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13.06.2016 | Werkstoffrecycling | Schwerpunkt | Online-Artikel

Titanaluminid-Recycling unterwegs zur Marktreife

verfasst von: Dieter Beste

3 Min. Lesedauer

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Als Leichtbauwerkstoff wird er im Turbinenbau geschätzt, denn Titanaluminid kann hohen Temperaturen standhalten. Leider wandern von dem kostbaren Werkstoff während der Verarbeitung rund 90 Prozent in den Abfall. Forscher wollen diesen Rohstoffschatz nun heben.

Eine zentrale Zielsetzung der Triebwerksindustrie ist es, eine weitere Temperaturerhöhung bei gleichzeitiger Verlängerung der Turbinenlebensdauer zu erreichen. Bei aktuelle Niederdruckturbinen, wie etwa im Triebwerk PW4000 für die Boeing B777 oder im PW6000 für den Airbus A318, sind die Eintrittstemperaturen inzwischen so hoch, dass die Eintrittsstufe(n) gekühlt werden müssen, was noch vor geraumer Zeit ausschließlich auf die Hochdruckturbine beschränkt war. "Für Niederdruckturbinen stehen leichtere Werkstoffe vor der serienmäßigen Einführung, insbesondere in Form von Gamma-Titanaluminid-Werkstoffen (γ-TiAl)", sagt Springer-Autor Willy J.G. Bräunling in "Flugzeugtriebwerke": "Diese neue Werkstoffklasse besitzt eine mit Nickelbasislegierungen, so wie sie bisher zum Einsatz kommen, vergleichbare Warmfestigkeit, aber das bei nur halber Dichte. Nachteilig ist die Anfälligkeit für Oberflächenoxidation, die die maximale Arbeitstemperatur auf etwa 1025 Kelvin einschränkt, sodass im Triebwerk nur die Niederdruckturbine für diesen Werkstoff derzeit infrage kommt." (Seite 1237)

Am Institut für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling (IME) der RWTH-Aachen arbeiten Forscher schon seit Längerem an kostengünstigen und effizienten Verfahren zur Herstellung und zum Recycling von Titanaluminid. Denn bei der Herstellung von Turbinenschaufeln gelangen gegenwärtig nur etwa zehn Prozent des Materials ins Produkt, die restlichen 90 Prozent sind Abfall. Im Einsatz halten Turbinenschaufeln zwischen 10.000 und 20.000 Flugstunden. Danach müssen sie ersetzt werden.

Preiswürdige Entwicklungsarbeit der RWTH-Metallurgen

"Wir verfolgen bei unserer Arbeit zwei Ansätze – die Primärherstellung von Titanlegierungen und das Recycling", berichtet Janik Brenk vom IME. Bei beiden Verfahren verfüge die RWTH inzwischen über langjährige Erfahrungen und herausragendes Know-how, das auch entsprechende Anerkennung finde. So sei in diesem Jahr der mit 50.000 Euro dotierte Kaiserpfalz-Preis der Wirtschaftsvereinigung Metalle WVM zum bereits dritten Mal dem IME verliehen worden. Ausgezeichnet wurde das Gesamtkonzept zur Kostenminimierung bei der Herstellung von Titanlegierungen. Dieses hat die RWTH inzwischen so perfektioniert, dass im Vergleich zum herkömmlichen Verfahren mehrere Arbeitsschritte eingespart und die Herstellungskosten deutlich reduziert werden können.

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"Unsere Verfahren sind vom Grundsatz her nicht ganz neu", so Brenk. "Wir sind aber besonders gut bei den Rezepturen und der Prozessführung." Titan ist ein Stoff, der schwer zu verarbeiten ist – er oxidiert, sobald er mit Sauerstoff in Berührung kommt. Deshalb kann Titan nur unter Schutzgas oder Vakuum verarbeitet werden. Das geschieht in einem großen Induktionsofen, in dem Produktionsschrott zunächst bei einer Temperatur knapp unter 1900 Kelvin eingeschmolzen und dann zu stabförmigen Körpern vergossen wird. Der in den Gussstücken gebundene Sauerstoff wird mit Hilfe von Kalzium zu Kalk, der in der Schmelzmasse obenauf schwimmt und abgeschöpft werden kann. Damit das Material möglichst rein ist, folgt, so die Aachener Wissenschaftler, im Vakuum-Lichtbogenofen ein weiterer Prozessschritt. Darin wird es umgeschmolzen, um auch die letzten Reste des Kalziums und alle gasförmigen Verunreinigungen zu entfernen. Hieraus können nun Turbinenschaufeln hergestellt werden, die nur halb so schwer sind wie herkömmliche aus Nickellegierungen. 

Anwendungen in Flugzeug- und Fahrzeugindustrie

Zusammen Industriepartnern wird derzeit in Aachen die Anwendung im größeren Maßstab vorbereitet. "In fünf bis zehn Jahren könnte das Verfahren marktreif sein", meint Brenk. Interessant sind sowohl das Primär- als auch das Recycling-Verfahren hauptsächlich für die Flugzeugindustrie, weil dort sehr viel Material anfällt. Aber denkbar sei auch eine Anwendung in der Fahrzeugindustrie, etwa für Turbolader. 

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