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25.08.2022 | Produktionsqualität | Kompakt erklärt | Online-Artikel

Kompakt erklärt: Was ist ein digitaler Zwilling?

verfasst von: Christoph Berger

5 Min. Lesedauer

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Beim digitalen Zwilling handelt es sich um die virtuelle Abbildung eines realen Objekts oder Prozesses, die mit zahlreichen Zusatzinformationen angereichert werden kann. Durch seinen Einsatz lassen sich vielfältige Mehrwerte erzielen.

Als das Beratungsunternehmen Gartner 2019 die zehn wichtigsten Technologietrends für 2020 ausfindig machte, wurde als Trend 1 die Hyperautomatisierung identifiziert. In diesem Zusammenhang schrieben die Berater, dass die Hyperautomatisierung, obwohl es nicht deren Hauptziel sei, oft zur Schaffung eines digitalen Zwillings der Organisation (DTO) führe, "über den Unternehmen visualisieren, wie Funktionen, Prozesse und Leistungskennzahlen interagieren. Der DTO wird dann zu einem integralen Bestandteil des Hyperautomatisierungsprozesses, der kontinuierliche Echtzeitinformationen über das Unternehmen liefert und wichtige Geschäftsmöglichkeiten antreibt".

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Potenziale des Digitalen Zwillings im Produktlebenszyklus

Der Digitale Zwilling ist eine neue Technologie mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Im Rahmen dieses Beitrags werden der aktuelle Stand der Literatur und die Anwendungsmöglichkeiten des Digitalen Zwillings systematisch erforscht. 

Allerdings ist es so, dass sich durch den Einsatz eines Digitalen Zwillings, manchmal auch Digital Twin genannt, nicht nur Funktionen, Prozesse und Leistungskennzahlen digital abbilden lassen. Ronny Baierl und Mattis Stiebitz erklären den Begriff im Kapitel Potenziale des Digitalen Zwillings im Produktlebenszyklus des Springer-Fachbuchs Smart Services: Band 1 folgendermaßen: "Bestehende Definitionen zum Digitalen Zwilling weichen je nach Perspektive und thematischem Hintergrund des Betrachters voneinander ab. Als größter gemeinsamer Nenner lässt sich der Digitale Zwilling als digitales Abbild einer physischen oder organisatorischen Einheit beschreiben." Wobei sein Konzept aus fünf Hauptbestandteilen besteht: "dem physischen Produkt im realen Raum, einem digitalen Gegenstück im virtuellen Raum und Verbindungen aus Daten und Informationen, die das virtuelle und physische Produkt miteinander verknüpfen". Das vierte Puzzleteil sind die Daten selbst, das fünfte Services: "Durch das Hinzufügen der Modellkomponente Daten soll die Zusammenführung und Verarbeitung von Daten illustriert werden; die Komponente Services betrachtet die verschiedenen Funktionen und Nutzungsmöglichkeiten des Digitalen Zwillings", schreiben Baierl und Stiebitz.

Die 5 Dimensionen des Digitalen Zwilling

In ihrer Detaildarstellung der 5 Dimensionen erklären Baierl und Stiebitz, dass die Physische Einheit zusammen mit ihrer Umgebung den Physischen Raum bildet. Zu diesem zählen nicht nur Personen, Maschinen, Materialien, Regeln und die Umwelt, sondern ebenso alle mit der Entwicklung und Produktion des Produkts verbundenen Objekte beziehungsweise Ressourcen – inklusive deren Subsysteme. Dies können zum Beispiel dynamische Systeme, Regel- oder Hydrauliksysteme sein. Alles dies lässt sich im Digitalen Zwilling durch die Verwendung des Internet of Things (IoT) miteinander verbinden, wobei Sensoren Echtzeitzustände der Subsysteme und der Arbeitsbedingungen liefern.

"Die Virtuelle Einheit ist das digitale Abbild der Physischen Einheit“, erläutern Baierl und Stiebitz weiter. Deren Basis ist das "Digitale Modell". Dieses Digitale Modell kann Geometrie-, Physik-, Regel- und Verhaltensmodelle beinhalten.

Die Daten stammen aus fünf Kategorien: Daten der Physischen Einheit, Daten der Virtuellen Einheit, Servicedaten, Wissensdaten sowie kombinierten Daten. "Die Dimension der Services umfasst sowohl die Services für die Physische als auch für die Virtuelle Einheit. Sie repräsentieren die Anwendungen, die vom Digitalen Zwilling ausgehen", so die beiden Autoren.

Die Verbindungen schließlich sind die Voraussetzung für Informationsübertragungen und wirken bidirektional zwischen den Elementen. "Als wesentliche Voraussetzung für das Datenmanagement muss der Digitale Zwilling auf eine erweiterbare Plattform aufsetzen. Eine Enterprise-Plattform fungiert dabei als zentraler Speicher- und Verwaltungsort der Daten."

Was macht den Digitalen Zwilling aus?

In der "Einleitung" des Springer-essentials "Die Erstellung eines digitalen Zwillings" fassen Frank Ulrich Rückert und Michael Sauer zusammen, was mit der Erstellung eines Digitalen Zwillings möglich ist: "Mit einem digitalen Zwilling können technische, physikalische oder biologische Komponente schon lange vor dem eigentlichen Einsatz getestet werden. Es kann untersucht werden, wie sie funktionieren und sich verhalten." Die Autoren erklären, dass der Digitale Zwilling den ersten Schritt in einem Entwicklungsprozess darstellt: "Je früher der Ingenieur im Entwicklungsprozess die Möglichkeit hat, quantitative Aussagen zur Funktion einer Komponente im System zu treffen, umso effektiver kann ein nachfolgender Konstruktions- oder Entwicklungsprozess gestaltet werden."

Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es für den Digitalen Zwilling?

Was die Anwendungsmöglichketen Digitaler Zwillinge betrifft, schreibt Martin Eigner im Kapitel "Engineering 4.0 – Grundlagen der Digitalisierung des Engineerings", des Springer-Fachbuchs "System Lifecycle Management", dass ein Digital Twin in ganz unterschiedlichen Abstufungen eingeführt werden könne: "Es muss kein Alles-oder-nichts-Projekt sein. Es gibt ein weites Spektrum von Informationen, die ich erheben und mit dem Zwilling verarbeiten kann. Digitale Zwillinge könnten auch in sehr begrenzten Szenarien zum Einsatz kommen und dann nach und nach erweitert werden."

Ein konkretes Beispiel aus der Fertigung wird im Kapitel "Digitalisierung im Werkzeug- und Formenbau als neue Wunderwaffe bei der Herstellung von Produkten!/?/!" des Springer Fachbuchs "Digitalisierung souverän gestalten II" gezeigt. Thomas Seul und Fabian Diehr schreiben dazu, dass die digitale Erfassung der Geometrie- und Bauteilstrukturen eine nachhaltige Digitalisierung des Produktentwicklungs- und anschließenden Verifikationsprozesses ermöglicht.

Im Kapitel "Vision: Digitale Zwillinge für die Additive Fertigung" des Springer-Fachbuchs "Konstruktion für die Additive Fertigung 2020" wird der Einsatz Digitaler Zwillinge im Produktlebenszyklus beschrieben: In der Auslegungsphase werden Modelle erstellt und mittels Simulation und Experiment validiert, in diese Phase fällt auch die virtuelle Prozessplanung; in der Betriebsphase dann könne der digitale Zwilling genutzt werden, um Ausfallzeiten zu reduzieren und die Effizienz von Systemen zu optimieren. 

Auch Ronny Baierl und Mattis Stiebitz zählen im bereits erwähnten Kapitel "Potenziale des Digitalen Zwillings im Produktlebenszyklus" Anwendungsbeispiele auf: "Darunter zählen unter anderem das Product-Lifecycle-Management, die Luft- und Raumfahrt, die Simulationstechnologie, das Nachhaltigkeitsmanagement oder die Medizin."

 Mit folgenden Mehrwerten:

  • Steigerung der Produktnachhaltigkeit,
  • Risikominimierung von Fehlern, 
  • Einsparung an Ressourcen, 
  • schnellere Produkteinführung, 
  • Beherrschung komplexer Systeme oder 
  • datenbasierte Fehleranalysen.

Konkrete Beispiel bringen sie dann aus der As-Designed-Phase, der As-Built-Phase sowie der As-Maintained-Phase. Und sie zeigen in dem Kapitel Handlungsempfehlungen zur Einführung eines Digitalen Zwillings auf.

Allerdings weisen sie auch darauf hin, dass sich Anwendungen des Digitalen Zwillings noch in der Anfangsphase befinden. Dementsprechend seien die Potenziale noch nicht ausgeschöpft. Doch perspektivisch soll der Digitale Zwilling "die Rolle eines kognitiven Verstärkers einnehmen, der auf die Fähigkeiten von IngenieurInnen oder WissenschaftlerInnen aufbaut".

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