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2001 | Buch

Unternehmungsnetzwerke

Konstitution und Strukturation

verfasst von: Arnold Windeler

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Buchreihe : Organisation und Gesellschaft

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Vorwort
Zusammenfassung
Diese Arbeit enthält eine auf der Sozialtheorie Anthony Giddens’ aufbauende Theorie der Unternehmungsvernetzung. Sie erlaubt, Defizite anderer, in dieser Arbeit diskutierter Netzwerkansätze zu überwinden, empirische Analysen der Vernetzung zu informieren und Ansatzpunkte für Praktiken der Regulation von Unternehmungsnetzwerken zu skizzieren. Der Theorieansatz weist über die Analyse von Unternehmungsnetzwerken hinaus, indem er die Grundlagen zur Untersuchung sozialer Systeme anbietet. Er kann als ein Beitrag zu der weithin als notwendig erachteten konzeptionell-theoretischen Erneuerung der Industriesoziologie dienen und vor allem die organisationssoziologische Theoriearbeit befruchten.
Arnold Windeler
Einleitung
Zusammenfassung
So neu sind sie gar nicht. Tradition haben Unternehmungsnetzwerke beispielsweise in der Bauindustrie, wo Architekten, General- und Subunternehmungen längerfristige Beziehungen miteinander unterhalten. Gleiches gilt für den Großanlagenbau, die Softwareproduktion und auch für die Medienindustrie und die sogenannten Kulturindustrien. Beispiele neueren Datums sind Legion. Zu ihnen zählen Netzwerkbeziehungen zwischen Händlern, Herstellern, System- und Komponentenzulieferern etwa in der Automobil- oder der Elektronikindustrie, Franchisingnetzwerke, wie das von McDonalds, Finanzdienstleistungsnetzwerke, wie die zwischen Versicherern, Maklern und Kunden, Transport- und Logistiknetzwerke, wie das Trans European Alliance Member (TEAM)-Netzwerk von Thyssen Haniel Logistik oder von NDX International, Netzwerke von Produzenten, wie Adidas, oder von Handelsunternehmungen, wie Marks & Spencer, Benetton oder Ikea, und ‚regionale Netzwerke‘ in industriellen Distrikten wie dem des ‚Dritten Italien‘ sowie ‚virtuelle Unternehmungen‘.1 Die Beispiele deuten an: Empirisch findet sich nicht erst heute eine schillernde Vielfalt unterschiedlicher Arrangements ökonomischer Aktivitäten zwischen Unternehmungen: längerfristig stabile wie flüchtige, solche zwischen einer Hand voll oder von tausenden oder mehr Unternehmungen, regional oder international ausgelegte Netzwerke.
Arnold Windeler
Teil I. Perspektive und Gegenstand
Zusammenfassung
Perspektive und Gegenstand konstituieren sich rekursiv. Das gilt positiv wie negativ. Die Diffusität vorliegender Netzwerkperspektiven trägt dazu bei, daß der Gegenstand ‚Netzwerk‘ sich einer genaueren Bestimmung entzieht. Umgekehrt findet die Vielschichtigkeit und Vielfältigkeit des Gegenstands seinen Ausdruck in diffusen Perspektiven. Einen Ausweg aus dieser Misere und einer nur metaphorischen Verwendung des Netzwerkbegriffs liefert nur eine Netzwerktheorie, die es erlaubt, Klarheit und Präzision mit Gegenstandsadäquanz zu vermitteln. Grundlagen der Formulierung einer Netzwerktheorie bietet die im Teil II.2 näher vorgestellte strukturelle Netzwerkanalyse: allgemeinste Merkmale der Netzwerkperspektive, der Methoden der Netzwerkforschung, von Netzwerktheorien und des Gegenstands von Netzwerkanalysen lassen sich, wie ich jetzt zeige, auf der Basis ihrer Bestimmungen formulieren.
Arnold Windeler
Teil II.1. Systemische Rationalisierung: der industriesoziologische Netzwerkansatz
Zusammenfassung
Im Jahre 1986 — parallel zur international einsetzenden Diskussion um Unternehmungsnetzwerke in der Managementliteratur — eröffnen Martin Baethge und Herbert Oberbeck vom Sozialforschungsinstitut in Göttingen (SOFI Göttingen) und Norbert Altmann, Manfred Deiß, Volker Döhl und Dieter Sauer vom Institut für Sozialforschung in München (ISF München) in der Bundesrepublik eine neue industriesoziologische Sichtweise auf Rationalisierungsprozesse: die Perspektive der,systemischen Rationalisierung‘.1 Das Neue für die Industriesoziologie ist, daß sie mit der
„Aufnahme des Topos,systemische Rationalisierung‘[…] ein weiteres entscheidendes Stück herausgetrieben [wird] aus der fürs Fach klassischen arbeits- und betriebssoziologischen Beengung“(Schmidt, 1990, 21).
Das Adjektiv ‚systemisch‘ wird in der Diskussion um systemische Rationalisierung mit unterschiedlichen Konnotationen verwendet. Für Baethge und Oberbeck (1990, 171) ist „systemisch [..] umfanglogisch als Entgegensetzung zu punktuell und einzelfunktionsbezogen zu verstehen.“ Das Münchener Verständnis ist dagegen stärker „gesellschartstheoretisch ‚aufgeladen‘“ (Schmidt, 1990, 19) und bezeichnet einen „emergenten überbetrieblichen Tatbestand [...], dessen Resonanz auf einzelbetrieblicher Ebene jene Fragen provoziert, die unmittelbar Gegenstand der erstgenannten [Göttinger] Verständigungsvariante darstellen“ (ibid.).
Arnold Windeler
Teil II.2. Netzwerk und Struktur: der strukturelle Netzwerkansatz
Zusammenfassung
In den letzten 30, 40 Jahren wurde ein neuer Ansatz zur Analyse sozialer Strukturen entwickelt, die Netzwerkanalyse. Sie analysiert soziale Strukturen aus den Beziehungen zwischen einer definierten Menge von Akteuren und sieht die Strukturmuster ihrer Beziehungen als bedeutsam für das Verhalten der Akteure an. Die Akteure (oder genereller die sozialen Einheiten) betrachtet sie als ‚Knoten‘und die sie verbindenden sozialen Beziehungen als ‚Linien‘. Dieser Forschungsansatz ist weltweit der etablierteste, und er steht in puncto Systematik und methodologischer Ausarbeitung einsam da.
Arnold Windeler
Teil III. Strukturation von Unternehmungsnetzwerken: der strukturationstheoretische Netzwerkansatz
Zusammenfassung
Der strukturationstheoretische Netzwerkansatz nutzt die in den letzten 25 Jahren entwickelte Strukturationstheorie des englischen Soziologen Anthony Giddens zur Formulierung einer Netzwerktheorie, mit der sich die Theorielücken bisheriger Netzwerkforschung (I u. II) schließen lassen. Im Mittelpunkt des im folgenden entwickelten Analyseansatzes von Unternehmungsnetzwerken (allgemein: sozialer Systeme) steht ein über soziale Praktiken vermittelter Konstitutionsprozeß, in dem gesellschaftsweite Institutionen und das Handeln und die Beziehungen der Netzwerkakteure gleichermaßen eine Rolle spielen: Strukturation von Unternehmungsnetzwerken meint: Individuelle und korporative Akteure bringen über ihre Geschäftsinteraktionen und -beziehungen mit anderen Akteuren Unternehmungsnetzwerke mit ihren Geschäftspraktiken ‚hervor‘, indem sie unter Rekurs auf systemisch regulierte Geschäftsinteraktionen und -beziehungen und darüber hinausreichende Kontexte bis hin zu gesellschaftlichen Totalitäten einen dauerhaften Beziehungszusammenhang zwischen sich schaffen und/oder sich im Handeln vergegenwärtigen. Und indem sie das tun, konstituieren sie sich als Netzwerkakteure. Wenn Netzwerkakteure im Netzwerk handeln, nehmen sie also immer Rekurs auf Praktiken, wie man im Netzwerk und darüber hinaus Geschäfte macht („↓“).1 Endprodukthersteller und Systemzulieferer handeln etwa im Rahmen der im Netzwerk üblichen Geschäftspraktiken.
Arnold Windeler
Reflexive Vernetzung: die aktuelle Form moderner Vernetzung
Zusammenfassung
Reflexive Vernetzung ist die aktuelle Form moderner Vernetzung. Sie ist Ausdruck von Vernetzung unter der Bedingung institutionalisierter Reflexivität in einer reflexiv gewordenen Moderne. Gleichzeitig ist sie heute relevantes Medium der Konstitution von Ökonomie im Kontext reflexiver Vergesellschaftung (Giddens, 1990a; 1991a). Formen der Vernetzung von Unternehmungen kannte schon das 19. Jahrhundert (Sydow, 1992, 54 ff.). Daß die Form des Netzwerks, zunächst ohne großes Aufhebens, in die zeitgenössischen Governance-Strukturen der USA einsickert, beginnt für Hollingsworth (1991) bereits mit den 1950er Jahren. Erst seit den achtziger Jahren indes werden Praktiker und dann auch Theoretiker dessen inne, und jetzt setzt ein Prozeß der Reflexion auf diese Form ein. Reflexive Vernetzung meint dieses Innewerden und sodann die intendierte Überprüfung und Ausgestaltung von Vernetzung auf einer durch das reflexive Systemmonitoring der Netzwerkkonstitution kontinuierlich hervorgebrachten und revidierten Basis des Wissens über Netzwerke. Die Legitimationsgrundlage der Vernetzung wird dabei durch die durchgängige Vergegenwärtigung netzwerkförmiger Handlungsmöglichkeiten und -alternativen gleich mitproduziert und ständig erneuert.
Arnold Windeler
Backmatter
Metadaten
Titel
Unternehmungsnetzwerke
verfasst von
Arnold Windeler
Copyright-Jahr
2001
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80353-5
Print ISBN
978-3-531-13100-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80353-5