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1999 | Buch

Abstimmungsverbot und strategisches Parallelverhalten im Wettbewerbsrecht

verfasst von: Carsten Witter

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

Buchreihe : Ökonomische Analyse des Rechts

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Über dieses Buch

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit einem wettbewerbsrechtlichen Thema, dem einst eine große Bedeutung für die Theorie und die Praxis des Wettbewerbsrechts beigemessen wurde und das dementsprechend auch intensiv diskutiert wurde, das im weiteren Verlauf aber in den Hintergrund getreten ist. Die Einfügung eines Verbots aufeinander abgestimmter Verhaltensweisen in das GWB, durch Gesetz von 1973, war mit der Erwartung verbunden gewesen, dadurch Lücken in der Bekämpfung von Wettbewerbsbeschränkungen zu schließen, die sich gerade in oligopolistischen Marktstrukturen als Problem erwiesen hatten, da sich gezeigt hatte, daß hier Wettbewerbsbeschränkungen ohne vertragliche Vereinbarungen möglich sind. Das Verbot des aufeinander abgestimmten Verhaltens (§ 25 Abs. 1 GWB a. F. ) hat jedoch in der Praxis der Kartellbehörden und in der Rechtsprechung keine rechte Bedeutung erlangt. Das Verbot aufeinander abgestimmten Verhaltens, das als Reaktion auf den Teerfarben-Beschluß des BGH von 1970 in das GWB eingefügt worden war, erwies sich wegen der schwierigen Abgrenzungs- und Beweisfragen als schwer handhabbar. Die am 1. 1. 1999 in Kraft getretene 6. GWB-Novelle vom 7. 5. 1998 hat zwar das bisher in § 25 Abs. 1 GWB a. F. geregelte Verbot aufeinander abgestimmten Verhaltens mit den anderen Verbotstatbeständen in einen neugefaßten § I GWB aufgenommen, sieht aber in der Sache keine Neuregelung des abgestimmten Verhaltens vor. Die vorliegende Arbeit greift diesen Problemkomplex in einer umfassenden Untersuchung wieder auf und unternimmt es, durch Heranziehung der ökonomischen Spieltheorie rechtlich handhabbare Kriterien zu entwickeln, um wettbewerbsrechtlich relevante Verhaltensabstimmungen von rein marktmäßigen Vorgängen abzugrenzen und die Nachweisprobleme zu lösen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einführung
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Begriff und der Reichweite des Verbots abgestimmten Verhaltens im deutschen Wettbewerbsrecht
Carsten Witter
Kapitel 1. Verhaltensabstimmungen und Wettbewerb
Zusammenfassung
Der Begriff Wettbewerb (synonym Konkurrenz) wird sowohl in der wirtschaftswissenschaftlichen als auch in der wettbewerbsrechtlichen Literatur häufig verwendet, ohne klar definiert zu sein. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß der Versuch einer allgemeingültigen Definition — angesichts der Vielschichtigkeit des Problems — äußerst schwierig ist. Indes setzt die Entscheidung darüber, ob das bewußte Parallelverhalten als ein aufeinander abgestimmtes Verhalten betrachtet und daher verboten werden sollte, notwendig eine klare und widerspruchsfreie Vorstellung vom Begriff des Wettbewerbs und auch davon voraus, welche Ziele eine rationale Wettbewerbspolitik verfolgen sollte. Schließlich muß beurteilt werden, inwiefern ein bestimmtes Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Auch wenn es nicht Ziel dieser Arbeit sein kann, in die höchst umstrittene Diskussion um den Begriff des Wettbewerbs und die verschiedenen hierzu entwickelten Konzeptionen einzusteigen, scheint es dennoch erforderlich, zumindest diejenigen Konzepte vorzustellen, die dem GWB zugrunde liegen, um so wenigstens eine ungefähre Vorstellung von dem zu bekommen, was gemeint ist, wenn im folgenden von Wettbewerb die Rede ist ( dazu Abschnitt II und III). Darüber hinaus gilt es deutlich zu machen, daß in der ökonomischen Literatur verschiedene sog. wettbewerbspolitische Leitbilder entwickelt worden sind. Darunter ist ein geschlossener und in sich widerspruchsfreier Zusammenhang von bestimmten wettbewerbspolitischen Zielen sowie zielkonformen Instrumenten und Trägern der Wettbewerbspolitik zu verstehen11.
Carsten Witter
Kapitel 2. Auslegung des Abstimmungsbegriffs im deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht: Die Konspirationstheorie
Zusammenfassung
Bevor näher auf das Phänomen des bewußten Parallelverhaltens eingegangen wird, scheint es zunächst angebracht, einen Blick auf den gegenwärtigen Diskussionsstand zur Auslegung des Abstimmungsbegriffs zu werfen. Der Schwerpunkt soll dabei im deutschen Recht liegen, wo das Verbot aufeinander abgestimmten Verhaltens bis zum Inkrafttreten der 6.GWB-Novelle in § 25 I GWB a.F. geregelt war, nunmehr aber im neugefaßten § 1 GWB 81 aufgegangen ist. Neben der deutschen Literatur und Rechtsprechung zu § 25 I GWB a.F. wird dabei die Rechtsprechung des EuGH und der Europäischen Kommission zu Art. 85 I EWGV Berücksichtigung finden (Abschnitt III). Anschließend soll auf die von der heute vorherrschenden Meinung vertretene Abgrenzung des verbotenen aufeinander abgestimmten Verhaltens zum erlaubten sog. bewußten Parallelverhalten eingegangen werden (Abschnitt IV).
Carsten Witter
Kapitel 3. Begriff und Zustandekommen bewußten (strategischen) Parallelverhaltens
Zusammenfassung
In diesem Kapitel gilt es, eine Klärung des Begriffs des bewußten Parallelverhaltens (synonym nichtkommunikative Verhaltensabstimmung 158) herbeizuführen. Wie in Kapitel 2 gezeigt wurde, bezeichnet dieser Begriff nach der heute vorherrschenden Meinung in der juristischen Literatur ein unabhängiges Marktverhalten, das außerhalb der Reichweite des Abstimmungsverbots liegt, bei dem es den Marktteilnehmemn aber gleichwohl gelingt, ihre Wettbewerbsparameter einander anzupassen. Da die Unternehmen dabei ganz offensichtlich eine bestimmte Strategie verfolgen, nämlich die Maximierung der individuellen Profite durch kollektiven Verzicht auf den konkurrierenden Einsatz der zur Verfügung stehenden Aktionsparameter, kann in diesem Zusammenhang auch von einem strategischen Parallelverhalten gesprochen werden.
Carsten Witter
Kapitel 4. Alternative Ansätze zur Bekämpfung kollusiver Preisfestsetzungen
Zusammenfassung
Bevor wir uns in Kapitel 5 mit dem Problem der Bewertung bewußten Parallelverhaltens, d.h. mit der Frage beschäftigen, ob der Begriff des aufeinander abgestimmten Verhaltens dahingehend ausgelegt werden muß, daß auch das bewußte Parallelverhalten dem Verbotstatbestand des § 25 I GWB a.F. bzw. § 1 GWB n.F. unterfällt, sollen in diesem Teil der Arbeit zunächst einige Ansätze vorgestellt werden, die eine Lösung des „Oligopolproblems“, d.h. eine Verhinderung paralleler (Hoch-) Preisfestsetzungen — gleich ob sie nun kommunikativ zustande gekommen sind oder auf nichtkommunikativen Strategien der Unternehmen beruhen -, unabhängig von einem Verbot abgestimmten Verhaltens anstreben. Obwohl die entsprechenden Ansätze naturgemäß wenig zu der hier angestrebten Klärung der Reichweite des Abstimmungsbegriffs beitragen können, sind sie füür die Arbeit dennoch relevant. Können (Hoch-)Preisfestsetzungen bzw. die durch sie verursachten Wettbewerbsbeschränkungen auch ohne ein effektiv arbeitendes Verbot abgestimmten Verhaltens verhindert werden, so relativiert dies die Bedeutung der Diskussion um den Abstimmungsbegriff und die mögliche Einbeziehung des bewußten Parallelverhaltens in den gesetzlichen Tatbestand des Abstimmungsverbots erheblich. Für Oligopolisten, denen — auf welchem Weg auch immer — die Möglichkeit genommen würde, ihre Preise deutlich über das Wettbewerbsniveau anzuheben, bestünde kein Anlaß mehr, sich zu diesem Zweck untereinander abzustimmen, sei es nun kommunikativ oder nichtkommunikativ. Im Idealfall würde sich damit das Problem der wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensabstimmungen — zumindest soweit es um Preisabstimmungen geht — von selbst erledigen.
Carsten Witter
Kapitel 5. Begriff und Reichweite des Verbots aufeinander abgestimmten Verhaltens i.S.d. § 25 I GWB a.F.
Zusammenfassung
Ging es in den vorangegangenen Kapiteln vornehmlich darum, das sog. „Oligopolproblem“ zu analysieren und — abseits eines Abstimmungsverbots — nach Lösungen für dieses Problem zu suchen, wird in diesem Kapitel die Frage zu klären sein, ob und in welchem Maße ein Verbot abgestimmten Verhaltens geeignet erscheint, zu einer Verhinderung wettbewerbsbeschränkender Verhaltensabstimmungen beizutragen.
Carsten Witter
Backmatter
Metadaten
Titel
Abstimmungsverbot und strategisches Parallelverhalten im Wettbewerbsrecht
verfasst von
Carsten Witter
Copyright-Jahr
1999
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-663-08206-4
Print ISBN
978-3-8244-6871-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-08206-4