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2007 | Buch

Reelle Zahlen

Das klassische Kontinuum und die natürlichen Folgen

verfasst von: Priv.-Doz. Dr. Oliver Deiser

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Springer-Lehrbuch

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Über dieses Buch

Das Buch untersucht die reellen Zahlen unter verschiedenen grundlagentheoretischen Gesichtspunkten. Ziel ist, die Komplexität dieser einzigartigen mathematischen Grundstruktur sichtbar zu machen.

Im ersten Teil richtet sich der Blick auf die arithmetische Zahlengerade. Der Bogen spannt sich hier zunächst von der Entdeckung der irrationalen Zahlen durch die alten Griechen über das Kontinuumsproblem bis hin zu modernen Konstruktionsmöglichkeiten. Nach einer Analyse euklidischer Isometrien werden dann ausführlich Grundfragen der Maßtheorie behandelt (Probleme des Messens, Banach-Tarski-Paradoxon, Existenz bewegungsinvarianter Inhalte, Fortsetzungen des Lebesgue-Maßes).

Der zweite Teil des Buches untersucht den zu den irrationalen Zahlen homöomorphen Raum aller Folgen natürlicher Zahlen und allgemeiner polnische Räume. Die Themen umfassen Regularitätseigenschaften von Teilmengen reeller Zahlen, irreguläre Mengen, Borel-Mengen und projektive Mengen. Das Buch schließt mit einer Einführung in die Theorie der unendlichen Zweipersonenspiele.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Das klassische Kontinuum

Frontmatter
1.. Irrationale Zahlen
Auszug
Es geht uns zu Beginn nicht um eine Konstruktion oder axiomatische Beschreibung der reellen Zahlen und ihrer Arithmetikmit Hilfe der natürlichen Zahlen bzw. der rationalen Zahlen. Dieser Warmstart ist hoffentlich willkommen. Wir werden im dritten Kapitel verschiedene Möglichkeiten besprechen, die reellen Zahlen zu konstruieren und zu charakterisieren. Entsprechende Präzisierungswünsche kamen ohnehin erst Mitte des 19. Jahrhunderts auf, während sich dieses Kapitel weitgehend Ideen widmet, deren Ursprung in der griechischen Mathematik liegt.
Intermezzo: Zur Geschichte der Analysis
Auszug
Wir sammeln einige wichtige Stationen der Geschichte der reellen Analysis bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Analysis hätte hier, nach dem Kapitel über irrationale Zahlen und vor dem Kapitel über die Mächtigkeitstheorie Cantors, ihren Platz. Damit ist dieses kurze Zwischenspiel gewissermaßen der historische Anhang eines „fehlenden Kapitels“ zur Analysis, deren elementare Kenntnis wir beim Leser voraussetzen.
2.. Mächtigkeiten
Auszug
Die Entdeckung der Überabzählbarkeit der reellen Zahlen durch Georg Cantor, brieflich fixiert am 7.12.1873, kann man mit guten Gründen als die zweite Revolution in der Geschichte von ℝ bezeichnen. Über zweitausend Jahre liegen zwischen der Entdeckung von ℝ ≠ ℚ durch die alten Griechen und |ℝ| ≠ |ℚ|, d.h.: Es gibt keine vollständige Paarbildung zwischen den rationalen Zahlen und den reellen Zahlen. Es gibt nicht nur irrationale Zahlen, sondern fast alle — in einem sehr präzisen Sinne — reellen Zahlen sind irrational.
3.. Charakterisierungen und Konstruktionen
Auszug
Wir beschäftigen uns in diesem Kapitel mit den Möglichkeiten der axiomatischen Charakterisierung eines „Kontinuums“, und weiter dann mit der Konstruktion von mathematischen Strukturen, die diese Axiome erfüllen — und damit dann prinzipiell gleichberechtigt als Kontinua gelten dürfen.
4.. Euklidische Isometrien
Auszug
Wir betrachten in diesem Kapitel elementare geometrische Eigenschaften der Euklidischen ℝn, und klassifizieren mit einem Blick auf das Erlanger Programm von Felix Klein alle den Abstand erhaltenden Bijektionen auf ℝ, ℝ2 und ℝ3. Weiter isolieren wir die wesentlichen Unterschiede zwischen Rotationen in der Ebene und im dreidimensionalen Raum. Sie sind letztendlich für die Existenz und Nichtexistenz von sog. paradoxalen Zerlegungen verantwortlich, denen wir später begegnen werden.
5.. Inhalte und Maße
Auszug
Die Bestimmung der Längen von Kurven, der Inhalte von Flächen und der Volumina von dreidimensionalen Körpern gehört nicht nur zu den ältesten Traditionen der Mathematik, sondern auch zu den immer wiederkehrenden Quellen und Prüfsteinen am Weg ihrer geschichtlichen Entwicklung. Das geometrisch begründete Messen ist der Mathematik so eigentümlich wie das quantitativ begründete algebraische Rechnen.
6.. Die Grenzen des Messens
Auszug
Wir untersuchen in diesem Kapitel Fortsetzungen des Lebesgue-Maßes auf größere σ-Algebren, und weiter Fortsetzungen zu vollen Inhalten. Im Vordergrund stehen Fortsetzungen, die die Bewegungsinvarianz aufrechterhalten. Wir besprechen die Grenzen solcher Erweiterungen und kommen so insbesondere zu den sog. paradoxen Zerlegungen von FelixHausdorff, Stefan Banach und Alfred Tarski.

Die Folgenräume

Frontmatter
1.. Einführung in den Baireraum
Auszug
Wir beginnen nun mit der elementaren sog. deskriptiven Mengenlehre, die „einfache“, „definierbare“ Mengen von reellen Zahlen untersucht. Die bevorzugte Interpretation von reelle Zahl ist dabei Element des Baireraumes. Der Baireraum N besteht aus allen unendlichen Folgen n0, n1, n2, ..., nk, ..., von natürlichen Zahlen nk ∈ ℕ, k ∈ ℕ. Wir werden ihn mit der Topologie verseh die „nah beieinander“ als „identisch auf einem Anfangsstück“ interpretiert. So liegen je zwei Folgen 0, 12, 6, 3, ...und 0, 12, 6, 2,... näher beieinander als je zwei Folgen 0, 9, 9, 9, ... und 1, 0, 0, 0, ..., die schon an der ers Stelle voneinander abweichen.
2.. Topologische Untersuchungen
Auszug
Wir untersuchen in diesem Kapitel die besondere Stellung des Baireraumes N und des Cantorraumes C im weiten Feld der sog. polnischen Räume. Hierzu ergründen wir zuerst ihr „topologischesWesen“. Ähnlich wie die Ordnungen von ℚ und ℝ durch wenige typische Merkmale bis auf Isomorphie charakterisiert sind, so sind auch der Baireraum und der Cantorraum durch einige auffällige Eigenschaften bereits bis auf Homöomorphie eindeutig bestimmt. Die Analyse liefert zudem einen vollständigen überblick über die nulldimensionalen polnischen Räume. Nach diesen topologischen Charakterisierungen isolieren wir Universalitätseigenschaften von N und C, die die beiden Strukturen unter allen polnischen Räumen besonders auszeichnen. Als Anwendung zeigen wir schließlich die Existenz von Peano-Kurven der Dimension 2 ≤ n ≤ ω.
3.. Regularitätseigenschaften
Auszug
Wir kehren nach dem topologischen Blick ins Weite nun zur inneren Untersuchung des Baireraumes und des Cantorraumes zurück. Wir formulieren naturgemäß viele Eigenschaftenwieder ganz allgemein für polnische Räume, haben aber in erster Linie N und C (und ℝ) im Auge. Zunächst untersuchen wir perfekte Teilmengen genauer und lösen so das Kontinuumsproblem für die abgeschlossenen Mengen. Anschließend betrachten wir die Scheeffer-Eigenschaft und auch verschiedene σ-stabile Regularitätseigenschaften.
Intermezzo: Wohlordnungen und Ordinalzahlen
Auszug
Wir konnten bislang die transfiniten Zahlen vermeiden, wobei dieses Ausweichen im letzten Kapitel bei der Diskussion der perfekten Mengen an die Grenze des Unnatürlichen stieß. Für die Konstruktionen einiger wichtiger nichtregulärer Mengen und vor allemfür die Einführung der Borel-Hierarchie werden aber die transfiniten Zahlen unvermeidlich. Leider ist, so scheint es aus der Sicht des Logikers, in der mathematischen Grundausbildung der Übergang von den Goldmünzen zum Girokonto noch nicht vollzogen worden, und den Ordinalzahlen begegnetman zuweilen immer noch mit der Skepsis, ob sie denn den mathematischen Beweisverkehr wirklich vereinfachen würden. Zumindest aber sind sie nach wie vor erläuterungsbedürftig. Diese bedauerliche Tatsache macht dieses Zwischenspiel notwendig.
4.. Irreguläre Mengen
Auszug
Wir hatten die für das Kontinuumsproblem wichtige Scheeffer-Eigenschaft und daneben die Baire-, Lebesgue- und Marczewski-Meßbarkeit als Regularitäts-Eigenschaften kennengelernt. Wir wissen, daß alle Gδ- und Fσ-Mengen eines polnischen Raumes die Scheeffer-Eigenschaft haben, und daß die xyz-meßbaren Mengen sogar eine σ-Algebra bilden, die die offenen Mengen umfaßt. Wir untersuchen in diesem Kapitel nun Mengen, denen gewisse Regularitäts-Eigenschaften abgehen. Allen Konstruktionen liegt mehr oder weniger verdeckt das Auswahlaxiom zugrunde, etwa in Form einer Wohlordnung auf N (oder ℝ), oder auch nur in Form einer Injektion f : ω1N oder gleichwertig in Form einer überabzählbaren wohlgeordneten Teilmenge von N (oder ℝ).
5.. Unendliche Zweipersonenspiele
Auszug
Dieses Kapitel bringt scheinbar gänzlich verschiedene Bereiche zusammen: Unendliche Spiele, Regularitätseigenschaften von Mengen reeller Zahlen und eine gewisse Regel der Logik.
6.. Borelmengen und projektive Mengen
Auszug
Wir erweitern in diesem Kapitel das Resultat über die Determiniertheit offener und abgeschlossener Mengen: Wir zeigen, daß jede Borel-Menge eines Folgenraumes A über einem beliebigen Alphabet A determiniert ist. Wir beginnen mit einer für sich interessanten und natürlichen Einteilung der Borel-Mengen eines metrisierbaren Raumes in eine Hierarchie der Länge ω1. Weiter diskutieren wir dann noch die sog. projektiven Mengen in polnischen Räumen X. Diese stellen viel kompliziertere Teilmengen von X dar als die Borel-Mengen, ergeben sich aber insgesamt sogar einfacher als die Borelmengen durch die Operationen der Projektion bzw. „stetiges Bild“.
Backmatter
Metadaten
Titel
Reelle Zahlen
verfasst von
Priv.-Doz. Dr. Oliver Deiser
Copyright-Jahr
2007
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-45388-8
Print ISBN
978-3-540-45387-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-45388-8

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