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27.04.2016 | Wasserwirtschaft | Kommentar | Online-Artikel

Hydraulischer Modellversuch, quo vadis?

verfasst von: Prof. Dr. Willi H. Hager

3 Min. Lesedauer

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Hydraulische Probleme werden durch das gemeinschaftliche Betrachten von numerischen und physikalischen Modellen gelöst. Professor Willi Hager kommentiert die hybride Ausrichtung der Forschung.

Sind hydraulische Laboratorien noch zeitgemäß? Hauptsächlich in den USA wurden diese zurückgebaut, man setze nun doch auf numerische Methoden. Mit dieser Entscheidung hat man nicht nur diese Laborhallen verlassen, sondern zudem das Fachwissen verloren. Im Nachhinein hat sich dieser Schritt als fatal erwiesen, so dass in den USA heute nur wenige operative, hydraulische Versuchshallen an Hochschulen existieren.

In Europa wurde nicht so drastisch reagiert, trotzdem auch hier eine Anzahl dieser Institutionen zwar noch vorhanden sind, fristen diese aber ein klägliches Dasein. Im Gegensatz dazu wurden im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren neue Laboratorien eingerichtet. In Anbetracht der großen Investitionen ist somit deren wissenschaftlicher, lehrtechnischer und wirtschaftlicher Wert groß.
Was lässt sich denn heute, über 100 Jahren nach Gründung der ersten Institutionen, dort noch untersuchen?

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Als Forscher möchte ich hier von der wissenschaftlichen Perspektive aus antworten. Es gibt eine Vielzahl von hydraulischen Prozessen, die nur ungenügend verstanden werden. Man denke etwa an die Deichüberströmung, an Hochgeschwindigkeitsströmungen, an Prozesse mit Lebewesen wie Fischen oder an Drei-Phasen-Strömungen mit Wasser, Luft und Sediment. Es muss aber nicht immer so kompliziert sein, sondern es kann sich auch um einfache Prozesse handeln, wie Sedimenttransport in Flüssen oder an Küsten. Der Ingenieur ist auf verlässliche Grundlagen angewiesen, um fachgerechte und wirtschaftliche Lösungen vorzuschlagen.

Probleme werden mit hybriden Modellen gelöst

Heute ist man sich im Klaren, dass solche Prozesse weder nur numerisch noch nur experimentell zu lösen sind. Der Begriff hybrider Modelle hat sich durchgesetzt, bei denen also ein Problem mit verschiedenen Lösungsansätzen untersucht wird. Von experimenteller Seite her ist dabei relevant, dass die Anwendungsbedingungen klar limitiert sind, da ja immer nur ein spezieller Problemkreis betrachtet wird. Zudem sind sogenannte Maßstabseffekte anzusprechen. Häufig werden Freispiegelabflüsse durch die Ähnlichkeit nach Froude modelliert, um Labordaten auf den Prototypen hochzurechnen. Dies ist oft ein gangbarer Weg, jedoch lassen sich bei dieser Betrachtungsweise nicht alle am Prozess beteiligten Parameter einfach übertragen.

Trotz all dieser Einschränkungen stellt der hydraulische Modellversuch eine wertvolle Technik dar, mittels welcher sowohl Datensätze zur Validierung von numerischen Modellen als auch allgemeine Zusammenhänge in der Grundlagenforschung ermittelbar sind. Diese Aspekte werden speziell durch die moderne, nicht-intrusive Instrumentation verbessert. Dabei denke man an Particle Image Velocimetry (PIV) zur Ermittlung von instantanen Geschwindigkeitsfeldern, optische Videometrie zur Darstellung von Sediment- oder Wasser-Oberflächen unter instationären Bedingungen oder moderne Druckmesssysteme zur Erfassung der Auflaufvorgänge von Wellen.

Moderne hydraulische Forschung ist hybrid

Zusammenfassend sei festgestellt, dass die moderne hydraulische Forschung hybrid ausgerichtet ist, also das Zusammenwirken physikalischer, chemischer und biologischer Prozesse sowohl durch numerische als auch durch physikalische Modelle abbildet. Unter Einhaltung der technischen und wirtschaftlichen Limitationen lassen sich in vielen Fällen fachgerechte Aussagen treffen, die ein Problem entweder wissenschaftlicher oder praxisrelevanter Art einer Lösung zuführen. Die Zukunft des hydraulischen Modells ist damit gesichert; sie bietet speziell jungen Fachkräften eine Chance, ihr Wissen in einem faszinierenden Gebiet der Technik anzuwenden.

Der gleichlautende Kommentar ist in Heft 04/2016 der Fachzeitschrift WasserWirtschaft erschienen.

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