2005 | OriginalPaper | Buchkapitel
Einleitung: Unfriedliche Religionen? Das politische Gewalt- und Konfliktpotenzial von Religionen
verfasst von : Mathias Hildebrandt
Erschienen in: Unfriedliche Religionen?
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Nachdem die Sozialwissenschaften jahrzehntelang durch das so genannte Säkularisierungsparadigma geprägt waren, dem zu Folge der Einfluss der Religion(en) bzw. religiöser Phänomene auf politisches und soziales Handeln von Personen, gesellschaftlichen Organisationen und staatlich-politischen Einheiten im Rahmen eines welthistorischen Prozesses in zunehmenden Maße marginalisiert werden und dementsprechend als Gegenstand für die sozialwissenschaftliche Forschung an Bedeutung und Relevanz verlieren würde, lässt sich in den letzten Jahrzehnten eine Revitalisierung von Religionen und religiösen Akteuren in vielen nationalen Arenen, aber auch auf der weltpolitischen Bühne beobachten. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die tatsächlich erfolgten Säkularisierungsschübe in vielen Teilen der Welt unter nicht unerheblichen Bevölkerungsanteilen ein Unbehagen an den sozialen, ökonomischen und politischen Dislozierungseffekten der Moderne und — unvermeidlicherweise — auch ihren säkularen Sinnsystemen ausgelöst haben, wodurch diese modernen sozio-politischen Symbolensembles viel von ihrer Überzeugungs- und Integrationskraft eingebüßt haben. Der Rückgriff auf überlieferte indigene religiöse und kulturelle Traditionen und deren Neuinterpretation angesichts der erodierenden Sinn- und Identitätsangebote aus der westlichen Welt, scheint unter diesem Blickwinkel eine nur allzu verständliche Reaktion zu sein, deren Folgen sich weltweit, auch in den westlichen Ländern bemerkbar machen und religiöse Überzeugungen wieder zu bedeutenden Motivationen politischen Handelns hat werden lassen.