Bauteile für Automobile und Maschinen werden häufig in mehreren Massivumformschritten hergestellt. Dabei können die Werkstoffe bis an die Grenze ihrer Verformbarkeit belastet werden, wodurch unsichtbare Schäden auftreten können. Bisher gebräuchliche Computersimulationen zur Auslegung eines Bauteils konnten die Schädigungsentwicklung meist nicht präzise genug berechnen, um Ort und Zeitpunkt eines Materialversagens vorherzusagen. Daher hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg ein Simulationsmodell entwickelt, das die tatsächlichen Schädigungs- und Versagensmechanismen in metallischen Werkstoffen abbildet. Mit dem Simulationstool können Massivumform-Unternehmen die Kosten bei Prozessauslegungen reduzieren und Entwicklungszeiten verkürzen. Zudem lassen sich auch komplexe Bauteilgeometrien realisieren, die ohne die neue Simulation nur sehr aufwendig verwirklicht werden könnten.
Das Modell beschreibt, unter welchen Voraussetzungen sich bei der plastischen Verformung des Werkstoffs Poren bilden, unter welchen Bedingungen sie wachsen oder sich mehrere Poren zusammenschließen. Aus diesen Zusammenschlüssen können Makroporen, dann Mikrorisse und letztlich ein kritischer Makroriss entstehen. Bisher gaben die Standardsimulationen lediglich eine Hilfestellung im Entscheidungsprozess für die Auslegung von Bauteilen ab. Eine größere Vorhersagegenauigkeit liefern so genannte mechanismenbasierte Schädigungsmodelle. "Für Prozesse bei der Kaltmassivumformung haben wir im Rahmen eines IGF-Projekts das bekannte mechanismenbasierte Materialmodell nach Gurson, Tvergaard und Needleman (GTN-Modell) so erweitert, dass es beobachtete Mechanismen der duktilen Schädigung für die relevanten Materialien genauer abbildet als bisher", erklärt Dr. Maksim Zapara, Leiter des Teams Massivumformung der Gruppe Umformprozesse am Fraunhofer IWM.
Als Grundlage für das neue Modell wurden die physikalischen Ursachen für das Werkstoffverhalten in Kaltmassivumformprozessen erforscht. In umfangreichen Mikrostrukturuntersuchungen fanden die Forscher beispielsweise heraus, dass sich bei der Umformung Poren insbesondere an nichtmetallischen Einschlussteilchen im Material bilden: Entweder zerbricht das Teilchen oder es löst sich vom umgebenden Material ab. Durch den modularen Aufbau ist das Schädigungsmodell flexibel für eine große Anzahl Werkstoffe einsetzbar.