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22.04.2013 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Neue Regulierung zielt auf organisierte Kriminalität

verfasst von: Anja Kühner

3:30 Min. Lesedauer

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Die Flut der Regulierungsvorschriften wird nicht weniger. Auch im Bereich der organisierten Kriminalität werden aus Brüssel und Berlin etliche Neuerungen auf die deutschen Banken zukommen – und damit die Compliance-Abteilungen weiter beschäftigen.

Auf 3,6 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts oder rund 2,1 Billionen Dollar schätzt die Europäische Union (EU) die illegalen Finanzströme. Drei Viertel davon werden irgendwann gewaschen und gelangen so in den legalen Geldkreislauf zurück. Dahinter stecken fast ausnahmslos keine Einzeltäter, sondern kriminelle Organisationen. Nach Schätzungen der EU-Kommission gibt es innerhalb der EU etwa 3.600 organisierte Kriminellen-Gruppierungen. „Diesen kriminellen Strukturen müssen ihre Ressourcen entzogen werden,“ fordert Jens Schröder, der im Verwaltungsrat des Europäischen Parlaments im Sonderausschuss für organisierte Kriminalität, Korruption und Geldwäsche (CRIM) sitzt, anlässlich des 6. Internationalen Bankentags der Unternehmensberatung Deloitte, der sich Mitte April dem Thema „Financial Crime“ widmete. 

Nicht zuletzt die „Offshore-Leaks“ Anfang April haben das Thema Finanzbetrug wieder nach oben auf die gesetzgeberische Agenda gespült. Tausende Briefkastenfirmen wurden dabei aufgedeckt und ein System der Steuerhinterziehung dokumentiert, dessen Ausmaß auch viele Experten überraschte. Etliche international agierende Großbanken sollen darin verwickelt sein. Dass es einige Banken offenbar gibt, die Steuerflüchtlinge noch immer unterstützen, haben Anita Mosch und Anja Kühner ausführlich im BANKMAGAZIN beschrieben.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück legte nach Veröffentlichung der „Offshore-Leaks“ einen Acht-Punkte-Plan gegen Steuerbetrug vor, der unter anderem ein Verbot von Briefkastenfirmen und einen automatischen Informationsaustausch vorsieht. Luxemburg und Österreich waren zuletzt die EU-Länder, die sich gegen einen automatisierten Datenabgleich gesperrt haben. Nach dem Offshore-Leaks-Skandal lenkte Luxemburg ein, betonte aber, dass seine Bereitschaft zum Datenaustausch nicht im Zusammenhang mit diesen Ereignissen stehe.

Das Ziel aller europäischen Aktivitäten sei allerdings der Schutz der EU-Finanzinteressen, nicht die der Mitgliedstaaten, wie Schröder betonte. Laut Zahlen der EU-Kommission werden in den Mitgliedstaaten der EU rund 1.000 Milliarden Euro jährlich an Steuern hinterzogen. „Die schärfste Waffe ist hier die Zusammenarbeit der Behörden“, so Schröder. Künftig sollten dadurch Aktionen wie der Ankauf von Steuer-CDs überflüssig werden.

Aufdeckung des wirtschaftlich Begünstigten

Von EU-Seite werde beispielsweise derzeit ein neuer Verordnungsvorschlag diskutiert, der die derzeitige Marktmissbrauchs-Richtlinie ersetzen soll. Auch im Bereich Geldwäsche ist mit neuen Vorschriften zu rechnen, vor allem im Hinblick auf die Aufdeckung der wirtschaftlichen Eigentümer und tatsächlichen Nutznießer (beneficial owner), die hinter komplizierten Firmenverflechtungen stehen. Nicht zuletzt empfehlen die Weltbank und der Arbeitskreis Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (FATF = Financial Action Task Force on Money Laundering) dahingehende Schritte, wie Jacques Berleur, Magda David Hercheui und Lorenz M. Hilty in ihrem Buchkapitel zum Thema „Money Laundering and FATF Compliance by the International Community“ beschreiben.

Eine Harmonisierung der Unternehmensregister durch Meldeverpflichtungen würde laut Schröder dabei helfen. Banken fordern jedoch, dass nicht sie sondern staatliche Stellen diese Daten ermitteln und zur Verfügung stellen sollten.

Europäischer Finanz-Staatsanwalt geplant

Wichtig sei jedoch, dass die Bereiche der organisierten Kriminalität nicht nur regulatorisch präventiv, sondern auch strafrechtlich betrachtet werden, ist Schröder überzeugt. Noch in diesem Jahr werde es einen Gesetzesvorschlag für einen europäischen Finanz-Staatsanwalt geben, prognostiziert er. Dies sei ein Schritt in die Richtung, dass Finanzstraftaten überall gleich geahndet würden. Denn laut Rechtsanwalt Carsten Wegner sei es derzeit eher Glückssache. „Es entscheidet oft über den Prozessausgang, ob die Staatsanwaltschaft Görlitz oder Magdeburg anschreibt oder aber Frankfurt oder München“, ist die Erfahrung des Partners bei der Anwaltskanzlei Krause & Kollegen. Auch Wegner, der zu den renommiertesten Experten in Sachen Wirtschaftsstrafrecht zählt, äußerte sich auf dem 6. Internationalen Bankentag in Frankfurt.

Compliance Officer muss „eierlegende Wollmilchsau“ sein

Um die Einhaltung all dieser Vorschriften kümmern sich die Compliance Officer. „Compliance hat sich in den letzten Jahren professionalisiert“, stellt Deloitte-Partner Uwe Heim fest. Allerdings müsse ein Compliance Officer in unglaublich vielen Fachbereichen fit sein.

Laut Heim wird es eine immer schwerere Aufgabe, geeignete Mitarbeiter für Compliance-Aufgaben zu finden. „Herzlichen Glückwunsch zur eierlegenden Wollmilchsau“, fasste Uwe Heim die Anforderungen an Compliance Officer in Banken zusammen. Er sei auf den ersten Fall gespannt, wo etwas schiefgehe und der Compliance Officer in die Pflicht genommen werde.

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