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16.05.2014 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Das Elektroauto im Smart Grid

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4:30 Min. Lesedauer

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Smart Grid, dezentrale Stromnetze, erneuerbare Energien: Diese Schlagwörter treiben auch Automobilingenieure in Zeiten der Elektromobilität um. Der Umbau der Infrastruktur für die Energiewende hat bereits begonnen. Und Elektroautos spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die Energieinfrastruktur steht vor dem Umbruch. Intelligente, flexibel regelbare Stromnetze sollen zukünftig die Herausforderungen der Energiewende, des Klimaschutzes und liberalisierter Strommärkte meistern. Früher gab es wenige große, zentrale Kraftwerke, die elektrische Energie bereitstellten und an alle Verbraucher verteilten. Heute treten immer mehr dezentrale Stromproduzenten und -verbraucher wie beispielsweise Windkraft- und Fotovoltaikanlagen sowie Ladestationen von Elektroautos auf den Plan - und speisen Wind-, Biogas- und Solarenergie ins Netz ein - zu wechselnden Zeiten und in wechselnden Mengen.

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Die bislang bestehenden elektrischen Stromnetze sind diesen neuen Anforderungen kaum mehr gewachsen. Damit die Versorgung im Gesamtnetz dennoch stabil und zuverlässig bleibt, sind große technische Veränderungen hin zu einer dezentralen Netzwerkstruktur nötig. Daher untersucht zum Beispiel das Deutsche Biomasseforschungszentrum (DBFZ) im Rahmen des Projekts "E-Cockpit", wie mit dezentralen Energieerzeugern, flexibel Strom bereitgestellt werden kann. Dazu haben Wissenschaftler des DBFZ ein technisches Versuchsfeld zur Kombination verschiedener erneuerbarer Energien mit Bioenergieanlagen etabliert, das Untersuchungen von Energieszenarien auf der Basis erneuerbarer Energien zulässt. Und im Forschungsprojekt INEES geht es darum, die technischen Grundlagen für die Einbindung von Elektrofahrzeugen in den Strommarkt zu entwickeln. Zudem wird die University of California in Riverside in wenigen Tagen ihre "Sustainable Integrated Grid Initiative", starten. Die Initiative will Elektro- und Hybridfahrzeuge und deren Netzintegration erforschen. Die Testumgebung an der Uni umfasst 27 Ladestationen.

Neue Komponenten für die Elektromobilität

"Veränderungen stehen auf mehreren Ebenen an, von den großen europäischen Stromnetzen über die Verteilnetze bis hin zu Industriebetrieben, Häusern und Elektrofahrzeugen", betont Professor Lothar Frey, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen. Das Institut entwickelt für den Umbau der Infrastruktur für die Energiewende effiziente Leistungselektronik. Und zur Energiewende sollen in Zukunft auch die Batterien von Elektroautos beitragen, indem sie als Zwischenspeicher dienen.

Bis dahin aber stellen sich bei der Elektromobilität noch andere technische Fragen, die sich mit Hilfe der Leistungselektronik lösen lassen, wie die Forscher erläutern. Die Batterie speist ein zentrales Hochspannungsbordnetz mit typischerweise 400 Volt für den elektrischen Fahrantrieb. Gleichzeitig muss das elektrische Niederspannungsbordnetz für Beleuchtung, Klimaanlage, Servolenkung, Radio, Scheibenwischer und Ähnliches versorgt werden. Die meisten elektrischen Verbraucher benötigen dabei unterschiedliche Spannungen und Ströme. Die Schnittstellen dafür bilden elektronische Leistungswandler, die klein und sehr zuverlässig sein müssen. Sie dürfen andere elektronische Komponenten oder Fahrzeuge nicht beeinflussen; die gegenseitige elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) muss sichergestellt sein.

Wirkortnahe Systemintegration

Um den EMV-Anforderungen gerecht zu werden, aus Platz- und Gewichtsgründen und um teure Leitungen zu sparen, platzieren die Forscher, die Leistungselektronik nicht zentral an einem Ort, sondern dort, wo sie ihrer Funktion nach hingehört: "Wirkortnahe Systemintegration" nennt Professor Martin März, stellvertretender Institutsleiter des IISB und Leiter der Abteilung Energieelektronik, das Prinzip. Damit sollen sich bis zu zwei Drittel der Stecker und viele der teuren, schweren und daumendicken Hochspannungskabel einsparen lassen. So sollte der elektronische Umrichter, der den Gleichstrom aus dem Bordnetz für den Motor in Drehstrom verwandelt, direkt am Motor angebracht oder gar in den Antrieb integriert sein wie etwa bei Radnabenmotoren. Der Leistungswandler, der aus der Bordnetzspannung die benötigte Niederspannung erzeugt, sitzt im Batteriebauraum, ebenso wie das Ladegerät, mit dem man das Auto an jeder Steckdose aufladen kann. "Für das Schnellladen haben wir eine innovative Lösung auf der Basis von Gleichspannung entwickelt, die ohne ein externes Schnellladegerät auskommt und dadurch besonders wirtschaftlich ist", erklärt März.

Dass diese Ideen auch in der Praxis funktionieren, hat man am IISB bereits mit der Hybridisierung eines Audi TT demonstriert. Dafür wurden alle leistungselektronischen Systeme entlang des Energiewegs "vom Netzanschluss bis an die Räder" neu entwickelt: Ladegerät, Batteriesystem plus Überwachung aller Funktionen, Spannungswandler und Antrieb. Die Wissenschaftler haben dafür Wandler gebaut, die extrem kompakt sind und dennoch keine eigene Kühlung erfordern.

Intelligente Transformatoren steuern den Energiefluss

An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel tüfteln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hingegen an intelligenten Transformatoren, welche den Energiefluss der Netzte steuern sollen. Im Forschungsunternehmen "HEART" (Highly Efficient And Reliable smart Transfromer) soll der Energieinfrastruktur neues Leben eingehaucht werden. Kopf des Projekts ist Professor Marco Liserre vom Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik.

"Wir wollen den Verteiltransformator, der bereits seit der ersten Elektrifizierung einer Stadt eingesetzt wird, als intelligentes Bauteil neu erfinden", sagt Liserre. Der Transformator bildet den hauptsächlichen Knotenpunkt, das Herz, des aktuellen Netzes. Liserres Konzept kombiniert dazu die drei Kerntechnologien Leistungselektronik, Regelungstechnik und Kommunikationstechnik. Die intelligenten Transformatoren sollen die Energie- und Informationsströme im Verteilungsgebiet steuern und vom restlichen Stromnetz loslösen. So sollen optimale Verteilwege für den Strom gefunden werden.

Der neue Transformator soll aber nicht nur Strom verteilen, sondern auch eine Vielzahl von Daten sammeln, aus Haushalten, Windkraftanlagen, Unternehmen, Elektroautos. So weiß das System stets, wann und wo Strom gebraucht wird. Netzausfälle könnten so reduziert und Energie eingespart werden, insbesondere bei wechselnder Einspeisung aus regenerativen Quellen. Der Europäische Forschungsrat fördert das Projekt mit zwei Millionen Euro.

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