Skip to main content

2007 | Buch

Bürgerliches Recht Band I Allgemeiner Teil

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Auch die neue Auflage ist der bewährten studiengerechten Darstellung des Rechtsstoffes treu geblieben. Leitlinien dabei sind Anschaulichkeit und Verständnisförderung. Im Mittelpunkt stehen die zentralen Rechtsinstitute des Bürgerlichen Rechts, nicht zuletzt ihr Zusammenwirken. Mit Beispielen wird nicht gespart, Streitfragen werden exemplarisch erörtert. Der Band zum Allgemeinen Teil enthält das Fundament des Privatrechts. Vieles wird aber nur mit Bezug auf speziellere Bereiche hinreichend anschaulich. Daher erfolgen immer wieder „Vorgriffe“ auf in anderen Bänden näher erörterte Aspekte. Das Arbeiten mit dieser verschränkten Darstellung wird dem Benutzer durch viele Querverweise erleichtert. Alle seit der Vorauflage erfolgen Gesetzesänderungen, insbesondere die vielfältigen Änderungen durch das Handelsrechts-Änderungsgesetz sowie die zum 1.7.2007 in Kraft getretenen Reform zum Sachwalterrecht, sind in dieser Neuauflage berücksichtigt.

Inhaltsverzeichnis

§ 1. Grundlagen

Das bürgerliche Recht (auch: Zivilrecht, von cives = Bürger) heißt „bürgerlich“, weil es Regelungen für alle Bürger — also für jedermann — enthält. Dieser Terminus ist so eingeführt, dass er trotz der immer größeren Bedeutung juristischer Personen, für die das bürgerliche Recht ebenso gilt wie für natürliche (zu „natürlichen“ Ausnahmen Rz 2/45), beibehalten wurde. Zur Systematisierung des Rechtsstoffs hat man das bürgerliche Recht von sonstigen privatrechtlichen Sondermaterien abgegrenzt. Solche Systeme sind zwar nie vollständig logisch, aber unbestreitbar nützlich1. Abgrenzungskriterium ist der schon genannte „Allgemeingültigkeitsaspekt“: Was jeden betreffen kann, ist bürgerliches Recht; was nur für bestimmte Personengruppen gilt oder sehr spezielle Sachgebiete regelt, zählt zum Sonderprivatrecht.

§ 2. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

Während im alten Rom Menschen als Sklaven gehalten und gehandelt wurden und es auch noch heute an manchen Stellen der Erde angeblich möglich sein soll, Schoßhunde oder die Lieblingskatze zum Alleinerben einzusetzen, ist die Rechtslage zumindest in Österreich weit weniger spektakulär: Grundsätzlich stehen den Menschen als den „natürlichen“ Rechtsträgern (Rechtssubjekte) die ihren Interessen dienenden (Rechts-)Objekte gegenüber. Rechtsobjekte sind konkreten Rechtssubjekten zugeordnet; die Subjekte „herrschen“ über die Objekte. Wie das im Einzelnen aussieht, wird in den folgenden Abschnitten erklärt.

§ 3. Subjektive Rechte und ihre Grenzen

Wie oft haben Sie in einer Diskussion Ihr Tun oder Ihr Vorhaben mit dem Argument untermauert, Sie hätten ein Recht zu derartigem Vorgehen? Genau darum geht es hier; allerdings in präzisierter, streng juristischer Form: Es ist zu klären, welche konkreten individuellen privatrechtlichen Befugnisse einer Person zustehen (oder doch zumindest zustehen können). Nur diese werden als subjektive Rechte bezeichnet, nicht hingegen Berechtigungen, die jedermann zustehen wie das Recht, bei Grün über die Straße zu gehen oder seinen Nachbarn nach freier Entscheidung heute zu grüßen und morgen zu ignorieren.

§ 4. Privatrechtlich relevantes Verhalten

In weiten Bereichen des Privatrechts kommt menschlichem Verhalten eine zentrale Bedeutung zu; so im gesamten Vertragsrecht, aber etwa auch im Schadenersatzrecht und bei den letztwilligen Verfügungen sowie im Sachenrecht. Das Verhalten anderer Lebewesen oder gar das „der Natur“ kann zwar ebenfalls große rechtliche Relevanz haben. Zum einen wird damit aber oft nur der tatsächliche Boden für die rechtliche Beurteilung aufbereitet (vgl das Beispiel 1.). Zum anderen zeigt sich bei genauem Hinsehen, dass das Gesetz doch immer wieder an — vorgelagertes — Verhalten von Menschen anknüpft.

§ 5. Vertrag und Rechtsgeschäft

Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Personen, die für die Beteiligten konkrete Rechtsfolgen auslösen, nennt man Verträge. Aus dem Definitionsmerkmal der Vereinbarung ergibt sich die Notwendigkeit einer Einigung. Übereinstimmung — im Willen, zumindest aber in den abgegebenen Erklärungen (zu Irrtumsfällen Rz 8/7 ff) — ist damit unabdingbar. Was die Rechtsfolgen anlangt, so sind viele Gestaltungen denkbar: Häufig erhält jeder Beteiligte Rechte und Pflichten; manchmal nur einer. Werden allerdings überhaupt keine Rechte und Pflichten begründet — zumindest keine, die über das ohnehin schon allein kraft Gesetzes Geltende hinausgehen —, fehlt es am Merkmal der Auslösung konkreter Rechtsfolgen. Ein Vertrag liegt dann nicht vor (Beispiel: reines Gefälligkeitsverhältnis; siehe Rz 4/11).

§ 6. Der Vertragsschluss

Das Recht des Vertragsschlusses (dazu VIII Fälle 11–13 und 18) ist eines der Kernstücke im Allgemeinen Teil1. Erst der wirksame Vertrag begründet rechtsgeschäftliche Erfüllungsansprüche, ohne die es keinen Wirtschaftsverkehr gäbe. Was ist nun aber nötig, um zu einem Vertrag zu kommen? Im Regelfall Angebot und Annahme durch korrespondierende Willenserklärungen (vgl den sehr umständlich formulierten § 86l). Das Angebot (Anbot, Offert, Offerte, Antrag; im ABGB auch etwas unglücklich „Versprechen“) ist die an eine oder mehrere Personen gerichtete, rechtlich verbindliche Aufforderung, einen bestimmten Vertrag abzuschließen. Die Annahme ist die verbindliche Zustimmung, also das Einverständ-nis mit diesem Vorschlag. Die für Vertragsperfektion notwendigen Willenserklärungen (zur Willenserklärung schon Rz 4/4ff) müssen einander präzise entsprechen; der in diesem Zusammenhang immer wieder gebrauchte Begriff „gleichlautende Erklärungen“ ist allerdings verfehlt. Wenn A zu B sagt „ich möchte deinen Wagen um 10.000 kaufen“, führt die wörtliche Wiederholung dieses Satzes durch B selbstverständlich zu keiner Einigung. Korrespondierend (entsprechend; übereinstimmend) wäre „einverstanden“ oder „ich verkaufe dir meinen Wagen um 10.000“.

§ 7. Gültigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsgeschäfts

Wenn man sich die folgenden vielfältigen Möglichkeiten von Gründen vor Augen führt, aus denen ein Vertrag nicht zustande kommt oder ihm zumindest umgehende Beseitigung droht, wundert man sich vielleicht, warum so viele Verträge ohne jeden Streit zur Abwicklung gelangen. Tatsächlich sind die „gesunden“ Fälle weitaus häufiger. Für den Juristen gilt aber das gleiche wie für den Arzt: Ihn interessiert das Kranke mehr als das Gesunde. Daher wird auch in der Folge nach negativen Kriterien vorgegangen und nach (möglichen) Unwirksamkeitsgründen gefragt; die positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen (vgl die demonstrative Aufzählung in § 869 Satz 1) ergeben sich gleichsam im Umkehrschluss daraus.

§ 8. Willensmängel und ihre Folgen

Irren ist menschlich. Und da das Recht menschliches Verhalten regelt, kommt auch Irrtümern immer wieder rechtliche Relevanz zu. So leuchtet bereits ohne Gesetzeslektüre ein, dass derjenige, der vom Partner bewusst in Irrtum geführt wurde, von seiner Willenserklärung wieder loskommen kann. Von ähnlicher Selbstverständlichkeit ist es aber umgekehrt, dass man seine Willenserklärung nicht allein deshalb wieder ungeschehen machen kann, weil man sich bei ihrer Abgabe nicht jedes Detail genau überlegt hat. Anders gesagt: Dem Interesse des einen Vertragsteils, vom eigentlich doch nicht wirklich gewollten Vertrag loszukommen, steht das — unterschiedlich gewichtige — Interesse des anderen an Einhaltung des Vereinbarten gegenüber (Vertrauensschutz): pacta sunt servanda. Wie der Gesetzgeber den Interessenkonflikt im Einzelnen löst, ist Inhalt dieses Kapitels (Beispiele VIII Fälle 12, 13 und 21). Vorweg nur so viel: Gerechte Entscheidungen bedürfen einer Vielzahl von Differenzierungen.

§ 9. Die Stellvertretung

Wenn von Handeln für andere die Rede ist, denkt man vor allem an die Stellvertretung (Vollmacht). Damit ist aber nur ein wichtiger Teilbereich erfasst. Auch der Dachdecker, der auf dem Dach meines Hauses schadhafte Ziegel austauscht, handelt in gewisser Weise für andere; insbesondere für mich als Hauseigentümer. Solche Verhaltensweisen sind aber faktischer Natur; die zugehörigen rechtlichen Regelungsbereiche sind das Werkvertragsrecht (III/3) oder — bei Fehlen einen solchen Vertrages — das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (III/16) bzw das Bereicherungsrecht (III/15); zu diesen und weiteren Abgrenzungen noch kurz Rz 9/4ff.

§ 10. Die Intensität rechtsgeschäftlicher Bindung

Wir erinnern uns: Pacta sunt servanda (Rz 5/28). Auch dass dieser Grundsatz unterschiedliche Durchbrechungen erfährt, wurde bereits deutlich. Beispielhaft sei nochmals auf die Stichworte „Sittenwidrigkeit“, „Irreführung“ oder „Formmangel“ verwiesen (Details in § 7 und § 8). Hier soll es vor allem um Konstellationen gehen, die an keinem individuell-kon-kreten Wurzelmangel leiden. Wie regelt das Gesetz für diese die Vertragsbindung? Und welche rechtsgeschäftlichen Möglichkeiten gibt es, auf die Intensität dieser Bindung einzuwirken?

Metadaten
Titel
Bürgerliches Recht Band I Allgemeiner Teil
Copyright-Jahr
2007
Electronic ISBN
978-3-211-74076-7
Print ISBN
978-3-211-74074-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-211-74076-7

Premium Partner