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08.10.2014 | Automobilelektronik + Software | Schwerpunkt | Online-Artikel

Big Data revolutioniert die Produktentwicklung

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4:30 Min. Lesedauer

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Vernetzte Fahrzeuge und intelligente Datenverknüpfung krempeln die Automobilindustrie um. Denn durch Big Data lernen die Hersteller ihre Kunden und auch deren Fahrzeugnutzung besser kennen. Das Ergebnis: individualisierte Angebote und eine optimierte Produktentwicklung.

Vernetzte Fahrzeuge verändern das Mobilitätsverständnis unserer Gesellschaft. Und auch die neuen Mobilitätswünsche der Kunden beeinflussen künftige Automobilentwicklungen, schreibt Dirk Wollschläger, General Manager Global Automotive Industry bei IBM, im Artikel "Das vernetzte Fahrzeug - Voraussetzungen, Anforderungen und Perspektiven" aus der ATZelektronik 4-2014. Prognosen von Analysten und Industrieexperten gehen nach Wollschläger davon aus, dass die Fahrzeugvernetzung drastisch zunimmt und bereits im Jahr 2020 etwa 90 Prozent aller Neuwagen vernetzbar sein werden. Insgesamt würden dann voraussichtlich über 700 Millionen Fahrzeuge auf den Straßen der Welt unterwegs sein, die entweder direkt aus dem Auto oder über das Smartphone des Fahrers mit ihrer Außenwelt verbunden sind.

Marktvolumen für Connectivity-Dienste verfünffacht sich bis 2020

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Schon heute kommt für 13 Prozent der Autokäufer ein Neufahrzeug ohne Internetzugang gar nicht mehr in Betracht, gibt die Unternehmensberatung McKinsey & Company in ihrer Analyse "Connected Cars" an. Der weltweite Markt für Connectivity-Komponenten und -Dienste werde sich bis zum Jahr 2020 von heute 30 auf dann 170 Milliarden Euro mehr als verfünffachen.

Was bedeutet das für die Automobilindustrie? Vernetzte Autos und die intelligente Verknüpfung von Daten aus den Fahrzeugen, dem Internet sowie von Werkstätten und Händlern eröffnen den Herstellern zahlreiche neue Services und Geschäftsmöglichkeiten. Autohersteller erhalten durch Big Data die Chance, sowohl ihre Kunden als auch deren Fahrzeugnutzung besser zu verstehen. Das Resultat sind individualisierte Angebote und eine optimierte Produktentwicklung, wie aus der Studie "Big Data revolutioniert die Automobilindustrie" der Managementberatung Bain & Company hervorgeht.

Trend zum personalisierten Produkt

Auch die stark zunehmende Zahl an Modellen und Ausstattungsvarianten in der Automobilindustrie spiegelt den Trend zum personalisierten Produkt wider. Dennoch wird es für die Hersteller immer schwieriger, sich zu differenzieren, sagt Bain & Company. Denn die Produkteigenschaften ähneln sich, große Qualitätsunterschiede sind kaum erkennbar und neue Technologien werden nach kurzer Zeit industrieweit verfügbar. Um sich abzuheben, müssen sich die Autobauer daher stärker am Kunden orientieren. Der Kundenkontakt und die damit verbundenen Nutzerdaten liegen heute vorwiegend in der Hand des Händlernetzes und der Markenwerkstätten, weswegen eine durchgängige Kundenorientierung für die Automobilhersteller nur schwer umzusetzen sei.

Doch diese Situation soll sich in den nächsten Jahren ändern, sagen die Analysten von Bain & Company. Der Grund: Big Data und die Vernetzung des Autos. Die Hersteller können umfassende Fahrzeug- und Kundendaten aus zahlreichen Quellen systematisch sammeln, auswerten und weiterverarbeiten. Daraus sollen detaillierte Kunden- und Produktprofile entstehen, mit denen die Autobauer ihre Kunden, deren Wünsche und Fahrzeugnutzung besser einschätzen lernen.

"Big Data macht den einzelnen Kunden und sein Verhalten für den Automobilhersteller transparent", erklärt Dr. Klaus Stricker, Partner bei Bain & Company und Leiter der globalen Praxisgruppe Automobilindustrie. "Das ermöglicht eine bessere Kundensegmentierung - bis hin zur Individualisierung der Produkte." Produktentwicklung, Marketing und After-Sales ließen sich mit Big-Data-Auswertungen wesentlich effizienter als bisher auf die Nachfrage ausrichten. Allerdings gilt es hier auch für die Unternehmen und Hersteller in puncto Datensicherheit die Kontrolle zu behalten.

Neue Geschäftsmodelle aufsetzen

Die Kundenkenntnisse aus Big-Data-Analysen versprechen die Erschließung neuer Ertragsquellen - dies betreffe das Neuwagengeschäft ebenso wie Mobilitäts- und Carsharing-Angebote. Das Serviceangebot werde sich unmittelbar und situationsgerecht an den Bedürfnissen der Kunden orientieren können. Die Autohersteller werden mithilfe exakter Kundenprofile ihre Fahrzeugtechnik und ihre Leistungen weiterentwickeln und verbessern, prognostiziert Bain & Company. So könnten beispielsweise reale Nutzungsprofile auf Over-Engineering oder Nachbesserungsbedarf hinweisen und Voraussagen zur Wartungsintensität getroffen werden.

"Das Marketing wird personalisiert, kann gleichzeitig die Kundenpotenziale besser ausschöpfen und die Markenbindung optimieren", erklärt Bain-Experte Stricker. "Ziel ist es, durch individuelle Kundenbetreuung und Services die Wünsche und Vorstellungen der einzelnen Kunden möglichst umfassend zu erfüllen und ein zunehmend differenziertes Markenerlebnis zu gestalten."

Automobilindustrie leistet Pionierarbeit

Entscheidend ist hierbei die enge Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Händlern und Werkstätten, um Kunden maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen zu bieten. Wichtig ist, dass parallel zur Vernetzung des Autos auch die Vernetzung des Handels steigen sollte - wobei der Kunde als Nutzer von Online-Diensten ebenfalls vernetzt ist, schreibt Rob van Rijswijk, Director Business Development bei MSX International, im Artikel "Connected Retail - Die Kauferfahrung von morgen" aus der ATZagenda 1-2013. Aber neben den wachsenden digitalen Informations- und Absatzkanälen sollen die persönliche Beziehung sowie der physische Kontakt mit dem Produkt Auto weiterhin wichtige Eckpunkte des Vertriebs- und des Serviceerlebnisses bleiben.

Gleichzeitig müssen die Autohersteller aber auch aufpassen, dass sie die Hoheit über die digitale Revolution nicht den Internetunternehmen überlassen, sagt Dominik Wee, Partner bei McKinsey und verantwortlich für das Thema Connected Cars. Unternehmen aus dem Software- oder Telekomsektor drängen in den Markt und bieten ihre Dienstleistungen (wie Navigationssoftware) oft günstiger und zum Teil kostenlos an.

"Letztlich geht es bei Big Data vor allem darum, den Kunden wirklich zu verstehen, um ihn dann mit maßgeschneiderten Angeboten zu überzeugen und an die Marke zu binden", resümiert Bain-Partner Stricker. "Hier leistet die Automobilindustrie derzeit Pionierarbeit und wird zum Vorreiter für andere Branchen."

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