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18.03.2013 | Bankstrategie | Interview | Online-Artikel

Prozesse: "Nicht reagieren, sondern mitgestalten" - Teil 3

verfasst von: Stefanie Hüthig

10 Min. Lesedauer

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Mit Michael Eisenrauch, Mitglied der Direktion der Basler Kantonalbank, sprach BANKMAGAZIN über Prozesse und Datendisziplin, aber auch über die Möglichkeiten, Mitarbeiter auf dem Weg zu einer effizienten Bank „mitzunehmen“.

Springer für Professionals: Von welcher Ausgangssituation in den Kreditprozessen kommt die Basler Kantonalbank?

Eisenrauch: Die letzte Reorganisation lag bei meinem Eintritt in die Basler Kantonalbank 2009 rund zehn Jahre zurück. Kreditvertriebs-, -risiko- und -verarbeitungseinheiten waren zusammengefasst und standen unter einer Führung. Die Bank Coop dagegen hatte damals schon die Basler und Züricher Kreditverarbeitung zusammengelegt. Es gab also eine viele Jahre stabile Struktur, neue Anforderungen, zum Beispiel gemäß Basel II, waren noch nicht final umgesetzt.

Wir haben dann schnell die Trennung zwischen Kreditvertrieb und -verarbeitung herbeigeführt. Das war ein massiver kultureller Einschnitt. Das Change Management war deutlich ambitionierter als in anderen Projekten, zumal die Organisation wenig Change-Erfahrung hatte. Die auf die Trennung folgende Bündelung der Kreditverarbeitung von der Basler Kantonalbank und Bank Coop beschäftigt uns heute noch, quasi die Gründung einer eigenen Verarbeitungskultur. Wir haben zwar viel getan, aber Kultur lässt sich nicht verordnen, das braucht Zeit. Im Gegensatz zur Basler Kantonalbank war die Bank Coop bereits sehr veränderungserprobt, weil sie eine Retailbank ist, sich damit permanent auch im starken Wettbewerb behaupten muss. Die Basler Kantonalbank hatte, auch aufgrund ihrer Staatsgarantie (Anm. d. Red.: vergleichbar mit der früheren Gewährträgerhaftung bei den deutschen Sparkassen), eine ganz andere Ausgangssituation. Sie war wenig Change-erprobt, hatte wenige Reorganisationen bzw. Restrukturierungen hinter sich und bewegte sich in einem stabilen Umfeld. Und diese Kultur war so auch bei den Mitarbeitern verankert. Eine Change-erprobte Person weiß, dass es auch nach der Veränderung weitergeht, dass Dinge nicht so heiß gegessen wie sie gekocht werden. Bei Mitarbeitern, die Veränderungen zum ersten Mal mitmachen, ist die Unzufriedenheit deutlich höher.

Bei der Etablierung der zentralen Kreditverarbeitung in der Basler Kantonalbank haben einige Mitarbeiter die Bank freiwillig verlassen, weil sie die neuen Bedingungen nicht mochten. In einem Vortrag haben Sie erklärt, dass Sie bzw. die Organisation darüber nicht unbedingt unglücklich waren. Aus welchen Gründen haben die Mitarbeiter die Bank verlassen und was hatte die Bank davon?

Bei der Zusammenführung der Kreditverarbeitung der beiden Häuser zur zentralen Kreditverarbeitung haben wir die Kostenstruktur im Fokus gehabt. Wenn man zwei Organisationseinheiten zusammenbringt, die vom Prinzip her das Gleiche tun, gibt es Redundanzen. Baut man diese ab, ergeben sich automatisch Kostenreduktionen.

Die Bank verlassen haben zum Beispiel Mitarbeiter, die kurz vor der Pensionierung standen. Auch die Einführung des neuen Kernbankensystems hat dazu beigetragen, dass sich einige Mitarbeiter lieber neu orientiert haben. Gefreut hat mich aber, dass eine Mitarbeiterin, die nicht an die Veränderung glaubte und daraufhin kündigte, nach drei Monaten um Rücknahme der Kündigung bat, weil sie bemerkt hat, dass ihr die Veränderung entgegen ihrer ursprünglichen Annahme doch lag. Heute haben wir Mitarbeiter in der Organisation, die gerne leistungsbereit sind, die gerne flexibel arbeiten – und das ist gut so, denn bei uns dauert ein Arbeitstag nicht immer von 9 bis 17 Uhr, sondern je nachdem, wie viel zu tun ist. Auch Minusstunden sind in unserem Konzept vorgesehen, aber die Organisation ist noch nicht so weit, dass sie diese akzeptiert.

Springer für Professionals: Von welcher Ausgangssituation in den Kreditprozessen kommt die Basler Kantonalbank?

Eisenrauch: Die letzte Reorganisation lag bei meinem Eintritt in die Basler Kantonalbank 2009 rund zehn Jahre zurück. Kreditvertriebs-, -risiko- und -verarbeitungseinheiten waren zusammengefasst und standen unter einer Führung. Die Bank Coop dagegen hatte damals schon die Basler und Züricher Kreditverarbeitung zusammengelegt. Es gab also eine viele Jahre stabile Struktur, neue Anforderungen, zum Beispiel gemäß Basel II, waren noch nicht final umgesetzt.

Wir haben dann schnell die Trennung zwischen Kreditvertrieb und -verarbeitung herbeigeführt. Das war ein massiver kultureller Einschnitt. Das Change Management war deutlich ambitionierter als in anderen Projekten, zumal die Organisation wenig Change-Erfahrung hatte. Die auf die Trennung folgende Bündelung der Kreditverarbeitung von der Basler Kantonalbank und Bank Coop beschäftigt uns heute noch, quasi die Gründung einer eigenen Verarbeitungskultur. Wir haben zwar viel getan, aber Kultur lässt sich nicht verordnen, das braucht Zeit. Im Gegensatz zur Basler Kantonalbank war die Bank Coop bereits sehr veränderungserprobt, weil sie eine Retailbank ist, sich damit permanent auch im starken Wettbewerb behaupten muss. Die Basler Kantonalbank hatte, auch aufgrund ihrer Staatsgarantie (Anm. d. Red.: vergleichbar mit der früheren Gewährträgerhaftung bei den deutschen Sparkassen), eine ganz andere Ausgangssituation. Sie war wenig Change-erprobt, hatte wenige Reorganisationen bzw. Restrukturierungen hinter sich und bewegte sich in einem stabilen Umfeld. Und diese Kultur war so auch bei den Mitarbeitern verankert. Eine Change-erprobte Person weiß, dass es auch nach der Veränderung weitergeht, dass Dinge nicht so heiß gegessen wie sie gekocht werden. Bei Mitarbeitern, die Veränderungen zum ersten Mal mitmachen, ist die Unzufriedenheit deutlich höher.

Bei der Etablierung der zentralen Kreditverarbeitung in der Basler Kantonalbank haben einige Mitarbeiter die Bank freiwillig verlassen, weil sie die neuen Bedingungen nicht mochten. In einem Vortrag haben Sie erklärt, dass Sie bzw. die Organisation darüber nicht unbedingt unglücklich waren. Aus welchen Gründen haben die Mitarbeiter die Bank verlassen und was hatte die Bank davon?

Bei der Zusammenführung der Kreditverarbeitung der beiden Häuser zur zentralen Kreditverarbeitung haben wir die Kostenstruktur im Fokus gehabt. Wenn man zwei Organisationseinheiten zusammenbringt, die vom Prinzip her das Gleiche tun, gibt es Redundanzen. Baut man diese ab, ergeben sich automatisch Kostenreduktionen.

Die Bank verlassen haben zum Beispiel Mitarbeiter, die kurz vor der Pensionierung standen. Auch die Einführung des neuen Kernbankensystems hat dazu beigetragen, dass sich einige Mitarbeiter lieber neu orientiert haben. Gefreut hat mich aber, dass eine Mitarbeiterin, die nicht an die Veränderung glaubte und daraufhin kündigte, nach drei Monaten um Rücknahme der Kündigung bat, weil sie bemerkt hat, dass ihr die Veränderung entgegen ihrer ursprünglichen Annahme doch lag. Heute haben wir Mitarbeiter in der Organisation, die gerne leistungsbereit sind, die gerne flexibel arbeiten – und das ist gut so, denn bei uns dauert ein Arbeitstag nicht immer von 9 bis 17 Uhr, sondern je nachdem, wie viel zu tun ist. Auch Minusstunden sind in unserem Konzept vorgesehen, aber die Organisation ist noch nicht so weit, dass sie diese akzeptiert.

Gibt es einen bestimmten „Typ Mitarbeiter“, der besonders gerne in der Kreditverarbeitung arbeitet?

Wir können heute aufgrund der neuen Struktur und Prozesse Jobprofile anbieten, die wir in der Vergangenheit nicht hatten. Außerdem haben wir heute eine sehr hohe Frauenquote in der Kreditverarbeitung. Wir haben sehr viele junge Mitarbeiterinnen, die nach der Ausbildung eben keine Vertriebskarriere anstreben, sondern sich in der Kreditverarbeitung sehr wohl fühlen. Wieder andere sind nach der Geburt eines Kindes als Teilzeitkraft wieder in den Beruf eingestiegen. Für diese Mitarbeiterinnen ist die Veränderung eine spannende Sache, denn sie hatten ihr in der Vergangenheit ein sehr breites Aufgabenfeld und arbeiten nun viel fokussierter.

In der Kreditverarbeitung haben wir Stellen, für die wir hochqualifizierte, hochspezialisierte Mitarbeiter brauchen – und die finden wir auch, weil wir Karrieremöglichkeiten anbieten können. Oft wird unterstellt, dass die Kreditverarbeitung „Endstation Hoffnung“ sei. Wir haben aber unseren Mitarbeitern sehr frühzeitig versucht, aufzuzeigen, dass es Karrierechancen gibt, dass es auch aufgrund der Größe der Kreditverarbeitung Führungsaufgaben gibt, dass es Tätigkeitsfelder gibt, bei denen Spezialisierung, Professionalität und langjährige Erfahrung wertgeschätzt werden. Gleichzeitig sammeln Studenten bei uns erste Erfahrungen. Das ist ein guter Mix.

Haben Sie ein Beispiel für eine hochspezialisierte Tätigkeit?

Die Schnittstelle zwischen Vertrieb und Kreditverarbeitung ist immer noch sehr kritisch. Tätigkeiten hier liegen schon auf dem Senioritätslevel. Aber dort sind nicht nur Gruppenleiter oder Führungskräfte im Einsatz, sondern auch Mitarbeiter, die Stellvertretungsfunktionen innehaben oder die sich in diese Richtung spezialisieren, um in Zukunft dort auch Führungsaufgaben wahrzunehmen.

Wie viel individuellen Spielraum haben die Mitarbeiter in der Kreditverarbeitung noch?

Ginge es nach mir, wäre die Kreditverarbeitung noch viel stärker reglementiert, die Prozesse noch viel feiner in einzelne Teile geschnitten. Denn ich finde, wenn man industrialisiert, kann man keine halben Sachen machen. Der Punkt ist nur: Das Feinschneiden der Prozesse setzt auch ein bestimmtes Transaktionsvolumen voraus, das wir nicht haben. Das ist der Grund, warum die Kreditverarbeitung – also Datenveredelung, Sicherheitenbestellung, Vertragserstellung – noch aus einer Hand kommt. Dennoch ist der Freiraum im Vergleich zu früher deutlich eingeschränkt. Briefe zum Beispiel konnten früher individuell erstellt werden, das ist heute nicht mehr möglich. Unter anderem dadurch kommt unsere Effizienz zustande. Sicher würden einige Mitarbeiter gerne etwas Individualität mit hineinbringen, das ist aber von unserer Seite nicht gewünscht.

Mit welchen Maßnahmen erhalten Sie die Motivation der Mitarbeiter?

2012 haben wir stark mit Change-Management-Maßnahmen gearbeitet: Wir haben Veranstaltungen durchgeführt und haben versucht, die Mitarbeiter hinsichtlich Prozessen zu qualifizieren, damit sie auch „in Prozessen denken“ können. Offene Kommunikation ist der Schlüssel: Wir haben den Mitarbeitern klar gesagt, was wir vorhaben, das dann auch so umgesetzt und später reflektiert.

Welche Veranstaltungen waren das genau?

Unter dem Motto „Zukunft braucht Herkunft“ haben wir bei einer Veranstaltung mit Lego Serious Play versucht herauszuarbeiten, wie die Mitarbeiter sich und die Bank in der Vergangenheit gesehen haben. Dabei kam zum Beispiel heraus, dass Mitarbeiter die Basler Kantonalbank als Elefant gesehen haben, sich selbst aber als kleinen Hasen oder als kleines Schaf. Ziel war zu sehen, welche tiefen Ängste und Befürchtungen in den Mitarbeitern stecken. Wir haben dann versucht, mit dem Legospiel eine gemeinsame Kultur, gemeinsame Werte zu schaffen. Eine Sache, die mir immer wieder einfällt, ist das Leitbild, das sich die Kollegen gegeben haben, nämlich: „Das Leben ist bunt, wir auch“. Nach diesem Spruch gestalten sie beispielsweise ihre Büros und dabei hilft natürlich wiederum die Abendveranstaltung, bei der gemeinsam Bilder gemalt werden. Das hilft ein Stück weit, die unterschiedliche Herkunft zu überbrücken. Dennoch stehen immer dieselben Leute beim Kaffee zusammen. In Sachen „Durchmischung“ von Basler Kantonalbank und Bank Coop muss noch einiges passieren.

Welche Ängste gab es denn?

Zum einen die Industrialisierung an sich – darunter konnten sich viele nichts vorstellen. Hier mussten wir viel Aufklärungsarbeit leisten. Dann stellten sich die Mitarbeiter die Frage, ob sie weiterhin einen Job haben, auch angesichts dessen, dass auf dem Arbeitsmarkt derzeit nicht viele Verarbeitungsspezialisten gesucht werden. Für Mitarbeiter, die nicht in der Kreditverarbeitung tätig werden wollten, haben wir versucht, andere Stellen in der Bank zu finden. Wir haben auch jetzt noch die Möglichkeit, Mitarbeitern, die wechseln wollen, attraktive Alternativen anzubieten.

Interview-Serie Prozesse:"Nicht reagieren, sondern mitgestalten" - Teil 1

Interview-Serie Prozesse:"Nicht reagieren, sondern mitgestalten" - Teil 2

Zur Person und zum Institut

Michael Eisenrauch ist Mitglied der Direktion der Basler Kantonalbank, Leiter Credit Management und zuständig für Produkt- und Qualitätsmanagement, Projekt- und Prozessmanagement sowie Meldewesen und Reporting im Bereich Finanzieren. Der gebürtige Österreicher und ausgebildete Bankkaufmann studierte Wirtschaftsinformatik sowie Internationales und General Management. Eisenrauch arbeitete in der Folge unter anderem als Unternehmensberater und wurde in dieser Funktion auch für die Baseler Kantonalbank tätig, die ihn 2009 schließlich fest anstellte.

Der Basler-Kantonalbank-Konzern besteht aus der Basler Kantonalbank und der Bank Coop. Die Bilanzsumme auf Konzernebene belief sich laut Geschäftsbericht 2011 auf rund 38 Milliarden Schweizer Franken mit Hypothekarforderungen in Höhe von circa 22 Milliarden Franken.

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