Die Rasterelektronenmikroskopie wird nicht nur genutzt, um Probenoberflächen genau zu vermessen, sondern auch um ihre chemische Zusammensetzung zu bestimmen. Mit einer neuen „Brille“ gelingt dies jetzt auch für die leichten Elemente des Periodensystems.
„Oft ist es für die Werkstoffcharakterisierung und damit für die Beurteilung der Eignung bedeutsam, die Verteilung von Elementen im Gefüge zu kennen, also z. B. innerhalb eines Korns“, schreibt Karlheinz G. Schmitt-Thomas in „Integrierte Schadenanalyse“ auf Seite 224. Für solche Analysen sei es notwendig, die zu analysierenden Bereiche selektiv durch geeignete Anregung zur Aussendung ihrer charakteristischen Strahlung anzuregen: „Es bietet sich dazu eine Elektronenkanone wie im Rasterelektronenmikroskop an.“
Bei der energiedispersiven Röntgenanalyse (EDS) emittieren die vom Elektronenstrahl getroffenen Bereiche Röntgenstrahlung, die durch einen geeigneten Detektor in Spannungsimpulse umgesetzt wird. Die so nach ihren Energiestufen sortierte Strahlung kennzeichnet selektiv die vom Elektronenstrahl abgerasterte Fläche im Hinblick auf ihre Elementzusammensetzung. Die wellenlängendispersive Analyse (WDS) mithilfe eines Spektrometers habe zwar ein höheres Auflösungsvermögen als EDS, so Schmitt-Thomas, sei allerdings mit einem höheren Aufwand verbunden.
Leichte Elemente nur schlecht zu erkennen
Eine Lösung kommt nun aus dem Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH (HZB): Dort hatte Alexei Erko, der das Institut für Nanometeroptik und Technologie leitet, bereits vor einiger Zeit neuartige Optiken aus sogenannten Reflektionszonenplatten entwickelt und patentieren lassen. Sie bestehen aus Tausenden von konzentrischen oder elliptischen Strukturen und werden inzwischen an Synchrotronquellen wie BESSY II bei der Analyse der Röntgenstrahlung im niedrigen Energiebereich eingesetzt. Strahlung wird durch diese Optiken nicht gebrochen wie etwa an einer Glaslinse, sondern gebeugt, sodass Interferenzen entstehen.
„Brille“ für das Rasterelektronenmikroskop
Das neue Spektrometer besteht aus einer Anordnung von 17 Reflektionszonenplatten und deckt den Energiebereich von 50 eV bis 1120 eV ab. Um eine noch höhere Auflösung zu erreichen, stellten die Wissenschaftler eine Optik aus 200 Reflektionszonenplatten her, die im Energiebereich von 100 bis 1000 eV quasi-kontinuierliche Spektralmessungen liefert.
Anwendungen in der Werkstoffanalyse und in den Lebenswissenschaften
„Hohe Auflösungen in diesem Energiebereich sind wichtig, um die leichteren Elemente des Periodensystems nachweisen zu können. Das ist insbesondere für die Forschung an Energiematerialien wie Solarzellen, Batterien, solaren Brennstoffen und Katalysatoren interessant. Es könnte aber auch für die Forschung an magnetischen Materialien und in den Lebenswissenschaften nützlich sein. Wir sind gespannt, für welche Fragestellungen dieses neue Werkzeug nun verwendet wird“, sagt Erko.