Die Automatisierung der Produktionssysteme wächst seit Jahren kontinuierlich und erfordert den Einsatz von Geräten, die die möglichst flexible Handhabung von Arbeitsgegenständen sicher und selbsttätig ausführen können. Das hat zu einer beachtlichen Entwicklung von Pick-and-Place Geräten, Manipulatoren und Industrierobotern geführt. Industrieroboter sind Arbeitsmaschinen, die Tätigkeiten verrichten, die sonst nur von Menschen ausgeführt werden können. Diese Tätigkeiten setzen sich aus Einzelaktionen zusammen, die von einem Programm vorgegeben werden. Man kann die Handlungen des Roboter in seiner Umgebung mit den Begriffen "Ergreifen" und "Hantieren" beschreiben, sowohl von Werkstücken als auch von Werkzeugen.
Das Studium biologischer Organismen kann im Hinblick auf das Greifen zu interessanten Anregungen für die technische Umsetzung in Greifermechanismen führen.
Das Greifprinzip beeinflusst maßgeblich Leistung und Flexibilität einer Handhabungseinrichtung. Klemmen heißt, ein Greifobjekt mechanisch durch zweiseitiges Spannen zu fixieren. Die Greifbacken können beide beweglich sein oder auch nur einseitig, wie bei einem Schraubstock.
Unter "Greifen durch Eindringen" versteht man Greifvorgänge, bei denen Greiforgane durch "Kneifen" oder "Einstechen" in das Greifobjekt eintauchen und eine Kraft-Formpaarung herstellen. Es kommt zu einer Verhakung bzw. Mikroverhakung, die den Halteeffekt bewirkt.
In jedem Material ziehen sich die Moleküle mehr oder weniger an, auch ohne chemisch gebunden zu sein. Die Ursachen liegen im Bau der Atomhüllen und der Moleküle. Das lässt sich für den Bau von Greifern ausnutzen.
Greifobjekte können an ein Greiforgan angedrückt und in dieser Form im Raum bewegt werden. Typisch ist hier, dass keine Punktkraft wirksam ist, sondern ein Kraftfeld. Die Haltekraft ist von der Stärke des Kraftfeldes und den einbezogenen Flächen bzw. der geometrischen Beschaffenheit abhängig.
Allgemein werden miniaturisierte Greifer als Mikrogreifer bezeichnet. Die äußeren Abmessungen können je nach Wirkprinzip und Art der Herstellung (feinwerktechnisch oder mikrotechnisch) zwischen einigen Kubikmillimetern und einem im Zentimeterbereich liegendem Volumen liegen. Für die Handhabung von Mikroteilen werden in der Industrie überwiegend Vakuumgreifer und mechanisch wirkende Greifer eingesetzt.
Der Begriff "Hand" rückt Greifsysteme in die Nähe des menschlichen Vorbildes. Der einfache Backengreifer steht an der untersten Stelle und anthropomorphe Gelenkfingergreifer nehmen die menschliche Hand zum Ziel. Einige technische Lösungen versprechen auch brauchbare Flexibilität, wie sie in der industriellen Handhabung benötigt wird.
Die Handhabung von Objekten an Spritzgießmaschinen ist durch einige Besonderheiten gekennzeichnet. Vielfach sind recht komplizierte Multifunktionsgreifer erforderlich.
Im automatisierten Fertigungsablauf sind Sensoren unerlässlich und die Sensorisierung von Greifsystemen gehört dazu. Unter Greifersensorik versteht man die Gesamtheit der sensortechnischen Ausstattung eines Greifers. Welcher Sensor jeweils zum Einsatz kommen sollte, hängt immer von der Greifaufgabe und vom Prozess ab. An dem in Bild 10.1 dargestellten fiktiven Greifer soll gezeigt werden, welche Informationen die Sensoren eines Greifers liefern könnten.
Wechselsysteme (gripper changing system) tragen dazu bei, Industrieroboter flexibler und effektiver einzusetzen. Sie verfolgen die Strategie, entweder den kompletten Greifer oder nur die Greifbacken auszutauschen. Mit einem Austausch allein der Greifbacken kann durchaus ein beachtliches Spektrum an Werkstückformen bewältigt werden. Als Nachteil bleibt natürlich das Absolvieren von Wechselwegen der Handhabungseinrichtung und eine Menge magaziniert bereitzuhaltender Greifbackenpaare. Wechselsysteme sind auf komplexe Schnittstellen angewiesen.
Greifer mit Backen, deren Form von der Werkstückform reversibel oder irreversibel übernommen wurde. Die technischen Mittel für das Kopieren der Außenform sind einstellbare Stiftfelder, Lamellenpakete, Umgießen z.B. mit aushärtbarem Flüssigaluminium, Umhüllen mit Kunststoffschaum oder vulkanisiertem Gummi. Die Anwendung ist eher selten und automatisches Abformen problematisch.
DIN 28400: Vakuumtechnik; Benennung und Definitionen; Allgemeine Benennungen. Berlin: Beuth Verlag 1990
DIN 32565: Fertigungsmittel für Mikrosysteme – Schnittstelle zwischen Endeffektor und Handhabungsgerät. Berlin: Beuth Verlag 2007
DIN EN ISO 8373: Industrieroboter – Wörterbuch. Berlin: Beuth Verlag 1997
Stefan Hesse
Backmatter
Metadaten
Titel
Greifertechnik
verfasst von
Stefan Hesse
Copyright-Jahr
2011
Verlag
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Electronic ISBN
978-3-446-42741-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-446-42741-9
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