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09.10.2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Wissenschaftler erforschen Natrium als Alternative zu Lithium in Batterien

verfasst von: Katrin Pudenz

5 Min. Lesedauer

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Soll das Lithium in einer Batterie durch Natrium ersetzt werden, gilt es zunächst zu verstehen, wie sich die Natrium-Ionen in den entsprechenden Materialien bewegen. Forscher am schweizerischen Paul Scherrer Institut ist nun die Bestimmung der Pfade gelungen, auf denen sich Natrium-Ionen in einem möglichen Batterie-Material bewegen.

Konkret haben sie die Verbindung Na0,7CoO2 mit Neutronenstreuung an der Schweizer Neutronenquelle SINQ des PSI untersucht. Dabei stellte sich laut Angaben des Instituts heraus, dass sich die Pfade mit der Temperatur verändern und diese Veränderungen direkt mit kleinen Änderungen der atomaren Struktur des Materials zusammen hängen. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse nun im Fachjournal Physical Review Letters veröffentlicht.

In Mobiltelefonen, Laptops und zunehmend in Elektroautos werden üblicherweise Lithium-Ionen-Batterien für die Energiespeicherung genutzt. Ein wachsendes Anwendungsfeld für Batterien ist die lokale Speicherung von Energie direkt an Windrädern oder Solarkraftwerken. Doch bringt der Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien auch Nachteile, geben die Schweizer Wissenschaftler zu bedenken. Sie sind relativ teuer, und die Gewinnung von Lithium belastet die Umwelt, da Lithium auf der Erde nur in relativ geringen Mengen vorkommt (20 ppm) und chemisch sehr reaktiv ist.

Alternative Natrium

Eine Möglichkeit, diese Nachteile zu vermeiden, ist in Elektrodenmaterialien von wiederaufladbaren Batterien Lithium (Li) durch Natrium (Na) zu ersetzen. Natrium hat ähnliche chemische Eigenschaften wie Lithium, kommt aber rund 1000-mal häufiger vor - sowohl im Boden (26.000 ppm) als auch im Meerwasser als Bestandteil von gelöstem Kochsalz (NaCl) (15.000 ppm). Dadurch wären Batterien auf Natriumbasis umweltfreundlicher, leichter zu rezyklieren und nur ein Fünftel so teuer, berichtet das PSI. Gleichzeitig seien Natrium-Ionen aber größer und schwerer als Lithium-Ionen und die nominelle Betriebsspannung einer Natrium-Batterie wäre etwas niedriger. Daher erwartet man, dass Natrium-Ionen-Batterien zunächst eine niedrigere Energie-Dichte hätten als heutige Lithium-Ionen-Batterien. Das sei aber kein Nachteil für beispielsweise stationäre Anwendungen wie etwa an Windrädern.

In beiden Batterietypen werden die Ionen beim Laden und Entladen zwischen den beiden Elektroden hin und her geschoben - ein Elektrolyt zwischen den Elektroden fungiert dabei als Medium für den Ionentransport. Forschenr des Paul Scherrer Instituts haben nun zusammen mit Wissenschaftlern von der ETH Zürich und japanischen Kollegen des Toyota-Forschungslabors und des Cross-Forschungzentrums die Substanz Na0,7CoO2 untersucht, die im Aufbau den üblichen Kathodenmaterialien in Lithium-Ionen-Batterien ähnelt, aber Natrium statt Lithium enthält. Sie zeigt eine Schichtstruktur, bei der sich Schichten aus Kobaltoxid mit Schichten von Natrium-Ionen abwechseln.

Kleine Änderungen der Struktur, große Änderungen in der Dynamik

Das Verfahren der Neutronenstreuung, das die Forschenden am PSI eingesetzt haben, zeigt die Bewegungspfade der Ionen im Detail auf der Ebene einzelner Atome. Die Experimente machten deutlich, dass die Bewegung der Ionen deutlich von der Temperatur abhängt. "Bei Temperaturen unter 15 °C, können sich die Natrium-Ionen kaum bewegen, zwischen 15 °C und 130 °C, bewegen sie sich nur in einer Dimension entlang festgelegter Pfade, während sie sich bei noch hören Temperaturen frei in der ganzen Natrium-Ebene bewegen können", erklärt Marisa Medarde, Materialforscherin am PSI und Erstautorin der Veröffentlichung. "Die Veränderungen in der Dynamik hängen mit einer leichten Verzerrung der Struktur des Materials zusammen: bei Temperaturen oberhalb von 130 °C sind die bevorzugten Positionen der Natrium-Ionen in einem Dreiecksmuster angeordnet. Dabei sind die Seiten der Dreiecke alle gleich lang sind, so dass die Energie, die das Ion braucht, um von einer Ecke zur nächsten zu hüpfen immer gleich ist - unabhängig von der Richtung, in die es sich bewegt. Sobald die Temperatur unter 130 °C fällt, reicht die thermische Energie der Ionen nicht mehr für diese Bewegung. Wunderbarerweise kommt es aber gleichzeitig zu einer winzigen Veränderung in der Anordnung der bevorzugten Natrium-Positionen, bei der eine der Dreiecksseiten kürzer wird. Zwischen den Punkten zu hüpfen, die durch den kürzeren Abstand getrennt sind, kostet weniger Energie, so dass diese Verkürzung eine Bewegung der Natrium-Ionen bei unerwartet niedrigen Temperaturen möglich macht."

Bewegung der Ionen in Batteriematerialien kontrollieren

"Mit diesen Ergebnissen können wir ganz neu verstehen, wie komplex die Dynamik in diesen Verbindungen ist und wie klein die Effekte zum Teil sind, die man braucht, um die optimalen Bedingungen für die Ionenbewegung zu schaffen", erläutert Martin Månsson, Batterie- und Materialwissenschaftler am PSI. "Mit diesem Verständnis können wir bestimmen, wie man den Ionentransport in Batteriematerialien optimieren und kontrollieren kann. Das kann beispielsweise bedeuten, dass man in heutigen Materialien ein chemisches Element durch ein anderes ersetzt, das Material äußerem Druck aussetzt oder sogar völlig neue Verbindungen entwickelt, indem man gezielt deren atomare Struktur entwirft."

Untersuchung mit Neutronen

Im Rahmen ihrer Untersuchungen haben die Wissenschaftler die Schweizer Neutronenquelle SINQ am PSI genutzt. In dem Experiment, wird ein Strahl von Neutronen durch eine Probe des untersuchten Materials geschickt, erläutern die Experten. Einige dieser Neutronen wechselwirken dabei mit der Probe und ändern dabei ihre Flugrichtung, sie werden also gestreut. Die Zahl der Neutronen, die in verschiedene Richtungen abgelenkt werden, enthält die Information über den inneren Aufbau des Materials, so die Forscher weiter. Für bestimmte Richtungen gebe es dabei deutliche Maxima (Peaks) in der Zahl der abgelenkten Neutronen, die eine regelmäßige Anordnung der Atome und Ionen im Material widerspiegeln. In dem untersuchten Fall, spaltet sich bei einer Temperatur unter 130 °C einer dieser Peaks deutlich in zwei auf, berichtet sie weiter und erklären ferner: Das bedeutet, dass die Abstände zwischen den bevorzugten Natrium-Positionen nicht mehr alle gleich sind, sondern einem leicht verzerrten Dreiecksmuster entsprechen. "Solche leichten Verzerrungen scheinen der Schlüssel für den gezielten Ionentransport in den Materialien zu sein", betont Månsson.

Die Originalveröffentlichung (M. Medarde, M. Mena, J. L. Gavilano, E. Pomjakushina, J. Sugiyama, K. Kamazawa, V. Yu. Pomjakushin, D. Sheptyakov, B. Batlogg, H. R. Ott, M. Månsson, and F. Juranyi: 1D to 2D Na+ Ion Diffusion Inherently Linked to Structural Transitions in Na0.7CoO2. Phys. Rev. Lett. 110, 266401 (2013; DOI: 10.1103/PhysRevLett.110.266401) kann im Fachjournal Physical Review Letters nachgelesen werden.

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