne gerichtliche Intervention weiterführen. Damit will der Gesetzgeber die Eltern-Kind-Beziehung fördern und die Entscheidungsautonomie der Eltern stärken (Deutscher Bundestag 1997: 81). Im Mittelpunkt der Reform steht das Kind als Rechtssubjekt und dessen Wohl. Mit der Einführung des gemeinsamen Sorgerechts als Regelfall soll dem Kind ein Fortbestehen des Kontakts zu beiden Eltern ermöglicht werden (ebd.: 66).
Maya Halatcheva-Trapp

Qualifikationsdiskurse

Frontmatter
„Sitzenbleiber sind die besseren Schüler“?
Zum Klassenwiederholungsdiskurs in Erziehungswissenschaft und Medien
Zusammenfassung
Die Debatte um das ‘Sitzenbleiben’ als selektive Komponente des bundesdeutschen Schulsystems ist zwar in jüngster Zeit unter dem Eindruck internationaler Leistungsvergleichsstudien wieder intensiver geworden, stellt jedoch keinesfalls ein neues Phänomen dar. Die Klassenwiederholung wird spätestens seit Beginn der Nachkriegszeit kontinuierlich, aber unter wechselnden Vorzeichen kontrovers diskutiert; dabei lassen sich verschiedene Höhepunkte ausmachen. Einen dieser Höhepunkte und zugleich ein beinahe singuläres diskursives Ereignis markiert das 1987 erschienene Themenheft „Sitzenbleiben“ der Publikation „Westermanns Pädagogische Beiträge“.
Monika Palowski
PISA und kein Ende
Zur Kontinuität eines interdiskursiven Phänomens und seinen eigentümlichen Folgen
Zusammenfassung
Alle drei Jahre wieder wird die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der inzwischen allseits bekannten PISA-Studie informiert. In der Regel werden die Resultate von wissenschaftlich-verantwortlicher sowie bildungspolitischer Seite präsentiert, während die Tagespresse, interdisziplinäre Forschung, (Fach-)Praxis sowie (Fach-) Politik mit entsprechenden Kommentierungen und Deutungen reagiert. Auch die jüngste Ergebnis-Verkündung der nunmehr fünften PISA-Studie reiht sich in dieses Prozedere ein: So gibt die Homepage der Kultusministerkonferenz der Länder am 3. Dezember 2013 bekannt: „Deutschland gehört zu den wenigen Staaten, die sich seit den ersten PISA-Erhebungen kontinuierlich verbessert haben“ (KMK 2013).
Miriam Sitter
Zur diskursiven Konstruktion des demografischen Wandels im Personalfeld
Zusammenfassung
Die Erkenntnis, dass Deutschlands Bevölkerung altert und zugleich schrumpft, ist mittlerweile zum Allgemeinwissen geworden. Über die Aktualität und Wichtigkeit des Themas „Demografie“ besteht (auch) im Personalfeld, das sowohl die Personalforschung als auch die organisationale Personalpraxis umfasst, ein weitgehender Konsens. Laut einiger Studien, wie z.B. die der Deutschen Gesellschaft für die Personalführung (DGFP 2011), gehört der demografische Wandel zu den Megatrends, die die Personalarbeit am meisten beeinflussen werden.
Evelina Sander

Diskurs, Wissen & Biographie

Frontmatter
Warum reproduzierst gerade Du diesen Diskurs?
Zur Interdependenz von biographisch etablierten Handlungsmustern und Diskursen
Zusammenfassung
Die einen gründen eine Bürgerinitiative, die anderen engagieren sich ehrenamtlich bei Amnesty International in ihrer Freizeit. Dieses soziale Phänomen wird im Wissenschafts- sowie im Alltagsdiskurs (vgl. Link 2005) als zivilgesellschaftliches oder bürgerschaftliches Engagement bezeichnet, das von Politik und Wirtschaft gefördert und von aktiven BürgerInnen ausgeübt werden soll. Diese Handlungsform ist Teil des Diskurses der Zivilgesellschaft, der stark normativ geprägt ist und in Interrelation mit dem Diskurs der Demokratie steht.
Ina Alber
Zum Verhältnis von Interaktion, Narration und Diskurs
Implikationen für eine Verbindung von Diskursanalyse und biographischen Fallrekonstruktionen
Zusammenfassung
Am Beispiel der diskursiven Konstruktion des ‘Ostens’ in lebensgeschichtlichen Interviews mit Schwarzen Deutschen möchte ich aufzeigen, wie spezifische Diskurse in biographischen Selbstpräsentationen verhandelt werden und wie sich diese Verhandlung wiederum anhand des biographischen Standortes in der Interviewsituation erklären lässt.
Anna Ransiek
Diskurslinguistische Überlegungen zur Generierung und Strukturierung von Wissen am Beispiel ‘AUFKLÄRUNG 1968'
Zusammenfassung
Wie Johannes Angermüller in seinem Aufsatz „Diskurs als Aussage und Äußerung“ (2007) feststellt, unternimmt Michel Foucault in seiner Schrift „Die Ordnung der Dinge“ den Versuch, die Denksysteme des 16. bis 19. Jahrhunderts, die „neuzeitlichen epistamai (episteme, gr. ‘Wissen’)“ (ebd.: 56) in den Bereichen Ökonomie, Biologie und Linguistik zu untersuchen.
Ruth Maria Mell
Backmatter
Metadaten
Titel
Perspektiven wissenssoziologischer Diskursforschung
herausgegeben von
Saša Bosančić
Reiner Keller
Copyright-Jahr
2016
Electronic ISBN
978-3-658-13610-9
Print ISBN
978-3-658-13609-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-13610-9