2009 | OriginalPaper | Buchkapitel
Responsivität — Selbstzerstörerisches Ideal liberaler Demokratie?
verfasst von : PD Dr. Gary S. Schaal
Erschienen in: Bedrohungen der Demokratie
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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In dem vorliegenden Aufsatz sollen drei Thesen expliziert werden, die — obwohl in unterschiedlichen Subdisziplinen der Politikwissenschaft verortet — thematisch eng verbunden sind. Die erste These lautet, dass die politische Soziologie — und hier insbesondere die empirische Demokratieforschung — die Einstellung „Vertrauen zur Regierung“ nicht angemessen theoretisch herleitet und deshalb das in den meisten liberalen Demokratien des Westens in den letzten 30 Jahren zu diagnostizierende Phänomen sinkenden Vertrauens in die Regierung theoretisch unzulänglich bewertet.
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Die zweite These lautet, dass
eine
Quelle des sinkenden Vertrauens die steigende Attraktivität der ökonomischen und politischen Leitideen des Neo-Liberalismus ist. Aus der Verbindung dieser beiden Thesen resultiert die dritte: Die normative Attraktivität des zentralen demokratischen Ideals der liberalen Demokratie — die Responsivität — wird durch die Leitideen des ökonomischen Neo-Liberalismus einerseits zwar gesteigert, andererseits — und überaus problematisch in theoretischer wie empirischer Perspektive — unterminiert der ökonomische Neo-Liberalismus zugleich die
empirischen Realisierungsmöglichkeiten
von Responsivität. Vor diesem Hintergrund wird in
konzeptioneller
Perspektive dafür plädiert, eine Quelle des sinkenden Vertrauens in die Regierung in den veränderten ökonomischen Leitideen zu sehen. In theoretisch-normativer Perspektive wird argumentiert, dass der Siegeszug des ökonomischen Neo-Liberalismus — in geradezu paradoxer Art und Weise — eine Transformation zentraler demokratischer Leitideen erfordert. Das liberale Ideal (aggregativer) Responsivität muss um Komponenten deliberativer Formen demokratischer Entscheidungsfindung ergänzt werden.