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2019 | Buch

Rassismus in Deutschland

Eine macht-reflexive, biographietheoretische und diskursanalytische Studie

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Über dieses Buch

Anna-Christin Ransiek untersucht die Wirkweisen von Rassismus in Deutschland. Sie zeigt auf, wie Rassismus in Deutschland biographisch und gesellschaftlich bearbeitet und interaktiv ausgehandelt wird. Dazu werden vier Typen des biographischen Umgangs mit Rassismus vorgestellt: das selbstgewählte Auffallen, die Distanzierung, die Aufrechterhaltung von Autonomie und die Interventionen. Ihre Studie macht zudem die gegenwärtige gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rassismus vor dem Hintergrund von Kolonialismus und Nationalsozialismus sichtbar. Es werden zwei wirkmächtige Diskursstränge präsentiert, vor denen die Biographen und Biographinnen ihre Erfahrungen aufschichten: Rassismus als Randphänomen und Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Außerdem wird ein Zugang vorgeschlagen, um die Forscherinnen- und Forscherperspektive machtkritisch zu beleuchten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Durch rassistische Diskurse und die darin eingelassenen Wissensbestände werden Schwarze Menschen in Deutschland bis heute in bestimmter Weise positioniert, sei es dadurch, dass ihre Zugehörigkeit (insbesondere Schwarzer Deutscher) infrage gestellt wird, oder dass sie aufgrund ihrer Hautfarbe als besonders sportlich oder besonders musikalisch markiert werden. Kolonial tradierte Zuschreibungen haben sich in Deutschland als ebenso wirkmächtig erwiesen wie biologistische Zuschreibungen in Kontinuität zur NS-Ideologie. An diese Zuschreibungen angebunden sind Praktiken der Verbesonderung und Ausgrenzung, die sich vom Angestarrt-werden bis zu Beschimpfungen oder auch Übergriffen erstrecken. Inwiefern diese Fremdpositionierungen und daraus resultierende Praktiken Einfluss auf den Lebensweg Schwarzer Menschen in Deutschland haben und inwieweit diese Fremdpositionierungen angenommen oder verworfen werden, soll Thema des vorliegenden Buches sein.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 2. Festlegung des Gegenstands
Zusammenfassung
Aus meiner theoretischen Perspektive interessierte ich mich insbesondere für die Herstellung und Transformation von Wissen. Ein Interesse an den Prozessen der Wissenskonstruktion macht es unabdingbar, das Wissen, an dem ich interessiert bin, nämlich das Wissen, welches den Gegenstand Rassismus konstituiert, genauer zu untersuchen. In diesem Kapitel wird die Basis für eine solche Untersuchung geschaffen.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 3. Theoretische & methodologische Perspektive auf Biographie & Diskurs
Zusammenfassung
Zur Beantwortung der Forschungsfrage nach den Bearbeitungsmustern von Rassismus wählte ich in Anlehnung an mein Forschungsinteresse einen dazu passfähigen biographie- und diskurstheoretischen Ansatz. Diesen erweiterte ich im Verlauf der Forschung um einen expliziteren Fokus auf Interaktionsaspekte im Forschungssetting. Der Grund für diese Erweiterung ist folgender: Im Prozess der Forschung haben die Erfordernisse des Feldes zunehmend mein Interesse geweckt, mich sowohl mit Fragen der interaktiven Aktualisierung und Transformation von Deutungen im Forschungssetting als auch mit meiner eigenen Position in der Forschung zu befassen.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 4. Bearbeitungsmuster von Rassismus rekonstruieren: Methodische Umsetzung
Zusammenfassung
Zur Erhebung und Auswertung meiner Daten habe ich mich, herleitend aus den angeführten theoretischen und methodologischen Annahmen, für eine Kombination interpretativer Verfahren entschieden, die in sich das Potenzial bergen, sowohl die Genese von Handlungs- und Deutungsmustern zu klären als auch dazu geeignet sind, Deuten und Handeln in der Gegenwart analytisch zu explizieren: zum einen für das (biographisch-)narrative Interview (Schütze 1983) und damit einhergehend die Analyse der Daten mithilfe biographischer Fallrekonstruktionen (Rosenthal 1995, 2015) und zum anderen für eine rekonstruktiv-diskursanalytische Betrachtung der Daten (Ransiek, Rosenthal und Völter 2015). Zudem wird im Anschluss an die Ausführungen im vorangegangenen Kapitel das Konzept der Position(ierung) (Anthias 2003, 2008; in der Umsetzung auch Phoenix 2008) als eine zusätzliche Analyseperspektive auf die Interaktion in Lebensgeschichten, im Interview und im Forschungsprozess etabliert, um die wirksamen Machtdynamiken fassbar zu machen.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 5. Rassismus in Deutschland: eine historische Diskursbetrachtung
Zusammenfassung
Bis zu diesem Punkt wurde der Begriff Rassismus spezifiziert, die theoretischen Grundlagen eingeführt und die eigene Forschungsperspektive etabliert. Anschlussfähig an diese Betrachtungsweisen und in Verbindung mit den Ansprüchen einer historisch arbeitenden Soziologie soll dieses Kapitel den Gegenstand der Forschung – Rassismus in seiner Entstehung und Ausprägung im historischen Verlauf – skizzieren. Dies hat zwei Gründe. Zum einen ermöglicht die Darstellung des historischen Kontextes in Anlehnung an das hier vertretene Verständnis von Biographie und die damit einhergehenden Ebenen diskursanalytischer Betrachtung im vorherigen Kapitel eine Einbettung der biographischen Erfahrungsaufschichtungen.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 6. Rassismus bearbeiten I: diskursanalytische Betrachtung von Rassismus in der Gegenwart
Zusammenfassung
Im vorherigen Kapitel wurde die Verfasstheit von Rassismus in Deutschland und die Situation Schwarzer (Deutscher) Menschen bis in die Gegenwart thematisiert. Bis hierher kann herausgestellt werden, dass sich während der Zeit des Kolonialismus und während der Zeit des Nationalsozialismus rassistische Wissensbestände etabliert haben, die bspw. mit exotisierenden, sexualisierenden und romantisierenden Vorstellungen arbeiten.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 7. Rassismus bearbeiten II: Biographische Bearbeitungsmuster
Zusammenfassung
Heide Abayomi (*1965 in der DDR) wird in eine Familienkonstellation hineingeboren, in der Anpassung an der Oberfläche, bei gleichzeitiger Dethematisierung problematischer Themen präsent ist. Als Kind einer alleinerziehenden Weißen Mutter, die in der DDR eine gesellschaftlich angesehene Position innehat, erlebt Frau Abayomi eine Kindheit, die sich gerade, sieht man vom fehlenden (auch familial dethematisierten) Schwarzen nigerianischen Vater und einem diffusen Gefühl des Andersseins ab, durch ihre ‚Normalität‘ auszeichnet. Sie ist eingebunden in die Aktivitäten (bspw. Pioniere) und Vorstellungen (Schule, Studium, Arbeit), die in der DDR für Kinder, Jugendliche und Erwachsene als ‚normal‘ gelesen werden können.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 8. Rassismus postkolonial & postnationalsozialistisch denken
Zusammenfassung
Wie bereits einleitend erwähnt, hat meine Studie die Klammer einer sozialkonstruktivistischen, wissenssoziologischen, biographietheoretischen und diskurskritisch angelegten Untersuchung. Im Prozess hat sich gezeigt, dass auch andere theoretische Elemente für die Entwicklung einer kritischen Forschungsperspektive fruchtbar gemacht werden können und müssen.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 9. Bearbeitungsmuster von Rassismus: eine Zusammenführung
Zusammenfassung
Zu Beginn der Studie ist die Frage formuliert worden, wie Rassismus in Deutschland vor dem Hintergrund wirkmächtiger Diskurse biographisch bearbeitet wird. Zur Beantwortung dieser Frage sind lebensgeschichtliche Interviews mit Schwarzen (Deutschen) Menschen geführt worden, die in Deutschland Rassismus erleben. Diese Interviews sind im Hinblick auf die Frage nach der biographischen Genese von Handlungs- und Deutungsmustern zur Bearbeitung und damit einhergehend Thematisierung von Rassismus fallrekonstruktiv ausgewertet worden.
Anna-Christin Ransiek
Kapitel 10. Fazit & Ausblick: Rassismus im Diskurs
Zusammenfassung
Was Stuart Hall vor der Folie eines ‚makrosoziologischen‘ Blicks über die Existenz von Rassismen im Plural aussagte, kann auch durch diese Studie bestätigt werden. So entwickelten sich die Wirkweisen von Rassismus in DDR und BRD vor dem Hintergrund deutscher Nachkriegsgeschichte verschieden und entfalteten nach 1990 wiederum eine spezifische Dynamik. Gleiches gilt auch für die verschiedenen Kontexte in Südafrika oder Kamerun, mit denen die dort aufgewachsenen Biograph*innen verbunden sind und innerhalb derer sich Rassismus vor dem Hintergrund der spezifischen Kolonialgeschichten ebenfalls verschieden ausgestaltete.
Anna-Christin Ransiek
Backmatter
Metadaten
Titel
Rassismus in Deutschland
verfasst von
Anna-Christin Ransiek
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-24056-1
Print ISBN
978-3-658-24055-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-24056-1