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2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

9. Der populistische Autoritarismus: Die Herrschaft der Cäsaren

verfasst von : Dietmar Braun

Erschienen in: Normative Theorien autoritärer Herrschaft

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Im neunten Kapitel des Buchs „Normative Theorien autoritärer Herrschaft“ stehen die aktuellen Diskussionen über den „Populismus“ zentral. Im Unterschied zu allen anderen Typen des Autoritarismus ist hier die „Volkssouveränität“ das ursprüngliche Rechtfertigungsprinzip für politische Herrschaft, allerdings in der radikalen Form einer „reinen Mehrheitsherrschaft“. In der Analyse wird gezeigt, wie populistische Herrschaft in autoritäre Herrschaft verwandelt werden kann. Dies geschieht mithilfe weiterer Diskursbausteine wie der „plebiszitären Führerdemokratie“ Webers und der „Zuschauerdemokratie“ Manins. Populistische Herrschaft wird zwangsläufig zur Herrschaft von „Cäsaren“, die über das Plebiszit autorisiert werden und mithilfe der Akklamation durch die Bürger immer mehr Macht an sich reißen können und schließlich kaum Machbeschränkungen erfahren. Organizistische Vorstellungen der Einheit von Volk und Machthabern legitimieren hier die autoritäre Herrschaft.

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Fußnoten
1
In der aktuellen Debatte wird der Populismus auch als „schwache Ideologie“ („thin-centred ideology“) angedeutet (Mudde und Kaltwasser Rovira 2017), als ein „morphologisch“ begrenzter Diskurs („a narrow set of ideas about the world“), dessen Wirkungskraft ganz entscheidend von einer erfolgreichen Anbindung an „starke Ideologien“ („thick-centred ideologies“) wie der Faschismus oder Sozialismus abhänge (Mudde und Kaltwasser Rovira 2017, S. 6; Münkler 2012). Es benötige einer „Komplettierung“ der ideologischen Ausstattung des Populismuskonzepts durch solche starken Ideologien (Wirth et al. 2016). Eine solche Komplettierung wäre notwendig, um umfassende Antworten auf politische Fragen geben zu können und hierdurch ein grösseres Potenzial der Unterstützung unter den Wählern zu erhalten.
 
2
From majority rule as a procedure for making decisions to the rule of the majority: this is the radical transformation of democracy that demagoguery and populism inaugurate (Urbinati 2013, S. 140).
 
3
Margaret Canovan spricht von einem „political populism“ (Canovan 1981; Taggart 2000; Münkler 2011).
 
4
„Through mechanisms such as initatives, the referendum and the recall“ (Taggart 2000, S. 19).
 
5
Urbinati sieht den Populismus als einen Diskurs oder Strategie, der bestimmte Elemente der liberalen Demokratie, bei ihr der „Wille“ und die „Meinung“ als zentrale Elemente der Demokratie, nicht anerkennt. Es entstehen auf diese Weise „disfigurations“, die zunächst einmal vom liberalen Idealtypus abweichen. Das muss noch nicht Autoritarismus heißen. In ihrem Buch gibt es allerdings genügend Hinweise darauf, wie solche „disfigurations“ einem autoritären Handeln Vorschub leisten können. Wir werden dies weiter unten aufzeigen.
 
6
Der Populismus „kann dazu führen, dass sich „das Volk“ seiner Macht und Bedeutung bewusst wird, an der politischen Einflussnahme Gefallen findet und sie zu verstetigen sucht, dass es sich also dauerhaft in den Arenen der Politik festsetzt; es kann aber ebenso sein, dass „das Volk“ auf die Rolle eines bloßen Unterstützers, einer lautstarken Claque beschränkt bleibt, die gelegentlich in Stellung gebracht wird, in Wahrheit aber nichts zu sagen und zu melden hat. Populismus kann also zum Einstieg in eine Entwicklung zur Demokratie oder zur Republik werden, er kann im Hinblick auf die tatsächliche Machtlagerung aber auch folgenlos bleiben, indem er nur dazu dient, das Volk ruhig zu stellen, und schließlich kann er auch den Übergang in die tyrannische Machtausübung durch einen Einzelnen darstellen“ (Münkler 2011, S. 214).
 
7
Was Taggart mit dem Begriff der „heartlands“ versuchte auszudrücken, bei dem Populisten sich jeweils auf die in ihrem nationalen Kontext herrschenden Mythen und Narrative basieren, um die Gemeinsamkeit als Volk heraufzubeschwören (Taggart 2000).
 
8
Obwohl diese selbstverständlich als Kampfmittel innerhalb der liberalen Demokratie auch eine Rolle für die Populisten spielen.
 
9
„Individually rational voting behaviour cannot therefore be explained primarily in terms of electoral outcomes: behaviour must be explained predominantly in terms of those considerations that are relevant to the voters expressing a preference in and of itself“ (Brennan und Hamlin 1998, S. 150).
 
10
Weber erörtert das dann auch am Beispiel Englands, wo er dem Parlament wertvolle Funktionen der Beständigkeit in der Politik, der Kontrolle und der Hilfe bei Verlust des Vertrauens in die in der Massendemokratie unvermeidlichen Führerfiguren zuschreibt.
 
11
Auch Weber bezeichnet es als eine „cäsaristische Wende in der Führerauslese“, wenn dieser „das Vertrauen und den Glauben der Massen an sich und also seine Macht mit massendemagogischen Mitteln gewinnt“ (Weber 1976, S. 862).
 
12
„The other face of the appeal to the people is transparency: if the leader goes to the people for approval, the people are entitled to ask for the leader’s public exposure. Transparency is the price of approval“ (Urbinati 2013, S. 174).
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Der populistische Autoritarismus: Die Herrschaft der Cäsaren
verfasst von
Dietmar Braun
Copyright-Jahr
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-29961-3_9