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2015 | Buch

Diversität, Diversifizierung und (Ent)Solidarisierung

Eine Standortbestimmung der Diversitätsforschung im deutschen Sprachraum

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Über dieses Buch

Edeltraud Hanappi-Egger und Regine Bendl präsentieren mit Ko-AutorInnen eine Standortbestimmung der Diversitätsforschung in Organisationen im deutschsprachigen Raum. Sie bieten WissenschaftlerInnen, PraktikerInnen und Studierenden sowie am Thema interessierten Personen einen Überblick über den aktuellen Diskurs der betriebswirtschaftlichen Diversitäts- bzw. Diversitätsmanagementforschung mit Bezug auf Ansätze der Intersektionalität, Diskriminierung und(Un-)Gleichbehandlung. In den Beiträgen widmen sich die AutorInnen Themenbereichen, wie Problematiken von Diversifizierung und (Ent)Solidarisierung, Diversitätsdiskurse im internationalen Vergleich, intersektionale Diversitätskonzepte und Implementierungsstrategien von Diversitätsmanagement.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Teil 1: Herausforderungen und Chancen von Diversifizierung

Frontmatter
Entgegen Individualisierung und Entsolidarisierung: Die Rolle der sozialen Klasse als suprakategorialer Zugang in der Diversitätsforschung
Kurzfassung
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, inwieweit der aktuelle Diskurs in den Diversitätsstudien Aspekte der ökonomischen Ungleichheit bzw. der Bedeutung von sozialer Schicht ausklammert. Es wird davon ausgegangen, dass der Diversitätsdiskurs durch Fokussierung auf individuelle Diversitätskategorien zur Tendenz des Individualismus in der Gesellschaft beiträgt, welcher dazu führt, dass zunehmend eine generelle Entsolidarisierung forciert wird, die der Mobilisierungsmöglichkeit von Veränderungskräften hinsichtlich mehr Gerechtigkeit schadet. Die Inklusion ökonomischer Perspektiven, vor allem von sozialer Klasse als Diversitätsdimension in Diversitätsstudien, hat das Potenzial der vorliegenden Problematik mit Lösungsansätzen zu begegnen.
Edeltraud Hanappi-Egger, Gloria Kutscher
Divers, intersektional und/oder queer? Multiparadigmatische Perspektiven in der Organisationsforschung
Kurzfassung
Intersektionalität und queere Perspektiven finden immer mehr Eingang in die diversitätsorientierte Organisationsforschung. Beiden Ansätzen ist gemeinsam, dass sie ermöglichen, die (Re-)Produktionsprozesse der unterschiedlichen Diversitätskategorien verschränkt zu beleuchten und zu analysieren. Forschungspraktisch findet die Zusammenführung der beiden Ansätze aktuell in der Organisationsforschung nur sehr rudimentär statt. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, das Potential der Verschränkung von Intersektionalität mit queeren Perspektiven für die organisationale Diversitätsforschung zu reflektieren, indem zunächst getrennt deren jeweilige historische Entwicklung, Relevanz, Potentiale und Limitationen aufgezeigt und danach Herausforderungen und Zukunftsperspektiven, basierend auf einer Verbindung der beiden Ansätze, präsentiert werden.
Regine Bendl
Diversity (Management)-Diskurse in Deutschland und Österreich: Zwischen organisationaler Kontingenz und Sagbarkeitsspielräumen
Kurzfassung
Im Zentrum des Beitrags steht die empirisch fundierte Analyse des Diversity- (Management)-Diskurses, wie er gegenwärtig in deutschen und österreichischen Organisationen geführt wird. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den potenziellen Ein- und Ausschlüssen, die sich aus den identifizierten Sagbarkeitsspielräumen ergeben. Der gleichzeitige Blick auf profitorientierte und gemeinnützige Organisationen zeigt, dass sich die Thematisierung einer instrumentellen Nützlichkeit von Diversity (Management) und Fragen sozialer Ungleichheit nicht per se ausschließen müssen. Vielmehr tritt ein heterogener Sagbarkeitsspielraum zutage, der nicht durch die vermeintliche Unversöhnlichkeit zwischen abstrakten Diversity- und Gleichheitsprogrammatiken bestimmt ist. Eher ist davon auszugehen, dass der jeweilig historisch gewachsene und dadurch meist für multiple Diversity-Deutungen durchlässige Organisationskontext für das Inklusionspotenzial von Praktiken des Diversity-Managements entscheidend ist.
Laura Dobusch
Diversitätsmanagement an deutschen Hochschulen lehren – Ein Erfahrungsbericht
Kurzfassung
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Lehrveranstaltungen zum Themengebiet Diversitätsmanagement an deutschen Hochschulen. Es handelt sich um einen Erfahrungsbericht des Autors über die Vielfalt der Studierenden und Lehrenden in sehr unterschiedlichen Lehr-Lern-Settings. Im Mittelpunkt stehen die Chancen und Herausforderungen, die mit den teils völlig unterschiedlichen Erfahrungen und Bedürfnissen der Beteiligten einhergehen. Es werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie in Lehrveranstaltungen mit der Vielfalt der Erwartungen umgegangen werden kann. Die Bemühungen der Lehrenden stoßen allerdings an Grenzen, wenn organisatorische Rahmenbedingungen (z.B. zu große Kurse) eine diversitätsgerechte Ausrichtung ihrer Lehrveranstaltungen erschweren.
Günther Vedder

Teil 2: Diversitätsdiskurse im Vergleich

Frontmatter
Kritik an Gender und Diversity – Gender und Diversity als Kritik: Das Beispiel Betriebswirtschaftslehre
Kurzfassung
Angeregt durch Foucaults Verständnis von Kritik werden diverse Problematisierungen vorgenommen: Mit Blick auf das akademische Feld der Gender Studies geht es um die Machtwirkungen der dort geübten Kritik, durch Gender (Mainstreaming) und Diversity (Management) werde die Gleichstellungspolitik „ökonomisiert“ oder „verbetriebswirtschaftlicht“. Nicht nur, um diese Effekte herauszuarbeiten, werden Analysekategorien und Ansätze aus der Gender- und Diversityforschung verwendet, sondern auch für die daran anschließende kritische Betrachtung der Dominanzverhältnisse innerhalb des Teilfeldes der Frauen- und Geschlechterforschung in den Wirtschaftswissenschaften. Von diesen Dominanzverhältnissen zeugt auch die „feministische Ökonomie“, eine diskursive Fabrikation, die noch in anderen Hinsichten hinterfragt wird. Schließlich wird auf Spaltungen und Auseinandersetzungen innerhalb der Betriebswirtschaftslehre fokussiert. Das betrifft zunächst jene zwischen Vertreter_innen der Frauen- und Geschlechterforschung auf der einen Seite und der herrschenden Lehre(n) auf der anderen. Das betrifft inzwischen aber auch Grenzziehungen zwischen kritischen und als nicht-kritisch (genug) kritisierten Perspektiven der Gender- und Diversityforschung.
Gertraude Krell
Die Bearbeitung von Diversität in Organisationen – Plädoyer zur Erweiterung bisheriger Typologien
Kurzfassung
Den Ausgangspunkt des Beitrags bilden die typologischen Überlegungen von Thomas und Ely. Diese Typologie ist vielfach diskutiert und weiter entwickelt worden. Allerdings sind auch diese konzeptionellen Weiterentwicklungen mit Blick auf den Organisationstypus Unternehmen konzipiert worden. Nun implementieren aber auch aktuell immer mehr Organisationen der Zivilgesellschaft und Verwaltungen sowie Einrichtungen der öffentlichen Hand – und hier insbesondere Hochschulen – unterschiedlich ausgestaltete Diversitätskonzepte.
Mit Blick darauf wird im Folgenden ein weiter Organisationsbegriff zugrunde gelegt, um eine erweiterte Typologie des Umgangs mit Diversität in Organisation zu entwickeln. Dabei werden Unternehmen und Hochschulen als zwei Pole eines Kontinuums im Umgang mit organisationsinternen wie -externen Diversifizierungsprozessen und ihre Folgen betrachtet: Während Unternehmen zusehends damit beginnen, mehr Eigenkomplexität innerhalb der Unternehmensorganisation zu erzeugen, geht es Hochschulen andersherum verstärkt darum, ihre Eigenkomplexität zu reduzieren, um ihre strategische Positionierung zu optimieren. Der übergeordnete Zielgedanke eines geglückten Diversitätsmanagements besteht in dieser Perspektivierung dann darin, eine optimale Balance zwischen diversitätsbedingter Umwelt und Organisationskomplexität herzustellen. Demgegenüber geht es einem neu aufgetauchten Typus, der hier als „inclusive & transformative“ bezeichnet wird, darum, seine Umwelt zu transformieren. Dieser Typus wird am Beispiel der University of Califonia, Berkeley konturiert.
Andrea D. Bührmann
Beiträge zu Diversity Management in BWL-Zeitschriften – Themen und Perspektiven
Kurzfassung
In Hinblick auf eine Standortbestimmung der organisationalen Diversitätsforschung im deutschen Sprachraum wird in diesem Beitrag eine spezifische Teilfrage beleuchtet, und zwar, ob Diversity Management in der allgemeinen BWL im deutschsprachigen Raum noch ein Nischenthema oder im Mainstream angekommen ist. Dazu wird eine Bestandsaufnahme zu Diversity-Artikeln in den fünf wichtigsten BWL-Zeitschriften aus dem deutschsprachigen Raum durchgeführt. Die gefundenen Artikel werden in Hinblick auf die Bandbreite an thematisierten Diversity-Dimensionen und Forschungsperspektiven analysiert sowie daraufhin, ob auf Kritik an Diversity Management wie der Gefahr der Entpolitisierung oder der Stereotypisierung eingegangen wird. Im Ergebnis zeigt sich, dass im BWL-Mainstream die Thematisierung von Diversity zwar zunimmt, aber doch eher punktuell erfolgt. Der Stand der Diversity-Forschung und deren Kritik werden kaum aufgegriffen und einzelne Diversity-Dimensionen werden komplett ignoriert.
Daniela Rastetter, Barbara Sieben
Kontextualisierung von Diversitätsmanagement: Ein Vergleich zwischen den USA und Deutschland
Kurzfassung
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit kulturellen Unterschieden im Verständnis von Diversität und Diversitätsmanagement. Dazu wird ein Vergleich zwischen den USA und Deutschland am Beispiel der Nachhaltigkeitsberichte der größten Banken und Versicherungen angestellt. Es zeigt sich, dass trotz der Strukturvorgaben der internationalen Nachhaltigkeitsberichtslegung deutliche Unterschiede erkennbar sind – sowohl was die erwähnten Sozialkategorien als auch Art und Umfang der Diversitätsmaßnahmen betrifft. So ist von US-amerikanischen Unternehmen eine Fokussierung auf die Dimensionen Ethnie/Hautfarbe, Geschlecht und sexuelle Orientierung/Identität zu erkennen, während deutsche Unternehmen vor allem auf die Dimensionen Geschlecht, Alter und Nationalität/ Herkunft eingehen. Begründet werden können diese unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen mit der historischen Entwicklung des jeweiligen Landes, der Gesetzeslage und aber auch mit der Zusammensetzung der Bevölkerung.
Edeltraud Hanappi-Egger, Michael Müller-Camen, Verena Schuhbeck

Teil 3: Intersektionale Diversitätskonzepte

Frontmatter
„Ein gutbezahlter Job interessiert mich schon, aber langweilen will ich mich nicht!“ – Eine Analyse der Neigung deutscher Studentinnen und Studenten einen IT-Beruf zu ergreifen
Kurzfassung
In dem vorliegenden Beitrag untersuchen wir die Studienfach- bzw. Berufswahlentscheidungen von deutschen Studierenden. Im Fokus der Betrachtung steht der Zusammenhang von Berufsimage sowie Fachinteresse und der Entscheidung von Frauen in den IT-Beruf einzusteigen. Auch karrierebezogene Support Systeme und Barrieren werden in der Untersuchung berücksichtigt, die die Studienfachbzw. Berufswahlentscheidung positiv bzw. negativ beeinflussen können. Es wurden 711 Informatikstudierende und Studierende der Wirtschaftswissenschaften mit einem standardisierten Fragebogen befragt, um Fachgruppenvergleiche ziehen zu können. Zudem wurden 17 leitfadengestützte semi-strukturierte Experteninterviews geführt. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Image als auch Fachinteresse sowie die Erwartung eines ordentlichen Einkommens die deutschen Informatikstudentinnen zur Studien- und Berufswahl motivieren. Das Image des Studienfachs Informatik wird von allen Befragten als eher positiv wahrgenommen, was im Kontrast zu den Ergebnissen aus der qualitativen Studie steht. In den Interviews geben die Befragten an, dass das Image einen der Hauptgründe für Frauen darstellt, sich nicht für den Informatikberuf zu entscheiden. In Bezug auf die karrierebezogenen Barrieren und Support Systeme sind größtenteils keine geschlechts- und fachgruppenspezifischen Unterschiede erkennbar. Vorsichtig leiten wir aus den Ergebnissen ab, dass sowohl das Studienfach als auch das Berufsfeld IT neu aufgesetzt und vermarktet werden müsste, um eine größere Anzahl von Frauen für eine Karriere in der IT-Industrie zu begeistern.
Carola Jungwirth, Nobina Roy
Diversität in Teams und in Topmanagement Teams: Zur Relevanz dynamischer Gruppenkonzepte für Forschung und Praxis
Kurzfassung
Der Beitrag befasst sich mit Vielfalt in Teams generell und insbesondere in Topmanagement Teams, in welchen Diversität in zweierlei Hinsicht eine wesentliche Rolle spielt. Zum einen können sich entlang unterschiedlicher Merkmale – wie demografische oder funktionale Charakteristika – Subgruppen bilden, die potenziell zu Konflikten und damit zu Leistungsverlusten führen. Andererseits wird davon ausgegangen, dass heterogene Teams über mehr Ressourcen verfügen und damit zu innovativen Lösungen, besonders bei komplexen Problemstellungen kommen. Studien über Diversität in Teams und deren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit nehmen in den seltensten Fällen Teamprozesse in den Blickwinkel, sondern messen Vielfalt anhand beobachtbarer Faktoren, wie etwa Geschlecht oder Ethnie und vergleichen dann Teamleistungen. Dabei entstehen konzeptionell zwei Schwierigkeiten, die in diesem Beitrag näher betrachtet werden: zum einen wird unterstellt, dass demografisch messbare Merkmale mit unterschiedlichen Ressourcen – wie etwa Erfahrungswissen – gleichgesetzt werden. Es wird also von der stereotypen Annahme ausgegangen, dass beispielsweise Frauen und Männer unterschiedliches Wissen qua ihrer Biologie in Teams einbringen. Zum anderen werden Teamprozesse außer Acht gelassen, in dem davon ausgegangen wird, dass potenziell vorhandene Vielfalt in Teams, unabhängig von Mikropolitik, Machtverteilung oder Struktur etc. genutzt werden kann. Aus diesen beiden konzeptionellen Schwierigkeiten ergeben sich Implikationen für Forschung und Praxis, die im Abschluss diskutiert werden.
Anett Hermann, Heike Mensi-Klarbach
Diversity-Training: Theoretische Grundlagen und empirische Befunde
Kurzfassung
Diversity-Training ist eines der am häufigsten eingesetzten Instrumente des Diversity Managements – hinsichtlich seiner Wirksamkeit aber unzureichend erforscht. Um effektive Strategien zur Einstellungsverbesserung für Diversity-Trainings aus sozialpsychologischen Theorien herzuleiten und empirisch zu überprüfen, untersuchten wir, wie sich subjektiv wahrgenommene Vielfalt von (übergeordneten) Gruppen auf Einstellungen zwischen Subgruppen auswirkt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass wahrgenommene Vielfalt Intergruppeneinstellungen sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann. So zeigten Evaluationen einer Diversity-Kurzintervention und eines eintägigen Diversity-Trainings, dass die Teilnahme an den Interventionen die wahrgenommene Vielfalt innerhalb von Gruppen (z.B. Erwachsenen) erhöhte und dies Einstellungsverbesserungen zwischen Subgruppen (Männer vs. Frauen) erklärte. Allerdings zeigten weitere Untersuchungen, dass die Wahrnehmung sozialer Vielfalt auch mit Bedrohungsgefühlen bei Mitgliedern prototypischer Subgruppen (z.B. heterosexuelle Männer) und Einstellungsverschlechterungen gegenüber weniger typischen Subgruppen (z.B. schwule Männer) einhergehen kann. Wahrgenommene Typikalität der Subgruppe stellt also eine entscheidende Moderatorvariable dar, welche bestimmt, ob die Betonung von Vielfalt übergeordneter Gruppen Intergruppeneinstellungen verbessert oder durch Auslösung von Bedrohung verschlechtert. Deshalb untersuchten wir Interventionsmöglichkeiten, um Bedrohungsgefühle bei Mitgliedern typischer Gruppen (Deutsche ohne Migrationshintergrund) zu reduzieren. Diesen ihre individuellen Abweichungen von der übergeordneten Gruppe (Deutsche) vor Augen zu führen, erwies sich als erfolgreiche Strategie. Diese Mechanismen gilt es, künftig weiter zu erforschen und auf die Praxis zu übertragen.
Franziska Ehrke, Melanie C. Steffens
Organisationales Diversity-Klima
Kurzfassung
Die Benennung von Zielgrößen von breit aufgestellten Diversity Management- Initiativen oder auch von einzelnen Diversity Management-Maßnahmen liefert nach wie vor ein sehr fragmentiertes Bild. Dies stellt die Konzeptualisierung, Evaluierung und Modifizierung solcher Maßnahmen vor große Probleme. Mehr in zumeist dimensionsspezifischen Gleichheits- als Gerechtigkeitsperspektiven verhaftete Zugänge ziehen häufig die zahlen- und anteilsmäßige Verteilung ausgewählter Diversity-Dimensionsausprägungen in bestimmten Organisationsbereichen oder Hierarchieebenen als Zielgröße und damit auch als Indikator von Diversity Management heran. Mehr am potentiellen ökonomischen Nutzen von vielfältigen Belegschaften orientierte Zugänge versuchen häufig Indikatoren als Zielgrößen zu definieren, die direkt oder indirekt auf einen geldwerten Erfolg einer „richtig“ gemanagten vielfältigen Belegschaftszusammensetzung schließen lassen. Generell ist es allerdings fast unmöglich, die jeweiligen Indikatorwerte bzw. Zielgrößen monokausal auf bestimmte Diversity Management-Maßnahmen oder -Initiativen zurückzuführen, bzw. deren Erklärungsanteil daran genauer zu spezifizieren. Als Möglichkeit, diesem Dilemma entgegenzutreten, schlägt dieser Artikel das „Diversity Klima“ als Zielgröße von Diversity Management vor. Es stellt für die Zielsysteme beider Zugänge eine geeignete vorgelagerte Zwischen- Zielgröße dar, die organisations- und dimensionsspezifisch kontextualisiert und angepasst werden kann. Es kann relativ einfach durch Belegschaftsbefragungen als „psychologisches Klima“ und durch zusätzliche systematische Beobachtungen als „organisationales Klima“ erhoben werden. Regelmäßige Diversity Klima- Messungen sind somit ein geeignetes Monitoring-Instrument für die Evaluierung und Anpassung von Diversity Management-Initiativen.
Thomas Köllen

Teil 4: Implementierungsstrategien von Diversitätsmanagement

Frontmatter
Gender-Change im MINT-Bereich
Kurzfassung
Der Beitrag geht der Frage der fehlenden Gender-Diversität im MINT-Bereich nach und zeigt in einem strukturationstheoretischen Blick auf organisationalen Wandel, mögliche Veränderungspotenziale auf. Es wird die Bedeutung des Zusammenwirkens der Veränderung auf symbolischer Ebene der Bedeutungsregeln, der Bereitstellung von Ressourcen und der Legitimation der Veränderungsbemühung dargestellt. Dies wird auch gleichzeitig als Möglichkeit für Organisationen im MINT Sektor gesehen Gender-Change einzuleiten.
Gloria-Sophia Warmuth
Nicht überall wo Teilzeit drin ist, kommt Familienfreundlichkeit oder Work-Life-Balance heraus. Ein Diskussionsbeitrag.
Kurzfassung
Teilzeitarbeit wird von ArbeitgeberInnen und anderen AkteurInnen häufig als wichtige Maßnahme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie mittelbar zur Förderung von Gleichstellung und Personalvielfalt aufgeführt. Diese positive Zuordnung erfolgt oft ohne Verweis auf die großen Unterschiede in Teilzeitverhältnissen hinsichtlich konkreter Arbeitszeiten, Arbeitszeitlagen oder Entgelte. Unbestritten kann Teilzeit Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, in der konkreten Umsetzung zeigen sich jedoch vielfach auch Nachteile, etwa Einkommens- und Renteneinbußen, Karrierehemmnisse, Zeitdruck und oft unvorhergesehene Arbeitszeiten bis hin zur bedarfsorientierten Kombination von Teilzeitverträgen und Überstunden. Teilzeitarbeit wirkt sich vielfach negativ auf Gender-Gaps bei Karriere und Bezahlung aus. Auch ist ein Mangel an Arbeitszeitsouveränität auf Arbeitnehmerseite hier besonders augenfällig. Teilzeit wird kritisch hinsichtlich ihrer potentiellen Nachteile, vor allem im Kontext der Gewerkschafts- und Gleichstellungspolitik diskutiert, jedoch noch zu wenig im Kontext von Diversity und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Beitrag zeigt solche kritischen Punkte anhand konkreter Beispiele auf und plädiert dafür, den Blick auf Teilzeitarbeit auch hinsichtlich Arbeitsqualität, Vereinbarkeit und Diversity zu schärfen.
Monika Huesmann, Marc Gärtner
Das Management von Behinderungs-Diversität – Rahmenbedingungen als Erfolgsfaktoren
Kurzfassung
Menschen mit Behinderung sind die weltweit grösste Minderheit, die jedoch in der Diversitäts-Forschung bisher kaum Beachtung findet. Auch innerhalb des Diversitäts-Managements vieler Unternehmen spielt Behinderung bisher eine eher untergeordnete Rolle, nicht zuletzt weil Menschen mit Behinderung oftmals vom ersten Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind. Ziel dieses Beitrags ist es, das Potenzial der beruflichen Inklusion von Menschen mit Behinderung aufzuzeigen und Stellhebel zu identifizieren, die für die Entfaltung positiver Effekte der Behinderungs- Diversität zentral scheinen. Entgegen des vielfach postulierten „Business Case“ für Diversität zeigt die Forschung, dass zunehmende Team- oder Unternehmens-Vielfalt mit Kosten verbunden ist, wie beispielsweise einem höheren Konfliktpotenzial, Kommunikationsproblemen, Unzufriedenheit unter den Mitarbeitenden oder einer verminderten Gruppenleistung. Somit ist Vielfalt kein Erfolgsgarant per se, sondern ein „zweischneidiges Schwert“. Damit die Vielfältigkeit der Belegschaft positive Effekte für ein Unternehmen generieren kann, ist ein gezieltes Diversitäts-Management wichtig. Dreh- und Angelpunkt ist hierbei die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, die sich drei Clustern zuordnen lassen: Führung, organisationales Klima und Praktiken des Personalmanagements. Jedes dieser Cluster wird in diesem Beitrag beschrieben und mittels eines Best Practice Beispiels für den Fall der Behinderungs-Diversität illustriert.
Stephan A. Böhm, Miriam K. Baumgärtner, David J. G. Dwertmann
Leben Sie Diversity vor! „Vielfalt und Internationalität vor Ort – am Beispiel der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin“
Kurzfassung
Hochschulen haben im Rahmen ihres Bildungsauftrages gegenüber Studierenden und der Forschung die Pflicht, Studierende zu Weltbürger/innen heranzubilden und Forschung im Sinne der Weiterentwicklung der Gesellschaften zu fördern (vgl. HRK 2008, 10). Hochschulen werden diesem Auftrag gerecht und sind international wettbewerbsfähig, wenn sie diese Aufgaben auch im Kontext von Diversität verorten, so „dass eine Kultur der Offenheit gegenüber Unterschiedlichkeit entsteht“ (Klein/Heitzmann 2012, 12) und die positive Wahrnehmung und Anerkennung von Diversität an ihre Interessengruppen kommunizieren.
Der Umgang mit Vielfalt an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin wird beispielhaft anhand des Cross Cultural Mentoring (CCM) im Rahmen vom Programm „Cultural Diversity“ erörtert. Cross Cultural Mentoring ist eine hochschulpolitische Maßnahme im Zentralreferat Hochschulentwicklung, um die Vielfalt an der Hochschule zu leben und in die Gesellschaft hineinzuwirken. Die Kommunikation des Programms an Interne und Externe erfolgt durch das Instrument Social Marketing. Die HWR-Berlin verbindet seit 2008 Wissenschaft und Gesellschaft über Mentoring-Programme. Die Mentoring-Paare (Tandems) sind interkulturell zusammengesetzt. Das Programm greift auf Potenziale und Ressourcen vor Ort zurück und erkennt die breite Vielfalt der demografischen Zusammensetzung in Berlin als Chance. CCM schafft durch das Matching von Studierenden mit Mentor/innen einen generationsübergreifenden und interkulturellen Raum des Lernens.
Elena Brandalise, Pakize Schuchert-Güler
Backmatter
Metadaten
Titel
Diversität, Diversifizierung und (Ent)Solidarisierung
herausgegeben von
Edeltraud Hanappi-Egger
Regine Bendl
Copyright-Jahr
2015
Electronic ISBN
978-3-658-08606-0
Print ISBN
978-3-658-08605-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-08606-0

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