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20.09.2023 | Brennstoffzelle | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie sich der Markt für Brennstoffzellen entwickelt

verfasst von: Frank Urbansky

4:30 Min. Lesedauer

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Brennstoffzellen könnten in der Mobilität und im Wärmemarkt eine wichtige Rolle spielen. Tun sie aber nicht, jedenfalls nicht hierzulande. Ein Fraunhofer Projekt versucht nun, weltweit alle Daten und Trends zum Thema zu erfassen und zu aktualisieren.

Die Brennstoffzelle hat hierzulande einen schweren Stand. Trotz üppiger Förderprogramme wurden in den vergangenen Jahren gerade einmal gut 2.000 der Wärmespender in deutschen Häusern installiert. Von den namhaften deutschen Herstellern ist Viessmann in einer Kooperation mit Panasonic noch im Rennen. Bei der Mobilität sieht es nicht besser aus. Rund 100 Tankstellen stehen gerade einmal 1.500 Fahrzeugen zur Verfügung – eine Nische in der Nische.

Denn der deutsche Weg ist längst nicht mehr der des Technologieführers. In anderen Ländern werden Brennstoffzellen weniger stiefmütterlich behandelt. Und genau das gilt es wissenschaftlich zu erforschen.

Umfassende Roadmap für H2-Technologien

Im Projekt "H2GO" hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) eine Innovationsanalyse zu Brennstoffzellen durchgeführt. Die Analyse umfasst Erkenntnisse zur Technologieentwicklung, Marktdurchdringung, Marktentstehung und Produktionskapazitäten. Sie bildet gemeinsam mit Untersuchungen zur Elektrolyse ein umfassendes Roadmapping der Wasserstofftechnologien.

Die Meta-Analyse im Projekt zeigt eine breite Palette von Markterwartungen: Prognosen reichen von 10 bis 41 % jährlichem Wachstum, wobei die Mehrheit der Studien von einem mittleren Wachstum zwischen 15 und 30 % ausgeht. Für 2030 werden Umsätze zwischen knapp 2 und 87 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Diese Spannbreite ist der Unsicherheit bei der Entstehung neuer Märkte geschuldet, zudem verstärkt durch die dynamische Natur der Energiewende, bei der verschiedene technische Alternativen um die Ablösung fossiler Brennstoffe konkurrieren.

In den Anfangsstadien von Innovationen ist staatliche Förderung ein entscheidender Antrieb für die Entwicklung neuer Technologien. In Deutschland hat gezielte Unterstützung zur Etablierung eines umfassenden Forschungsnetzwerks für Brennstoffzellen geführt, bei dem die Industrie stark beteiligt ist. Über 500 Unternehmen, darunter 270 KMUs, haben sich bisher an relevanten Förderprojekten beteiligt. Diese Projekte sind oft eng mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft verknüpft.

Kontinuierliche Förderung in Deutschland

Seit 2017 zeigt sich eine kontinuierliche Zunahme der staatlichen Förderung durch den Bund, insbesondere für die PEM-Technologie (130 Millionen Euro 2023). Auch Investitionen in Hochtemperatur-Brennstoffzellen (14 Millionen Euro 2023) werden konsequent vorangetrieben. Seit 2009 lässt sich zudem eine deutliche Steigerung der Förderung ohne spezifische Zuordnung zu einer Brennstoffzellentechnologie feststellen.

Hierbei handelt es sich oft um Programme zur Markteinführung und Anreize, etwa Projekte im Verkehrssektor mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen oder den Aufbau einer Tankstelleninfrastruktur.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (233 Millionen Euro 2023), das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (64 Millionen Euro 2023) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (27 Millionen Euro 2023) sind hierbei maßgebliche Fördergeber.

Henning Döscher, der am Fraunhofer ISI die Forschungsarbeiten zu "H2GO" koordiniert, verweist auf den weltweiten Aufbau von Produktionskapazitäten: "Im laufenden Jahrzehnt könnten weltweit etwa 300 Millionen PEM-Brennstoffzellen pro Jahr produziert werden, hauptsächlich für Mobilitätslösungen."

BZ-Produktion ausreichend für eine Viertel Million Lkw

Das würde ausreichen, um etwa 250.000 Lkw jährlich mit Brennstoffzellen auszustatten. Investitionszusagen für den Produktionsausbau in diesem Jahrzehnt belaufen sich auf mindestens 14,7 Milliarden US-Dollar. Die verfügbaren Daten sind jedoch noch unvollständig, wobei die meisten Ankündigungen von chinesischen Unternehmen stammen.

Aber auch in Frankreich, Korea und Deutschland zeichnen sich industrielle Investitionen ab.

Der Forscher vom Fraunhofer ISI sieht Deutschland als wichtigen Standort für Brennstoffzellentechnologien und erkennt große Chancen für die heimische Industrie – kluge und konsequente Investitionen sowohl seitens der Industrie für die Produktionsskalierung als auch seitens des Staates für Forschung, Entwicklung und den strategischen Aufbau der Anfangsinfrastruktur vorausgesetzt. Andernfalls bestehe die mittelfristige Gefahr, international den Anschluss zu verlieren.

19 Fraunhofer-Institute involviert

Im Projekt "H2GO – Nationaler Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion" arbeiten 19 Fraunhofer-Institute zusammen, um technische Lösungen für eine rasche Hochlaufphase der Brennstoffzellenproduktion zu entwickeln. Ziele sind nachhaltige Antriebsmöglichkeiten zur signifikanten CO2-Reduktion im deutschen Schwerlastverkehr.

Das Fraunhofer ISI überwachte Innovationsdaten zu Brennstoffzellen-Technologien, bezogen auf Forschungsnetzwerke, Patente, Markterwartungen und Produktionsaufbau. Dabei wurden drei Technologiebereiche differenziert: Polymerelektrolytmembran(PEM)-Brennstoffzellen, geeignet für den Verkehrsbereich und bereits in Schienenfahrzeugen und U-Booten verwendet, mit Potenzial für den Schwerlastverkehr; Hochtemperatur-Brennstoffzellen, eher für Kraft-Wärme-Kopplung geeignet; und alternative Brennstoffzellentypen, die eine untergeordnete Rolle spielen.

Potenziale reichen kaum für Wärmemarkt

Trotz der positiv eingeschätzten Potenziale legen die beteiligten Institute ihr Augenmerk nicht umsonst auf Mobilität und zum Teil Industrie. Denn die Produktionsvolumina werden auch bei Investitionen in Deutschland genau diese Sektoren abdecken. Wasserstoff aus Elektrolyse wird eher teuer bleiben. An der Leipziger Energiebörse EEX wird er derzeit im Index Hydrix (sogenannter grüner Wasserstoff) für etwa das Achtfache des Wasserstoffs aus der Dampfreformierung gehandelt.

Selbst bei günstiger Skalierung ist in den nächsten zehn Jahren kein Absinken auf dieses Niveau zu erwarten. Die Prognosen gehen hier noch von doppelt so hohen Kosten aus - ein Ausschlusskriterium für den Wärmemarkt mit seiner starken sozialen Komponente, in dem es zudem viele deutlich günstigere Alternativen gibt. 

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