5. Von der Realität der Reform zur Realisierung des Wandels: Entscheidungsstruktur und Reforming im Lichte organisatorischer Veränderung

Entsprechende Glättungen innerhalb organisierter Interaktionen sind weithin regulär anzunehmen. Von Niklas Luhmann (1999, S. 68–70) wurde im weiteren Kontext der Begriff der Konsensfiktion (vgl. Kühl, 2017c, S. 39) geprägt: Die Organisationsmitglieder unterstellen Übereinstimmung in jeweiligen Positionen, obwohl diese tatsächlich womöglich gar nicht gegeben ist oder eben nicht zur Entfaltung gebracht wird. Mit solcher Kommunikationslatenz werden soziale Spannungen und Irritationen vermieden. Wie es sich schon im Abschnitt über das Reviewteam als Interaktionsverfahren zur Herstellung von Selbstbindung und Folgebereitschaft andeuten konnte, darf für viele organisierte Verhandlungs- und Entscheidungsabläufe ein gewisses Maß an Konsensfiktion aus Gründen der wechselseitigen innerbetrieblichen Schonung angenommen werden. Eine dahingehende ‚Überprüfung‘ hätte im vorliegenden Fall eine andere theoretische und empirische Stoßrichtung erfordert. So, wie die Arbeit sich nicht zur betriebswirtschaftlichen Qualität des Reformprojekts äußern kann, kann sie es auch nicht in Fragen etwaiger opaker Hintergründe der Kommunikationsbeziehungen zwischen den Organisationsmitgliedern. Da die Arbeit sich mit den Anschlüssen der jeweiligen Kommunikationen (also im Wesentlichen der Reformkommunikation) befasst, kommt es auch nicht auf die ‚wahren Motive‘ der Beteiligten an, sondern darauf, wie sie überhaupt eine organisatorisch legitimierte Interpretation jenes Geschehens hervorzubringen verstehen, an dem sie entscheidend Anteil haben (vgl. Heintz, 2014).