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Open Access 2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

Einleitung: Selbstbestimmung und Privatheit – Gestaltungsoptionen für einen europäischen Weg

verfasst von : Michael Friedewald, Michael Kreutzer, Marit Hansen

Erschienen in: Selbstbestimmung, Privatheit und Datenschutz

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Digitalisierung stößt umfassende Wandlungsprozesse auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Ebene an. Übergreifend sind es vor allem fünf miteinander verschränkte, technologiegetriebene Trends, welche die zurzeit tiefgreifenden soziotechnischen Transformationsprozesse vorantreiben: Die Allgegenwart von Smartphones als dominierende Endgeräte der Informations- und Kommunikationstechnik, die Ausbreitung des Internet of Things, die Plattformökonomie, die Verbreitung von Social Networks und Fortschritte im Bereich künstlicher Intelligenz.
Digitalisierung stößt umfassende Wandlungsprozesse auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Ebene an. Übergreifend sind es vor allem fünf miteinander verschränkte, technologiegetriebene Trends, welche die zurzeit tiefgreifenden soziotechnischen Transformationsprozesse vorantreiben: Die Allgegenwart von Smartphones als dominierende Endgeräte der Informations- und Kommunikationstechnik, die Ausbreitung des Internet of Things, die Plattformökonomie, die Verbreitung von Social Networks und Fortschritte im Bereich künstlicher Intelligenz.
Diese Trends durchdringen alle Lebensbereiche. Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklungen entstehen Spannungen zwischen Erwartungen an den technologischen Fortschritt und einer sich wandelnden Kultur von Privatheit und Öffentlichkeit. Längst haben wir es nicht mehr nur mit einer isolierten Neuerung mit begrenzten und prognostizierbaren Wirkungen zu tun. Digitalisierung hat mittlerweile soziotechnische Infrastrukturen (Netze, Kommunikationsräume, Arbeitsorganisation, rechtliche Regelungen usw.) hervorgebracht, ohne die der Alltag kaum noch zu bewältigen ist und die so zum Rückgrat unserer modernen Gesellschaft geworden sind. Heute sind wir am Übergang zu einer Phase, in der diese Entwicklungen globale Auswirkungen haben, indem sie zur Grundlage der vorherrschenden Wirtschaftsweise werden und bisherige Grundannahmen und Werte in Frage stellen. Die konkreten Wirkungen sind breit gestreut und bringen dabei zahlreiche neue Möglichkeiten hervor: Digitale Technologien ermöglichen Individuen neue Formen der Mitbestimmung und der verteilten Kommunikation, digitale Medien erlauben den orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf weltweite Inhalte, und eine Vielzahl von Apps unterstützen zahlreiche Routine-Tätigkeiten und geben Individuen ein Mehr an Informationen und Kontrolle, beispielsweise über die eigene Gesundheit [3]. Jedoch können mit der zunehmenden Digitalisierung auch Fehlentwicklungen und Unsicherheit auf Seiten der Nutzer:innen entstehen: Digitale Plattformen können dazu genutzt werden, den Abbau von Rechten von Arbeitnehmenden voranzutreiben oder Digitalarbeiter:innen mehr und mehr in Richtung „Gig Economy“ – in einer prekären Variante – zu drängen, klassische Medienöffentlichkeiten drohen von zahlreichen Echokammern überlagert zu werden, es gibt die Versuchung in Schulen und Krankenhäusern neue Überwachungstechnologien einzuführen usw. Prominente internationale Autor:innen [1, 2, 4] sehen diese Entwicklungen im Rahmen eines (uneingelösten) Versprechens von deren Protagonist:innen in Richtung einer besseren Steuerbarkeit von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft einerseits, während gleichzeitig zur Realisierung des Versprechens großräumig Mechanismen der Verhaltenssteuerung eingesetzt werden, auf deren Wirkungsweise und Ziele weder die betroffenen Personen noch die Öffentlichkeit nennenswert Einfluss nehmen können. Dies hat Auswirkungen auf die Freiheitsrechte von Individuen im gesamten Lebensverlauf, darunter aber besonders für vulnerable Gruppen wie Menschen mit Beeinträchtigungen oder Kinder, die nicht über alle Fähigkeiten verfügen, um die entstehenden Risiken zu erkennen und sich selbst zu schützen.
Wir beobachten, dass die Europäische Union und Deutschland – angesichts der Fülle an Herausforderungen und in Folge der genannten Entwicklungen – einen sogenannten „dritten“ bzw. „europäischen Weg“ voranbringen möchten, der auf eine gemeinwohlorientierte Technikentwicklung europäischer Prägung abzielt. Dieser Ansatz versteht sich als Alternative zu einem rein profitorientierten Digitalkapitalismus, bzw. Digitalautoritarismus. Wir verstehen den europäischen Weg so, dass die Idee eines freien Digitalmarktes mit den demokratischen Werten und Grundrechten in Einklang gebracht wird, sodass die Potenziale erhalten bleiben, während nachteilige Auswirkungen minimiert werden. Nicht nur die Verabschiedung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), auch die weiteren Debatten in diesem Zusammenhang spiegeln diese Entwicklung wider: Darunter fallen die Daten- sowie die Blockchain-Strategie der Bundesregierung, die Empfehlungen der Datenethikkommission, ambitionierte Großprojekte wie GAIA-X, aber auch Bestrebungen der EU hinsichtlich einer europäischen Datenstrategie oder zur Plattformregulierung.
Im Bereich der Wissenschaft finden sich zudem zahlreiche Forschungsunternehmungen, die sich der Frage nach dem Status robuster demokratischer Formen der Öffentlichkeit und der Privatheit, der individuellen und kollektiven Selbstbestimmung, der Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen und des Gemeinwohls, der gesellschaftlichen Integration und der Gewährleistung weiterer Werte unter den Bedingungen der digitalen Gesellschaft widmen. Gleichzeitig sind digitale Problemlagen Dauerthema der Feuilletons und beschäftigen auch Kunst und Literatur in hohem Maße. Die Diskussion über Daten und Selbstbestimmung hat folglich mittlerweile einen festen Platz im politischen und gesellschaftlichen Diskurs eingenommen.
Das zentrale Thema, mit dem sich die Beiträge in diesem Band aus unterschiedlicher Perspektive befassen lautet daher: „Welche Gestaltungsoptionen sind geeignet, um Selbstbestimmung und Privatheit auch im Digitalzeitalter zu gewährleisten?“
Der vorliegende Band enthält Untersuchungen zu solchen Themen und Fragen. Er präsentiert eine Auswahl von Vorträgen der interdisziplinären Konferenz „Selbstbestimmung und Privatheit – Gestaltungsoptionen für einen europäischen Weg“, die das „Forum Privatheit und selbstbestimmtes Leben in der digitalen Welt“ am 12. und 13. November 2020 durchgeführt hat. Die Beiträge analysieren im interdisziplinären Dialog die Herausforderungen des digitalen Wandels für die informationelle Selbstbestimmung. Sie diskutieren verschiedene Aspekte für ein zukunftsfähiges Konzept des Datenschutzes in einer digitalen Gesellschaft und erörtern konstruktive Bausteine für eine zukunftsgerechte Gewährleistung von Selbstbestimmung.
Bei dem ersten Thema im Konferenzband steht im Fokus, wie der Datenschutz unter den Rahmenbedingungen der existierenden Daten- und Plattformökonomie realisiert werden kann.
So befasst sich Aline Blankertz (SINE Foundation e. V.) in ihrem Beitrag mit der Frage, welche Funktion Instrumente wie das Wettbewerbsrecht bei der Einhegung von Risiken spielen kann. Sie betrachtet dazu die Auswirkungen, die (fehlender) Wettbewerb auf den Schutz der Privatsphäre hat. Dabei geht es zunächst um die Frage, inwieweit konkrete Wirkungen von Wettbewerb auf die Privatsphäre belegt sind und Gegenmaßnahmen erfordern, bevor die Frage beleuchtet wird, inwieweit Wettbewerb auch ein Instrument für den besseren Schutz von personenbezogenen Daten und Privatsphäre darstellen kann. Abschließend werden Maßnahmen vorgestellt, die dies befördern können.
Der zweite Themenkomplex behandelt, was Privatheit in Zeiten der umfassenden Digitalisierung ausmacht und wie diese geschützt werden kann.
Carsten Ochs (Universität Kassel) reflektiert in seinem Beitrag die gesellschaftsstrukturellen Bedingungen im Bereich der Privatheit. Mittels der Rekonstruktion von strukturhistorischen Konstellationen stellt er vier prototypische Formen der informationellen Privatheit, die sich in unterschiedlichen Vergesellschaftungsphasen der Moderne herausgebildet haben, vor. Darauf aufbauend wird erläutert, welche Anforderungen sich aus den unterschiedlichen Formen der Privatheit für die Technikgestaltung ergeben.
Der Beitrag von Michael Kreutzer und Johanna Mittermeier (Fraunhofer SIT) ordnet die technischen Möglichkeiten zu Selbstanalysen, Selbstoptimierungsvorschlägen und Prognosen durch Maschinelles Lernen ein und verknüpft diese mit einer philosophischen Betrachtung entlang folgender Fragestellung: Wie steht es um die Freiheit der Entscheidung, ob das Individuum durch Maschinelles Lernen berechnete, auf sich bezogene Analysen wissen sollen muss oder ob es sich dazu entschließen darf, dies nicht wissen zu wollen.
Fabian Pittroff (Universität Kassel) leistet einen Beitrag zur Analyse zeitgenössischer Formen der Personalisierung unter den Bedingungen der Digitalisierung. Um die Herausforderungen für Privatheit und Selbstbestimmung durch Personalisierung zu identifizieren, stellt er Ergebnisse einer autoethnografischen Studie zur Herstellung von Selfie-Fotografien, eine mögliche Form der Personalisierung auf Seite der Nutzer:innen unter digitalen Bedingungen, vor.
Der dritte Themenblock knüpft thematisch an die Frage nach der Privatheit unter geänderten Bedingungen an und diskutiert, welchen Wert und welche Funktion Anonymität in unserer Gesellschaft hat und wie diese gewährleistet werden kann.
Der Beitrag von Robert Landwirth (Technische Universität Darmstadt) beleuchtet das Konzept der Anonymität und seine Bedeutung für demokratische Gesellschaften und diskutiert diese am Beispiel des Tor-Netzes bzw. Darknets.
Alexandra Lux und Florian Platzer (Fraunhofer SIT und Technische Universität Darmstadt) erstellen eine Anonymitätsmetrik unter Verwendung des Tor-Browsers und legen ihren Fokus auf die Verbindung der technischen und psychologischen Komponenten der Betrachtung. Ziel dieses Beitrags ist es, die Tor-Nutzergruppe in Bezug auf den Grad der Anonymität und Online-Privatheitskompetenz sowie Motive und Zweck der Nutzung zu erforschen.
Sandra Wittmer, Florian Platzer und Martin Steinebach (Fraunhofer SIT und Technische Universität Darmstadt) wenden sich in ihrem Beitrag den Möglichkeiten der Strafverfolgung im Tor-Netz zu. Es werden Vorgehensweisen zur Identifizierung tatverdächtiger Personen vorgestellt und aus rechtlicher Perspektive bewertet, ob diese von den derzeit existierenden Ermittlungsbefugnissen der Strafverfolgungsbehörden gedeckt wären.
Ralf Kneuper (IUBH Internationale Hochschule) beschäftigt sich im letzten Beitrag dieses Themenblocks mit der Frage, ob für anonymisierte Daten wirklich kein Datenschutz erforderlich ist. Der Aufsatz gibt zunächst eine Einführung in Problematiken in Zusammenhang mit Anonymisierung, Re-Identifikation und die Notwendigkeit des Schutzes anonymer Daten, gefolgt von einer systematischen Darstellung und Auseinandersetzung von in diesem Zusammenhang in der Literatur diskutierten Lösungsansätzen.
Der vierte thematische Block legt den Fokus auf die Frage, inwieweit Privatheit und Datenschutz eine Rolle bei der Verwirklichung von sozialer Teilhabe spielen können. Dies geschieht zum einen am Beispiel des medial gestützten Lernens und zum anderen im Rahmen von Bemühungen zur Eingliederung von gesellschaftlich benachteiligten Gruppen.
Judith Meinert und Nicole C. Krämer (Universität Duisburg-Essen) beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Frage, inwiefern Kinder und Jugendliche die Bedrohung ihrer Privatsphäre bei der Nutzung von Lernsoftware wahrnehmen. Im Rahmen einer empirischen Befragung wurde untersucht, in welchem Umfang Lernsoftware in den Schulen und zu Hause genutzt wird, ob Kenntnisse über potenzielle Bedrohungen der persönlichen Daten bei der Nutzung von Lernsoftware vorhanden sind und welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um die eigenen Daten zu schützen.
Im Rahmen ihres Beitrags untersuchen Hervais Simo Fhom, Michael Kreutzer und Linda Schreiber (Fraunhofer SIT), inwieweit Android Learning Apps vor dem Hintergrund der DSGVO die Privatheit ihrer Nutzenden gewährleisten und Anforderungen an Datensicherheit erfüllen. Die zunächst vorgestellte grobgranulare Analyse befasst sich mit Beobachtungen und statistischen Erkenntnissen, welche direkt aus den bereits gesammelten Metadaten der Applikationen ersichtlich sind. Bei der folgenden feingranularen Analyse wird die App-Software mittels Tools zur statistischen und dynamischen Auswertung genauer betrachtet.
Diana Schneider (Fraunhofer ISI und FH Bielefeld) untersucht in ihrem Artikel, ob und wie ein algorithmisches System zur Entscheidungsunterstützung im Prozess der Teilhabeplanung behilflich sein kann. Zwanzig leitfadengestützte Interviews geben Anhaltspunkte darüber, welches Konzept von Privatheit die interviewten Personen vertreten und welche Auswirkungen dies auf potentielle Datenanalysen hat.
Irmhild Rogalla und Tilla Reichert (Institut für praktische Interdisziplinarität) zeigen in ihrem Beitrag strukturelle Lösungen für den Konflikt zwischen Accessibility und Privacy für Menschen mit Behinderungen in der digitalen Welt auf. Eine Lösung dafür bietet der Europäische Standard EN 16234-1:2019 „e-Competence Framework (e-CF)“, in welchem seit neuem Accessibility und Privacy als „transversal aspects“ besonders hervorgehoben und alle IT-Fach- und Führungskräfte zu ihrer Berücksichtigung verpflichtet werden.
Der fünfte Abschnitt des Konferenzbandes nimmt einen perspektivischen Blick ein und befasst sich mit den Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer Fortentwicklung des Datenschutzrechts.
Murat Karaboga (Fraunhofer ISI) diskutiert in seinem Beitrag anhand ausgewählter Teilbereiche des Datenschutzrechts Lösungsansätze, die über die Fokussierung auf das Individuum hinausgehen und die als eine Art Mittelweg zwischen individualistischen und kollektivistischen Ansätzen verstanden werden können.
Der Beitrag von Jan Fährmann, Hartmut Aden und Clemens Arzt (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) untersucht aus einer rechts- und verwaltungswissenschaftlichen Perspektive, inwiefern Transparenzdefizite bei der Ausgestaltung der polizeilichen Datenerhebung und weiteren Datenverarbeitung bestehen. Am Ende des Beitrags werden mögliche Instrumente zur Steigerung von Transparenz analysiert.
Özlem Karasoy, Gülcan Turgut und Martin Degeling (Ruhr-Universität Bochum) analysieren in ihrem Beitrag die Nutzung/Anwendung des in Art. 20 DSGVO formulierten Rechts auf Datenübertragbarkeit. Mittels Forschungsergebnissen aus zwei empirischen Studien (Unternehmens- und Nutzerperspektive) gibt dieser Beitrag Handlungsempfehlungen, damit das Recht in der Praxis stärkere Anwendung finden kann.
Der sechste Abschnitt befasst sich mit den praktischen Möglichkeiten wie Datenschutz durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen Nutzer:innen in ihrer Handlungsautonomie stärken kann.
Peter Biniok (Kompetenzzentrum Innung SHK Berlin) behandelt in seinem Kapitel schwerpunktmäßig die Debatte um Privatheit und Autonomie in Verbindung mit digitalen Technologien. Der Fokus des Beitrags liegt auf der Selbstermächtigung der Nutzer:innen. Dafür stellt er die Frage nach den Voraussetzungen von Selbstbestimmung und Privatheit in einer digitalen Welt, um anschließend die Herausforderungen und Chancen digitaler Selbstermächtigung zu diskutieren.
Der Beitrag von Sofia Schöbel, Sabrina Schomberg, Torben Jan Barev, Thomas Grote, Andreas Janson, Gerrit Hornung und Jan Marco Leimeister (Universität Kassel, Universität Tübingen bzw. Universität St. Gallen) stellt eine interdisziplinäre Perspektive auf das Thema „Privacy Nudges“ vor. Sie untersuchen die Möglichkeiten und Grenzen bei der Gestaltung von Privacy Nudges, um, ausgehend davon, Gestaltungsempfehlungen für eine rechtlich, ethisch und soziotechnisch konforme Gestaltung von Privacy Nudges zu geben.
Der Beitrag von Alina Khayretdinova, Michael Kubach, Rachelle Sellung und Heiko Roßnagel (Universität Stuttgart sowie Fraunhofer IAO) analysiert mittels einer empirischen Studie die Nutzbarkeit und praktische Anwendbarkeit einiger Decentralized Identity Management (DIdM)-Lösungen und stellt ihre Ergebnisse und die daraus gewonnenen Schlüsse vor. Neue Ansätze für das Identitätsmanagement auf der Grundlage von Technologien wie verteilten Ledgern werden als Chance gesehen, den Nutzer:innen die volle Kontrolle über ihre eigenen Identitätsdaten zu geben. Eine große Herausforderung hierbei stellt die Gebrauchstauglichkeit dar.
Im siebten und letzten thematischen Abschnitt geht es schließlich darum, wie unterschiedliche technische Ansätze Privatheit und Datenschutz in verschiedenen Anwendungen verbessern können und dadurch die digitale Souveränität der Nutzer:innen stärken.
Martin Steinebach (Fraunhofer SIT) legt in seinem Beitrag eine strukturierte Ausarbeitung zum Einsatz von Uploadfiltern vor. Er zeigt Möglichkeiten und Risiken von Uploadfiltern auf und trägt damit zu einer differenzierten Sichtweise über die Thematik bei.
Alexander Schäfer (Darmstadt) stellt in seinem Beitrag ein Modell und Handlungsempfehlungen vor, um die existierenden Problemfelder der Gewährleistung einer digitalen Souveränität zu lösen. Nach seiner Ansicht ist der Kern des Problems die nicht ausreichende Reichweite gesetzlicher Initiativen wie der DSGVO, da diese oft international an der Durchsetzung scheitern.
Jan Bartsch, Tobias Dehling, Florian Lauf, Sven Meister und Ali Sunyaev (Karlsruher Institut für Technologie bzw. Fraunhofer ISST) betrachten in ihrem Beitrag die Datensouveränität aus einer technischen Forschungsperspektive. Sie propagieren die Verwendung von Policy-Definitionssprachen als maschinenlesbaren und durchsetzbaren Mechanismus zur Förderung der Datenhoheit.
Ernestine Dickhaut, Laura Friederike Thies, Andreas Janson, Jan Marco Leimeister und Matthias Söllner (Universität Kassel bzw. Universität St. Gallen) stellen ein Projekt vor, das den Lösungsansatz interdisziplinärer Anforderungs- und Entwurfsmuster verfolgt. Durch die Bereitstellung bewährter Lösungen für wiederkehrende Probleme in der Systementwicklung unterstützt es Entwickler:innen in ihrer Konzeption. Ziel des Beitrags ist es, mittels eines multimethodischen Ansatzes aufzuzeigen, welchen Beitrag diese Muster für die Entwicklung rechtsverträglicher und qualitativ hochwertiger KI-basierter Systeme leisten können. Um die Wirksamkeit der Muster zu untersuchen, wurde mithilfe der Muster ein Lernassistent entwickelt und durch eine Simulationsstudie evaluiert.
Judith Michael (RWTH Aachen) und ihre Co-Autor:innen diskutieren im abschließenden Beitrag die gesellschaftlichen Herausforderungen der digitalen Souveränität hinsichtlich Wearables. Der Beitrag skizziert Möglichkeiten zur Visualisierung rechtlicher und datenschutzrechtlicher Informationen und diskutiert Ideen für einen erlebbaren Datenschutz mit Gamifizierungskonzepten.
So wie es dem Forum Privatheit auch schon in den letzten Jahren gelungen ist, die interdisziplinäre Community zu Datenschutz, Selbstbestimmung und Privatheit zusammenzubringen, präsentiert dieser Konferenzband vielfältige Ansätze, Methoden und vor allem Ideen und Impulse. Das Team vom Forum Privatheit wünscht viel Spaß beim Lesen und hofft darauf, dass die zahlreichen spannenden Punkte und guten Anregungen in Wissenschaft, Praxis und Politik aufgegriffen und weiterentwickelt werden.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
1.
Zurück zum Zitat Daum, T.: Das Kapital sind wir: Zur Kritik der digitalen Ökonomie. Edition Nautilus, Hamburg (2017) Daum, T.: Das Kapital sind wir: Zur Kritik der digitalen Ökonomie. Edition Nautilus, Hamburg (2017)
2.
Zurück zum Zitat Mau, S.: Das metrische Wir: Über die Quantifizierung des Sozialen. Suhrkamp, Berlin (2017) Mau, S.: Das metrische Wir: Über die Quantifizierung des Sozialen. Suhrkamp, Berlin (2017)
3.
Zurück zum Zitat Schwab, K.: Die Vierte Industrielle Revolution. Pantheon, München (2016) Schwab, K.: Die Vierte Industrielle Revolution. Pantheon, München (2016)
4.
Zurück zum Zitat Zuboff, S.: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Campus, Frankfurt (2018) Zuboff, S.: Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus. Campus, Frankfurt (2018)
Metadaten
Titel
Einleitung: Selbstbestimmung und Privatheit – Gestaltungsoptionen für einen europäischen Weg
verfasst von
Michael Friedewald
Michael Kreutzer
Marit Hansen
Copyright-Jahr
2022
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-33306-5_1