Mit herkömmlichen Schmiedewerkzeugen ist es nicht möglich Hinterschnitte auszuformen, weil sich die Bauteile dann nicht mehr aus dem Werkzeug entnehmen lassen. Bei Hinterschnitten handelt es sich um Aussparungen oder Vorsprünge senkrecht zur Ausformrichtung. Ein Beispiel ist die Bolzenbohrung bei Stahlkolben für Fahrzeugmotoren: Diese muss bisher nach dem Schmieden spanend hergestellt werden.
Auf der Hannover Messe vom 24. bis 28. April stellt das IPH ein neues Schmiedewerkzeug vor, mit dem sich die Bohrung bereits während des Schmiedens vorformen lässt. Das Werkzeug verfügt dazu über zwei bewegliche Stempel. Schließt sich das Gesenk, fahren die Stempel aus, pressen sich horizontal in den heißen Stahl und erzeugen so die Aussparungen für die Kolbenbolzen-Bohrung. Beim Öffnen des Gesenks fahren die Stempel wieder ein, sodass sich das Bauteil entnehmen lässt. Die Technologie basiert auf dem sogenannten mehrdirektionalen Umformen.
Das Hinterschnittschmieden erleichtert die Nachbearbeitung, spart Zeit und reduziert die Herstellungskosten. Außerdem wird etwa fünf Prozent weniger Material und damit weniger Energie zur Erwärmung im Umformprozess benötigt. Eventuell könnte sich auch die Bauteilqualität verbessern. Denn die spanende Bearbeitung unterbricht den Faserverlauf im Material, die Massivumformung nutzt ihn dagegen aus. Dadurch verringert sich die schädliche Kerbwirkung. Die Forscher vermuten, dass der Kolben somit belastbarer wird.