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2015 | Buch

Wissenschaft und Weltbilder

Wie Wissenschaft unser Leben prägt und wir uns letzten Fragen nähern

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Über dieses Buch

Ob wir es wollen oder nicht, die Wissenschaft bestimmt unser Weltbild und unser tägliches Leben auf allen Ebenen. Sie durchdringt unsere Art zu denken und wirft unablässig neue Fragen auf. Wie immer man dazu steht, es lohnt sich, diesen mächtigen Faktor in unserem Leben einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Josef Honerkamp stellt sich als Physiker den großen Fragen rund um Wissenschaft und Weltbilder. Auf unterhaltsame Weise und in kompakten Kapiteln führt er den Leser durch die spannendsten Fragen unserer Zeit und gibt darauf Antworten aus physikalischer Sicht.

Warum fachsimpeln Wissenschaftler?

Und gesetzt, wir verstünden die Terminologie: können wir die Ergebnisse dann mit unseren Alltagsvorstellungen vereinen?

Wie steht es mit der Religion? Was unterscheidet wissenschaftliche von religiösen Denkgebäuden?

Können die aus wissenschaftlichen Erkenntnissen entstandenen Maschinen eines Tages den Menschen kopieren - denken sie so wie wir? Welche Formen des Denkens gibt es eigentlich?

Wie entwickeln sich Wissenschaften - was hat es mit den Revolutionen in den Wissenschaften auf sich?

Und was verbirgt sich hinter der Suche nach einer Weltformel?

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung: Wissenschaft und Weltbilder
Zusammenfassung
Jeder und jede von uns trägt mehr oder weniger bewusst ein bestimmtes Bild von der Welt in sich. Dabei kann man höchst Unterschiedliches unter „Welt“ verstehen. Die meisten denken dabei an unsere Lebenswelt auf der Erde, ein Physiker denkt immer gleich an das ganze Universum, und das Lied Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt (Refrain: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt, denn das ist meine Welt, und sonst gar nichts“) von Marlene Dietrich in dem Film Der blaue Engel zeigt uns, dass man die Welt auch nur aus einem ganz speziellen Blickwinkel sehen kann.
Josef Honerkamp

Wissenschaft und Sprache

Frontmatter
2. Das Böse und andere Dinge – von den Verführungen durch unsere Umgangssprache
Zusammenfassung
Eines Sonntagsmorgens im Frühsommer hörte ich ein ohrenbetäubendes Gezeter vor unserem Haus. Krähen und Elstern schienen sich wild zu beschimpfen und miteinander zu kämpfen. Meine Frau stürzte als Erste aus dem Haus, in der Absicht zu schlichten, und sah noch so eben, wie Krähen mit ihrem Schnabel auf eine junge Elster einhackten. Als wir näher kamen, sahen wir diese wie leblos in einem Blumenbeet liegen. Bedrückt ließen wir sie liegen, in der Hoffnung, dass sie sich erholt. Nach einer Stunde aber wurde klar, dass die junge Elster die Attacke nicht überlebt hatte.
Josef Honerkamp
3. Warum gibt es eigentlich irgendetwas und nicht einfach nichts?
Zusammenfassung
In meinem Buch Was können wir wissen? (Honerkamp 2012, Kap. 21) habe ich von meinem Nachbarn erzählt, den ich manchmal bei meinem morgendlichen Spaziergang an einer Bushaltestelle treffe. Als ich eines Tages von einem solchen Spaziergang auf mein Zuhause zusteuerte, stürzte er mit einem Buch heftig winkend aus seinem Haus und kam aufgeregt auf mich zu. Er läse gerade in dem Buch eines naturwissenschaftlich interessierten Theologen, in dem dieser den christlichen Glauben mit der Naturwissenschaft versöhnen wolle und dabei die Vorstellung von einer kosmischen Intelligenz entwickle. Er fragte mich, was ich denn von einer solchen halte. „Gar nichts“, sagte ich, „ist auch ein alter Hut“. „Ja, ja, „erwiderte er, „von Thomas von Aquin – sagt der Autor auch –, aber deshalb muss es ja nicht falsch sein.“
Josef Honerkamp
4. Über Begriffe und Begriffsbildung – vom Nutzen einer Fachsprache
Zusammenfassung
Wie in den beiden vorhergehenden Kapiteln diskutiert, hält unsere Umgangssprache verschiedenste Fallstricke bereit. Unsere Sprache hat sich ja im Laufe der Menschwerdung entwickelt, und sie entwickelt sich auch heute noch weiter im Zusammenleben von uns Menschen. Der Sinn unserer Begriffe und Vorstellungen ergibt sich durch den Gebrauch der Wörter in allen möglichen Lebenssituationen. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass wir immer in der Wissenschaft mit Phänomenen oder Situationen konfrontiert werden können, für die uns die richtigen Worte fehlen, oder dass uns die frei flottierbare Sprachschöpfung auf gedankliche Irrwege führt.
Josef Honerkamp
5. Die Rolle der Mathematik in einer Wissenschaft
Zusammenfassung
„Ich behaupte aber, daß in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist“, schreibt Immanuel Kant (1786) in seinem Werk Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft. Er stand damals unter dem Eindruck der Newton’schen Mechanik, die beispiellose Erfolge in der Erklärung und Vorhersage aller möglichen Bewegungen am Himmel und auf der Erde gezeitigt hatte und damit zum Maßstab für eine Wissenschaft von der Natur geworden war. Und diese „Naturlehre“ war aus der Symbiose von Experiment und Mathematik hervor gegangen, die Galilei zwei Generationen vor Isaac Newton konzipiert hatte. Ich halte diese Aussage von Kant für problematisch und irreführend, und ich will hierfür meine Gründe nennen. Gleichzeitig will ich aber auch das Hohe Lied der Mathematisierung der Wissenschaften singen, nur dass ich diese nicht als Garant und eigentliche Ursache für eine Wissenschaftlichkeit ansehe.
Josef Honerkamp

Wissenschaft und Denkweisen

Frontmatter
6. Assoziationen und Beziehungen – vom kreativen Denken
Zusammenfassung
„Heute ist der 30. Mai“, sagte ich zu meiner Frau, als ich mich an den Frühstückstisch setzte, „da war früher immer der Weltuntergang.“ Ich hatte den Schlager Am 30. Mai ist der Weltuntergang aus den 1950er Jahren im Kopf, in dem es im zweiten Teil heißt: „Doch keiner weiß, in welchem Jahr, das ist doch wunderbar.“ Ja, so etwas behält man, auch über Jahrzehnte. Ähnlich geht es mir mit dem Schlager Die Fahrt zum Mond hat sich gelohnt!, in dem es heißt: „So weiß die Wissenschaft nun wirklich ganz gewissenhaft, dass sich die Fahrt zum Mond nicht lohnt.“ Je absurder oder komischer, je logisch vertrackter eine gedankliche Verbindung ist, umso besser scheint sie sich in unserem Gedächtnis festzusetzen.
Josef Honerkamp
7. Vom gefühlsmäßigen Erfassen einer Wahrheit – der Mensch als Geschichtenerfinder
Zusammenfassung
In meinem Buch Was können wir wissen? habe ich von meiner Verwunderung berichtet, die ich spüre, wenn Philosophen glauben, die Wahrheit „fühlen“ zu können. Ein Kommentator meinte damals dazu, er könne diese Aussage nicht verstehen – ihm sei noch kein Philosoph begegnet, der so etwas behauptet habe. Nun, explizit redet wohl auch keiner von einem Gefühl, deshalb hatte ich das Wort „fühlen“ auch in Anführungszeichen gesetzt. In der Praxis aber gibt es eine ganze philosophische Richtung, die letztlich auf solch ein Gefühl vertraut. Im „Rationalismus“ z. B. gilt das rationale Denken als alleinige Erkenntnisquelle. Nun ist Logik und rationales Denken natürlich keine Sache des Gefühls. Aber mit irgendeiner Aussage muss man anfangen, und dabei vertrauen manche Philosophen auf ihre Intuition. Was ist das anderes als ein Gefühl?
Josef Honerkamp
8. Es gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden – wissenschaftliches Denken und religiöse Überzeugungen
Zusammenfassung
William Shakespeare lässt seinen Hamlet im 1. Akt, 5. Szene, zu Horatio sagen: „There are more things in heaven and earth, Horatio, Than are dreamt of in your philosophy.“ Unzählige Male habe ich schon erlebt, wie dieser Ausspruch zitiert wird. Auf Deutsch heißt es dann: „Es gibt mehr im Himmel und Erden, als Eure Schulweisheit sich träumen lässt“, und oft wird Schulweisheit durch „Wissenschaft“ oder gar „Naturwissenschaft“ ersetzt. So hört man dieses Zitat vorwiegend in Situationen, in denen Grenzen der Naturwissenschaft und der Wissenschaft überhaupt aufgezeigt werden sollen. Von anderen Ebenen der Wirklichkeit wird dabei geredet, und oft spürt man eine Sympathie für magische Vorstellungen oder gar eine direkte Verteidigung dieser.
Josef Honerkamp
9. Denkgebäude – von „Geschichten“ unterschiedlicher Art
Zusammenfassung
Vor Kurzem stieß ich im Internet auf einen Artikel mit der Überschrift „Computer beweist die Existenz Gottes“. Man muss kein Atheist sein, um bei dieser Aussage misstrauisch zu werden und zu seufzen: „O, Gott, schon wieder so ein Unsinn – und natürlich darf heutzutage der Computer bei so etwas nicht fehlen.“ Ein Blick auf die Zusammenfassung belehrte mich aber schon eines Besseren, da hieß es: „Wissenschaftler aus Berlin und Wien haben Kurt Gödels berühmten Gottesbeweis mit dem Computerprogramm bestätigt.“ Es wurde mir nun klar, dass hier mit „Beweis“ eine Beweisführung gemeint war, und in der Tat ging es um automatische Beweise von Theoremen in der Mathematik, allgemeiner um computerunterstützte Beweise in formalen Sprachen. Als Demonstration für diese Technik, auch „automatisches Theorembeweisen“ genannt, hatten sich zwei Logiker nun den Gödel’schen Gottesbeweis herausgesucht.
Josef Honerkamp
10. Was ist ein Algorithmus?
Zusammenfassung
Vor Kurzem hörte ich, wie ein Anwalt mit großer Erfahrung und langer Praxis über einen juristischen Fall berichtete, in dem es um eine sogenannte Erfindungsbenennungsklage ging. Im Mittelpunkt stand eine technische Erfindung, die im Wesentlichen auf der Entwicklung einer Software beruhte, und diese wiederum fußte auf einer bestimmten mathematischen Einsicht und einem daraus abgeleiteten Berechnungsverfahren. Eine Firma, die diese Erfindung verwerten wollte, hatte sie zum Patent angemeldet, ohne aber die eigentlichen Erfinder und Entwickler der Software, nämlich Mitarbeiter einer anderen Firma, in der Patentschrift zu nennen. Beide Firmen waren über diese Software ins Geschäft gekommen, dann aber in Streit geraten über die Form der Verwertung. Solch eine Erfindungsbenennungsklage gilt unter Juristen als exotisch. „Wer von ihnen weiß schon, was ein Algorithmus ist“, hieß es.
Josef Honerkamp
11. Maschinelles Lernen – Roboter in der Schule
Zusammenfassung
Neulich erzählte mir ein Freund, den ich schon aus Studienjahren kenne, dass er wieder ein neues Instrument erlernt. Dieses Mal sei es das Horn. Mit dem Klavier war er groß geworden, hatte Flöten aller Art ausprobiert und dann lange Fagott gespielt. Da er aber mit zunehmendem Alter die Klappen des Fagotts nicht mehr gut bedienen könne, wolle er sich nun dem Hornspiel widmen. Er berichtete mir von der Schwierigkeit bei einer Intonation, von der ständigen Gefahr, dass man einen Kickser statt eines klaren Tones hervorbringt; und als er uns ein Stück aus der Hornschule vorspielte, erahnte ich, wie viel Fleiß und Ausdauer man wohl benötigt, um erst einmal einige saubere Töne hintereinander spielen zu können. Was mich aber am meisten aufhorchen ließ, war seine Aussage: „So ein Erlernen eines Instruments ist doch eine sichere Sache; man muss eben nur regelmäßig üben. Mit der Zeit kommt dabei immer etwas raus.“
Josef Honerkamp

Wissenschaft und Theorien

Frontmatter
12. Was ist das für ein Wissen, das wir schaffen? – Von der Haltbarkeit wissenschaftlicher Theorien
Zusammenfassung
Als ich neulich beim Frühstück die letzte Seite des Feuilletons meiner Tageszeitung aufschlug, fiel meine Blick auf die Überschrift „Die Erde ist keine Kugel“, und ehe ich verstand, was der zugehörige Artikel aussagen wollte, stach mir die Zwischenüberschrift „Die Halbwertszeit des Wissens in der Physik liegt bei zehn Jahren“ ins Auge. Der Artikel war ein Interview mit dem Mathematiker Samuel Arbesman, der in seinem Buch The Half-Life of Facts in quantitativer Weise untersucht hat, wie stark das Wissen im Laufe der Zeit ansteigt und wie schnell es überholt ist. Die Zahl wissenschaftlicher Publikationen steigt danach jährlich um rund 4,7 % an, und die Zeitspannen, nach denen im Mittel ein Forschungsartikel nicht mehr zitiert wird, liegen je nach Forschungsgebiet bei sieben bis zehn Jahren.
Josef Honerkamp
13. Falsifiziert oder einfach fallen gelassen? – Vom Niedergang physikalischer Theorien
Zusammenfassung
Darüber, wie wissenschaftlicher Fortschritt entsteht, herrschen beim Durchschnittsbürger unterschiedlichste Vorstellungen. Von genialen Einfällen ist oft die Rede und vom Umsturz eines Weltbildes. Mit genaueren Analysen des Fortschreitens einer Wissenschaft begann man Anfang des letzten Jahrhunderts, als im Wiener Kreis um Moritz Schlick der logische Empirismus entwickelt wurde. Am bekanntesten als Wissenschaftstheoretiker wurde aber wohl Karl Popper, der in seinem Hauptwerk Die Logik der Forschung formulierte: „Ein empirisch-wissenschaftliches System muss an der Erfahrung scheitern können.“ Diese Aussage war für ihn das Kriterium, das eine empirische Wissenschaft von anderen Wissenschaftssystemen wie z. B. Mathematik oder Jurisprudenz unterscheidet.
Josef Honerkamp
14. Von der Unterschiedlichkeit wissenschaftlicher „Revolutionen“
Zusammenfassung
Ich muss endlich meine Meinung zu den Thesen von Thomas Kuhn (1962) darlegen, die er in seinem Buch The Structure of Scientific Revolutionsveröffentlicht hat. Ich habe dieses Buch in meinen jungen Jahren einmal gelesen und kopfschüttelnd weggelegt, nicht wissend, welch eine Verbreitung dieses Buch bei Nichtphysikern gefunden hatte und wie viele ihr Bild von der Physik daraus beziehen. Mit den Jahren wurde mir dieses Bild, das ich in wichtigen Punkten als falsch empfunden habe, immer wieder in Vorträgen, Zeitungen oder Büchern vorgesetzt. Ich selbst habe es vermieden, dieses Buch in meinen einschlägigen Ausführungen zu zitieren, und gedacht, dass man einfach ein anderes Bild in die Welt setzen muss, in dem man aus der Sicht eines Physikers die Entwicklung der physikalischen Theorien nachzeichnet. Als aber immer wieder Kommentatoren meiner Blogartikel auf Kuhn’sche Thesen verwiesen und mir vor Kurzem sogar ein Kollege aus der Politologie erzählte, dass er das Buch im Rahmen seiner Ausbildung kennengelernt hatte, sah ich ein, dass man als Physiker das Buch nicht ignorieren kann, und dass ich verdeutlichen sollte, in welchen Punkten ich die Kuhn’sche Sicht der Entwicklung der Physik für falsch halte.
Josef Honerkamp

Wissenschaft und „letzte Fragen“

Frontmatter
15. Was ist Materie? – Von der Provinzialität unseres Vorstellungsvermögens
Zusammenfassung
In Kap. 12 habe ich davon gesprochen, dass man in der Physik zwei Ebenen ausmachen kann: die Ebene der Relationen und die Ebene der Begriffe. Während man die Relationen, die sich in Prüfungen bewährt haben, als festen und verlässlichen Bestandteil des Wissens der Menschheit ansehen kann, stellt man bei den Begriffen oft einen Wandel fest, sei es hinsichtlich des Begriffs selbst, sei es hinsichtlich seiner Rolle in einem größeren Zusammenhang. Begriffe werden aber immer bestimmt durch noch etwas Allgemeineres, was ich Denkgewohnheit nennen möchte. Im Nachhinein scheint einem die überwundene Vorstellung von einem Begriff als ein Vorurteil vorzukommen; insofern kann man die Wissenschaft insgesamt als ein Menschheitsprojekt zur Ausräumung von Vorurteilen ansehen. Diese sind allerdings auch oft von der Wissenschaft selbst gepflegt worden, als eine Denkgewohnheit, auf der sich eine Theorie zunächst durchaus erfolgreich aufbauen lassen konnte. Ich will das hier am Wandel des Materiebegriffs in der Geschichte physikalischer Theorien erläutern. Man sieht daran auch, dass solche Denkgewohnheiten bzw. Vorurteile ein notwendiges Durchgangsstadium sind.
Josef Honerkamp
16. Von Raum und Zeit zur Raumzeit
Zusammenfassung
Im vorhergehenden Kapitel habe ich über Denkgewohnheiten berichtet, die unsere Vorstellungen über die Materie lange beherrscht haben, und ich habe gezeigt, wie diese Denkgewohnheiten inzwischen als Vorurteile entdeckt worden sind. Ich will in diesem Kapitel auf ein anderes Vorurteil eingehen: Es betrifft die Eigenschaften von Raum und Zeit. Unserem normalen Menschenverstand scheint doch der Raum, das gesamte Universum, ein Behälter für die Dinge dieser Welt zu sein, und bei der Zeit gehen wir davon aus, dass sie gleichförmig verfließt, auch wenn wir das manchmal ganz anders empfinden.
Josef Honerkamp
17. Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding
Zusammenfassung
„Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding“, so singt die Marschallin im Rosenkavalier, „wenn man so hinlebt, ist sie rein gar nichts, aber dann auf einmal da spürt man nichts als sie.“ Als ich dies zum ersten Male hörte, in meiner Jugend, berührte es mich nicht besonders – um nicht zu sagen, rein gar nicht. Aber je älter man wird, je mehr Zeit man überblicken kann, umso sensibler wird man für das Verstreichen der Zeit, umso merkwürdiger wird uns dieses Phänomen.
Josef Honerkamp
18. Raumzeit und Materie – von der gegenseitigen Abhängigkeit
Zusammenfassung
In den vorhergehenden Kapiteln habe ich über Einsichten berichtet, die durch die Spezielle Relativitätstheorie gewonnen worden sind. Mit der Etablierung dieser Theorie wurde erstmalig klargestellt, dass die Eigenschaften von Raum und Zeit erfahrbar und nicht a priori gegeben sind. Es zeigte sich, dass Bewegungen bei Geschwindigkeiten, die nicht mehr klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sind, nur in einer vierdimensionalen Raumzeit angemessen beschrieben werden können und dass Zeit- und Raumabstände keine absoluten Größen mehr sind, sondern vom Bewegungszustand des Beobachters abhängen. Zu beachten ist, dass die Spezielle Relativitätstheorie keine Theorie ist, die wie Newton’sche Gravitationstheorie oder die Maxwell’sche Elektrodynamik die Wirkung von Kräften beschreibt, sie stellt vielmehr eine vereinheitlichte Beschreibung für die Bewegung von Körpern und für die Veränderung von Beobachtungsgrößen beim Wechsel von Bezugssystemen dar.
Josef Honerkamp
19. Über die Suche nach einer Weltformel
Zusammenfassung
Immer wieder geistern Wörter wie „Weltformel“ oder „Theorie für Alles “ durch die Presse und führen zu heftigen Kontroversen. Der amerikanische Nobelpreisträger Robert Laughlin (2009) hat diese Diskussion mit seinem Buch Abschied von der Weltformel wieder angeheizt und konstruiert dabei einen Gegensatz zwischen Emergenz und Reduktionismus. Der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer glaubt aus der Heisenberg’schen Unschärferelation entnehmen zu können, dass in der Welt „die eigentliche Einheit die Zweiheit ist“, eine Weltformel wäre immer nur „als eine Spannung zwischen Punkten“, zwei Sichtweisen, zu haben.
Josef Honerkamp
20. Die Schreibhemmung, Buridans Esel und das Higgs-Teilchen
Zusammenfassung
Vor einiger Zeit saß ich wieder einmal mit Freunden beim Essen, und das Gespräch kam auf das Thema „Fastendiät“. Als ich meine Zweifel an einer langfristigen Wirksamkeit dieser Methode äußerte, erzählte mir ein erfahrener und angesehener Arzt, dass er mit dieser Methode schon einige, auch berühmte Schriftsteller von einer Schreibhemmung erlöst habe. Natürlich wurde nun heftig darüber diskutiert, was der tiefere Grund für eine Schreibhemmung sei und wie denn eine Fastendiät überhaupt einen solchen Grund beseitigen könnte.
Josef Honerkamp

Wissenschaft und Weltbilder

Frontmatter
21. Soll man wirklich von einer kausalen Abgeschlossenheit der Welt reden?
Zusammenfassung
Philosophen und Theologen reden oft von „kausaler Abgeschlossenheit“, wenn sie eine Annahme charakterisieren wollen, die viele Naturwissenschaftler mehr oder weniger bewusst in ihr Weltbild integriert haben. „Nichts geschieht ohne Grund“ oder „Alles geht mit rechten Dingen zu“ wären ähnliche, allerdings plakativere Formulierungen, die zum Ausdruck bringen, dass man davon ausgeht, dass es keine übernatürlichen Akteure gibt, dass die Welt sich nur aus sich heraus weiterentwickelt. Solche Aussagen oder Begriffe bleiben aber immer vage, auch zunächst präzis erscheinende Definitionen stützen sich bei näherem Hinsehen nur auf andere vage Begriffe. Dennoch weiß jeder, der sich ein wenig in der Szene, in der solche Argumente artikuliert werden, umgesehen und eingelesen hat, was „Sache“ ist. Dahinter stecken Naturalisten und Physikalisten verschiedenster Schattierungen.
Josef Honerkamp
22. Über Grenzen der Naturwissenschaften
Zusammenfassung
Vor Kurzem geriet ich bei einer Autofahrt wieder einmal in einen Stau. Wie üblich in solchen Situationen stellte ich das Radio an. Da hörte ich, wie gerade eine Sendung über die „Grenzen der Naturwissenschaft“ anmoderiert wurde. Schnell wich mein Ärger über den Stau, Neugier stellte sich ein: Was wird dort jetzt wohl gesagt werden? Kommen da wieder die üblichen Klagen, dass das naturwissenschaftliche Weltbild zu dominant geworden ist, dass dabei aber doch nur eine auf messbare Größen reduzierte Welt wahr- und ernst genommen wird? Geht da wieder „etwas“ verloren? Wird da wieder davon geredet, dass es noch andere „Wirklichkeiten“ gibt? Und tun einem hinterher die Naturwissenschaftler wieder leid, weil sie in einer emotionell kargen Welt leben und in den Klängen der 9. Sinfonie nur Schallwellen unterschiedlicher Frequenz sehen können?
Josef Honerkamp
23. Was ist es denn nun wirklich? – Von verschiedenen Wirklichkeiten
Zusammenfassung
Als ich neulich einem Bekannten erzählte, dass man heute das Licht einerseits als elektromagnetische Welle verstehe, andererseits aber auch als einen Strom von Lichtquanten, fragte er: „Und was ist es denn nun wirklich?“ Ich glaubte, eine leichte Verwunderung zu spüren – ob wir Physiker denn das nicht so genau wüssten.
Josef Honerkamp
24. Erkenntnis, Gefühl und Moral
Zusammenfassung
Neulich saß ich mit einem Theologen und einem Gast unseres Clubs bei einem Mittagessen zusammen, und wir sprachen über eine kürzlich aufgeführte Johannespassion. „Was für einen Naturwissenschaftler nur Schwingungen der Luft sind, bedeutet für uns doch tiefstes Erlebnis“, hieß es da, und der Gast fügte hinzu: „Eines der schönsten Gottesbeweise.“ Der Theologe nickte zustimmend.
Josef Honerkamp
25. Naturwissenschaft und Religion
Zusammenfassung
Über das Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft wird oft diskutiert. Häufig wird von einem Gegensatz geredet, manchmal davon, sie hätten nichts miteinander zu tun. Was stimmt denn nun? Vielleicht sollte man sich zunächst einige charakteristische Merkmale von Religion und Naturwissenschaft vor Augen führen, wenn man sich dieser Frage nähern will.
Josef Honerkamp
26. Natur und „Geist“
Zusammenfassung
Will man den Gegenstandsbereich der Physik beschreiben, kann man zunächst viele Dinge dieser Welt aufzählen: Elektronen, Atome, Gase, Flüssigkeiten, feste Körper, Planeten, Galaxien oder das Universum als Ganzes. Alles Unbelebte gehört offensichtlich dazu, wenn man noch die Chemie mit ins Boot holt. Aber die Tatsache, dass für Studierende der Medizin auch eine Grundausbildung in Physik vorgeschrieben ist, weist darauf hin, dass physikalische Gesetze auch für das Verständnis von Prozessen im menschlichen Körper eine Rolle spielen.
Josef Honerkamp
Backmatter
Metadaten
Titel
Wissenschaft und Weltbilder
verfasst von
Josef Honerkamp
Copyright-Jahr
2015
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-43954-8
Print ISBN
978-3-662-43953-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-43954-8

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.