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2005 | Buch

Standards für die politische Bildung

Zwischen Weltwissen, Teilhabekompetenz und Lebenshilfe

herausgegeben von: Dr. Eberhard Jung

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung in die Thematik

Nationale Bildungsstandards als fachdidaktische Herausforderung — Vorwort des Herausgebers
Zusammenfassung
Gegenwärtig werden die Diskurse in der Pädagogik und den Fachdidaktiken in hohem Maße von der Thematik Bildungsstandards geprägt. Die Diskussionen rankten sich um die im Februar 2003 von einem Wissenschaftlerteam um Eckhard Klieme veröffentlichte Expertise, von der man Hilfestellung bei der Überwindung der nationalen Bildungsmisere erhoffte. Erinnern wir uns: Im Dezember 2001 bescheinigte die Pisa-Studie deutschen Schülerinnen und Schülern in allen überprüften Bereichen ein unterdurchschnittliches Leistungsniveau. Die Studie orientierte sich an dem angelsächsischen Literacy-Konzept. Literacy ist als eine universelle Basiskompetenz zu verstehen, „die eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in der modernen Gesellschaft ermöglicht“ (Moschner 2003: 54). Es geht „um fachliche und überfachliche Basiskompetenzen, um die Fähigkeit zur Anwendung erworbener Kompetenzen in authentischen Lebenssituationen und um die Anschlussfähigkeit des Wissens“ (Kiper 2003: 70f.). Das Erfassen von Kompetenzen und deren Niveaus überragt das Abfragen schulischen Wissens, es geht um Wissen und Können in vermuteten Anwendungssituationen. Diese Zielbeschreibung verdeutlicht eine tiefe Kluft zwischen den Konstruktionsmerkmalen traditioneller deutscher Bildungs- und Lehrpläne und den in den internationalen Vergleichstests geforderten Standards.
Eberhard Jung
Weltwissen, Teilhabe, Lebenshilfe — woran orientiert sich politische Bildung?
Zusammenfassung
Spanien, 11.–14. März 2004: Nachdem durch synchrone Bombenanschläge in vier Madrider Vorortzügen am Morgen des 11.3., drei Tage vor den Parlamentswahlen, eine zunächst unübersehbar große Zahl von Menschen getötet und verletzt worden war, erklärte die spanische Regierung die baskische Terrororganisation ETA zweifelsfrei zu Tätern. Obgleich seit dem Mittag des gleichen Tages die Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund sich verdichteten, blieb die spanische Regierung bei ihrer Version und unternahm alles, um die nationale und internationale Öffentlichkeit, einschließlich des Weltsicherheitsrates, auf die Version der ETA-Täterschaft festzulegen. Die Version der ETA-Täterschaft würde die Legitimität einer Weltsicht stärken, nach welcher Spanien schon aus Gründen des innerspanischen Kampfs gegen den ETA-Terrorismus im weltweiten Krieg gegen den Terror an die Seite der USA und also mit eigenen Truppen in den Irak gehörte; was von einer großen Mehrheit der spanischen Bevölkerung mit Vehemenz abgelehnt worden war. Eine islamistische Täterschaft hingegen würde den Anschlag als Folge eben dieser Beteiligung erscheinen lassen und alle Gründe und Stimmungen gegen die Beteiligung am Irak-Krieg revitalisieren und der sozialistischen Opposition recht geben. Das machiavellistische Kalkül der Regierung Aznar scheiterte am „13. Rucksack“, der nicht explodiert war und die Geheimnisse seiner Konstruktion und Herkunft schnell preisgab.
Gerd Steffens

Schwerpunkt Bildungsstandards

Auf dem Weg zu nationalen Bildungsstandards in der politischen Bildung? Der Entwurf der GPJE
Zusammenfassung
Am 3. Dezember 2003, einen Tag vor einer wichtigen Tagung der Kultusministerkonferenz (KMK), hat die Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE) einen Entwurf für nationale Bildungsstandards für den Fachunterricht in der politischen Bildung an Schulen fertig gestellt und der KMK übersandt. Der Text wurde dann im Januar 2004 in einer Broschüre veröffentlicht (GPJE 2004) und ist seitdem auf lebhaftes Interesse in der Fachöffentlichkeit gestoßen. Der vorliegende Beitrag erläutert die Entstehung dieses Entwurfs vor dem Hintergrund der KMK-Initiative zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards und stellt dessen wesentliche Merkmale vor.
Wolfgang Sander
Das sachlogische Kerncurriculum
Zusammenfassung
Kann es von der Logik der Sache her überhaupt ein sozialkundliches bzw. sozialwissenschaftliches Kerncurriculum, einen inhaltlichen Kanon gar, geben? Wäre dies nicht in jedem Fall ein Ausdruck kodifizierter Macht, die curricular auf die Lehrer und vermittelt über diese auf die Köpfe der jungen Generation einzuwirken versuchte, dergestalt als „offizielles Curriculum“ jeglichen Interessenpluralismus still stellt und damit allen Geboten von Demokratie-Pädagogik und Beutelsbach entgegenliefe? Aus politikdidaktischer Sicht sieht es so aus, als ob die Antwort tatsächlich „Nein“ lauten müsse. Denn: „Die Lehrgüter der politischen Bildung sind — relativ — austauschbar“ (Fischer 1993, 19; sinngemäß schon Fischer u.a. 1960). Nach dieser bekannten Fischer-Formel sollen die Inhalte mit den objektiven Vorgaben der Tagesaktualität auf der einen und den subjektiven Interessen der Lernenden auf der anderen Seite wechseln. Bestimmbar wären also nur operative Standards und Kompetenzen — also Methoden (das Lernen lernen), nicht aber materiale Inhalte.
Tilman Grammes
Bildungsstandards der politischen Bildung — Funktion und Handhabung aus der Perspektive der Bildungsadministration
Zusammenfassung
Mit der Themenstellung wird unterstellt, dass bereits anerkannte, konsensfahige Bildungsstandards der politischen Bildung vorliegen. Dies ist derzeit nicht der Fall. Gleichwohl beschäftigt sich die politische Bildung mit unterschiedlichen Ansätzen mit der Frage von Bildungsstandards. Mit dem Entwurf der Gesellschaft für Politikdidaktik und politische Jugend- und Erwachsenenbildung (GPJE) liegt derzeit ein erster systematischer Vorschlag vor. Die Diskussion darüber hat erst begonnen und zeigt, dass innerhalb der politischen Bildung sowohl grundsätzlich wie auch im Detail noch kein Konsens gefunden wurde. Auch die KMK hat sich in der Frage, ob und in welcher Form Bildungsstandards für die politische Bildung formuliert werden sollten, noch nicht festgelegt.
Gerd Zboril
Bildungsstandards der politischen Bildung — Was erwarten die Schulen?
Zusammenfassung
„Erwarten“ stammt von dem mittelhochdeutschen Wort „Warte“, d.h. dem „Ort der Ausschau“, aber auch dem „Wachturm“, eine Doppeldeutigkeit, die ich für meine Anmerkungen nutzen möchte. Zunächst wäre dabei der Ort selber zu beschreiben, von dem aus Ausschau genommen oder Wache gehalten wird: die Schule selbst, in ihrem gegenwärtigen Verhältnis zu Standards. Dann folgt das, worauf die semantische Ambivalenz hinweist: Befürchtungen und Erwartungen und vielleicht sogar Hoffnungen. Natürlich bitte ich bei allem mit zu berücksichtigen, dass derjenige, der hinausblickt, nicht beanspruchen kann, für „die“ Schulen zu sprechen. Auch ist das, was auf uns zukommt, was also die Schulen erwartet, noch kaum zu erkennen. Sind die Standards lediglich ein bildungspolitisches Saisonthema, oder setzen sie neue und lohnende Impulse für eine fachdidaktische Besinnung?
Thomas von Machui

Schwerpunkt Weltwissen und Teilhabekompetenz

Politische Bildung als orientierendes Weltwissen
Zusammenfassung
„In der republikanischen Regierungsform ist man auf die ganze Stärke der Erziehung angewiesen“ (1992: 53), schreibt Montesquieu im vierten Buch seiner Untersuchungen Vom Geist der Gesetze und im fünften Buch, das von der Erziehung in der Republik überschrieben ist, fahrt er fort:
„Die Tugend in einer Republik ist etwas sehr Einfaches, nämlich die Liebe zur Republik. Sie ist ein Gefühl, nicht Folge von Kenntnissen; der geringste Mann im Staat kann dieses Gefühl ebenso gut haben wie der erste. Hat das Volk einmal gute Grundsätze, so hält es länger daran fest als die sogenannte gute Gesellschaft. Selten beginnt der Verfall (orig. ‘corruption’, K.-H. B.) bei ihm.“ (Montesquieu 1992: 62 f.)
Karl-Heinz Breier
Transnationale politische Urteilsbildung
Zusammenfassung
Über die Positionierung bei außenpolitischen Fragen lassen sich heutzutage Wahlen gewinnen. Die letzte Bundestagswahl vor nunmehr knapp zwei Jahren oder die jüngsten Wahlen zum spanischen Parlament legen davon ein beredtes Zeugnis ab. Dieser Umstand verweist letztlich auf eine geänderte weltgeschichtliche Situation, welche gleichfalls Auswirkungen auf den Politikunterricht hat oder wenigstens haben sollte.
Ingo Juchler
Demokratie lernen und leben — Mediation und Partizipation: Das Programm der Bund-Länder-Kommission in Hessen
Zusammenfassung
Die Bund-Länder-Kommission fur Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) hat ein Modellprogramm unter dem Titel „Demokratie lernen und leben“ für den Zeitraum April 2002 bis März 2007 aufgelegt. Das Programm will Entwicklungen von Gewalt, Rechtsextremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Schulen entgegenwirken, so wie sie in der Vergangenheit und Gegenwart immer wieder virulent waren bzw. sind. Ein weiterer Grund für das Vorhaben ist die zu beobachtende Politikverdrossenheit junger Menschen. Weitere Informationen sind in der Expertise von Prof. Wolfgang Edelstein (Max-Plank-Institut für Bildungsforschung) und Prof. Peter Fauser (Universität Jena) dargelegt (vgl. Edelstein/Fauser Bonn: 2001). Die Zielsetzung des Programms definiert sich wie folgt: Das vorgeschlagene Modellprogramm
„dient der Entwicklung einer demokratieförderlichen Schule (Hervorhebung H.R.), d.h. einer Schule, die Schülern und Schülerinnen grundlegende und konstruktive Erfahrungen demokratischer Prozesse, Normen und Institutionen vermittelt und sie auf Handeln in einer demokratischen Zivilgesellschaft einstimmt. Dafür muss die Schule selbst eine diesen Normen entsprechende Praxis entfalten, Anerkennung gewähren, Fairness demonstrieren und fordern, selbstwirksames Handeln ermöglichen und fördern…..Dazu gehört nicht nur eine aufgeklärte Gesinnung, sondern eine Professionalität, die anderen und weiteren Standards genügt als bloß fachlichen“ (Edelstein/Fauser 2001: 57).
Helmolt Rademacher

Angaben zu den Referenten

Angaben zu den Referenten
Eberhard Jung
Backmatter
Metadaten
Titel
Standards für die politische Bildung
herausgegeben von
Dr. Eberhard Jung
Copyright-Jahr
2005
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80750-2
Print ISBN
978-3-531-14647-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80750-2