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09.06.2022 | Automobilwirtschaft | Infografik | Online-Artikel

Sehr gute Bilanzen verdecken kritische Lage der Autoindustrie

verfasst von: Christiane Köllner

3 Min. Lesedauer

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Chip-Krise, Lieferketten-Probleme und Ukraine-Krieg: Die Gewinne der Automobilhersteller sind aufgrund der schwierigen Branchensituation bislang kaum beeinträchtigt. Doch die Sorgen um das China-Geschäft nehmen zu. 

Ungeachtet der Chip-Krise, Lieferkettenunterbrechungen und dem Krieg in der Ukraine weisen die Automobilkonzerne von Quartal zu Quartal höhere Gewinne aus: So haben die 16 größten Autokonzerne der Welt im ersten Quartal einen operativen Gewinn von insgesamt 34,1 Milliarden Euro eingefahren, wie eine Finanzanalyse der Beratungsgesellschaft EY ermittelt hat. Darunter befinden sich auch Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW. Demnach sei der operative Gewinn um 19 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen.

Trotz eines Pkw-Absatzrückgangs im ersten Quartal um 11 %, sei der Umsatz dennoch um 7 % gestiegen, so die Analyse. Die stärksten Absatzeinbußen hätten die Unternehmen in China verzeichnet, wo die Verkäufe um 17 % einbrachen. Volkswagen ist bei Gewinn und Umsatz weltweit führend. Bei den Gewinnmargen hatte hingegen erneut Tesla die Nase vorn: Der kalifornische Elektroautobauer erzielte eine Marge von 19,2 % und lag damit vor Mercedes-Benz (15 %), Volkswagen (13,3 %) und BMW (10,9 %).

Tatsächliche Lage extrem angespannt

Jedoch ist die Lage der Autobranche der EY-Analyse zufolge weniger aussichtsvoll, als die Finanzzahlen der Automobilhersteller vermuten lassen. "Die nackten Zahlen zum ersten Quartal sind hervorragend, die tatsächliche Lage in der Autoindustrie ist hingegen extrem angespannt", urteilt Constantin M. Gall, Managing Partner und Leiter Mobility bei EY für die Region Europe West. "Die gute Umsatz- und Gewinnentwicklung ist vor allem auf den Chipmangel zurückzuführen: Die raren Halbleiter werden vor allem in große und teure Neuwagen eingebaut; gleichzeitig müssen die Hersteller kaum noch Preisnachlässe gewähren, da die Nachfrage größer ist als das Angebot."

Von dieser Ausnahmesituation profitierten vor allem Anbieter im Premiumsegment: "Hochpreisige Neuwagen verkaufen sich bestens, Premium-Anbieter fahren derzeit Traummargen ein", so Gall. An einigen Unternehmen gehe der Gewinnboom allerdings vorbei. "Die Autokonzerne haben im ersten Quartal so viel Gewinn gemacht wie nie zuvor. Allerdings entfiel die Hälfte des Gesamtgewinns auf die Top-3-Verdiener", verdeutlicht der Analyst. Am Fokus auf Premiumfahrzeuge dürfte sich vorerst wenig ändern, erwartet Gall, wobei sich die Ressourcenallokation weiter von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auf elektrifizierte Fahrzeuge verlagere.

China-Sorgen nehmen zu 

Die große Unbekannte sei der Analyse zufolge derzeit die weitere Entwicklung auf dem wichtigen chinesischen Markt, der im ersten Quartal für 39 % des Absatzes der deutschen Autokonzerne stand. Peter Fuß, Partner bei EY, betrachtet die Entwicklung dort mit Sorge: "In China gerät der Neuwagenabsatz wegen der harten Lockdown-Maßnahmen massiv unter Druck. Ein Ende der rigorosen Corona-Politik der chinesischen Behörden ist noch nicht absehbar, daher drohen hier weitere Absatzrückgänge in den kommenden Monaten. Zudem ist auch die Produktion vor Ort stark eingeschränkt – mit Folgen für die weltweiten Lieferketten." Die Einschränkungen in China dürften daher weltweit zu spüren sein, fürchtet Fuß.

Derzeit hoffen die Hersteller vor allem auf eine bessere Versorgung mit Halbleitern. "Wenn sich die Situation bei den Chips tatsächlich in den kommenden Monaten langsam verbessert, könnte das zu steigenden Absatzahlen führen, denn die Orderbücher der Hersteller sind sehr gut gefüllt", sagt Fuß. "Allerdings werden sich gleichzeitig auch die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten in den Bilanzen der Konzerne widerspiegeln." Ein weiteres Gewinnwachstum sei daher unwahrscheinlich – auch angesichts der schwierigen Lage in China.

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