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13.06.2013 | Mechatronik | Interview | Online-Artikel

Sensornetzwerke: "Beeindruckende Entwicklungen"

verfasst von: Andreas Burkert

4:30 Min. Lesedauer

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Im Interview lobt Dr. Gert Schönfelder, Autor des Fachbuches "Sensoren für Wissenschaft und Technik", die Fortschritte moderner Sensortechnik. Die moderne Sensortechnik ist unerlässlich für die Wettbewerbsfähigkeit hochautomatisierter Fertigungsanlagen und technischer Produkte.

Springer für Professionals: Herr Dr. Schönfelder, heute verfügt jedes herkömmliche Smartphone über die Fähigkeit, sozusagen per Fingerzeig ein Sensornetzwerk aufzubauen. Ist das die Zukunft, um auch in der Industrie verschiedene Sensoren zu vernetzen?

Gert Schönfelder: Den Einsatz von Smartphones im Zusammenhang mit Sensorik kann ich mir schon vorstellen. Es existieren dazu auch bereits kommerzielle Entwicklungen um beispielsweise Rauchgasmessungen an Heizanlagen durchzuführen. Sie sind also immer dort sinnvoll, wo es bei Messungen um Mobilität geht. Dazu zählen in Zukunft sicher auch Anwendungen im Bereich des Gesundheitswesen, wie Patientenüberwachung und Langzeitmessungen. Sie werden aber in der „klassischen“ Industrieautomatisierung keine grosse Rolle spielen. Da kommen eher die alt bekannten Funktionen der SMS oder eMail zum Tragen, um aus der Anlage gezielt Informationen an Nutzer weiter zu leiten.

Welche übergeordneten Eigenschaften müssen Sensoren heute haben?

Kompakte und leistungsstarke Prozessoren werden die moderne Sensorik dominieren. Die Möglichkeit, direkt an der Messstelle zu operieren, führt zu besseren Sensoreigenschaften und teilweise neuen Messverfahren. Auf diesem Wege lassen sich auch, durch Kombination mehrerer Messgrössen, neue, vorher nicht erzielbare Ergebnisse bestimmen.
Darüber hinaus halte ich den Bereich der drahtlosen Sensoren und Sensornetzwerke für ein wichtiges Gebiet. Das eröffnet zwar neue Möglichkeiten, ist aber nicht das Allheilmittel der Messspezialisten. Denn bei immer energiesparenderen Sensoren darf man den Energieaufwand zur Kommunikation nicht unterschätzen. Oftmals übersteigt dieser den der eigentlichen Messung.

Blindes Vertrauen in den Fortschritt?

Ja. Darin sehe ich auch das Problem, das sich die Technik schneller entwickelt, als das Verständnis der Nutzer. Als Mitarbeiter eines Sensorherstellers sehe ich täglich wie schwer es ist, einem Nutzer die Vorteile eines modernen digitalen Transmitters nahe zu bringen. Er ist nur schwer davon zu überzeugen, das man zur Installation eines Sensors einen Laptop benötigt, während bei der guten alten 4-20-mA-Schnittstelle ein Multimeter ausreicht. Das betrifft im Übrigen auch die Qualifikation der Installateure. Da gilt es, viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Mikro-elektro-mechanische Systeme, MEMS, gelten als fortschrittlich in der Sensortechnik. Welche Entwicklungen sind auf dem Gebiet noch zu erwarten?

Ich bin selbst immer wieder erstaunt, was alles machbar ist. Beschleunigungssensoren sind da ein beeindruckendes Beispiel. Sie haben durch die auf MEMS-Basis mögliche Miniaturisierung eine enorme Verbreitung gefunden. Ein Blick in die Zukunft ist allerdings schwer. Ich kann mir aber vorstellen, auch „alte“ mechanische Messmethoden zu integrieren. Als Beispiel möchte ich die Umsetzung der Membran einer Druckmessdose zum modernen Silizium-Drucksensor erwähnen. Das Prinzip der Membranverformung ist geblieben, das Ergebnis wird nun elektrisch anstatt mechanisch abgegriffen.

Auf welchem Gebiet der Sensorik besteht derzeit der höchste Nachholbedarf?

Ich würde da nicht von einem „Nachholbedarf“ sprechen. Ich kenne keine Messgrösse, die sozusagen „zurückgeblieben“ ist. Jeder Sensor oder jedes Wirkprinzip entwickelt sich weiter, wenn ein Bedarf besteht und die bisherigen Eigenschaften nicht mehr ausreichen. Das kann vom Anwender gefordert werden oder ergibt sich durch neue technische Möglichkeiten. Wie oben schon angedeutet, ist der Nachholbedarf eher beim Anwender. Ich muss den Nutzer mit den Vorteilen und Möglichkeiten moderner Sensoren vertraut machen. Nur er bestimmt den Erfolg neuer Technik und kann wiederum seine Produkte effizienter gestalten.

In Ihrem Buch ‚Sensoren für Wissenschaft und Technik‘ mahnen Sie unter anderem an, dass die Dezentralisierung der Datenverarbeitung die Übertragung und Erhöhung der Intelligenz auf der untersten Ebene, der Sensoren- und Aktuator-Ebene, erfordert. Können Sie das konkretisieren?

Man wird heute keine Produktion von einem zentralen Rechenzentrum aus steuern. Die Menge an Informationen würde unweigerlich zum Kollaps der Informationserfassung führen. Stellen Sie sich ein Bürogebäude mit Raumsensorik vor. In jedem Zimmer sind Sensoren für Temperatur, Druck (für die Lüftung), Helligkeit, Feuchte, CO2 - das ergibt bei 100 Zimmern 500 Sensoren. Diese müssen verkabelt und im Analogfall über eine Steuerung dem Gebäudemanagement zugeführt werden. Der technische Aufwand ist erheblich. Hinzu kommt, dass der zentrale Rechner ständig alle Messwerte auf Abweichungen überprüfen muss.
Legt man ein digitales System zugrunde, spart man bereits die aufwändige Verkabelung und kommt nahezu direkt in den Rechner. Um das dazu erforderliche Kommunikationsprotokoll zu nutzen, ist am Sensor bereits ein Prozessor erforderlich. Dieser wird dann allgemein auch zur Messwertgewinnung genutzt. Es gibt zudem die Möglichkeit, dass der Sensor selbst Grenzwerte vorgegeben bekommt, und sich nur meldet, wenn diese Bereiche verletzt werden.

Das bedeutet weniger Aufwand bei der Installation?

Ja. Das ergibt eine Reduktion der notwendigen zentralen Verarbeitungsleistung. Die logische Verknüpfung von Ereignissen erfolgt aber immer noch zentral. Erhält der Sensor als Cluster oder Multisensor noch die Möglichkeit der lokalen Kommunikation zwischen den Messgrössen, so kann er aus der Verknüpfung von Messwerten lokal schlussfolgern. Er könnte also aus fallendem Druck im Raum und sinkender Temperatur auf ein offenes Fenster schliessen - es wäre also zwecklos die Heizung nachzuregeln. Es lässt sich also durch eine zum Sensor verlagerte Intelligenz eine lokale Basis für Entscheidungen realisieren. Das entlastet die Struktur und macht das System stabiler gegenüber Störungen.

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