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2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

1. Versuch eines Überblicks: Der Begriff der Zivilgesellschaft in den deutschen Diskursen der 1990er und 2000er Jahre

verfasst von : Peter-Georg Albrecht

Erschienen in: Staatlichkeit aus zivilgesellschaftlicher Perspektive

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Das erste Kapitel ist der Verwendung des Begriffes der Zivilgesellschaft in den deutschen Diskursen der 1990er und 2000er Jahre gewidmet. Ebenfalls zunächst an einem Überblick interessiert, werden Konturen des Begriffs sowie Unterschiede und Ähnlichkeiten der Begriffsverwendung dargestellt und die Kernaspekte eines Konzepts der Zivilgesellschaft umrissen, wie es in den Diskursen verwendet wird.

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Fußnoten
1
Dieses Kapitel ist in vielen Absätzen gleichlautend durch den Autor bereits veröffentlicht (vgl. Albrecht 2009, S. 136 ff.).
 
2
Natürlich wird dies in empirisch-beschreibender Sicht in der angloamerikanischen Literatur so verhandelt. Dort wird mit Zivilgesellschaft – civil society – oft das bezeichnet, was hier als Teilbereich einer solchen, eben als dritter Sektor definiert wird – ein Bereich der selbstorganisierten und sich selbst artikulierenden Zusammenschlüsse und Aktivitäten von Bürgern. Zivilgesellschaft, die vielfach auch noch einmal begrifflich parallel verhandelt wird, ist Zivilgesellschaft dadurch, dass die Bürger ihre Rechte und Pflichten als citoyens gut und besser leben können. Hier soll sich der Begriffspraxis der Bundestagsenquetekommission zur Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements (2002, S. 57 ff.) angeschlossen werden, die die Begriffe eher synonym verwendet hat. Meistenteils wird der Einfachheit halber der Begriff Zivilgesellschaft verwendet, hat er aus Sicht des Autors doch auch eine stärker normative Konnotation, die hier verhandelt wird, als das empirischer klingende Wort von der Zivilgesellschaft.
 
3
Allerdings muss auch gesagt werden: Vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Regulation und Globalisierung gerät ein solches – nationalstaatliches – Projekt in die Defensive geraten. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es national dazu weiterhin – sogar „ewigkeitsverklausuliert“ – einen Auftrag gibt.
 
4
und ohne der folgenden Argumentation vorauszugreifen, sei schon hier angedeutet, dass sowohl die (meist auf den Sozialstaat bezogene) Struktur- und Strukturerhaltungsfrage wie auch die soziale Frage zu den umstrittensten Punkten aller drittsektoralen und zivilgesellschaftlichen Konzepte gehören.
 
5
Evers setzt seine Auffassung von Zivilgesellschaft allerdings nicht allzu stark von dieser zweiten Richtung ab, sieht er seine weitergehende Theoriebildung doch eher in dieser – demokratiebezogenen – Tradition stehend.
 
6
Priller und Zimmer schreiben: Dritte-Sektor-Organisationen zeichnen sich über ihre Produktivität hinaus „durch einen Funktionsmix aus, der ökonomische, politische wie auch gesellschaftlich-integrative Komponenten umfasst“ (Priller und Zimmer 2005, S. 130).
 
7
Dass Stiftungen und wirtschaftliche Genossenschaftsmodelle, die Nährlich zumeist im Blick hat (vgl. Nährlich 2005, 2007a), nur die eine Seite der Medaille, nämlich die des engagierten Bürgers, im Blick haben, zeigt Nährlichs Vorschlag zur Privatisierung eines Berliner Theaters im gleichen Text. Insgesamt ist zu sagen, dass seine Vorschläge – wie auch die von Rupert Graf Strachwitz –, geht es bürgerschaftliches Engagement, zumeist den Kulturbereich meinen.. Die Frage von Menschen, deren Engagement zum einen mit viel weniger Ressourcen auskommen muss als das von Kulturmäzenen und die zum anderen als „arme“ Ausgegrenzte, Benachteiligte und Notleidende Zielgruppe von ressourcenreichem Engagement sein könnten, bleibt bei ihnen unbedacht und wird nicht problematisiert.
 
8
Dass Ansgar Klein aus dieser Tradition der Demokratisierung heraus argumentiert, zeigt sehr anschaulich sein mittlerweile klassischer Sammelband: „Politische Beteiligung und Bürgerengagement in Deutschland“, in dem in theoretischer und politisch-praktischer Weise Gesellschaftsstruktur, Institutionen und Bürgerengagement im Kontext von Partizipation diskutiert werden (Klein und Schmalz-Bruns 1997).
 
9
Thomas Olk, der stärker aus der Institutionenforschung und der Forschung zu den Akteuren des Sozialstaates kommt, hat zumindest in seinen Beiträgen zur Enquetekommission zur Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements ähnlich argumentiert. Sein stärker mit Wohlfahrtsverbänden und ihrer historischen Entwicklung verbundener Ansatz wird an entsprechender Stelle verhandelt.
 
10
Für Strachwitz hat die deutsche Mehrheitsgesellschaft bisher aber noch das falsche, allzu affine Staatsbild. Seines Erachtens ist nicht der Staat der, der „gewähren oder verweigern“ kann, sondern „es liegt an den Bürgern, dem Staat das zu gewähren, was er zur Erfüllung der Aufgaben, die ihm die Bürger übertragen haben, nach ihrer Einschätzung braucht“. Ein solches, bisher noch nicht allzu weit verbreitetes Staatsbild ist für Strachwitz „radikal“ (Strachwitz 2007b, S. 43), aber zwingend notwendig.
 
11
Gleichzeitig, dass wird hier nicht weiter ausgeführt, ist das hier vorgestellte Zivilgesellschaftsbild hochgradig marktaffin. Ob innerorganisatorisch betriebswirtschaftlich und manageriell, zwischenorganisatorisch wettbewerblich oder global gar kapitalistisch – dieser Verfasstheit des Marktes und der Wirtschaft stimmen die Vertreter dieser Perspektive zu.
 
12
Allzu viele bürgerschaftliche Entwürfe haben sich an der Ökonomie der 1990er und 2000er Jahre „vorbeigemogelt und jenseits der Sozialpolitik ihre Visionen von Klienten als Bürger entfaltet“, so Böhnisch (2005, S. 6).
 
13
An anderer Stelle heißt es dazu: Es muss erkannt werden, „dass sich das Wesen des Kapitalismus nicht geändert hat. Vielmehr ist die soziale Bindungslosigkeit und Verantwortungslosigkeit“ der Wirtschaft der Grund, warum in den 1990er und 2000er Jahren an vielerlei Stellen „die sozialpolitische Luft ausgeht“ (Böhnisch 2005, S. 7).
 
14
Deutlich sei gesagt: Die Böhnisch-Schröersche Auffassung entstammt keinem unreflektierten pessimistisch-defizitärem Menschenbild, sondern entfaltet seine Argumentation aus den Quellen sozialpädagogischer und sozialpolitischer Theoriebildung (vgl. dazu viele der Publikationen von Böhnisch und Schröer), zu der auch eine spezifische Gesellschaftsanalytik mit Bezug auf die soziale Frage und die auf die Beantwortung dieser Frage bezogenen Konflikte und Institutionenbildung gehören.
 
15
Ganz grundsätzlich ist auch zu erwähnen, dass die einen eher vom Menschen aus argumentieren (wie bspw. Strachwitz), oder – in menschenrechtlicher Perspektive – die Grünen. Die anderen sehen Zivilgesellschaft eher aus Sicht der Gesellschaft und ihrer Struktur (wie bspw. Olk).
 
16
Möglicherweise liegt ein Grund darin, dass alle Protagonisten in der mittlerweile wissenschaftlich breit ausgefalteten Kritik der klassischen Institutionen übereinstimmen. Eine dementsprechende Kritik gegenüber kleinen Assoziationen ist ungleich schwerer möglich, sind diese doch weder in struktureller Gestalt noch in ihrem Bestandsvermögen allzu leicht zu fassen. Hinzukommt, dass eine solche Kritik allzu sehr an die psychologischen Wurzeln der Debatten gehen könnte: Was nun, wenn es um den Bürger doch nicht so gut bestellt wäre, wie nur allzu oft beschworen? Oder anders: Wenn Politik- und Staatsverdrossenheit sowie Kapitalismusmüdigkeit auch die Gründe wären, das sich die Bürger auch in Sachen Engagement im dritten Sektor zurückzuhalten?
 
Metadaten
Titel
Versuch eines Überblicks: Der Begriff der Zivilgesellschaft in den deutschen Diskursen der 1990er und 2000er Jahre
verfasst von
Peter-Georg Albrecht
Copyright-Jahr
2019
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-24505-4_1

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