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27.10.2014 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Kraftakt mit Präventivwirkung

verfasst von: Stefanie Hüthig

4:30 Min. Lesedauer

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Mit einer Ausnahme haben die deutschen Kreditinstitute den Bilanz- und Stresstest der Europäischen Zentralbank bestanden. Wie die Beteiligten die Prüfung einordnen.

„Ein gewaltiger Kraftakt, der enorme Kapazitäten gebunden hat“, eine „für alle Seiten arbeitsintensive Überprüfung“: So kommentieren deutsche Bankenverbände das Comprehensive Assessment der Europäischen Zentralbank (EZB), kurz Bilanz- und Stresstest genannt. Die Interessenvertretungen sind der Ansicht, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Auch die Schlussfolgerungen ähneln sich.

Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands VÖB, beispielsweise sagt: „Das jetzt vorliegende Vertrauenstestat der EZB ist ein starkes Signal in den Markt und eine sehr gute Basis für das unmittelbare Bankgeschäft mit dem Kunden, das nun wieder im Mittelpunkt des Handelns jeder Bank stehen sollte.“ Etwas deutlicher wird Sparkassen-Chef Georg Fahrenschon. Zwar habe der Stresstest „in eindrucksvoller Weise die Stabilität des deutschen Finanzmarktes unterstrichen“. Künftige europäische Stresstests dürften allerdings die Institute nicht noch einmal über einen Zeitraum von sechs Monaten derart administrativ belasten. „Sollten künftig Stresstests notwendig sein, so müssen diese transparenter und mit spürbar reduziertem Aufwand durchgeführt werden“, fordert der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Bei der Hamburger Sparkasse waren nach eigenen Angaben rund 20 Mitarbeiter ausschließlich mit der Überprüfung durch die EZB beschäftigt.

Durchgefallene Banken nicht abstempeln

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Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), lobt die „Präventivwirkung“ des Comprehensive Assessments. Die Banken hätten die Überprüfungen sehr ernst genommen und sich angestrengt, ihr Kapital zu erhöhen, Gewinne einzubehalten und Risiken abzubauen. Die EZB-Überprüfung sei schon durch den Asset Quality Review, also den Bilanztest, deutlich aussagekräftiger als der alleinige Stresstest aus dem Jahr 2011. Kemmer mahnt jedoch, Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse walten zu lassen. Denn die in diesem Jahr durchgeführten Kapitalerhöhungen würden im Rahmen der Veröffentlichung nur nachrichtlich ausgewiesen. Ähnliches gelte für den Abbau von Risiken. „Nicht jede Bank, für die Kapitalbedarf berechnet wurde, hat diesen auch tatsächlich. Auch Banken, die selbst nach vollständiger Berücksichtigung der Maßnahmen des Jahres 2014 noch Kapitalbedarf haben, sollten nicht abgestempelt werden.“ Gleichzeitig drängt Kemmer die europäischen Banken dazu, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Laut Burkhard Eckes, Partner und Banken-Experte bei Pricewaterhouse Coopers (PwC), müssen Kreditinstitute offen für Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle sein. „Die notwendige Stringenz und nachhaltige Profitabilität der Banken wird zu einem wichtigen Element der Überprüfungs- und Evaluierungsprozesse durch die Aufsichtsbehörden, genauso wie schärfere Kontrollen ihres Risikomanagements und ihrer Governance.“

Europaweit Kapitallücke von 25 Milliarden Euro

Insgesamt hat die EZB 130 Geldinstitute getestet. Die Aktiva der untersuchten Häuser beliefen sich nach Angaben der Zentralbank auf 22 Billionen Euro. Dies entspricht 82 Prozent der gesamten Bankaktiva im Euroraum. Der Asset Quality Review deckte eine Kapitallücke von 25 Milliarden Euro bei 25 Instituten auf. Zwölf dieser Banken haben bereits ausreichende Kapitalerhöhungen von insgesamt 15 Milliarden Euro vorgenommen. Institute, bei denen Lücken festgestellt werden, haben bis zu neun Monate Zeit, sie zu schließen. Allerdings müssen sie binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Ergebnisses Kapitalpläne vorlegen.

Das Stress-Szenario würde das harte Kernkapital der Banken um 263 Milliarden Euro verringern, teilte die EZB weiter mit. Der Median dieser so genannten Common Equity Tier 1-Quote läge dann nur noch bei 8,3 Prozent. Das ist ein Minus von vier Prozentpunkten zum Normalfall von 12,4 Prozent. Der Rückgang fiel damit stärker aus als in der Vergangenheit. Die Zentralbank hatte aber auch ein deutlich strengeres Szenario angesetzt. Unter anderem EZB-Direktorin Sabine Lautenschläger hatte auf den strikten Ansatz gepocht. Im Vorfeld hatten Wissenschaftler Zweifel daran geäußert, dass der Stresstest streng genug ausfällt.

In Deutschland hat die EZB 25 Häuser überprüft. Bestanden haben alle mit Ausnahme der Münchener Hypothekenbank. Das Haus erfüllt aber mittlerweile die Standards. Beim Stresstest hat die Bank die geforderten Mindestquoten für das harte Kernkapital auf Basis des Jahresabschlusses 2013 nicht erreicht. Durch die im Laufe des Jahres 2014 vorgenommene Eigenkapitalerhöhung übertreffe die Münchener Hyp die Vorgaben aber „bei weitem“, heißt es in einer Mitteilung des Instituts. Den Fall als erledigt sieht der Bundesverband Deutscher Volksbanken und Raiffeisenbanken. In seiner Mitteilung ist von dem durchgefallenen Institut lediglich zwischen den Zeilen zu lesen: „Erwartungsgemäß erfüllen alle genossenschaftlichen Kreditinstitute in Deutschland die Eigenkapitalanforderungen der EZB zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ergebnisse des Comprehensive Assessments.“

229 Millionen Euro fehlten der Münchener Hypothekenbank zum Stichtag. Die Kapitalerhöhung von 408 Millionen Euro schließe aber die Lücke ohne weiteres, sagte Elke König, Präsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). In Deutschland gebe es also keine Bank mit einer „Netto-Kapitallücke“.

Viele deutsche Institute erfüllen Basel-III-Quoten jetzt schon

Die Bafin-Chefin lobte überdies, dass die meisten der deutschen EZB-Test-Teilnehmer nicht erst im Jahr 2024, sondern schon jetzt in der Lage seien, zentrale Basel-III-Anforderungen voll zu erfüllen. 20 Banken hätten sogar für das Stress-Szenario die geforderte Basel-III-Quote von über 5,5 Prozent aus. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Leverage Ratio, die nach den Vorgaben des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht erst ab 2018 verbindlich ist.

Chefaufseherin König glaubt, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Übungen wie das Comprehensive Assessment seien wichtig, weil sie Transparenz böten. Auch wenn man nicht vergessen dürfe, dass sie aus Szenarien bestehen, die wir uns ausdenken. Wirklich schlauer mache uns nur das wahre Leben.

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